Baurecht Baden-Württemberg

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2. Qualifiziert-aktiver Bestandsschutz

43

Der qualifiziert-aktive Bestandsschutz umfasst Maßnahmen, die nicht mehr nur bestandserhaltend, sondern vielmehr bestandserweiternd sind.[40] Umfasst ist auch der Ersatzbau für ein zuvor zerstörtes Gebäude.

Lesen Sie § 35 Abs. 4 BauGB.

Hinweis

Ist eine einfach-gesetzliche Regelung nicht gegeben, so ist ein qualifiziert-aktiver Bestandsschutz, da er nicht mehr unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG hergeleitet wird, ausgeschlossen.[41]

44

Daher besteht ein verfassungsunmittelbarer Bestandsschutz in Form des Instituts der verfassungskräftig verfestigten Anspruchsposition, der darauf gerichtet war, die Wieder- oder Neuerrichtung baulicher Anlagen zu ermöglichen, die nach geltendem Recht unzulässig sind,[42] nicht mehr.[43] Ebenso wenig existiert ein erweiterter Bestandsschutz, der die Neuerrichtung einer baulichen Anlage ermöglichte, wenn diese nur nach Durchführung der Maßnahme bestimmungsgemäß weitergenutzt werden konnte.[44]

Der Gesetzgeber hat für den nicht beplanten Außenbereich in § 35 Abs. 4 BauGB eine derartige einfachgesetzliche Regelung (s. hierzu Rn. 381 ff.) getroffen.

Anmerkungen

[1]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 691.

[2]

BVerwGE 36, 296, 300; BVerwGE 42, 8, 13.

[3]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 691 m.w.N.

[4]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 692.

[5]

Zum immissionsschutzrechtlichen Bestandsschutz vgl. Schmidt/Kahl/Gärditz Umweltrecht § 7 Rn. 115 ff.

[6]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 701.

[7]

BVerwGE 47, 126, 128.

[8]

BVerwGE 36, 296, 300; BVerwGE 42 8, 13; BVerwGE 47, 126, 128.

[9]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 651.

[10]

BVerwGE 25, 161, 162.

[11]

BVerwGE 42, 30, 39; BVerwGE 60, 296, 300.

[12]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 712.

[13]

BVerfGE 36, 296 (300); 42, 8 (13); 47, 126, (128).

[14]

BVerwGE 106, 228.

[15]

BVerwGE 106, 228; a.A. Sieckmann NVwZ 1997, 853.

[16]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 644.

[17]

Vgl. Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 709, 704.

[18]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 711.

[19]

VGH Baden-Württemberg VBlBW 2010, 111.

[20]

Dürr Baurecht Baden-Württemberg Rn. 259.

[21]

BVerwG NVwZ 1988, 569.

[22]

In BVerwG NVwZ 1998 735 nahm das BVerwG hiervon Abstand.

[23]

BVerwGE 98 235.

[24]

VGH Baden-Württemberg BauR 2009, 1881; a.A. VGH Baden-Württemberg BauR 2003, 1539; Niedersächsisches OVG NVwZ-RR 2009, 910; Mager JA 2010, 79, 80; Uechtriz DVBl 1997, 347; Schmaltz DVBl 2000, 828; Uschkereit BauR 2010, 718.

[25]

VGH Baden-Württemberg BauR 2009, 1881.

[26]

Thüringer OVG NVwZ-RR 2000, 578.

[27]

Dürr Baurecht Baden-Württemberg Rn. 259.

[28]

Niedersächsisches OVG NVwZ-RR 2009, 910 stellt auf § 77 NBauO ab.

[29]

Dürr Baurecht Baden-Württemberg Rn. 259.

[30]

S. vertiefend VGH Baden-Württemberg BauR 2009, 1881.

[31]

Dürr Baurecht Baden-Württemberg Rn. 259.

[32]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 713.

[33]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 713.

[34]

BVerwGE 36, 296, 300.

[35]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 713.

[36]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 713.

[37]

BVerwG ZfBR 1981, 90, 91.

[38]

Vgl. Schröer NZBau 2008, 105, 106.

