Odenwald - HeimatMomente

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Kurioses und Besonderheiten

AUS DEM ODENWALD

Grünkern – Superfood aus dem Odenwald: Die Erfindung des Grünkerns ist einem verregneten Sommer vor 300 Jahren zu verdanken. Die Bauern in der Region Walldürn ernteten den Dinkel halbreif, rösteten ihn anschließend in sogenannten Darren und nutzten die Körner als Suppeneinlage. Der Grünkern war geboren. Grünkernmetropole ist der Walldürner Ortsteil Altheim, wo sich im Oberen Hellerweg dreizehn aneinander gereihte Grünkerndarren befinden. Eine davon beherbergt ein Museum, das über die arbeitsaufwendige Grünkernproduktion informiert.


Badisch Sibirien: Es gab eine Zeit, da wurde der Nordosten Badens aufgrund seiner Abgeschiedenheit, des rauen Klimas, der schneereichen Winter und der damals extrem niedrigen Siedlungsdichte „Badisch Sibirien“ genannt. „Tiefste Provinz“ nannte man Orte wie Buchen und Walldürn im Dreiländereck Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Unliebsame Beamte wurden hierher strafversetzt und fühlten sich wie in der Verbannung. Heute ist die Region längst nicht mehr abgeschieden, der Spitzname wird aber weiterhin gebraucht – allerdings auf humorvolle Weise und ganz besonders an eisigen Wintertagen, an denen das Wetter dem alten Beinamen alle Ehre macht.

Finkenbach-Festival – Klein-Woodstock im Herzen des Odenwalds: Das Open Air Festival im Oberzenter Ortsteil Finkenbach wurde 1977 von der Finkenbacher Feuerwehr und dem Fußballclub F.C. 1946 e. V. Finkenbach zusammen mit der Rockband Guru Guru ins Leben gerufen. Jährlich strömen im August mehrere Tausend Rockbegeisterte in den kleinen Ort, der sich dann zwei Tage lang mit zehn Bands in Klein-Woodstock verwandelt. Das Festival fiel 2020 coronabedingt aus. Infos und Termine zum Festival finden Sie auf der Website; finkenbach24.de

Rund um den Apfel: Der Odenwald ist mit Äpfeln gesegnet und mit Streuobstwiesen übersät. Mehrere Hundert Apfelsorten soll es geben. Die werden im Herbst zu Apfelsaft, Obstbränden und dem berühmten Odenwälder Äppelwoi (Apfelwein) verarbeitet. In der ganzen Region finden während dieser Zeit Apfelfeste statt, so zum Beispiel der Odenwälder Apfelherbst in diversen Orten; odenwaelder-apfel.de


Die Madonna grüßt an jeder Ecke: In einem Landstrich des badischen und zum Teil bayerischen Odenwalds zieren unzählige Bildstöcke, Madonnenstatuen und Mariensäulen Häuser, Straßenecken und den Wegesrand. Der Volksmund taufte die Region daher vor über hundert Jahren Madonnenländchen. Wahrzeichen des Madonnenländchens ist die prächtige Mariensäule in Buchen, spirituelles Zentrum ist Walldürn, wo sich im 14. Jahrhundert ein Blutwunder ereignet haben soll.



Bayerischer Odenwald


Burg Wildenberg

Bayerischer Odenwald

1.St. Kilian Distillers: Whisky made in Germany

2.Miltenberg: Hotel zum Riesen

3.Amorbach: Schmuckkästchen der Architektur

4.Kapelle Amorsbrunn: kulturhistorisches Kleinod

5.Ruine Wildenberg: Hier wurde Literaturgeschichte geschrieben


1 St. Kilian Distillers

WHISKY MADE IN GERMANY

Bei einem unterhaltsamen Rundgang in der größten Whisky-Destillerie Deutschlands im kleinen Rüdenau erfahren Sie, wie das „flüssige Gold“ entsteht. Probieren dürfen Sie natürlich auch!


