Baurecht Baden-Württemberg

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2. Inhalt

89

Lesen Sie § 9 BauGB aufmerksam durch.

Der zulässige Inhalt eines Bebauungsplanes ist, abgesehen von spezialgesetzlichen Regelungen, abschließend in § 9 BauGB und vermittelt über § 1 Abs. 3 S. 2 in der BauNVO geregelt.[50] Die Vorschriften der §§ 2–14 BauNVO werden gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes, soweit aufgrund § 1 Abs. 4–10 BauNVO nichts anderes bestimmt ist (s.u. Rn. 106).

a) Numerus clausus der Festsetzungen

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Es existiert ein Numerus clausus der Festsetzungen, d.h. die in § 9 BauGB und § 9a BauGB genannten Festsetzungen sind abschließend:[51] Dies folgt daraus, dass der Bebauungsplan detaillierte, parzellenscharfe Festsetzungen enthält und deswegen eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG darstellt. Daher bedürfen seine Regelungen einer gesetzlichen Grundlage. Eine derartige gesetzliche Grundlage ist die Regelungen des § 9 BauGB und dadurch vermittelt auch die des § 9a BauGB.

Hinweis

Wie aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 BauGB („können“) folgt, ist die Gemeinde nicht verpflichtet alle dort genannten Kriterien in einem Bebauungsplan aufzunehmen. Welche Festsetzungen im Bebauungsplan erfolgen, bestimmt sich vielmehr danach, welche Festsetzungen für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB sind.

b) Planklarheit und Planbestimmtheit

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Alle Festsetzungen eines Bebauungsplanes müssen der Planklarheit und somit dem Grundsatz der Planbestimmtheit entsprechen.[52] Dieser Grundsatz besagt, dass die Festsetzungen so konkret, verständlich und bestimmt sein müssen, dass die zugelassene Nutzung der Grundstücke für die Eigentümer und die Nachbarn erkennbar ist.[53] Dies folgt zum einen aus der Eigenschaft des Bebauungsplanes als rechtsverbindlicher Hoheitsakt (vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 10 Abs. 1 BauGB) und zum anderen aus dessen Charakter als Inhalts- und Schrankenbestimmung.

Beispiel

Eine Festsetzung, die die zulässige Höhe einer baulichen Anlage mit etwa 7,50 m beschreibt, ist unzulässig.

c) Wesentlicher Inhalt, § 9 BauGB

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§ 9 BauGB lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass ein Bebauungsplan Festsetzungen, Kennzeichnungen und nachrichtliche Übernahmen enthält. Der wesentliche Inhalt eines Bebauungsplanes sind die Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung (§§ 8 Abs. 1 S. 1, 9 Abs. 1 BauGB). Die in § 9 BauGB geregelten Festsetzungen müssen parzellenscharf und die Grundlage für die konkrete Bebauung von Grundstücken, die dem Bebauungsplan unterfallen, sein.

Hinweis

Die einzelnen Nummern des § 9 Abs. 1 BauGB lassen sich dahingehend klassifizieren, dass sich die Nr. 1–9 auf die bauliche Nutzung von Baugrundstücken und die Nr. 10–26 auf die nichtbauliche Nutzung von Flächen beziehen.

d) Örtliche Bauvorschriften, § 9 Abs. 4 BauGB i.V.m. § 74 LBO

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Lesen Sie § 74 LBO.

§ 9 Abs. 4 BauGB eröffnet den Ländern die Möglichkeit, durch Rechtsvorschriften zu bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan aufgenommen werden können, und festzulegen, inwieweit die Vorschriften des BauGB auf diese Festsetzungen anwendbar sind. Baden-Württemberg hat mit § 74 LBO von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. § 74 LBO ermöglicht örtliche Bauvorschriften in Form der Satzung, § 74 Abs. 1 LBO.