[39]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 715.

[40]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 716.

[41]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 721; a.A. Dürr VBlBW 2000, 457.

[42]

So noch BVerwGE 26, 111, 116 ff; BVerwGE 47, 126, 130 f.

[43]

Klarstellend BVerwGE 85, 289, 294.

[44]

Vgl. Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 700 m.w.N.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › F. Einfach-gesetzliche Rechtsquellen

F. Einfach-gesetzliche Rechtsquellen

45

Als Konsequenz der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen besteht das öffentliche Baurecht aus folgenden einfach-gesetzlichen Rechtsquellen:

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › F. Einfach-gesetzliche Rechtsquellen › I. Das Raumordnungsgesetz (ROG)

I. Das Raumordnungsgesetz (ROG)

46

Mit dem Raumordnungsgesetz (ROG) hat der Bund bundesweit geltende Leitvorstellungen und die Grundsätze der Raumordnung normiert. Hierin werden die Rechtswirkungen bestimmter planerischer Aussagen mit unmittelbarer Geltung festgelegt und Bestimmungen zur Raumordnung im Bund getroffen.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › F. Einfach-gesetzliche Rechtsquellen › II. Das Baugesetzbuch (BauGB)

II. Das Baugesetzbuch (BauGB)

47

Das Baugesetzbuch (BauGB) hat aufgrund europarechtlicher Vorgaben (Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien vom 24.6.2004 - Europarechtsanpassungsgesetzes Bau – EAG Bau[1]), durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21.12.2006[2] und wegen der im Jahre 2011 beschlossenen Energiewende (Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in Städten und Gemeinden vom 22.7.2011)[3] in den letzten Jahren Änderungen erfahren.

 

48

Das BauGB stellt das zentrale Instrument des Städtebaurechts dar.[4] Im BauGB sind das allgemeine und das besondere Städtebaurecht normiert. Hierdurch werden, wenn auch mit unterschiedlicher Zielrichtung, städtebauliche Ziele verfolgt.[5]

49

Das allgemeine Städtebaurecht (§§ 1–135c BauGB) normiert die Bauleitung. Deren Aufgabe besteht gemäß § 1 Abs. 1 BauGB darin, die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken vorzubereiten und zu lenken. Die Bauleitplanung ist grundsätzlich zweistufig konzipiert (s.u. Rn. 57 ff.).

50

Das besondere Städtebaurecht (§§ 136–191 BauGB) enthält als lex specialis zum allgemeinen Städtebaurecht vorrangig zu prüfende Regelungen, die der Lösung besonderer Problemlagen dienen sollen und insbesondere die städtebauliche Sanierung und Entwicklung, den Stadtumbau, Maßnahmen der sozialen Stadt sowie die Städtebauförderung und -erhaltung regeln.

Hinweis

Das besondere Städtebaurecht ist kaum prüfungsrelevant.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › F. Einfach-gesetzliche Rechtsquellen › III. Die Landesbauordnung (LBO)

III. Die Landesbauordnung (LBO)

51

Die Landesbauordnung regelt ein bauliches Vorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht. Da das Bauordnungsrecht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt (s.o. Rn. 25) kann es grundsätzlich von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen enthalten. Die Bauordnungen der Länder orientieren sich mehr oder weniger an der erstmals im Jahre 1960 von der Arbeitsgemeinschaft der Bauminister der Länder (ARGEBAU) ausgearbeiteten Musterbauordnung (MBO),[6] die zuletzt am 8.11.2002 überarbeitet und am 21.9.2012 geändert wurde. Die MBO soll als rechtlich unverbindliche Leitlinie dem Landesgesetzgeber als Orientierungshilfe und zur Wahrung der Rechtseinheit im Bauordnungsrecht dienen.

Anmerkungen

[1]

BGBl I S. 1359.

[2]

BGBl I S. 3316.

[3]

BGBl I S. 1509.

[4]

Krautzberger/Battis/Löhr-Battis BauGB § 1 Rn. 1.

[5]

Stollmann Öffentliches Baurecht § 3 Rn. 2.