Es blubbert und brodelt und allein der Geruch macht schon trunken. In vier hölzernen Washbacks mit je 10.800 Liter Fassungsvermögen gärt braune Flüssigkeit – hier findet das Fermentieren der Würze statt. In den beiden riesigen, birnenförmigen Kupferbrennblasen wird anschließend der „New Make Spirit“ destilliert, bevor er in Fässern zu Whisky heranreift. Bis 2020 wurden knapp 6000 Fässer Whisky produziert. Das Fasslager ist eine wahre Schatzkammer – hier lagert das flüssige Gold in über 200 verschiedenen Fässern aus aller Welt, darunter auch Rum-, Sherry- Bourbon- und Weinfässer. Das Fass macht den Geschmack!

Die Idee zur Destille entstand im November 2011 bei einem Lagerfeuer. Inhaber Andreas Thümmler, leidenschaftlicher Whisky-Sammler, und David F. Hynes, einer der bekanntesten Master Distiller aus Irland, hatten zusammen die „InterWhisky“ in Frankfurt besucht und fuhren danach in Thümmlers Heimatörtchen Rüdenau, wo er dem Iren die leerstehende Kleiderfabrik Meixner zeigte. Diese hatte Thümmler nach deren Insolvenz erworben, um zu vermeiden, dass daraus ein Wertstoffhof mit russischem Investor wurde. Später, als die beiden bei Whisky am Feuer saßen, schlug Hynes vor, die Fabrik doch zu einer Whisky-Destillerie umzufunktionieren. Gesagt, getan. Der eine hatte das Know-how, der andere das Gebäude und das notwendige Kapital. Im Frühjahr 2012 wurde die Destillerie gegründet und nach dem Schutzpatron der Region Franken, dem heiligen Kilian, benannt. Der irische Mönch war im 7. Jahrhundert nach Würzburg gekommen, um zu missionieren. Der eine Ire kam, um die Franken zu christianisieren, der andere, um ihnen über 1300 Jahre später zu zeigen, wie man guten Whisky macht. Diesen macht bei St. Kilian übrigens der Amorbacher Master Distiller Mario Rudolf.

Vier Jahre dauerte der Umbau zur Whiskyproduktionsstätte nach schottischem Vorbild – das gesamte Produktionsequipment wurde aus Schottland angeliefert. Das getorfte Gerstenmalz für den rauchigen Whisky wurde und wird von Glenesk Maltings in den schottischen Highlands angeliefert, das ungetorfte Malz von der Bamberger Mälzerei Weyermann. Vor dem Gebäude der Destillerie stehen drei Malzsilos, aus denen das Malz direkt zur Schrotmühle im Gebäude transportiert wird. Produziert wird der Whisky zu 100 Prozent mit Gerstenmalz.


Gründer Andreas Thümmler und Master Distiller Mario Rudolf

Der erste New Make aus den Brennblasen wurde am irischen Nationalfeiertag St. Patrick’s Day am 17. März 2016 zur Reifung in Fässer gefüllt. Drei Jahre dauert es, bis ein Single Malt reift. Zur Erklärung: New Make (Spirit) ist die englische Bezeichnung für eine frische destillierte und farblose Spirituose mit hohem Alkoholgehalt.

Im Mai 2019 war es endlich soweit. Mit 760 Flaschen ging die Destillerie mit dem „First Kilian“, dem ersten Whisky aus Rüdenau, an den Start. Die Zahl 760 hatte ihren Grund: genau so viele Einwohner hatte der kleinste Ort im Landkreis Miltenberg damals – heute sind es etwas weniger. Der „Signature Edition One“ folgten weitere fünf Whisky-Sorten sowie der Whisky-Likör „Kolonats Choice“ und andere Liköre, die aus dem New Make hergestellt werden.

Internationale Preise ließen nicht lange auf sich warten. Auf der World Spirits Competition in San Francisco im März 2020 erhielt das junge Unternehmen für die Whisky Edition One eine Goldmedaille, für die Edition Three sogar Doppelgold. Die London Spirit Competition im selben Jahr zeichnete die Whisky Edition Four mit dem ersten Platz und einer Goldmedaille aus – Irland und Schottland bekamen nur Silber. Auch beim Meininger’s International Spirits Award gab es für Edition Three und Four Gold.

