Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen

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l) Wertpapiere im Sachenrecht[128] – Überblick

1189

Wertpapiere verkörpern ein Recht und dienen dem Nachweis der Inhaberschaft an diesem Recht. Zur Geltendmachung des Rechts ist stets die Vorlegung der Urkunde erforderlich.

aa) Einteilung

1190

Sie können in Gruppen eingeteilt werden, die sich u.a. nach der Art des verkörperten Rechts unterscheiden. Sachenrechtliche Papiere sind dabei insb. solche Wertpapiere, die einen Herausgabeanspruch verkörpern (sog. Traditionspapiere) im Gegensatz zu Mitgliedschaftspapieren (z.B. Aktien) oder forderungsrechtlichen Papieren (z.B. Wechsel gem. Art. 11 Abs. 1 WG).

Die Einteilung der Gruppen kann sich auch nach dem Verhältnis zwischen dem verkörperten Recht und dem Wertpapier richten und ist dann bedeutsam für die Voraussetzungen zur Übertragung. Hierbei wird unterscheiden zwischen Wertpapieren öffentlichen Glaubens (Inhaberpapiere und Orderpapiere als Wertpapiere im engeren Sinn) und Wertpapieren im nur weiteren Sinne (Namens(Rekta)papiere). Nur Inhaber- und Orderpapiere ermöglichen eine wertpapiermäßige Übereignung des Papiers als Sache und in dessen Folge des verkörperten Rechts (nach § 929 S. 1, ggf. durch zusätzliches Indossament, § 364 Abs. 1 HGB). Rektapapiere dagegen werden über die Abtretung des verkörperten Rechts übertragen (z.B. §§ 398, 413), dem das Eigentum am Papier folgt (§ 952 Abs. 2).[129]

bb) „Sachenrechtliche Wertpapiere“

1191

Gegenstand der hiesigen sachenrechtlichen Darstellung sind nur die Traditionspapiere und zwar in ihrer Form als Inhaber- oder als Orderpapier. Als Traditionspapiere haben sie Bedeutung für die Verfügung über die Güter, die dem verkörperten Herausgabeanspruch gegenständlich sind („Tradition“ ist synonym für Übertragung, Verfügung). Als Orderpapier bzw. Inhaberpapier bestimmen sie die zulässige Art und Weise der Verfügung über das (in ihnen verkörperte) Recht aus dem Papier. Ein an Order gestelltes Traditionspapier ermöglicht also die Übereignung einer Sache durch Übergabe und Übereignung des Wertpapiers – gleichsam als vergegenständlichte Abtretung des Herausgabeanspruchs.

1192

Zu den Traditionspapieren gehören Konnossement (vgl. §§ 513 ff., 524 HGB) und Ladeschein (vgl. §§ 444 ff. HGB), welche den Anspruch auf Herausgabe beförderter Güter gegen den Verfrachter bzw. Frachtführer verbriefen. Außerdem der Lagerschein (vgl. §§ 475c ff. HGB), der den Herausgabeanspruch gegen einen Lagerhalter verbrieft.

Orderpapier werden Konnossement, Lade- und Lagerschein erst durch entsprechende Orderklausel nach § 363 Abs. 2 HGB, deshalb sog. gekorene Orderpapiere.

Sie können auch auf „den Inhaber“, meint: jeden Inhaber, lauten (als Inhaberpapiere). Ohne Orderklausel oder Inhabervermerk handelt es sich um Rektapapiere (Namenspapiere). Ebenso bei sog. Vinkulierung (vgl. Rn. 510).