[6]

Abrufbar unter http://www.is-argebau.de dort unter „Mustervorschriften und Mustererlasse“ – „Bauaufsicht/Bautechnik“.

3. Teil Kommunale Bauleitplanung

Inhaltsverzeichnis

A. Überblick

B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB

C. Die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplanes und die Folgen eines Verstoßes gegen Vorschriften des BauGB

D. Die Folgen von Verletzungen des BauGB bei der Aufstellung von Bebauungsplänen

E. Sicherung der kommunalen Bauleitplanung

F. Übungsfall Nr. 1

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › A. Überblick

A. Überblick


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3. Teil Kommunale Bauleitplanung › A. Überblick › I. Kommunale Bauleitplanung

I. Kommunale Bauleitplanung

52

Die kommunale Bauleitplanung ist eine örtliche Planung, die die Nutzung der Grundstücke in einem Gemeindegebiet zum Gegenstand hat. Sie dient der Vorordnung der örtlichen Bodennutzung durch die Gemeinden.[1] Dies kommt in § 1 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck, wonach es Aufgabe der Bauleitplanung ist, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. Träger der kommunalen Bauleitplanung sind die Gemeinden, vgl. §§ 1 Abs. 3 S. 1, 2 Abs. 1 S. 1 BauGB. Sie haben die Planungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG inne (s.o. Rn. 29). Die Gemeinde besitzt die Planungshoheit nur für ihr Gemeindegebiet.

Die Wahrnehmung der Aufgabe der Bauleitplanung erfolgt durch Bauleitpläne, vgl. § 1 Abs. 2 BauGB (s.u. Rn. 55 ff.).

Hinweis

Aus § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB ergibt sich, dass ein Einzelner kein subjektives öffentliches Recht auf Durchführung der Bauleitplanung hat. Die Durchführung der Bauleitplanung kann nur im Wege der Kommunalaufsicht durchgesetzt werden. Ein Anspruch des Einzelnen auf Einschreiten der Kommunalaufsicht besteht jedoch nicht, da die Kommunalaufsicht[2] nur dem öffentlichen Interesse, nämlich dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dient.

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › A. Überblick › II. Abgrenzung zur Raumordnung und zur Fachplanung

II. Abgrenzung zur Raumordnung und zur Fachplanung

53

Wegen ihrer räumlichen Beschränkung auf das Gemeindegebiet unterscheidet sich die kommunale Bauleitplanung von der Raumordnung. Gegenstand der Raumordnung ist die überörtliche Planung und Ordnung des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland und seiner Teilräume, vgl. § 1 Abs. 1 ROG. Auf Bundesebene wird dies durch das ROG und auf Länderebene in Umsetzung des ROG insbesondere durch die Landesplanungsgesetze geregelt.[3] Durch die Raumordnung wird grundsätzlich nur die Exekutive gebunden. Gleichwohl stehen sich Raumordnung und kommunale Bauleitplanung nicht isoliert gegenüber, sondern sind miteinander verbunden, vgl. § 1 Abs. 4 BauGB.[4]

54

Wegen ihres Charakters als umfassende örtliche Planung unterscheidet sich die kommunale Bauleitplanung von der sog. Fachplanung. Diese beschränkt sich auf die Planung einzelner sektoraler (raumbedeutsamer) Aufgaben- bzw. Problemfelder.

Beispiele

Planung von


Bundesfernstraßen
Energieversorgungsanlagen
Wasser- oder Naturschutzgebieten

Anmerkungen

[1]

Ennuschat/Ibler/Remmert-Remmert Öffentliches Recht in Baden-Württemberg § 3 Rn. 29.

[2]

Dies gilt grundsätzlich für alle Aufsichtsformen; selbst der Aufsicht der Europäischen Kommission nach Art. 258 AEUV kommt kein Drittschutz zu, vgl. Kenntner Öffentliches Recht in Baden-Württemberg Rn. 327.

[3]

BwLPlG: Dürig Ordnungsziffer 46.

[4]

Vgl. zum Zusammenwirken von Raum- und Bauleitplanung dargestellt am Beispiel von Windenergieanlagen Kirste DVBl 2005, 993 ff.