Das Jahr 2020 ging mit einer neuen Whisky-Kreation zu Ende. Am 16. November kam das erste Pre-Core-Standardprodukt der Destillerie auf den Markt: „Bud Spencer – The Legend“. Der nicht-rauchige Single Malt Whisky, der über drei Jahre in Amarone- und ehemaligen Bourbon-Fässern reifte, ist eine Hommage an den italienischen Schauspieler Carlo Pedersoli, der als Bud Spencer zur Kino-Legende wurde.

 

Info

Lage: Hauptstraße 1-5, 63924 Rüdenau; knapp sechs Kilometer nordwestlich von Miltenberg

Anfahrt: ab Darmstadt über B26 und B469 (69,2 Kilometer); ab Heidelberg über B37 (77 Kilometer)

Anreise mit dem ÖPNV: ab Darmstadt Hbf nach Miltenberg mit Umsteigen in Aschaffenburg (1 Std. 25 Min.), ab Bahnhof Miltenberg mit Bus Nr. 86 bis Rathaus Rüdenau (13 Min.), dann ca. 450 Meter zu Fuß bis zur Destillerie; ab Heidelberg Hbf nach Miltenberg mit Umsteigen in Darmstadt und Aschaffenburg (schnellste Verbindung 2 Std. 12 Min.), dann wie oben.

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, Freitag bis 20 Uhr, Samstag 10 bis 18 Uhr

Eintritt:

•Die Touren dauern jeweils etwa 90 Minuten, mit Verkostung: Destillerie-Tour 10 EUR; Fasslager-Tour 25 EUR. Buchen Sie die Touren bitte vorab online auf der Website.

•Der Eintritt in den Shop ist natürlich frei und nicht von einer Tour abhängig!

Weitere Aktivitäten: Bier statt Whisky? In der Brauerei Faust im benachbarten Miltenberg gibt es spannende Erlebnisführungen; faust.de

Website: stkiliandistillers.com

2 Miltenberg

HOTEL ZUM RIESEN

In Deutschlands ältester Fürstenherberge gaben sich seit dem Mittelalter gekrönte Häupter, Politiker, Künstler und andere Berühmtheiten die Klinke in die Hand. Auch Elvis machte hier mal Station.


Die Gästeliste liest sich wie das „Who’s Who“ vergangener Jahrhunderte: Kaiser Barbarossa, Martin Luther, Götz von Berlichingen, Königin Christine von Schweden, Wallenstein, Kaiserin Maria Theresia, Albrecht Dürer und im 20. Jahrhundert Angehörige des Kaiserlichen Hauses von Äthiopien, Richard Strauss, Theodor Heuss und zahlreiche weitere illustre Persönlichkeiten aus Adel, Kunst, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Und Elvis. Nicht als King of Rock’n Roll, sondern als einfacher Soldat während seiner Militärzeit im hessischen Friedberg.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Gasthaus im Jahr 1158 und ist somit älter als Miltenberg. Das Städtchen entstand erst im darauffolgenden Jahrhundert. Für die Römer war das Gebiet am Mainknie zwischen Odenwald und Spessart strategisch wichtig. Sie errichteten Ringwälle auf dem Greinberg oberhalb von Miltenberg und schlossen im 2. Jahrhundert den nach Süden verlaufenden „Vorderen Limes“ an den Main an. Wie Miltenberg damals hieß, ist nicht bekannt, aber an strategischer Wichtigkeit hatte der Ort auch nach Abzug der Römer nicht verloren, denn sonst wäre hier kein Gasthaus entstanden, das zum Hotspot durchreisender Kaiser und Kaiserinnen, Kurfürsten, Bischöfen und Generälen wurde. Erster Kaiser im Riesen war Friedrich I. „Barbarossa“ 1158, der zehn Jahre später nochmals im Gasthaus einkehrte. Zum Trendsetter wurde er nicht, denn es vergingen 146 Jahre, bis 1314 der nächste Kaiser, Ludwig der Bayer, hier Station machte. Erst ab dem 15. Jahrhundert zählten regelmäßig gekrönte und ungekrönte Häupter, Ritter sowie berühmte Generäle zu den Gästen – ganz besonders während es Dreißigjährigen Krieges.

Warum der Riese über Jahrhunderte hinweg immer wieder Prominenz anzog, mag daran liegen, dass der eine oder andere gerne mal da übernachten wollte, wo früher Kaiser soundso schlief.

Wie das Gebäude ursprünglich mal aussah, ist nicht bekannt, wer es erbaute, auch nicht. Der heutige Renaissance-Fachwerkbau, der vom damaligen Besitzer Jost Virnhaber in Angriff genommen wurde, stammt aus dem Jahr 1590. Das Gasthaus „Zum Riesen“ hat in den über 860 Jahren seit seiner Gründung unzählige Besitzerwechsel erlebt. Heute befindet sich das unter Denkmalschutz stehende Gebäude in Privatbesitz – die Gaststätte (nicht das Hotel) ist seit 2013 an die örtliche Brauerei Faust verpachtet, die 1654 in Miltenberg gegründet wurde. Trinken Sie eine der Bierspezialitäten in historischem Ambiente und tauchen Sie dabei in die Atmosphäre längst vergangener Zeiten ein!


Zum Riesen

Info

Lage: Hauptstraße 99, 63897 Miltenberg

Anfahrt: ab Darmstadt über B26 und B469 (69,2 Kilometer); ab Heidelberg über B37 (77 Kilometer)

Anreise mit dem ÖPNV: ab Darmstadt Hbf nach Miltenberg mit Umsteigen in Aschaffenburg (1 Std. 25 Min.); ab Heidelberg Hbf mit Umsteigen in Darmstadt und Aschaffenburg (schnellste Verbindung 2 Std. 12 Min.)

Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 11 bis 24 Uhr, Freitag und Samstag 11 bis 1 Uhr, Sonntag 11 bis 23 Uhr

Weitere Aktivitäten: Machen Sie einen Spaziergang durch die mittelalterliche Altstadt und wandern Sie hinauf zur Mildenburg, die über der Stadt thront und ein Museum mit zeitgenössischer Kunst beherbergt.

Unterkunft:

•Hotel zum Riesen: Übernachten Sie im schmucken Fürstenzimmer „Kaiser Karl IV“, im „Großfürst Wladimir von Russland“ oder in der prächtigen Kaisersuite „Kaiserin Maria Theresia“; DZ ab 98 EUR, Fürstenzimmer ab 105 EUR

Website: hotel-riesen-miltenberg.de

3 Amorbach

SCHMUCKKÄSTCHEN DER ARCHITEKTUR

In der Barockstadt und Fürstenresidenz treffen Sie auf eine einmalige Stadtkulisse, bedeutende Baudenkmäler, verwinkelte Gässchen, idyllische Parks und erfahren so ganz nebenher, was das englische Königshaus und der Philosoph Adorno mit dem kleinen Odenwaldstädtchen einst zu schaffen hatten.

Fast wäre Queen Victoria von England in Amorbach zur Welt gekommen. Prinzessin Marie Louise Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Victorias Mutter, heiratete 1803 als Siebzehnjährige den um einige Jahre älteren Fürsten Emich Carl zu Leiningen. Als dieser das Zeitliche segnete, vermählte sie sich mit Edward Augustus, Duke of Kent and Strathearn, vierter Sohn des englischen Königs Georg III. Das Paar lebte in Amorbach, zeitweise auch in Eberbach, verließ den Odenwald aber im Frühjahr 1819 Richtung London. Victoire war hochschwanger und das Kind sollte in England zur Welt kommen, um ihm das Recht auf die Thronfolge zu sichern. Ob die legendäre Queen Victoria nun in einem Palais in Eberbach oder in Amorbach gezeugt wurde, ist nicht bekannt. Ihre Wurzeln hat sie dank ihrer Mutter aber allemal im Odenwald!