Beachte:

Der Begriff Orderpapier hat Bedeutung für die Verfügung über das Recht aus dem Papier, nämlich eingeschränkt mittels zusätzlichem Begebungsvermerk (Indossament). Die Bedeutung des Traditionspapiers liegt dagegen darin, dass die Übergabe der Urkunde, welche einen Herausgabeanspruch verbrieft, dieselben Wirkungen hat wie die Übergabe der Sache selbst. Nach §§ 448, 475g, 524 HGB handelt es sich seit der Reform im Jahr 2013 um Traditionspapiere auch dann, wenn sie nicht gem. § 363 Abs. 2 HGB an Order lauten. Bloß können Traditionspapiere in Form von Rekta-(Namens)papieren nicht wertpapierrechtlich „übertragen“ werden i.S.d. Satzes 2 der §§ 448, 475g, 524 HGB.

m) Übereignung mittels Traditionspapiers

1193

Die Veräußerung beweglicher Sachen durch Begebung von Inhaber- bzw. Orderpapieren hat das Papier zum Gegenstand der Übertragung, jedoch mit dem alleinigen Ziel der Übertragung des im Papier verkörperten Rechts, beim Traditionspapier also des Herausgabeanspruchs. Das Traditionspapier als Inhaber- oder Orderpapier ermöglicht dem mittelbaren Besitzer eine Übertragung des Eigentums (oder anderer dinglicher Rechte an der Sache) in einer sachenrechtlichen Form wie als unmittelbarer Besitzer.

1194

Die wertpapiermäßige Übereignung steht somit neben § 931 und bildet aus der Perspektive der §§ 929 ff. einen weiteren Übereignungstatbestand mittels eines spezifisch handelsrechtlichen Übergabesurrogats. Es handelt sich um eine Übereignung der eingelagerten, verfrachteten oder transportierten Sache wie nach §§ 929, ggf. 932, aber durch Übertragung lediglich mittelbaren Besitzes (das unmittelbar übergebene Traditionspapier verkörpert den Herausgabeanspruch und damit den mittelbaren Besitz der Sache).

aa) Durch Übertragung des Wertpapiers

1195

Wertpapiere im engeren Sinne werden sachenrechtlich wie eine bewegliche Sache behandelt und können deshalb nach § 929 übereignet werden.[130] Das in ihnen verkörperte Recht steht dann dem Erwerber als Eigentümer des Papiers zu. Bei Wertpapieren i. e. S., also Inhaber- und Orderpapieren, steht das Eigentum am Papier und das darin verbriefte Recht also notwendig derselben Person zu.

Für Inhaberpapiere (und also für die darin verbrieften Rechte) gelten die §§ 929 und 932 einschränkungslos (es gilt: „das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier“).

Für Orderpapiere (und also das darin verbriefte Recht) gelten ebenfalls die §§ 929 und 932 im Hinblick auf Einigung über den Eigentumsübergang und Übergabe des Papiers, zusätzlich muss jedoch ein Begebungsvermerk (das Indossament nach § 364 Abs. 1 HGB) auf dem Papier angebracht werden.

1196

§ 448 HGB für die Traditionswirkung des Ladescheins, § 475g HGB parallel beim Lagerschein und § 524 HGB beim Konnossement bestimmen, dass die „Begebung“ oder „Übertragung“ des Wertpapiers für die Übereignung des eingelagerten, geladenen oder verschifften Gutes „dieselben Wirkungen wie die Übergabe des Gutes“ hat. Die wertpapiermäßige Übereignung des Papiers nach § 929 (als eine besondere Form der Verschaffung von faktisch nur mittelbarem Besitz am Gut) repräsentiert die körperliche Übergabe des Guts und wirkt also wie Verschaffung unmittelbaren Besitzes.

Das gilt auch für den Erwerb beschränkter dinglicher Rechten an dem Gut (z.B. Pfandrecht, Nießbrauch).[131]

bb) Legitimationswirkung

1197

Auswirkungen hat dieser Unterschied auf den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten. Gutgläubigkeit des Erwerbers vorausgesetzt, genügt die übereignende Übergabe eines Inhaberpapiers, ganz gleich durch wen (vgl. § 935 Abs. 2, sofern keiner der Ausnahmetatbestände in § 367 Abs. 1 HGB vorliegt).