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB

B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB

55

Die Aufgabe der kommunalen Bauleitplanung wird durch die rechtlichen Instrumente der Bauleitpläne erfüllt (s.o. Rn. 52). Gemäß § 1 Abs. 2 BauGB sind Bauleitpläne der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan und der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan. Der Begriff des Bauleitplans stellt also den Oberbegriff für den Flächennutzungs- und den Bebauungsplan dar.

Gemeindefreie Gebiete werden Ihnen in Klausuren regelmäßig nicht begegnen.

Das Recht der Bauleitplanung (§§ 1 ff. BauGB) bezieht sich nur auf die einer Gemeinde zugeordneten Gebiete. Für sog. gemeindefreie Gebiete, d.h. Gebiete, die außerhalb des Gemeindegebietes liegen, gilt die gemeindebezogene Bauleitplanung nicht.[1]

Beispiele

Ein gemeindefreies Gebiet ist z.B. bei einem Truppenübungsplatz und bei bestimmten Wasserflächen gegeben.

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB › I. Die Funktionen der kommunalen Bauleitplanung

I. Die Funktionen der kommunalen Bauleitplanung

56

Die kommunale Bauleitplanung ist im Hinblick auf § 1 Abs. 1 BauGB funktional auf das dem Städtebaurecht zugrunde liegende Entwicklungs- und Ordnungsprinzip ausgerichtet.[2] Die Funktionen sind im Einzelnen:


Die Entwicklungs- und Ordnungsfunktion, durch die eine geordnete, nachhaltige (vgl. § 1 Abs. 5 BauGB) städtebauliche Entwicklung gewährleistet werden soll.
Die Koordinierungs- und Integrationsfunktion, die durch die Berücksichtigung sämtlicher für die städtebauliche Entwicklung relevanten Punkte erfolgen soll (vgl. § 1 Abs. 5–7 BauGB).
Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG.

3. Teil Kommunale Bauleitplanung › B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB › II. Das zweistufige System der Bauleitplanung

 

II. Das zweistufige System der Bauleitplanung

57

Grundsätzlich existiert im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung ein zweistufiges System.[4] Nach § 1 Abs. 2 BauGB sind Bauleitpläne der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan und der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan. Diese beiden Pläne stehen in einem grundsätzlichen Stufenverhältnis:


[Bild vergrößern]

1. Der Flächennutzungsplan

58

Die Gemeinde soll zunächst für das ganze Gemeindegebiet (vgl. § 5 BauGB) einen Flächennutzungsplan als vorbereitenden Bauleitplan i.S.d. § 1 Abs. 2 BauGB aufstellen.


Ein Flächennutzungsplan ist der umfassende, auf die Bodennutzung im Gemeindegebiet bezogene gemeindliche Entwicklungsplan.[5]

Im Gegensatz zum Bebauungsplan regelt der Flächennutzungsplan auf der ersten Stufe nur die Grundzüge der von der Gemeinde beabsichtigten Art der Bodennutzung.[6] Er enthält also anders als der Bebauungsplan gerade keine konkreten Festsetzungen für einzelne Baugebiete enthalten.

JURIQ-Klausurtipp

Der Flächennutzungsplan ist wegen § 5 Abs. 1 BauGB für das gesamte Gemeindegebiet aufzustellen. Eine nur teilweise Beplanung ist daher grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme findet sich jedoch in § 5 Abs. 2b BauGB. Hiernach ist eine Aufstellung von sachlichen Teilflächennutzungsplänen bei der Darstellung von Konzentrationsflächen mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB möglich.

59

Aus § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB ergibt sich eine zeitliche Priorität der Bauleitpläne.[7] Zunächst soll ein Flächennutzungsplan erstellt und aus diesem dann der Bebauungsplan inhaltlich entwickelt werden (sog. Entwicklungsgebot, vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB). Von diesem Gebot existieren Ausnahmen (s.u. Rn. 67 ff.).