Amorbach ist seit 1803 Stammsitz des Fürstenhauses zu Leiningen. Schauen Sie sich im ehemaligen Abteigebäude die Ahnentafel an – Nachkommen waren in zahlreichen europäischen Königshäusern vertreten. Oberhaupt des Hauses Leiningen ist seit 1991 Andreas zu Leiningen, der seit 1981 mit Alexandra von Hannover verheiratet ist.


Amorbach glänzt mit hübschen Fachwerkhäusern.

Die ehemalige Benediktinerabtei Amorbach wurde im 8. Jahrhundert gegründet und 1803 im Rahmen der Säkularisation aufgehoben. Der Klosterbesitz ging an die Fürsten von Leiningen als Entschädigung für die im Zuge der Französischen Revolution in den 1790er-Jahren verlorengegangenen Besitztümer in der Rheinpfalz.

Wahrzeichen des Städtchens sind die alles überragenden Türme der ehemaligen Abteikirche. Im Inneren der Kirche, die ihr heutiges Aussehen im 18. Jahrhunderts erhielt, wartet ein prachtvolles Gesamtkunstwerk aus Architektur, Freskenmalerei, Stuck, Skulptur und Schmiedekunst. Ein Hingucker ist die Orgel aus dem Jahr 1782, eine der größten erhaltenen Barock-Orgeln Europas. Mit 65 Registern, 5116 Pfeifen und einem Glockenspiel verfügt sie über einen einzigartigen und unerschöpflichen Klangreichtum. Die himmlischen Klänge der Orgel erleben Sie bei einer Kirchenführung mit Orgelvorspiel.

Das langgestreckte Abteigebäude aus dem 17. Jahrhundert, heute Schlossgebäude, schließt sich durch Verlängerung im 18. Jahrhundert unmittelbar an die Kirche an. Der Schlossplatz führt in den Seegarten. Einst zur Fischzucht angelegt, wurde der Klostergarten 1803 vom damals führenden deutschen Gartengestalter Friedrich Ludwig Sckell als englischer Landschaftsgarten neu angelegt. Der weitläufige Park mit See, Wiesen und Wäldchen ist ein Idyll ohnegleichen – ganz besonders an kühlen Herbsttagen, wenn man den Park fast für sich allein hat.


Das Fischerhaus im Seegarten gehört zu Emich's Hotel.

Ältestes Gebäude der Stadt ist das Templerhaus am Bädersweg aus dem 12./13. Jahrhundert, das als das älteste Fachwerkhaus in Bayern gilt. Ob je ein Ritter des Templerordens darin gewohnt hat, ist nicht bekannt. Der Name des Hauses geht auf eine nicht mehr existierende Wandmalerei am Außenbau zurück, in der jemand einen Templerritter zu erkennen glaubte. Weitere sehenswerte historische Bauten sind die ehemalige Mainzer Amtskellerei (1487), die Zehntscheuer (1488) mit hübschen Treppengiebeln und das Alte Stadthaus (1475), das mit 25 Metern Dachhöhe das höchste Wohnhaus der Altstadt ist.

Theodor W. Adorno (1903 bis 1969) nannte Amorbach einmal den „einzigen Ort auf diesem fragwürdigen Planeten, in dem ich mich im Grunde zu Hause fühle“. Der in Frankfurt geborene Philosoph verbrachte als Kind seine Sommerferien in Amorbach – die Familie war Stammgast im Hotel Post, heute Emich’s Hotel. Das idyllische Städtchen war ihm so sehr zur Heimat geworden, dass er auch als Erwachsener immer wieder dorthin zurückkehrte. Nicht zuletzt war er es, der zum Bekanntheitsgrad Amorbachs beitrug. „Adornobach“ nannte der Schauspieler Alfred Edel den Ort.

Info

Lage: 63916 Amorbach. Der Ort liegt im unterfränkischen Landkreis Miltenberg im Dreiländereck von Baden-Württemberg, Hessen und Bayern.