Gleiches gilt in Bezug auf ein Orderpapier, sofern eine lückenlose Kette von Indossamenten nach § 365 Abs. 1 HGB (mit Verweis auf Art. 40 Abs. 3 S. 2 WechselG – als Parallelvorschrift zu § 935 Abs. 2) bis zum Letztverfügenden gegeben ist. Der gutgläubige Papiererwerb umfasst dann (definitionsgemäß) den Erwerb der Sache selbst.[132]

1198

Vergleichbare Auswirkungen bestehen für den Ausschluss von Einwendungen, soweit sie nicht aus der Urkunde ersichtlich sind und die bei bloßer Abtretung dem Zessionar gegenüber fortbestünden (§ 404). Die wertpapiermäßige Übertragung von Orderpapieren schneidet Einwendungen gegen den verkörperten Anspruch dagegen ab (§ 364 Abs. 1 HGB mit Verweis auf Art. 17 WechselG); gleiches bei Inhaberpapieren (§ 796).

 

cc) Ausnahmen

1199

Die Gleichsetzung von Papier mit dem Gut endet nach h.M.[133], wo die Erlangung des Besitzes am Gut selbst ausgeschlossen wäre (z.B. bei wegen Diebstahls oder Untergangs gar nicht mehr vorhandenen Gütern; das Traditionspapier ist dadurch faktisch und eben auch rechtlich wertlos geworden).

Gleiches gilt, wenn der Eigentumserwerb am übergebenen Gut selbst ausgeschlossen wäre (z.B. der gutgläubige Erwerb abhanden gekommener Sachen wegen § 935 Abs. 1). Hierüber kann auch das (seinerseits nicht abhanden gekommene) Traditionspapier nicht hinweghelfen. Wie die Übergabe der abhanden gekommenen Sache selbst keinen gutgläubigen Erwerb ermöglicht, sowenig auch die ihr gleichgestellte wertpapiermäßige Übereignung des Inhaber- oder Orderpapiers. Der Schutz des wahren Eigentümers einer abhanden gekommenen Sache durch § 935 Abs. 1 gegen die Gefahr gutgläubigen Eigentumserwerbs setzt sich auch gegen die wertpapierrechtliche Übereignung durch.

1200

Das ist kein Widerspruch zu § 935 Abs. 2 bzw. § 365 Abs. 1 HGB, Art. 40 Abs. 3 S. 2 WechselG; diese Vorschriften betreffen umgekehrt das abhanden gekommene Wertpapier und ermöglichen gutgläubigen Erwerb daran (und infolge dessen am verkörperten Gut), jedoch nicht an abhanden gekommenen Gütern.

Beispiel:

Händler H erwirbt vom Eigentümer E Ware unter einfachem Eigentumsvorbehalt und lagert diese bei L ein, der dem H über die Herausgabepflicht einen Lagerschein (vgl. § 475c HGB) ausstellt, welcher auf ihn, H, „oder an seine Order“ (vgl. § 363 Abs. 2 HGB) lautet. Übereignet H die Ware nun durch Einigung und Übergabe des indossierten Orderlagerscheins an den (gutgläubigen) K, erfolgt diese nach § 929 S. 1 mit „denselben Wirkungen“ wie eine Übergabe der Sache (§ 475g HGB). Für den gutgläubigen Erwerb des K (Eigentümer war noch E) ist, wenn der Wortlaut des § 475g HGB entscheidend sein soll, § 932 maßgeblich; wird hingegen in der Begebung von Traditionspapieren ein Übergabesurrogat eigener Art gesehen, das dann der Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 näher steht, wäre nach §§ 931, 934 zu entscheiden. Beide Male wäre vorliegend für den guten Glauben des K an das vermeintliche Eigentum des H der Zeitpunkt der Übertragung des Orderlagerscheins maßgeblich; spätere besserer Kenntnis des K, auch noch vor Empfangnahme der Ware, wäre unschädlich. Ohne Wertpapier hätte H zur Übereignung lediglich den Herausgabeanspruch gegen L als Übergabesurrogat an K abtreten können (§§ 929 S. 1, 931). K hätte dabei von H als Nichtberechtigtem nur nach § 934 Eigentum erworben, wobei hier der Tatbestand von § 934 Fall 1 gegeben wäre, weil H jedenfalls mittelbarer Besitzer war, und K gleichfalls „mit der Abtretung des Anspruchs“ Eigentümer geworden wäre.