Hinweis

Bei den örtlichen Bauvorschriften handelt es sich materiell-rechtlich um Bauordnungsrecht,[54] auch wenn Sie keine gefahrenabwehrrechtlichen Bestimmungen darstellen.

Sind in einem Bebauungsplan Festsetzungen enthalten, die nicht im Katalog des § 9 Abs. 1 BauGB aufgeführt sind, müssen Sie an die Möglichkeit von örtlichen Bauvorschriften denken.[55]

94

Besondere Bedeutung hat § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO, der insbesondere im Hinblick auf die in der Praxis wichtige Dachgestaltung relevant ist.[56] Wegen der zunehmenden Anzahl von Solaranlagen führt dies zu Konfliktlagen.[57]

Beispiel

Die Gemeinde A setzt fest, dass bauliche Anlagen ein braunes Satteldach haben müssen.

In einem Bebauungsplan kann zwar gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB Var. 3 BauGB auch die „Stellung“ einer baulichen Anlage und somit die Firstrichtung eines Daches festgesetzt werden. Eine Festschreibung der Dachgestaltung, d.h. der Form und Farbe, kann jedoch nicht in einem Bebauungsplan festgesetzt werden.[58] Es kommt nur die Regelung durch eine gemeindliche Gestaltungssatzung nach § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO in Betracht.[59]

95

Nach § 74 Abs. 7 LBO können örtliche Bauvorschriften zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden. Hieraus folgt, dass derartige Festsetzungen als Ergebnis eines gemeinsamen Verfahrens in dem Beschluss über den Bebauungsplan zusammengefasst werden können. Nach der Rechtsprechung ist ein Hinweis darauf, dass in der Satzung auch örtliche Bauvorschriften enthalten sind, nicht erforderlich, da der Anstoßfunktion genüge getan sei.[60] Aus dem Textteil muss sich jedoch ergeben, dass sich der Gemeinderat bewusst war, in Bezug auf die örtlichen Bauvorschriften keinen Bebauungsplan, sondern eine Gestaltungssatzung erlassen zu haben.

96

Wie aus dem Wortlaut des § 74 Abs. 7 LBO („richtet sich das Verfahren“) folgt, bezieht sich die Verweisung auf die Bebauungsplanverfahren nur auf verfahrensrechtliche Vorschriften.[61]

Hinweis

Dies hat zur Folge, dass für örtliche Bauvorschriften § 1 Abs. 7 BauGB nicht gilt. Die diesbezügliche Abwägungspflicht folgt jedoch aus dem Charakter der örtlichen Bauvorschriften als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG.[62] Bei derartigen Regelungen müssen die Interessen der Allgemeinheit und die privaten Interessen des Eigentümers in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.

3. Rechtsnatur

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Der Bebauungsplan wird von der Gemeinde gemäß § 10 BauGB als Satzung erlassen. Er stellt also eine Rechtsnorm dar, so dass er Wirkung gegenüber dem Bürger entwickelt.

4. Die inhaltlich unterschiedlichen Arten von Bebauungsplänen

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In inhaltlicher Hinsicht existieren insgesamt vier Arten von Bebauungsplänen.[63]

a) Der qualifizierte Bebauungsplan, § 30 Abs. 1 BauGB

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Ein qualifizierter Bebauungsplan liegt vor, wenn ein Bebauungsplan die in § 30 Abs. 1 BauGB genannten vier Mindestvoraussetzungen erfüllt:

 

Er muss Festsetzungen über


1. die Art der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, §§ 1 ff. BauNVO)
2. das Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, §§ 16 ff. BauNVO)
3. die überbaubaren Grundstücksflächen (§ 23 BauNVO)
4. die örtlichen Verkehrsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB)

enthalten.

