Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book)

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41Silva, op. cit. 1996, 48f.

42Duncan T. Bentley: Atlantic Islands. Madeira, the Acores and the Cape Verdes in Seventeenth-Century Commerce and Navigation. Chicago, London 1972, 204ff.

43Torrão Maria Manuel Ferraz: Rotas comerciais, agentes económicos, meios de pagamento, in: Santos Maria Emilia Madeira (Hrsg.): História Geral de Cabo Verde, Vol. II. Lissabon, Praia 2001, 98.

44Silva, op. cit. 2001, 255ff.

45Ebd., 288; Silva, op. cit. 1996, 21.

46Torrão, op. cit. in: Santos 2001, 99ff.

47Silva António Correia e: A sociedade agrária, in: Albuquerque et al., op. cit. 2001, 294ff.; Albuquerque et al., op. cit. 1988, Doc. 6, 8 de Fevereiro de 1472, 25ff.

48Neves Aguas: Roteiro da primeira viagem de Vasco da Gama. Mem Martins 1987, 20; Varela Consuelo: Colón Cristóbal: Textos y documentos completos. Relaciones de viajes, cartas y memoriales. Madrid 1969, 222f.; Pigafetta Antonio: Relazione del primo Viaggio intorno al mondo. Milano 1929, 80.

49Torrão, op. cit. in: Albuquerque et al. 2001, 261f.; zu Duarte Pacheco Pereira vgl. Garcia José Manuel: Dicionário essencial de história de Portugal, Lissabon 2010, 234f.; zu Valentim Fernandes: 124; zu Francisco de Andrade: 36.

50Baleno Ilídio Cabral: Reconversão do comércio, in: Santos et.al., História Geral de Cabo Verde III. Lissabon, Praia 2002,178f.

51Torrão, op. cit. in: Albuquerque et al. 2001, 320ff.

52Carreira, op. cit. 1983, 93; über den Pferdehandel allgemein ebd., 43ff., 85ff.

53Domingues, op. cit. 2001, 51.

54Vgl. Castilla-Beltrán Alvaro et al.: Late Holocene Environmental Change and the Anthropization of the Highlands of Santo Antão Island, Cabo Verde. Paleogeography, Paleoclimatology, Paleoecology 524 (2019), 101–117. Auch: Silva, op. cit. 2001, 189.

55Torrão, op. cit. in: Albuquerque et al. 2001, 288; Da Mota A. Teixeira, Carreira António: Milho Zaburro and Milho Maçaroca in Guinea and in the Islands of Cabo Verde, Journal of the International African Institute, Vol. 36, No.1 (Jan. 1966), 73–84.

56Silva, op.cit. 1996, 72. Zuvor hatten die Portugiesen bereits Zuckerrohr in der Algarve, auf Madeira und auf den Azoren angebaut, vgl. dazu Pinto et al., op. cit. 1985, 131. Der Anbau von Zuckerrohr stand stets in enger Verbindung mit Sklavenarbeit; das war zuvor bereits auf den Azoren, Madeira und den Kanarischen Inseln der Fall gewesen.

57Costa José Pereira da: Códice Valentim Fernandes, Lissabon 1997, 154ff.

58Silva, op. cit. 2001, 198ff.; Albuquerque Luís et al., op. cit. 1988, Doc. 6, 8 de Fevereiro de 1472, 25ff.

59Vgl. z. B. Cardoso Eduardo Augusto: O Crioulo da Ilha de S. Nicolau de Cabo Verde. Lissabon, Praia 1989; Silva da T. V.: Ña gida Mendi. Simenti di onti na com di manan. Rakója, organizason y prizentason. Praia 1987; Scotti-Rosin Michael: Kreolische Sprache und Kulturen in der Lusophonie. kapverde-journal.de, 12.02.2005.

60Carreira, op. cit. 1983, 276ff.

61Albuquerque Luís de: O descobrimento das Ilhas de Cabo Verde, in: Albuquerque et al., op. cit. 2001; Cabral, op. cit. 2001, 39ff.; Silva, op. cit. 1996, 40.

62Cohen Zelinda: Administração das Ilhas de Cabo Verde seu Distrito no segundo Século de colonização (1560–1640), in: Santos, op. cit. 2001. Vgl. auch Domingues José: As Ordenações Afonsinas – Três Séculos de Direito Medieval (1211–1512). Porto 2008.