Anfahrt: ab Darmstadt über B26 und B45 (ca. 62 Kilometer); ab Heidelberg über B37 (65,5 Kilometer)

Anreise mit dem ÖPNV: ab Darmstadt Hbf mit Umsteigen in Aschaffenburg und Miltenberg (schnellste Verbindung: 1 Std. 45 Min.); ab Heidelberg Hbf mit Umsteigen in Seckach und Walldürn (2 Std. 45 Min.)

Weitere Aktivitäten: Machen Sie einen Abstecher zum „Smart Pfad“ zwischen Amorbach und Mudau. Auf Deutschlands längstem MINT-Outdoor-Pfad für Groß und Klein (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und technische Phänomene) können Sie auf 15 Kilometern an sechs Themenwelten rund 45 Exponate erkunden und erforschen sowie technische Phänomene unter die Lupe nehmen. Der Pfad ist kostenlos und ganzjährig frei zugänglich.

Unterkunft:

•Emich’s Hotel: Das Boutique-Hotel im Herzen der Altstadt war einmal das Hotel Post, in dem Adorno so gerne logierte. Nachdem es lange leer stand, wurde es nach Umbau und Renovierung durch die Fürstenfamilie als „Emich’s“ im Mai vom Fürstenpaar 2019 feierlich eröffnet. Die 50 stilvoll und gemütlich eingerichteten Zimmer verteilen sich auf den historischen Altbau und das dahinter liegende Gartenhaus. Gönnen Sie sich eine Nacht im Adorno-Zimmer! DZ ab 108 EUR; Schmiedsgasse 2, 63916 Amorbach, Tel. 09373 2058028, emichs.com

Website: amorbach.de

4 Kapelle Amorsbrunn

KULTURHISTORISCHES KLEINOD

Um die kleine Kapelle ranken sich jede Menge Legenden und Überlieferungen. Irische Wandermönche sollen hier im 8. Jahrhundert den Odenwald christianisiert haben, und der Quelle unter dem Kirchlein wurden jahrhundertelang Wunderheilungen nachgesagt.



Der heilige Amor

Am Ort der Kapelle soll sich einst eine römische oder germanische Quellenkultstätte befunden haben. In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts holte Gaugraf Ruthard irische Wandermönche ins Land, um die Christianisierung des Odenwaldes voranzutreiben. Der Legende nach sollen die Mönche die Kultstätte christianisiert und dort ersten Christen getauft haben. Belegt ist dies allerdings nicht. Da man der Quelle heilende Kräfte nachsagte, wurde im 12. Jahrhundert eine romanische Kapelle über dem Gewässer errichtet. Angeblich heilte das Wasser von allerlei kleineren und größeren Zipperlein – von Augenkrankheiten und Zahnschmerzen bis hin zur Gicht. Das Quellwasser wurde sogar zum Heilmittel gegen Kinderlosigkeit. Die Kunde über Wunderheilungen durch das Wasser verbreitete sich. Die Kapelle war dem Zustrom von Heilsuchenden und Wallfahrern bald nicht mehr gewachsen und wurde erweitert. Der heutige Bau, in dem noch Reste der alten Kapelle stecken, stammt aus dem Jahr 1521. Vor der Kapelle wurde 1576 eine freistehende Kanzel errichtet, von der seinerzeit bei großem Wallfahrerzustrom gepredigt wurde.

 

Der Ruf um die Kraft der wundersamen Quelle erreichte im 18. Jahrhundert sogar den Kaiserhof in Wien. Kaiserin Elisabeth (nein, nicht Sisi) stiftete Amorsbrunn im Jahr 1726 die Summe von 1500 Gulden – damit sollten Gottesdienste im Sinne der Kaiserin abgehalten werden. Ihre Tochter, Kaiserin Maria Theresia, vermehrte die Schenkung 1769 um 400 Gulden. Ob beiden je Wasser aus der Quelle nach Wien geschickt wurde, ist nicht bekannt. Ist der Kinderreichtum Maria Theresias (sie gebar 16 Kinder) tatsächlich auf die Wirksamkeit Amorsbrunns zurückzuführen, wie manch einer behauptet? Wohl kaum, denn als sie die Schenkung veranlasste, war sie bereits 52 Jahre alt und längst aus dem gebärfähigen Alter heraus.