Hinweis

Es ist ohne Bedeutung, ob der Bebauungsplan über diese Festsetzungen hinaus weitere Festsetzungen enthält.[64]

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Für die Gemeinde bietet ein qualifizierter Bebauungsplan den Vorteil, dass eine einfache Lenkung der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke im Gebiet des Bebauungsplanes erfolgen kann.[65] Dies geschieht dadurch, dass Vorhaben, die den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplanes nicht widersprechen, zulässig sind und widersprechende Vorhaben unzulässig sind.

b) Der einfache Bebauungsplan, § 30 Abs. 3 BauGB

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Der Legaldefinition des § 30 Abs. 3 BauGB zufolge ist ein einfacher Bebauungsplan gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 BauGB und mithin die Voraussetzungen, die an einen qualifizierten Bebauungsplan zu stellenden sind (s. Rn. 99), nicht erfüllt sind. Ein einfacher Bebauungsplan enthält daher nur wenige Festsetzungen.[66] Da diese alleine eine bauliche Nutzung der Grundstücke nicht gewährleisten können, finden gemäß § 30 Abs. 3 BauGB je nachdem welchen Charakter das Gebiet aufweist, die §§ 34, 35 BauGB ergänzend Anwendung (zu den unterschiedlichen Gebietscharakteren s.u. Rn. 276 ff.).

c) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan, §§ 12 Abs. 1, 30 Abs. 2 BauGB

102

Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan ist gegeben, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Satzungsbeschluss i.S.d. § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (vgl. §§ 30 Abs. 2, 12 Abs. 1 S. 1 BauGB). Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird dann Bestandteil des jeweiligen Bebauungsplanes.

Hinweis

Gemäß § 30 Abs. 2 BauGB steht ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einem qualifizierten Bebauungsplan gleich, so dass die Anwendung der §§ 34, 35 BauGB ausgeschlossen ist. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist also die abschließende Beurteilungsgrundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens.

d) Der Bebauungsplan der Innenentwicklung, § 13a BauGB

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Eine Bebauungsplanung für die Wiedernutzbarkeit von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung stellt gemäß § 13a Abs. 1 S. 1 BauGB einen Bebauungsplan der Innenentwicklung dar.

Beim Vorliegen eines derartigen Bebauungsplanes und der Einhaltung von Flächenobergrenzen („weniger als 20 000 Quadratmeter“, § 13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB; „20 000 bis weniger als 70 000 Quadratmeter“, § 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB) ist ein beschleunigtes Verfahren gemäß § 13 Abs. 2 BauGB zulässig.

Derartige Pläne betreffen den Siedlungsbereich in Abgrenzung zum Außenbereich[67] (zum Begriff des Außenbereichs s.u. Rn. 342 ff.).[68]

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB › V. Besondere Bedeutung, Inhalt und Systematik der BauNVO

V. Besondere Bedeutung, Inhalt und Systematik der BauNVO

1. Besondere Bedeutung und Inhalt

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Der Baunutzungsverordnung (BauNVO) kommt im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bauleitplänen eine besondere Bedeutung zu, denn durch sie werden die Regelungsmöglichkeiten in Bezug auf Bauleitpläne konkretisiert und ergänzt:[69]

Hinweis

Die Baunutzungsverordnung ist aufgrund der Ermächtigung des § 9a BauGB erlassen worden.

a) In Bezug auf Flächennutzungspläne

Lesen Sie § 1 BauNVO.

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Nach § 1 Abs. 1 BauNVO können im Flächennutzungsplan die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung dargestellt werden als 1. Wohnbauflächen, 2. Gemischte Bauflächen, 3. Gewerbliche Bauflächen und 4. Sonderbauflächen. Dabei handelt sich um sog. Bauflächen, vgl. § 1 Abs. 1 BauNVO.

b) In Bezug auf Bebauungspläne

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In Bebauungsplänen können gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 BauNVO nach der Art ihrer baulichen Nutzung sog. Baugebiete i.S.d. § 1 Abs. 2 BauNVO festgesetzt werden. Diese Baugebiete unterscheiden sich insbesondere nach der Art ihrer Zweckbestimmung und nach den in ihnen allgemein zulässigen sowie ausnahmsweise zulassungsfähigen Anlagen. Die zulässigen Baugebiete sind i.S.d. § 1 Abs. 2 BauNVO geregelt.