63Marques A. H. de Oliveira: Portugal na Crise dos Séculos XIV e XV. Nova História de Portugal. Vol. IV. Lissabon 1987, 181ff.

64Pires Fernando: Da Cidade da Ribeira Grande à Cidade Velha em Cabo Verde. Praia 2007, 108; Pires Fernando, Cohen Zelinda: www.monumentos.gov.pt/site/app_pagesuser/sipa.aspx?id=7336 (14.06.2020).

65Pereira Daniel A.: A Importância histórica da Cidade Velha. Praia 2004; Pires Fernando, op. cit. 2007. Der Ort nennt sich heute wieder Ribeira Grande de Santiago und nicht mehr Cidade Velha.

66Urkunde vom 3.3.1493 mit Schenkungen auf Santiago und Fogo, vgl. Albuquerque et al., op. cit. 1988, 81f.

67Santos Maria Emília Madeira, Soares Maria João: Igreja, Missionação e sociedade, in: Santos et al., op. cit. 2001, 370 f.

68Santos et al., op. cit. 2001, 406 ff.

69Zur Religion der Sklavinnen und Sklaven vgl. Thornton John: Africa and Africans in the Making of the Atlantic World, 1400–1800. Cambridge 1999, 235–242

70Silva, op. cit. 2014, 93.

71Brasio António: Monumenta Missionaria Africana, Vol. IV. Lissabon 1964, 528–531, Oktober 1613.

72Ebd., 190–99, 1606. Dazu auch: Pinto et al., op. cit., 1985, 149. Während die Jesuiten erfolgreich gegen die Versklavung der Indianer agierten, war dies bei der Versklavung der Afrikanerinnen und Afrikaner nicht der Fall.

3.Die Zeit der Krisen im 17. und 18. Jahrhundert

3.1.Konflikte zwischen den europäischen Mächten und Cabo Verde


Abb. 9: Ribeira Grande de Santiago. Die alte Hauptstadt von Cabo Verde ist in ihrem baulichen Bestand bereits stark reduziert. Die 1712 zerstörte Kathedrale ist gut erkennbar und der heute ausgetrocknete Fluss deutlich zu sehen (nach Carlos Andreis, 1778).

Für das Verständnis der Entwicklungen auf Cabo Verde am Ende des 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist die königliche Personalunion von Spanien und Portugal von 1580 bis 1640 ein wichtiger aussenpolitischer und militärischer Faktor: Die spanischen Könige Philipp II. (1580–1598), Philipp III. (1598–1621) und Philipp IV. (1621–1665) waren jeweils auch Könige von Portugal (als Philipp I., Philipp II. und Philipp III. von 1580 bis 1640). Diese Personalunion war durch Ehen zwischen dem portugiesischen Königsgeschlecht der Avis und den spanischen Habsburgern vorbereitet worden. Sebastião I, der letzte portugiesische König aus dem Hause Avis, kam in der Schlacht von Alcácer Quibir in Marokko 1578 ums Leben und hatte keinen Sohn.1 Die Personalunion zwischen dem König von Spanien und dem König von Portugal war nicht unumstritten: In Portugal erhob António, Prior von Crato, Anspruch auf den portugiesischen Thron und wurde dabei von Frankreich und England unterstützt.

Mit der Personalunion der Kronen von Spanien und Portugal wurden die Kapverdischen Inseln in die Konflikte der europäischen Grossmächte hineingezogen, da sich diese militärisch auch in Übersee abspielten: Der Korsar Manuel Serrada stellte sich mit seinen Männern auf die Seite des Priors von Crato, eroberte die portugiesische Festung Arguim und landete mit 180 Mann (darunter viele Franzosen) bei Praia. Er marschierte auf Ribeira Grande und plünderte die Stadt tagelang. Später zog Serrada mit seiner Truppe nach Fogo. Im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen England und Spanien (mit der Seeschlacht der Grossen Armada von 1588) stehen auch die Korsarenüberfälle eines Francis Drake von 1582 und 1585 auf Ribeira Grande.