Die Kapelle Amorsbrunn ist ein Juwel des Odenwaldes.

Der Name der Kapelle soll übrigens nicht auf den hl. Amor zurückgehen, sondern auf den Mönch Theoderich von Fleury, der sich um 1010 in Amorbach aufhielt und an der Quelle von seiner Gicht geheilt wurde. Als „rivus amoris“ (Fluss der Liebe) bezeichnete er Amorbach daraufhin. So soll der Überlieferung nach Amorsbrunn zu seinem Namen „sancti amoris fons“ (heiliger Brunnen der Liebe) gekommen sein, wobei hier die göttliche Liebe gemeint ist. Der hl. Amor kam erst Mitte des 15. Jahrhunderts ins Spiel, als ihn der in der Abtei Amorbach weilende Weltpriester Johannes Keck zur Gründung Amorbachs erklärte. Amor kam einer Legende nach im 9. Jahrhundert aus Aquitanien nach Maastricht, um das Evangelium zu verkünden. Um seine Behauptung zu festigen, besorgte sich Keck ein Empfehlungsschreiben des Abtes an die Äbtissin von Münsterbilsen bei Maastricht, wo Amor van Aquitanië, wie er im Niederländischen heißt, begraben ist. Er reiste in Begleitung eines Bauern dorthin und kam mit einer Anzahl von Reliquien des Heiligen zurück inklusive einer Zeichnung, wie dieser dort dargestellt wurde. Nach dieser Zeichnung wurde 1446 eine Statue Amors gefertigt, die noch heute in der Kapelle im Chor links steht. Die Reliquien kamen in einen mit einer Eisentür verschlossenen Schrein.

Seit dem 15. Jahrhundert findet jährlich am zweiten Maiwochenende der St. Gangolfsritt statt – der hl. Gangolf gilt als Schutzpatron von Pferd und Reiter. In einer Prozession traben Pferde mit ihren Besitzern zur Kapelle Amorsbrunn, wo sie an der Quelle gesegnet werden. Der Brauch wurde in der Vergangenheit lediglich vom Bauernkrieg 1525, dem Revolutionsjahr 1848, den beiden Weltkriegen und 2020 vom Coronavirus unterbrochen.

Info

Lage: 63916 Amorbach. Amorsbrunn liegt im Otterbachtal, knapp zwei Kilometer nordwestlich der Amorbacher Altstadt.

Anfahrt: ab Darmstadt über B26 und B45 (ca. 62 Kilometer); ab Heidelberg über B37 (65,5 Kilometer)

Anreise mit dem ÖPNV: ab Darmstadt Hbf mit Umsteigen in Aschaffenburg und Miltenberg (schnellste Verbindung 1 Std. 45 Min.); ab Heidelberg Hbf mit Umsteigen in Seckach und Walldürn (2 Std. 45 Min). Ab Amorbach erreichen Sie Armorsbrunn über die Boxbrunner Straße in 20 bis 25 Minuten zu Fuß.

Öfnungszeiten: Mai bis Oktober 10 bis 17 Uhr

Eintritt: kostenlos, im Rahmen einer Führung 5 EUR

Weitere Aktivitäten: Machen Sie eine Wanderung auf den Gotthardsberg zwischen Amorbach und Weilbach. Im 12. Jahrhundert wurde dort eine dem hl. Godehard von Hildesheim geweihte Kapelle errichtet, die einst nach einem Blitzschlag ausbrannte. Sicher haben Sie die Kirchenruine auf der Bergkuppe schon von Amorbach aus gesehen, denn sie ist weithin sichtbar. Der Aufstieg lohnt sich allein wegen des grandiosen Blicks über sieben Täler des Odenwaldes. Zu Fuß sind Sie von Amorbach aus über den Gotthardsweg nach knapp zwei Kilometern oben – die Kapelle liegt auf ca. 300 Meter Höhe.

Website: amorbach.de

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