Hinweis

Im Hinblick auf die zulässigen Baugebiete, deren Regelung eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums darstellt (s.o. Rn. 90), besteht ein Typenzwang. Die Gemeinde kann also nur die in § 1 Abs. 2 BauGB normierten Baugebiete festsetzten. Diese Regelung ist abschließend.[70] Die Gemeinde hat daher kein „Festsetzungsfindungs- bzw. Gebietserfindungsrecht“.[71]

Wenn die Gemeinde ein bestimmtes Baugebiet festsetzt, werden die entsprechenden baugebietstypisierenden Festsetzungen gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO der jeweils einschlägigen Vorschrift der §§ 2–14 BauNVO automatisch Bestandteil des Bebauungsplanes, soweit in § 1 Abs. 4–10 BauNVO nichts anderes bestimmt ist.

Da der Gemeinderat jeweils nur die Festsetzungen im Zeitpunkt seines Satzungsbeschlusses zugrunde legen kann, handelt es sich bei § 1 Abs. 3 BauNVO um eine statische Verweisung: Daher ist jeweils die BauNVO in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gültigen Fassung zugrunde zu legen.[72]

2. Systematik der Gebietsbeschreibungen der BauNVO

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Verinnerlichen Sie diese Systematik der BauNVO sowie die Inhalt dieser Regelungen. Wenn Sie in einer Klausur lange nach dem möglichen Baugebietstyp suchen müssen, geht Ihnen wertvolle Zeit verloren.

Die Baugebietsbeschreibungen der BauNVO sind nach einer einheitlichen Systematik aufgebaut:[73]


In Absatz 1 der jeweiligen Vorschrift wird der Gebietscharakter definiert und die allgemeine Zweckbestimmung umschrieben,
im jeweiligen Absatz 2 werden die regelmäßig zulässigen Nutzungen, d.h. die Regelnutzungen, aufgeführt und
in Absatz 3 der jeweiligen Regelung wird ausgeführt, welche Arten der baulichen Nutzung im Baugebiet ausnahmsweise nach § 31 Abs. 1 BauGB (s. Rn. 303 f.) zugelassen werden können, sog. Ausnahmebebauung

Beispiel

Die Gemeinde A setzt die Baufläche in ihrem Bebauungsplan als reines Wohngebiet i.S.d. § 3 BauNVO fest.

Deshalb darf jedes Grundstück grundsätzlich nur mit Wohngebäuden § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, oder mit Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen, § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, bebaut werden.

Ausnahmsweise (im Wege der Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB) können Grundstücke mit Läden und nicht störenden Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleinen Betrieben des Beherbergungsgewerbes, § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, und sonstigen Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke, § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, bebaut werden.

JURIQ-Klausurtipp

In einer Klausur wird nur äußert selten der Typ des Gebietes angegeben sein. Vielmehr wird die dortige Bebauung umschrieben sein. Ihre Aufgabe ist es dann, anhand der Angaben im Sachverhalt das Gebiet unter einen Gebietstyp i.S.d. BauNVO zu subsumieren. Bezüglich der nach der BauNVO zulässigen Festsetzungen ist zwischen solchen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und deren Maß zu unterscheiden:

 

in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung muss sich die Gemeinde für einen der in § 1 Abs. 2 BauNVO genannten Gebietstypen entscheiden (Typenzwang). Die zulässigen Nutzungsformen ergeben sich dann aus der jeweils einschlägigen Vorschrift der §§ 2–11 BauNVO. Gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO wird die jeweils einschlägige Vorschrift der §§ 2–14 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes, soweit in § 1 Abs. 4–10 BauNVO nichts anderes bestimmt ist.
Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ist § 16 Abs. 2 BauNVO maßgeblich. Er regelt, wie das Maß der baulichen Nutzung festgelegt werden darf.