Aus dieser zeitlichen Priorität ergibt sich, dass ein Bebauungsplan ganz oder teilweise unwirksam ist, wenn ihm im Zeitpunkt seiner Festsetzung kein vorhandener Flächennutzungsplan zugrunde liegt. Eine spätere Heilung durch den nachträglichen Erlass eines Flächennutzungsplanes, der den Bebauungsplan rechtfertigen soll, kann nicht erfolgen.[8]

2. Der Bebauungsplan

60

Auf der regelmäßig gegebenen zweiten Stufe wird ein rechtsverbindlicher Bauleitplan i.S.d. § 1 Abs. 2 BauGB durch die Gemeinde aufgestellt.

Der Bebauungsplan ist im Gegensatz zum Flächennutzungsplan parzellenscharf.[9] Dies bedeutet, dass er die für die einzelnen Grundstücke geltenden rechtsverbindlichen planerischen Darstellungen enthält. Geregelt werden die zur Bebauung vorgesehenen Flächen und typischerweise insbesondere die im Rahmen des Bebauungsplanes zulässige bauliche Nutzung im Hinblick auf deren Art und Maß.[10] Ein Bebauungsplan stellt daher Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar. Dieser wird von der Gemeinde im Hinblick auf § 10 BauGB als Satzung erlassen und ist im Regelfall aus dem Flächennutzungsplan gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB zu entwickeln (Entwicklungsgebot).

Hinweis

Durch die Rechtsform der Satzung ist eine verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO von Bebauungsplänen vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich (s. Rn. 569 ff.).

61

Der Bebauungsplan erfüllt die Funktion, dass die Gemeinde durch ihn die Bebauung der Grundstücke ordnen und lenken kann. Ohne die Existenz eines Bebauungsplanes ist eine Bebauung nur innerhalb der oftmals engeren Grenzen der §§ 34, 35 BauGB zulässig.

3. Die Verfahren zur Entwicklung des Bebauungsplanes

62

Es bestehen insgesamt vier in Prüfungsarbeiten relevante[11] Verfahren zur Entwicklung eines Bebauungsplanes,[12] wobei drei davon einstufig erfolgen und somit Ausnahmen vom zweistufigen Konzept der Bauleitplanung darstellen.

Eine einstufige Bebauungsplanung ist nur ausnahmsweise in den gesetzlich geregelten Fällen zulässig. Derartige Ausnahmen sind:


selbständige Bebauungspläne, § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB
vorzeitig angezeigte und bekannt gemachte Bebauungspläne, § 8 Abs. 3 BauGB (Parallelverfahren) und
vorzeitige Bebauungspläne, § 8 Abs. 4 BauGB

a) Der aus dem Flächennutzungsplan entwickelte Bebauungsplan, § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB

63

Den Regelfall der Entwicklung eines Bebauungsplanes stellt der aus dem Flächennutzungsplan entwickelte Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB dar.[13] Bei diesem Verfahren wird das Entwicklungsgebot erkennbar, d.h. der Bebauungsplan wird aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Hierdurch wird das grundsätzlich zweistufige System der Bauleitplanung umgesetzt. Bei diesem Verfahren kann die Gemeinde durch entweder engere oder weitere Darstellungen im Flächennutzungsplan ihre (planerische) Selbstbindung (s.u Rn. 82) enger oder weiter gestalten.[14]

64

Abweichungen von den Darstellungen des Flächennutzungsplanes durch die Festsetzungen im Bebauungsplan sind zulässig, wenn sie das Ergebnis des Übergangs von der vorbereitenden in die definitiv parzellenscharf festsetzende Planungsstufe darstellen und der Grundkonzeption des Flächennutzungsplanes nicht widersprechen.[15]

Beispiele

Verstöße gegen das Entwicklungsgebot liegen in folgenden Fällen vor:


Eine im Flächennutzungsplan dargestellte Grünfläche wird im Bebauungsplan als Baugebiet ausgewiesen.
Eine im Flächennutzungsplan dargestellte landwirtschaftliche Grünfläche wird im Bebauungsplan als Standort für ein Hochhaus festgesetzt.

Hinweis

Aus einem unwirksamen Flächennutzungsplan kann kein wirksamer Bebauungsplan entwickelt werden.[16]