Auch die Niederlande standen zwischen 1568 und 1648 im Krieg mit Spanien. Sie griffen die spanische Kolonie der Philippinen an und eroberten 1638 das portugiesische Ceylon (heute Sri Lanka), 1602 Südafrika und 1630 Nordbrasilien. 1598 landeten die Niederländer in Praia und plünderten den Ort zehn Tage lang.2 An der Goldküste eroberten sie ebenfalls verschiedene portugiesische Festungen, so Elmina 1637 (und damit den Zugang zum Goldhandel der Ashanti), 1638 das Fort São Sebastião in Shama und 1642 das Fort Santo António in Axim.3 Während des Spanischen Erbfolgekrieges (1702–1713) schlug sich Portugal auf die Seite der Grossen Allianz von Habsburg, der Niederlande und England gegen Frankreich.4

Während der Personalunion von Portugal und Spanien geschahen auf Cabo Verde keine radikalen Veränderungen. Immerhin bemühte sich Philipp I. um eine bessere Verteidigung der Inseln durch den Ausbau der Kriegsflotte und durch Festungsbau, so mit dem Fort von São Filipe in Ribeira Grande. Die Bewohner und Bewohnerinnen von Cabo Verde waren der Verbindung mit Spanien nicht abgeneigt, versprachen sie sich doch Vorteile im Sklavenhandel mit Südamerika. Der Aufstand Serradas verursachte in Ribeira Grande grosse Schäden, namentlich an den Bauten der religiösen Bruderschaften und der Misericórdia.5

Die Personalunion zwischen dem portugiesischen und dem spanischen Königsthron wurde 1640 durch einen Aufstand der Portugiesen aufgelöst, die darauffolgende Phase wird in der portugiesischen Geschichtsschreibung mit dem Begriff «Restauração» bezeichnet. In einer längeren militärischen Auseinandersetzung wurde schliesslich das Haus Bragança 1641 auf den Königsthron gesetzt und regierte bis zur republikanischen Revolution von 1910.6

3.2.Die Piraten- und Korsarenüberfälle und ihre Folgen

Nach den französischen und niederländischen Piraten führten zwischen 1562 und 1568 vor allem die Engländer unter John Hawkins und dessen Cousin James Lovell Angriffe auf die Kapverdischen Inseln aus; die beiden Kapitäne erbeuteten dreissig Schiffe. Viele Überfälle sind quellenmässig nicht dokumentiert, im Gegensatz zu den zwei schweren Angriffen auf Ribeira Grande von Francis Drake: 1582 griff der englische Korsar mit 600 Soldaten die Stadt an. 1585 zählte seine Flotte 25 Schiffe und 2300 Mann; mit 1000 Mann landete er in Praia oder San Martinho (zwischen Praia und Ribeira Grande) und marschierte auf das verlassene Ribeira Grande, das er rücksichtslos plünderte.7

 

Abb. 10: Angriff von Francis Drake auf Ribeira Grande de Santiago 1585 (von Giovanni Battista Boazio 1589).

Auch die Niederländer griffen Santiago wiederholt an. Im Achtzigjährigen Krieg der Niederlande gegen Spanien (1568–1648) waren Portugal und seine Kolonien das Hauptziel der niederländischen Angriffe, nicht Spanien. Es ging in erster Linie um Handelsgut: Nelken und Muskatnuss von den Molukken, Zimt aus Ceylon, Pfeffer aus Malabar, Silber aus Mexiko, Peru und Japan, Gold aus Guinea, Zucker aus Brasilien und Sklavinnen und Sklaven aus Westafrika.8

1699 – kurz vor dem Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges – besuchte eine französische Flotte Cabo Verde und hinterliess zahlreiche Aufzeichnungen, namentlich über die Festungsanlagen sowie die Artillerie- und Mannschaftsbestände. Aus den Quellen geht nicht hervor, ob es sich hier um einen Spionageauftrag gehandelt hat.9

Am 4. Mai 1712 landeten 800 französische Soldaten unter dem Kommando von Jacques Cassard mit zwölf Schiffen in Praia und stiessen auf keinerlei Widerstand vonseiten der portugiesischen Miliz. Von Praia aus zogen die Franzosen auf dem Landweg nach Ribeira Grande; die etwa 200 Milizsoldaten, die Bewohner und der Gouverneur hatten sich vorher ins Innere der Insel abgesetzt. Der Gouverneur führte Kapitulationsverhandlungen mit den Franzosen: Die Gefangenen sollten freigelassen werden, Frauen geschont und die Kirchen nicht geplündert werden. Die Franzosen hielten sich nicht an diese Abmachungen, plünderten die Stadt mit der Kathedrale, nahmen Frauen und Kinder als Geiseln. Der Bischof hatte sich ebenfalls ins Innere der Insel zurückgezogen und organisierte in Santa Catarina den militärischen Widerstand mit einer Kompanie Infanterie und einer Kompanie Kavallerie. Als diese Truppen in Ribeira Grande ankamen, waren die Franzosen bereits wieder weg. Kleinere und grössere Korsarenüberfälle fanden weiterhin während des gesamten 18. Jahrhunderts statt und hörten erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf.10

Die Flucht in die Berge

Eine wichtige Folge der Korsarenüberfälle war der Wegzug der Bevölkerung aus den Städten an der Küste ins Innere der Inseln. Wenn sich Piraten näherten, flohen Sklavinnen und Sklaven in die Berge und viele kehrten nicht mehr zurück. Neben den Sklavenhaltern waren auch die freien Schwarzen über die Flucht der Sklaven in die Berge beunruhigt. In schwer zugänglichen Gebieten bauten sich die ehemaligen Sklavinnen und Sklaven einfache mit Stroh bedeckte Steinhütten. Die Geflohenen stellten aber auch einen Unsicherheitsfaktor dar, unternahmen sie doch Überfälle auf Herrengüter. Der brasilianische Autor João da Silva Feijó kritisierte diese Zustände 1797, ebenso Gouverneur Pusich 1810.11

1710 wurde die Zahl der entflohenen Sklaven auf 600 geschätzt. Sie schlossen sich in der Serra Malagueta oft mit Freigelassenen zu Banden zusammen – ein Phänomen, das auch aus anderen Sklavengesellschaften bekannt ist. In Brasilien bildeten die entflohenen Sklavinnen und Sklaven die Dörfer der Quilombos, in den französischen Antillen waren es die Marrons, in den spanischen Kolonien die Palenques. Für die Herren und ihre Ehefrauen galt die Flucht als ein Bruch der «natürlichen Ordnung»: Nach ihnen profitierte die ganze Gesellschaft von der Arbeit der Sklaven, die Flucht wurde als Attentat auf die gute Ordnung verstanden.

In den Bergen vereinigten sich die Geflüchteten, um überleben zu können, und es entstanden neue Solidaritäten und gesellschaftliche Formen. Die Frage des Überlebens in einer eher kargen Landschaft wurde virulenter und damit war auch Gewalt gegen die Einwohnerinnen und Einwohner und den Besitz der Kirche verbunden. In diesem Rahmen störten die Geflüchteten den Frieden und begannen, die landwirtschaftlichen Güter anzugreifen. Dies verschärfte sich in Dürrejahren zusätzlich. So wurden die Geflüchteten ein zunehmend zentrales Problem für grosse und kleine Grundbesitzer. Verschiedene Gegenmassnahmen erzielten keine Wirkung.

Die Verfolgung und Gefangennahme der Geflüchteten war ein gemeinsames Unternehmen der Grundbesitzer und der königlichen Beamten – Gruppen, die auch die Milizen kontrollierten. Dabei ging es auch darum, die Flucht für weitere Sklaven und Sklavinnen unattraktiv zu machen. Für die Sklavenbesitzer bedeutete eine flüchtige Sklavin auf jeden Fall einen Geldaufwand, sei es für den Ankauf einer neuen Sklavin oder für das Einfangen der Flüchtigen. Diese Fluchten gefährdeten mithin das ganze System der Sklavenwirtschaft. Die Bodenbesitzerinnen und -besitzer verfügten nicht über einen genügenden Repressionsapparat; die Miliz war zur Verfolgung der Sklavinnen und Sklaven wenig geeignet, setzte sie sich doch vor allem aus ehemaligen Sklaven zusammen, die nicht sehr motiviert waren, gegen die Flüchtigen vorzugehen.

Präventionsmassnahmen gegen die Korsaren

Die portugiesische Regierung versuchte mit drei Massnahmen gegen die Korsarenüberfälle zu wirken: mit einer Einschränkung des Informationsflusses über die Schifffahrt, mit der Aufrüstung und Reorganisation der Kriegsmarine und mit dem Bau von Festungen an den wichtigsten Häfen. Das Stoppen des Informationsflusses erwies sich als schwierig, waren doch viele Portugiesen in spanischen, englischen oder französischen Diensten als Fachleute der Navigation tätig. Portugal unterhielt in Frankreich und England Netze mit Spionen, die in den Häfen die von den Korsaren geplanten Fahrten in Erfahrung bringen sollten. So weilte Francisco Mesquita 1565 als Beauftragter der portugiesischen Krone in London mit dem Auftrag «… mit besonderer Aufmerksamkeit zu wissen über die Schiffe, die ausgerüstet werden, die Namen und die Eigenschaften der Personen, die Reisen, die sie zu unternehmen gedenken, die Wege, die sie einschlagen wollen und welche Häfen sie anlaufen, Munition und Artillerie, die sie laden, die Zeit der Abreise …» Nach 1600 war Portugal über englische und niederländische Angriffspläne in Übersee recht gut informiert, was das Treffen von Vorkehrungen erleichterte.12

Die portugiesische Krone versuchte es auch mit diplomatischen Offensiven in London und Paris, so vergeblich um die Anerkennung des Vertrages von Tordesillas. Mit Frankreich schloss Portugal 1536 den Vertrag von Lyon zur Einschränkung des Piratentums – ohne grossen Erfolg. Auch mit England wollte man einen ähnlichen Vertrag abschliessen, doch die englische Regierung erkannte den Vertrag von Tordesillas nicht an.

Die militärische Aufrüstung umfasste die Kriegsmarine zur See und den Festungsbau auf dem Lande. Die Angriffe auf Städte in Übersee erfolgten häufig auf dem Landweg und nicht direkt von der See her, so auch bei den Überfällen von Francis Drake und Jacques Cassard auf Ribeira Grande. Die Flotte hatte den Patrouillendienst an der Küste auszuüben, Handelsschiffe zu begleiten, Piraten und Korsaren anzugreifen.

Die portugiesische Flotte war in acht Gruppen aufgeteilt, die verschiedene Küstenabschnitte zu beschützen hatten, so die Algarve, die westliche Atlantikküste Portugals, die Azoren, Madeira, Brasilien, Elmina, Nordafrika (Ceuta, Tanger) und Kongo – eine sehr weite Aufsplitterung mit häufig nur kleinen Schiffs- und Mannschaftsbeständen. Die Azoren und Elmina galten als besonders schützenswert. Aus ökonomischen Gründen waren der portugiesischen Krone diese Gebiete wichtiger als Cabo Verde.13

Auf Cabo Verde beschränkte sich die Krone auf vorwiegend defensive Massnahmen wie den Ausbau der Festungen. Vorerst ging es um den besseren Schutz des Hauptortes Ribeira Grande auf der Insel Santiago. Kleinere Küstenfestungen an der Bucht bestanden bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts, doch das grosse Festungswerk von São Filipe im Osten der Siedlung wurde erst nach den Überfällen von Francis Drake zwischen 1588 und 1590 erbaut, wobei man offensichtlich Angriffe von der Landseite her erwartete, wie es ja bei Drake der Fall gewesen war.14


Abb. 11: Die Festung Saõ Filipe in Ribeira Grande de Santiago, erbaut 1587–1593. Die Landseite ist oben, die Meerseite unten.


A. Halb-Bollwerk nach Norden G. Zisterne
B. Bollwerk S. Gonçalo (Osten) H. Wohnung des Gouverneurs
C. Halb-Bollwerk nach Süden I. Unterkunft der Garnison
E. Haupteingang L. Pulvermagazin, Munition
F. Kapelle S. Gonçalo M. Steinmauer auf der Seite der Felsen
N. Lagerraum des Halb-Bollwerks Süden

Der Militärapparat

Das Militär blieb vorerst noch nach mittelalterlichen Prinzipien organisiert: Die Adeligen hatten die Kontingente zu stellen, der Staat mischte sich nicht ein. Für die Adeligen war es billiger, einheimische Milizen einzustellen als Söldner zu bezahlen. Die Truppe der adeligen Gefolgsleute war schlecht ausgebildet, der Militärdienst war vorerst nicht obligatorisch. Erst nach 1570 bestand ein Obligatorium für alle Bürger zwischen 20 und 60 Jahren im Falle eines Angriffs jederzeit mit Waffen bereit zu sein. Periodisch wurden auch militärische Übungen durchgeführt, die militärische Hierarchie entsprach der sozialen. Die Waffen und Pferde waren auf eigene Kosten anzuschaffen, wobei der grösste Teil der Truppen nun aus Sklaven bestand, die von ihren Herren ausgerüstet wurden.

Zwischen 1586 und 1606 leitete João Rebelo, ein Italiener, die Artillerieschule auf der Insel Santiago. Die Artillerie war für die Abwehr der Piraten und Korsaren von Bedeutung. Daneben bestand ein Alarmsystem mit Signalfeuern von Insel zu Insel, so etwa zwischen Santiago und Maio.15

3.3.Zur Bevölkerungsentwicklung auf Cabo Verde

António Leão Correia e Silva unterscheidet drei Phasen der Bevölkerungsentwicklung auf Cabo Verde.16 Ein erster Zyklus der Besiedlung begann mit der Entdeckung der Inseln um 1460 und betraf die südlichen Inseln von Santiago und Fogo. Der Motor dieser Besiedlung war der Sklavenhandel und ab 1500 eine exportorientierte Landwirtschaft, die wiederum auf der Sklavenarbeit beruhte. Es sind zwei Gruppen von Einwanderern zu unterscheiden: die freiwilligen Einwanderer aus Portugal (unter ihnen viele Fidalgos) und die unfreiwilligen Sklaven und Sklavinnen aus dem kontinentalen Afrika. Mit den ersten Hungersnöten von 1580 und 1590 bis 1594 erlebten die Inseln empfindliche Einschnitte in der Entwicklung: Die europäische Einwanderung und der Sklavenhandel über Cabo Verde verloren an Bedeutung, Sklavenhändler und Grossgrundbesitzer kehrten nach Portugal zurück. Während der Krise wanderten Leute nach dem weniger stark betroffenen Guinea aus. Quellenmässig ist über diese ersten Hungerkrisen nur wenig zu erfahren.17

Ein zweiter Zyklus der Besiedlung setzte um 1650 ein und dauerte bis etwa 1780. Nun wurden die gebirgigen Inseln des Nordens (Barlavento) wie São Nicolau und Santo Antão sowie Brava im Westen stärker besiedelt. 1727 nannte Ouvidor (Richter) Sebastião Bravo Botelho 4000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie 500 Sklavinnen und Sklaven für Santo Antão. Für die Vila von Ribeira Grande (Santo Antão) zählte er 360 Feuerstätten und verwies auf die Existenz einer Câmara. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts gab es auf allen Inseln die Institutionen der Câmaras und der Milizen.18 Unter der Bevölkerung seien wenige Weisse zu finden, dafür zahlreiche Mulatten und Mulattinnen.

 

Die Inseln des Barlavento gehörten ursprünglich den Donatarios – den Feudalherren, die in Portugal blieben –, später der Fazenda Real (königliche Finanzverwaltung). Auf diesen Inseln gab es daher keine Herrenhäuser wie auf Santiago und Fogo. 1732 gab es auf Santo Antão 650 Feuerstätten, auf São Nicolau wurden 3564 zinspflichtige Bauern im Jahr 1753 gezählt. Die Anteile der Sklaven und Sklavinnen an der Wohnbevölkerung lagen 1731 auf diesen Inseln recht tief: Auf Brava waren es bloss 5,63 Prozent, auf São Nicolau 10,8 Prozent und auf Santo Antão 25 Prozent. Die Situation der Sklavinnen und Sklaven auf Santo Antão entsprach praktisch derjenigen der Freigelassenen auf Santiago. Mit der Auflösung der Lehen 1777 erhielten die meisten Sklaven und Sklavinnen dieser Inseln den Status von Freigelassenen. Die grosse Hungersnot zwischen 1773 und 1775 trug auf der Insel Santo Antão zu einer Bevölkerungsreduktion von 5700 auf 4200 Menschen bei.

Ein dritter Zyklus der Besiedlung lässt sich für die Zeit nach 1780 bestimmen. Die Dürren- und Hungerkatastrophen wurden im 18. und 19. Jahrhundert immer zahlreicher und führten teilweise zu einem Rückgang der Bevölkerung sowie zur erhöhten Emigration nach Afrika, Europa und Amerika. Gleichzeitig vollzog sich auch ein Strukturwandel in der Landwirtschaft der nördlichen Inseln, ging doch die extensive Viehzucht zugunsten einer intensiven Landwirtschaft, insbesondere mit Zuckerrohr, deutlich zurück.19

3.4.Die Sklavenwirtschaft

Die wirtschaftliche Blüte der Kapverdischen Inseln im 16. und anfangs des 17. Jahrhunderts beruhte weitgehend auf dem Handel mit Sklavinnen und Sklaven und auf deren Arbeit in der Landwirtschaft. In mittleren Betrieben arbeiteten etwa 27 Sklaven oder Sklavinnen, zuweilen auch mehr – wie etwa bei Diogo da Fonseca auf Fogo 1597, der 42 Sklavinnen und Sklaven beschäftigte. Wie aus den Testamenten hervorgeht, gab es auch grosse Betriebe mit über 100 Sklavinnen und Sklaven. Ohne sie funktionierte in der Landwirtschaft nichts, wie folgendes Beispiel zeigt: Baltasar Leitão besass eine Fazenda in Santa Cruz (Santiago); die Sklavinnen und Sklaven liefen ihm davon, weshalb er sein Gut um die Hälfte des Kaufpreises wieder verkaufen musste.

Die Wirtschaftsweise auf den Fazendas in Cabo Verde war den afrikanischen Sklaven und Sklavinnen völlig fremd: Zuerst mussten sie die portugiesische Sprache (bzw. das Crioulo) lernen und als Sklavinnen und Sklaven hatten sie sich absolut unterzuordnen und neue Arbeitstechniken zu lernen. Dazu kam noch eine erste Einführung in den katholischen Glauben durch die Kirche der Herren und ihrer Helfer und Helferinnen, wie ältere Sklavinnen und Kreolen. Diese meist informellen Akkulturationsprozesse wurden bisher in der Geschichtsschreibung mangels Schriftzeugnissen wenig beachtet. Die Fazenda ersetzte nun das afrikanische Dorf mit seinen Arbeiten, dem Wohnen und Zusammenleben, Festen, Geburt und Tod.

Kirchenmänner waren zuweilen überrascht, wie schnell sich die Akkulturation vollzog, wie schnell die «animistischen» oder muslimischen Sklavinnen und Sklaven zu Christinnen und Christen wurden, zumindest oberflächlich. Im Verlaufe des 17. Jahrhunderts kamen immer weniger neue Sklaven und Sklavinnen dazu und wurden deshalb leicht integriert. Das einheimische Brauchtum aus dem kontinentalen Afrika verschwand bis auf einige Reste. Überhaupt gab es «den Afrikaner» oder «die Afrikanerin» im Denken der Sklavinnen und Sklaven nicht, aber es gab Mandingas, Wolof, Banhus, Buramos, Bjîjagos, Bramos, Serer und weitere, mit ihren Sprachen und ihren Traditionen. Die Sklaven und Sklavinnen bildeten keinen einheitlichen Bevölkerungsblock, was die Herrschaft im Sinne des «divide et impera» über sie erleichterte und die Kreolisierung förderte.

Als Beispiel der ethnischen Zusammensetzung von Sklavengruppen sei die Fazenda von Diogo Calado, Singmeister (chantre) an der Kathedrale in Ribeira Grande genannt: Er besass 36 Sklaven aus westafrikanischen Ethnien, elf waren neu auf die Insel gekommen und nach ihren Vornamen zu schliessen, waren vier davon Beafares und jeweils ein Sklave Mandingo, Balanta, Falupo, Sape, Bijago, Brame und Banhú.

Die christliche Taufe war der Eintrittsritus von Sklavinnen und Sklaven in die neue Gesellschaft. Nach dem Erlass von König Manuel I musste die Taufe innerhalb von sechs Monaten obligatorisch durchgeführt werden, unter Androhung des Verlustes des Sklaven. Sie bedeutete aber auch den Bruch mit der Vergangenheit; mit dem christlichen Namen wurde die Sklavin nun registriert und benannt.

Die Taufe war eine Strategie der Sklavengesellschaft und diente der Unterwerfung in die neue Gesellschaftsordnung. Die meistverwendeten Namen für Sklavinnen waren Catarina, Maria, Brázia, Joana, Andreza, Izabel, Estàzia, Ursella. Für die Sklaven waren es João, Simão, Bastião, Braz, Ventura, Joane, Cristóvão. Die Sklavinnen und Sklaven besassen keine eigenen Familiennamen, nur Vornamen. In Testamenten der Sklavenhalter wurde festgelegt, dass sie den Namen des Erblassers weiterführen mussten.

Zur Bewirtschaftung waren für das bewässerte Land wesentlich mehr Sklavinnen und Sklaven nötig als für das trockene Land. Eine Untersuchung aus dem Jahre 1780 teilte die Nutzflächen der Inseln wie folgt ein.20

Tab. 1: Nutzflächen der Inseln in Légua (1 Légua = 6174,43 m) und anteilsmässig.


Tabelle 1 veranschaulicht im Total die unterschiedlichen Grössen der Inseln (die kaum besiedelte Insel Sal fehlt). Das bewässerte Land (regadio) ist besonders wertvoll; wir finden die höchsten Anteile auf den Inseln Santiago und Brava. Die Anteile des lediglich in der Regenzeit genutzten Landes (sementeira oder sequeiro) sind auf vielen Inseln ähnlich, mit Ausnahme der trockenen Inseln Boa Vista und Maio, auf denen auch die nichtbewirtschafteten Flächen fast die ganze Insel bedecken.

Die Welt der Sklavenarbeit

Der Sklave war ein Bauer oder Handwerker, der seine Arbeit nicht selbst bestimmte. Der Herr bestimmte den Kalender und Rhythmus der Arbeit, die Optionen der Produktion und der Werkzeuge. Die Sklavin war nicht Akteurin, sondern wurde in den schriftlichen Dokumenten als peça – «Stück» – bezeichnet. In der Tat: Sklavinnen und Sklaven waren Werkzeuge, das Eigentum eines anderen Menschen.

Die Arbeitsprozesse in der Sklaverei waren stark hierarchisiert und einer rigiden Kontrolle sowie einem gesellschaftlichen und technischen Tempo unterworfen. Die weissen Aufseher (feitores) waren für die Besitzerinnen und Besitzer der Fazendas unentbehrlich. Der Jesuit Baltasar Barreira (1538–1612) beschrieb die Fazenda von Constantino de Meneses am Ribeira de San Martinho auf der Insel Santiago mit ihren vielfältigen Kulturen: Hier wurden Zuckerrohr, Hirse, Bohnen, Weiden, Bäume und andere Pflanzen aus Europa gepflanzt. Der Besitzer wollte indessen sein Gut verkaufen, da es ihm an guten feitores fehlte und die Fazenda praktisch in den Händen der Sklaven und Sklavinnen lag.

Zwang und Gewalt gegenüber den Sklavinnen und Sklaven waren an der Tagesordnung. Nachlässigkeit, Bremsen oder gar Sabotage gehörten zum Repertoire des Widerstandes der Sklavinnen und Sklaven.

Sebastião Gomes stellte fest, dass die Sklavenhaltung dazu führe, dass die Afrikaner und Afrikanerinnen in den Weissen ihre Feinde sähen. Neben den Drohungen und Strafen der Sklavenhaltenden würden jedoch auch Möglichkeiten bestehen, die Sklavinnen und Sklaven zu überzeugen, sich «freiwillig» in den Arbeitsprozess einspannen zu lassen. Die körperliche Gewalt erwies sich als wenig wirksames Mittel, um die Sklaven zu besserer Arbeit zu bringen. In der Fazenda wechselten Repression und Kontrolle mit gewissen Momenten der Freiheit ab, um bei den Sklavinnen das Gefühl von Eigentum zu bewirken. In der Ambivalenz von Kontrolle und Autonomie lag eine der wichtigsten Stützen in der Gestaltung der sozialen Spannungen im Prozess der Sklavenarbeit. In vielen Fazendas gab es kleine Stücke Land, die der Sklave für sich bearbeiten konnte und er bekam Zeit – meistens am Samstag –, um dieses Land zu kultivieren.

Der Sklavenhalter entlastete mit dieser Abgabe von Land an die Sklaven und Sklavinnen seine Unterhaltskosten für diese und gab ihnen die Illusion von Eigentum. Diese Strategie sollte auch gegen Rebellion, Flucht und Selbstmord wirken. Damit arbeitete die Sklavin am Samstag wie am Sonntag (trotz der vom Christentum geforderten Sonntagsruhe) ausserhalb der herrschaftlichen Fazenda. In den Perioden der Aussaat und der Ernte hatte allerdings der Sklave sechs Tage in der Woche auf der Fazenda zu arbeiten – einzig der Sonntag blieb ihm für die Arbeiten auf dem eigenen Gütlein frei.

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