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB › VI. Außer-Kraft-Treten von Bauleitplänen

VI. Außer-Kraft-Treten von Bauleitplänen

1. Aufhebung von wirksamen oder unwirksamen Bebauungsplänen

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Ein Bauleitplan tritt grundsätzlich außer Kraft, wenn er aufgehoben wird. Hierfür sieht § 1 Abs. 8 BauGB vor, dass für diese Aufhebung als actus contrarius zum Erlass des Bebauungsplans dasselbe formalisierte Verfahren gemäß §§ 2 ff. BauGB durchzuführen sowie dieselben materiellen Vorgaben zu beachten sind wie bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes.[74] Auch bei einem unwirksamen Bebauungsplan bedarf es eines förmlichen Akts um den Rechtsschein der Gültigkeit des Bebauungsplanes zu beseitigen.[75]

2. Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans

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Ein Bebauungsplan kann auch außer Kraft treten, wenn und soweit sein Inhalt funktionslos geworden ist.[76] In diesem Fall spricht man von einem funktionslosen Bebauungsplan.


Funktionslos wird ein Bebauungsplan, wenn und soweit sich die Verhältnisse, auf die sich eine planerische Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erlangt haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen auf absehbare Zeit ausschließt und wenn der Mangel so offenkundig ist, dass ein Vertrauen der Öffentlichkeit in dessen Fortgeltung nicht mehr schutzwürdig ist.[77]

Beispiel

Die Festsetzung eines Dorfgebietes in einem Bebauungsplan wird unwirksam, wenn in dem maßgeblichen Bereich nur noch Wohnhäuser und keine Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe (mehr) vorhanden sind und mit ihrer Errichtung auf absehbare Zeit erkennbar nicht mehr gerechnet werden kann, weil es keine Fläche mehr gibt, auf der sich eine solche Wirtschaftsstelle sinnvoll realisieren ließe.

110

Regelmäßig werden nur einzelne Festsetzungen eines Bebauungsplanes wegen Funktionslosigkeit außer Kraft treten.[78] Die Unwirksamkeit kann jedoch auch den Bebauungsplan im Ganzen erfassen, nämlich dann, wenn sich die bauliche Entwicklung in jeder Hinsicht völlig abweichend vom Planinhalt vollzogen hat.[79]

JURIQ-Klausurtipp

In Prüfungsarbeiten werden Sie regelmäßig nicht auf die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplanes hingewiesen. Stellen Sie im Sachverhalt fest, dass die ursprünglichen Festsetzungen und der tatsächliche Entwicklungszustand voneinander abweichen, müssen Sie an ein Außerkrafttreten des Bebauungsplans denken und ggf. wie folgt vorgehen:[80]

Sollte der Bebauungsplan als Ganzes funktionslos geworden sein, so müssen Sie die Zulässigkeit eines baulichen Vorhabens in der Klausur am Maßstab von § 34 BauGB lösen. Sollten nur einzelne Festsetzungen funktionslos geworden sein, so bestimmt sich dies nach den noch gültigen Festsetzungen und i.Ü. nach § 34 BauGB.

Von der Annahme einer Funktionslosigkeit sollten Sie nicht vorschnell ausgehen. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich äußerst zurückhaltend; in der Praxis kommt diese regelmäßig nur in Betracht, wenn die tatsächliche Bebauung durch einen nachfolgenden, mittlerweile aber als unwirksam erkannten Bebauungsplan gesteuert worden ist.[81]

Ein Bebauungsplan tritt nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, weil auf einer Teilfläche eine einzelne abweichende Nutzung entstanden ist. Ein einzelner „Ausreißer“ stellt die Beachtlichkeit der Festsetzungen des Bebauungsplanes grundsätzlich nicht in Frage.[82] Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, bewirken dann nicht seine Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte.[83]

Beispiele

Eine Funktionslosigkeit ist in folgenden Fällen nicht gegeben: