Pflanzenbrauch im Jahreslauf

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St. Martins Fest (11. November)

Wir kennen alle die Geschichte von Sankt Martin, auch dass es die Gänse waren, die ihn verraten haben. Betrachtet man aus volkskundlicher Sicht die Figur des Heiligen, so erkennt man ganz klare Züge des keltischen Wintergottes. Beide sind zunächst Mörder, Sankt Martin war ein Krieger. Samhain lässt das Leben in der Natur sterben. Dann, nach dem Erlebnis mit dem Bettler und der Engelerscheinung, wandelt sich Sankt Martin zu dem helfenden, lebensbewahrenden Heiligen. Auch Samhain wandelt sich und schenkt nach der Sonnwende dem Sonnenkind neues Leben und hütet die schlafenden Samen unter der Erde, damit sie voller Kraft am kommenden Jahreskreis teilhaben können. Nun zur Gans: Sie war für die Kelten von besonderer Bedeutung. Sie war es, die im Herbst die Vegetationskraft mit sich nahm und im Frühling bei ihrer Rückkehr zurückbrachte. Die Gans war Symbol für den Seelenflug, für tiefe seelische Erkenntnisse, eine »Schwellenhüterin«, die zwischen den Welten reisen konnte. So ist es nicht verwunderlich, dass es gerade die Gänse waren, die Sankt Martin verraten haben, damit er das ihm »zugeteilte« Amt des heiligen Bischofs übernahm. Die Pflanze, die wie kaum eine andere mit der Gans verbunden ist, ist der Beifuß, mit dem man in der Regel auch die Martinsgans würzt (obwohl es zur Förderung der Fettverdauung auch andere schmackhafte Kräuter gäbe).

Wie im folgenden Portrait näher erläutert, gehört der Beifuß zu den großen Ritualpflanzen. Es bieten sich viele Gelegenheiten, ihn zu räuchern, etwa zur Unterstützung innerer Wandlungsprozesse, wie sie Sankt Martin erfahren hat und für die die Gans Pate steht.


Der Beifuß (Artemisia vulgaris)

Der Beifuß ist eine 100-150 cm hohe Staude, die zur Familie der Korbblütler gehört. Sein Stengel ist dunkel- bis braunrot, recht fest und bildet viele Seitenäste. Die Blätter sind einfach oder doppelt gefiedert, laufen spitz zu. Oben haben sie ein Dunkelgrün, das in einem schönen Kontrast zu ihrer silbrig weißfilzigen Unterseite steht. Die eiförmigen Blüten, die sich zwischen Juli und September (je nach Standort) entfalten, sind sehr klein und unscheinbar, graufilzig mit gelber bis rotbrauner Krone. Der Beifuß wächst gerne an Wegrändern, in Steinbrüchen und Böschungen.

Neben den deutlich zu schmeckenden Bitterstoffen, enthält er ätherische Öle, Gerbstoffe und Flavonoide. Am besten wird das gesamte Kraut vor oder während der Blüte gesammelt. Das Sammeln kann aber auch ohne große inhaltsstoffliche Einbußen bis in den Oktober ausgedehnt werden.

Beifuß-Tee

Infus aus 1-2 EL Kraut auf 1/2 Liter, 2-3 Mal täglich eine Tasse

(Als Kur 6 Wochen am Stück, anschließend 1-2 Wochen Pause und erneut beginnen)

•Regt Appetit und Galle an

•Wirkt entkrampfend auf den Unterleib und das Verdauungssystem

•Fördert die Durchblutung

•Ist schweiß- und harntreibend (starke Entgiftungswirkung auf den Körper, siehe S. 90)

•Kann Steine in Blase, Niere und Galle auflösen

•Fördert die Östrogenbildung, regt in der Hypophyse zur Hormonbildung an, diese gibt das Signal weiter an die Eierstöcke. So hilft er bei Fruchtbarkeitsstörungen, Schmerzen und Problemen bei der Periode, Fettsucht aufgrund eines gestörten Hormonhaushalts und bei ausbleibender Regelblutung aufgrund von langer Pilleneinnahme.

•Er ist wehenfördernd, darf daher nicht während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Zur Geburtsvorbereitung wurde er allerdings vielen Ortes auf der Nordhalbkugel in unterschiedlicher Weise genutzt: als Tee, als Dampf oder Räucherung.

Fußbad

Infus aus etwa 5 EL Kraut auf 1 Liter Wasser dem Fußbad hinzufügen

•Bei chronisch kalten Füßen und Händen

Ölauszug

Siehe Seite 139

•Hilft bei Regelschmerzen, Koliken und Schmerzen im Verdauungssystem

•Wirkt entblähend, entkrampfend

•Erwärmt den gesamten Körper auf wohltuende Weise

•Beschleunigt die Heilung von Verletzungen am Bewegungsapparat

Kräuterkissen

Siehe Seite 140

•Am Kopfende liegend, beschert es einen ruhigen Schlaf.

Frische Blätter

•Gegen müde Füße bei Wanderungen in den Schuh legen

•Gegen Mücken mit ihnen einreiben

Über den Beifuß

Der Beifuß ist eine Pflanze, die mit all ihren Geschichten und Bräuchen ein dickes Buch füllen könnte. Und es wären nicht nur Geschichten aus Europa, sondern von der gesamten Nordhalbkugel, von Nordamerika über Europa, den Himalaya, China bis nach Japan. Geschichten, die im Kern das gleiche aussagen: der Beifuß als Führer in die Anderswelt, zum Etablieren eines sakralen Raums, als Schutz vor negativen Energien und zur Reinigung.

In unseren Breiten wurde der Beifuß stark mit der Gans assoziiert, ein Tier, das den Jahreskreislauf maßgeblich mitbestimmt (im Englischen wird Frau Holle – eine im Märchen überlebte Vegetationsgöttin – »mother goose«, Mutter Gans genannt). Den heidnischen Glaubensvorstellungen zufolge, nahm die Gans im Herbst die Vegetationskraft mit sich in die Anderswelt, um sie gestärkt im Frühling wiederzubringen.

Der Beifuß spielte auch in den Sommer-Sonnwendbräuchen eine wichtige Rolle:

•Um die eigene Fruchtbarkeit, Gesundheit und auch die seiner Tiere und Feldfrüchte zu sichern und zu stärken, sprang man mit einem Beifußgürtel um die Lenden gebunden über das Sonnwendfeuer.

•Mit seinen Stengeln betrieb man »Heiratsorakel«.

•Körperliche Gebrechen konnten über einen getragenen Beifußgürtel an das Sonnwendfeuer »abgegeben« werden.

•Der Sage nach trug der germanische Donner- und Fruchtbarkeitsgott Thor einen Gürtel aus Beifuß, um seine Kraft zu verdoppeln. Es war ein Geschenk der wohlgesonnen Riesen Gridr, das allerdings zu jeder Sommersonnwende erneuert werden musste.

Unsere »Machtwurz«, einer der vielen Namen des Beifuß, wurde das erste Mal schriftlich im »Neunkräutersegen« genannt, einem im 11. Jahrhundert niedergeschriebenen »Zaubervers«, der in seiner Ausführung ein schönes Beispiel für einen christlich-keltisch-germanischen Synkretismus liefert. Hier wird unser Pflänzchen an erster Stelle genannt, als »Una«, als älteste aller Kräuter mit der »Macht gegen 3 und 30 (…) gegen Gifte und Ansteckung, du hast Macht gegen das Übel, das über das Land dahinfährt«. Dass der kultische Gebrauch unseres Pflänzchens noch sehr viel weiter in die Vergangenheit reicht, belegen Funde aus 60.000 Jahre alten Neanderthalergräbern, in denen man die Toten auf Beifuß gebettet hatte.

An dieser Stelle darf die »Botanische Namenspatronin« nicht unerwähnt bleiben: Artemis, die wilde Jägerin der griechischen Mythologie, Herrin der Tiere, der ungebändigten Natur und Schutzpatronin der Gebärenden.

Beifuß-Räucherbuschen

Dazu etwa 20 cm lange getrocknete Beifußästchen zu einem Bündel (Durchmesser mindestens 2 cm, höchstens 4 cm) zusammenlegen und mit einem reißfesten, nicht synthetischen Garn fest umwickeln, dabei alle 5 cm einen Knoten machen. Mit eurer Hilfe schaffen das auch die Kindergartenkinder (ging immer ganz gut). Beim Anzünden erstmal etwas länger an die Flamme halten und dann pusten, damit sich die Glut gut entwickeln kann. Wollt ihr den Buschen ausmachen, ehe er abgebrannt ist, steckt ihn kopfüber in Sand oder Erde, schaut genau hin, denn oft versteckt sich noch etwas Glut in ihm.


Die Adventszeit

Nadelkränze

Wie bereits erzählt, stehen die immergrünen Pflanzen für das immerwährende Leben, das selbst der Winter nicht zum Erliegen bringt. Neben Nadelbaumzweigen könnt ihr mit Efeu, Buchs, Stechpalme und Ästen mit schwarzen Liguster- oder Schlehenbeeren den Kranz des Advents schmücken. Der Kreis, dargestellt im Kranz, ist ein »Ursymbol« sehr vieler Kulturen, das unter anderem für die nie endende Vegetationskraft steht. Der Kreis ist ein Tor zur Welt des Göttlichen, Symbol für den Übergang und gleichzeitig Erhalt der Dauerhaftigkeit.

Einen Adventskranz könnt ihr ganz nach Laune basteln, mit einem (fertigen) Strohkranz, mit Draht oder Garn.

»Paradeiserl« – die Apfelpyramide

Bei diesem Brauch, der sich vor allem in Bayern lange erhalten hat, lässt sich, wie auch bei Nikolaus (und wie bei der klassischen Weihnachtsbaumdekoration) die Dankbarkeit und Fürbitte gegenüber dem Apfel als Symbol der Fruchtbarkeit erkennen.

Man stellt dabei mit Hilfe von vier Äpfeln und sechs etwa 20-25 cm langen, 1 cm dicken, gerade gewachsenen Ästen (meist aus der Hasel – siehe S. 159) eine Pyramide her. Die Äste werden an den Enden zugespitzt und anschließend in die Äpfel gesteckt. Mit etwas Unterstützung schaffen es auch dreijährige Kindergartenkinder. Auf die drei waagerechten Äste und den oberen Apfel setzt man je eine Kerze, die dann ähnlich dem Adventkranz nach und nach angezündet werden.

 

Für das Paradeiserl eignen sich meiner Erfahrung nach am besten der Boskop oder andere klassische Lagerapfelsorten.

Der Holzapfel (Malus sylvestris)

Der Holzapfel, der gerne an Waldrändern, Böschungen oder auch mal in Laubmischwäldern steht, ist ein 5-10 m hoher Baum aus der Familie der Rosengewächse. Seine Rinde ist braun-grau mit dünnen sich abblätternden Schuppen, die Blätter sind eiförmig, am Rand gesägt, an der Unterseite weißfilzig und mit einem kurzen Stiel. Von Mai bis Juni trägt er weiße bis rötliche Blüten mit gelbem Staubbeutel, die sich im Oktober zu 3-5 cm großen Früchten entwickelt haben.


Beim Holzapfel, ebenso beim Kulturapfel, nutzt man innerhalb der Heilkunde vor allem die Früchte und die Blüten, weniger Rinde und Blätter, obwohl diese durch ihren hohen Gerbstoffgehalt ein probates Wundheilmittel darstellen.

Die Früchte, die von ihrem Wirkstoffspektrum bisher am besten durchleuchtet wurden, enthalten Quercetin, eines der stärksten Antioxidantien unter den Flavonoiden, Gerbstoffe, Mineralien, Eisen, Vitamin C und Pektin (Holzapfel mehr als Kulturapfel). Ihr könnt sie ab Oktober bis in den Dezember hinein ernten.

Die im folgenden aufgeführten Rezepte gelten auch für den Kulturapfel.

Früchtetee

Infus aus 3-4 EL kleingeschnittenem Apfel auf 1/2 Liter Wasser, vor dem Trinken abkühlen lassen, 2-3 Tassen täglich

•Fiebrige Erkältungen, Grippe

•Rheuma und Gichtschmerzen (akut)

•Koliken

Schalentee

Infus aus 1-2 EL getrockneten oder 2-4 EL frischen Schalen auf 1/2 Liter Wasser, 2-3 Tassen täglich

•Ausleitend, harntreibend (bei Harnwegsentzündungen werden vor allem saure Äpfel empfohlen)

•Gicht, Rheuma

•Abwehrsteigernd

•Fiebersenkend

•Nervenstärkend, -beruhigend

Apfel essen

•Geriebener Apfel bei Magen-Darmentzündungen und Durchfall, bei starkem Durchfall 1-3 Tage alle 2-4 Stunden ein Schälchen

•Gebraten oder gebacken: Migräne, Müdigkeit

•In allen Varianten: Aufbaukost bei Anämie und Schwäche

•Senkt den Cholesterinspiegel und die Thrombosegefahr

Über den Apfel

Wenn man über den Apfel erzählt, bedarf es zuvor ein wenig Naturkunde. Unsere Tafelobst-Äpfel, die in Obstgärten wachsen und in den Läden zu kaufen sind, sind keine Züchtungen aus unserem heimischen Wildapfel (Malus sylvestris). Ihr »Stammbaum« führt uns ins Tien Chan-Gebirge nach Kasachstan und China zum Malus sieversii, einer sehr variantenreichen, wohlschmeckenden Wildapfelart. Von dort ist er vor etwa 5.000 Jahren über Vorläufer der Seidenstraße zu den Sumerern gelangt und dann weiter nach Griechenland und Rom, bis er schließlich Mitteleuropa erreichte. Um die Zeitenwende kannten die Römer bereits um die dreißig verschiedene Sorten-Züchtungen.

Der Apfel spielte in vielen Kulturen eine große Rolle und trug manche Symbolik in sich. In dem keltischen und germanischen Kulturraum bezogen sich die Mythen, Bräuche und Geschichten auf unseren heimischen Wildapfel (Malus sylvestris). Ob es ein Wildapfel oder bereits ein Kulturapfel war, den die sumerische Kriegs- und Fruchtbarkeitsgöttin Ishtar in der Hand hielt, lässt sich kaum rekonstruieren. Ähnliches gilt für die Äpfel der Hesperiden bei den Griechen, wobei Fachkreise hinter diesen Äpfeln eigentlich Quitten vermuten.

In allen Kulturen findet sich eine ähnliche Symbolik im Apfel: Fruchtbarkeit, Übergänge, Unsterblichkeit.

So schenkten die Äpfel der germanischen Iduna den Göttern von Asgard ewige Jugend.* Apfelgeschenke, sei es die Frucht oder ein Zweig, führten irische Herrscher und Helden in die Anderswelt, die Welt der Geister, Naturwesen und der ewigen Jugend. Seine Rolle als Initiator und Stellvertreter von Übergängen spiegeln sich in Märchen wie die von Frau Holle oder der weißen Schlange und in Sagen wie um Atalanta und Herakles wider. Auch das weihnachtliche Brauchtum – Äpfel an den Christbaum zu hängen, Paradeiserl und dergleichen – spricht von Übergängen, von der Erneuerung der Sonnen- und Vegetationskraft, vom Übergang zurück ins Leben. Ähnlich wird der Brauch um den Apfel in Spanferkels Mund gedeutet: eine Bitte, dass das Tier zurückkehrt. Der Apfel stellte aber auch den Scheidepunkt in eine weniger segensreiche Epoche dar, denkt man an den Apfel der Erkenntnis,** der uns Menschen nach christlicher Auffassung aus dem Paradies trieb, oder den Zankapfel des Paris, der den Trojanischen Krieg provozierte.

Neben Sagen, Mythen und Märchen war der Apfel im alltäglichen Brauchtum ebenfalls von Bedeutung, und es gab unzählige Riten, um sich Krankheiten zu entledigen, Fruchtbarkeit für Feld und Tier zu erbitten und Liebeszauber durchzuführen. Unter all den Ritualen und Zaubereien, gefällt mir ein Weihnachtsbrauch besonders, er besagt, dass man in der Weihnachtsnacht durch die Krone eines Apfelbaumes ins Himmelreich schauen kann.


Barbarazweig: »Blüten der Unschuld zu Weihnachten« – 4. Dezember

Der Barbarazweig ist ein sehr schöner und noch gut bekannter Brauch. Man schneidet von einem Baum aus der Familie der Rosengewächse, sprich von einer Kirsche, Zwetschge, Schlehe, einem Apfel oder vom Weißdorn am 4. Dezember einen Zweig, stellt ihn im Haus ins Wasser und kann sich zum Weihnachtsfest an seiner weißen Blütenpracht erfreuen. Weiß ist nach wie vor die Farbe der Unschuld, das neugeborene Christuskind schenkt uns die reine unschuldige und bedingungslose Liebe, so wie es einst das neugeborene Sonnenkind tat.

Neben der durch weiße Blüten symbolisierten »Unschuld« standen besagte Bäume auch für »Fruchtbarkeit«, die man sich auf diesem Weg für das kommende Jahr erbat.

Nikolaus und die Haselrute – 6. Dezember

Auch dieser Heilige hat seine keltischen Züge nicht verloren, das heißt, Nikolaus in Kombination mit Knecht Ruprecht. Nikolaus trägt mehr die gütigen Züge des Wintergottes, Knecht Ruprecht packt die Kinder in den Sack – in die Dunkelheit – oder haut sie mit der Haselrute. Doch das sind eigentlich keine Schläge der Strafe, sondern waren vielmehr Schläge für das Leben. Die Ruten der Hasel sind neben denen verschiedener anderer Gehölze, wie der Birke oder der Eberesche, sogenannte Quickruten (quick = lebendig). An verschiedenen Festen wurden damit Tiere und auch Bäume geschlagen, damit sie fruchtbar, gesund und langlebig wurden, so auch die Kinder zum Nikolaustag.

In den Fußstapfen Knecht Ruprechts kann man am Nikolaustag dieses Quickrutenritual durchführen und damit den Segen für das »innere Gedeihen« und die körperliche Gesundheit sprechen; oder als Aktion im Kindergarten, falls vorhanden, Obstbäume und Sträucher mit ein paar sanften Rutenschlägen erquicken.

Lucia – 13. Dezember

Dieser einstige Festtag ist bei uns so gut wie vergessen. Im christlichen Kalenderjahr wird hier die heilige Lucia aus Syrakus (4. Jahrhundert) geehrt. In alten Bräuchen zieht in der Nacht des 13. Dezember ein zwiespältiges weibliches Wesen durch die Dörfer, ein lebensraubendes und schenkendes.

Der 13. Dezember war lange Zeit der Tag der Wintersonnwende. Durch die Kalenderreform 1582 wurde der julianische vom gregorianischen abgelöst und das Datum der Sonnwende verschob sich auf den 21. Dezember. Das Attribut des Lichtbringers, das auch Jesus in sich trägt, wurde früher der Lucia beziehungsweise ihrem heidnischen Pendant zugeschrieben.

Der Brauch, mit einem Kerzenkranz durchs Dorf zu ziehen, existiert vor allem noch in Schweden, obwohl er dort in dieser Form erst sehr spät, im 19. Jahrhundert, wahrscheinlich von Deutschland her eingeführt wurde.

Ein schöner überlieferter Brauch aus Bayern für diesen Tag bestand darin, in eine Schale feuchter Erde einige Getreidekörner zu legen. Die Schale bewahrte man in der warmen Stube auf und am Weihnachtstag hatten die Körner grüne Triebe entwickelt.

Wintersonnwende – Weihnachten

(21./24. Dezember)

Nun ist der dunkelste Tag im Jahr erreicht. Für die Kelten war dies der Höhepunkt der »Regentschaft« der Wintergötter. Das Sonnenkind wurde durch Morrigan neu geboren, auf dass es Mensch und Tier und Pflanzen im kommenden Jahr Wärme und Licht schenken solle.

Äpfel und Pilze essen

Am Heiligen Abend gab es zwei schöne Pflanzenbräuche, die ich hier gerne erwähnen möchte.

Von den Äpfeln, die man an diesem Tag aß, sollte man die Kerne aufbewahren. Setzte man sie in die Erde, so würden daraus Bäume mit den schmackhaftesten Äpfeln wachsen, ohne dass man diese, wie üblich, veredeln müsste.

Das Verzehren von Pilzen bewirkte, dass einem im kommenden Jahr seine Kleider besonders gut standen. Dies hört sich zunächst höchst kurios an. Nun waren die Pilze aber aufgrund ihrer oft phallischen Form und ihrem plötzlichen, teilweise gehäuften Auftreten ein Fruchtbarkeitssymbol. Wenn einem die Kleider gut stehen, so verspricht das ein begehrenswertes Aussehen, und die Assoziation zur Fruchtbarkeitsthematik wirkt einleuchtend.

DIE SCHAU DER ALTEN GÖTTER

In einer Zeit vor unserer wachten die Wintergötter Morrigan und Samhain über die schlafende Natur, hüteten das Sonnenkind in ihren Gemächern tief unten im Atav-glas-sklerjan, bis Morrigan es zur Wintersonnwende neu zur Welt brachte. Voll neuer Kraft war es dann, und würde diese im kommenden Jahr allen lebenden Wesen auf Erden schenken.

Morrigan und Samhain hüteten auch die Träume und konnten mehr als die anderen Götter durch den Nebel der Zeit blicken und manches erkennen, was sich noch ereignen würde.

Am Tag vor der Sonnwende war Vollmond, dessen Licht selbst die Götter verzaubert; klar und hell war es und ließ weit blicken.

Morrigan sah zum Mond, dann in die Ferne und sprach:

»Ein Himmelsgestirn wird die Geburt eines neuen Lichtes ankündigen. Es wird nicht der Mond sein, der mit seinem wandelhaften Wesen den Rhythmus der Natur spiegelt. Es wird ein Stern mit lichtem Schweif sein. Ein menschgewordener Gott wird geboren von einer liebenden Mutter. Ich sehe auch, dass Mutter und Vater reisen müssen, aber das Land, durch das sie ziehen, ist wüst, nicht so freundlich wie hier, wenig Grün, kaum Jahreszeitenspiel. Oft klopfen sie an Türen und fragen nach Herberge. Doch nur in einem Stall werden sie willkommen sein. Das Kind wird dort geboren und lässt den Stall zu einem Palast erstrahlen, Ochs und Esel sind die Herolde. Bald gesellen sich auch weise Hirten dazu. Sie erkennen ihn gleich. Ein neuer Gott ist erschienen. Er wird die Menschenkinder lieben, und die Liebe seines Wesens wird strahlen wie die Sonne und wie sie die Herzen wärmen – sie sind ja auch am gleichen Tag geboren, das Sonnenkind und der neue Gott.

Ich hoffe, die Menschen werden seine Worte verstehen, denn es werden Worte des Friedens und der Liebe sein.

Für uns wird es ein Abschied im Bewusstsein der Menschenkinder werden – langsam, aber stetig, und irgendwann werden wir nur noch Teil von Märchen sein. Du, Samhain, und ich, Morrigan, Brigit und der Bär, Belenos und Belisama, Lugus und Anona.«