1201

Einen deutlichen Unterschied macht die wertpapiermäßige Übereignung, wenn der Herausgabeanspruch gar nicht gegeben wäre (Tatbestand des § 934 Fall 2). Ohne z.B. Orderlagerschein erfolgte der gutgläubige Erwerb erst mit Aushändigung der Sache selbst. Die wertpapiermäßige Übereignung wäre dagegen auch jetzt mit Übergabe des Wertpapiers vollendet.

Beispiel:

Händler H lagert Ware beim gewerblichen Lagerhalter L ein. H verfügt sodann über das eingelagerte Gut unter Abtretung des Herausgabeanspruchs an K (§§ 929 S. 1, 931), dem er es verkauft hat. K veräußert es anschließend auf gleiche Weise weiter an seinen Abnehmer A. Die Ware bleibt dabei bei L im Lager.Wird nun „das Geschäft“ zwischen H und K von H wegen arglistiger Täuschung durch K wirksam angefochten, fehlt es materiell-rechtlich an jedem Herausgabeanspruch des K gegen L: denn K wurde (durch die Anfechtung rückwirkend) nicht Eigentümer des eingelagerten Gutes und auch nicht Inhaber des Herausgabeanspruchs gegen L. Für Anfechtungen nach § 123 ist allgemein anerkannt, dass zugleich schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft und auch dingliches Verfügungsgeschäft nichtig sind (sog. Doppelmangel, s. Rn. 841). Das betrifft vorliegend die dingliche Einigung (§ 929 S. 1) und die Abtretung des Herausgabeanspruchs (§§ 473 Abs. 1 HGB, 398 BGB). Der nachfolgende Eigentumserwerb des A kann daher nur nach §§ 929 S. 1, 931, 934 Fall 2 erfolgen und wäre erst mit Herausgabe der Sache durch L an A vollendet.

Hat in diesem Beispiel aber L dem H einen Orderlagerschein ausstellt und übergibt H den indossierten Lagerschein an seinen Kunden K, der ihn an A weiterindossiert, wird A gem. §§ 929 S. 1, 932 gutgläubig[134] Eigentümer des Wertpapiers und wegen § 475g HGB damit des eingelagerten Gutes. Dies (wie) nach §§ 929 S. 1, 932, weil jetzt die Papierübergabe die Herausgabe der Sache an A repräsentiert (§ 364 Abs. 2 HGB, 16 Abs. 1 WechselG).

dd) Sachübereignungen ohne das Traditionspapier?

1202

Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob statt über das z.B. an Order gestellte Traditionspapier auch noch über das verbriefte Recht bzw. über das ihm zugrundeliegende Gut – ohne Übertragung des Wertpapiers – verfügt werden könne.

Nach ganz überwiegender Ansicht soll außerhalb der Möglichkeiten durch wertpapiermäßige Übertragung des Papiers nur eine solche Veräußerung zulässig sein, die auf der Verschaffung des unmittelbaren Besitzes der Sache beruht, also nach § 929 erfolgt (ebenso durch Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses mit dem unmittelbaren Besitzer nach § 930). – Im Übrigen ist dann weder die Abtretung des Herausgabeanspruchs aus dem Traditionspapier ohne Übergabe des Papiers, noch die Abtretung des Herausgabeanspruchs aus dem Handelsgeschäft ohne Übergabe des diesen verkörpernden Wertpapiers wirksam. Sobald also z.B. ein Orderpapier über den Herausgabeanspruch ausgestellt wurde, sperrt dieses eine „papierloseÜbereignung der Sache nach § 931 und damit insoweit den gutgläubigen Erwerb nach § 931, 934.[135]

Beispiel:

Hat der unmittelbare Besitzer einer Sache ein Traditionspapier (Ladeschein, Lagerschein oder Konnossement) ausgestellt, so verkörpert dieses den Herausgabeanspruch nach Ansicht des BGH in untrennbarer Weise, weshalb ohne gleichzeitige Übergabe des Papiers jede Abtretung unwirksam ist.[136] Ohne Papierübergabe ist auch kein gutgläubiger Erwerb möglich; § 934 schützt nicht den guten Glauben daran, dass kein Traditionspapier ausgestellt worden sei.

1203

(Nur) die Verfügungsmöglichkeit über solches Gut nach § 929 S. 1 durch körperliche Übergabe des Gutes selbst oder nach §§ 929 S. 1, 930 durch weiteres Besitzkonstitut bleibt davon unbenommen.

Beispiele:

(1) Der untreue Lagerhalter (Nichteigentümer) kann also unabhängig vom ausgestellten Lagerschein einem Dritten den gutgläubigen Erwerb nach §§ 929 S. 1, 932 ermöglichen (alternativ auch nach §§ 929 S. 1, 930, 933 – aber erst mit Übergabe, vgl. § 933). Solange das Gut im Lager bleibt, erwirbt der Dritte dabei noch kein Eigentum.

Im Fall einer Verfügung an den Dritten mittels eines weiteren Lagerverhältnisses (Fall des § 930), beendet der Lagerhalter immerhin das Besitzmittlungsverhältnis zum ursprünglichen Einlagerer (da Nebenbesitz nicht existiert, vgl. Rn. 1183 (Fn. 125)).

(2) Beendete nun der Lagerhalter auf diese Weise (durch zweites Lagerverhältnis) das erste Besitzmittlungsverhältnis und war sodann zusätzlich auch der ursprüngliche Einlagerer Nichteigentümer (z.B. als Vorbehaltskäufer), wird der Vorteil des Orderlagerscheins deutlich. Der ursprüngliche Einlagerer kann nämlich die beim Lagerhalter eingelagerte Sache außerhalb des Wertpapierrechts nur noch nach §§ 929 S. 1, 931, 934 2. Fall (!) veräußern, was mangels Besitzverschaffung scheitern würde. Wurde ihm aber ein Orderlagerscheins über die eingelagerte Sache ausgestellt, könnte sein Abnehmer wegen § 475g HGB gutgläubig Eigentum erwerben auch ohne Sachübergabe.[137] Sobald allerdings der Lagerhalter das Gut einem Dritten herausgibt (also aufgrund des zweiten Lagerverhältnisses), verliert der Orderlagerschein des ursprünglichen Einlagerers seine Traditionswirkung. Denn auch der wertpapiermäßig verkörperte Herausgabeanspruch hängt existenziell davon ab, dass der Verpflichtete Besitz hat (s. Rn. 1190).

9. Nichtrechtsgeschäftlicher Erwerb des Eigentums

1204

Die §§ 946–950 bewirken die Entstehung des Eigentumsrechts an beweglichen Sachen durch ihre Verbindung oder Vermischung mit einer anderen Sache oder durch Verarbeitung beweglicher Sachen, aus denen eine neue Sache hergestellt wird. Der durch den korrespondierenden Rechtsverlust benachteiligte frühere Eigentümer wird durch einen schuldrechtlichen Ersatzanspruch in Geld nach § 951 entschädigt.

 

1205

Ebenfalls einen gesetzlichen Eigentumserwerb sehen die §§ 953–957 im Zusammenhang mit der Fruchtziehung aus einer Sache oder Trennung von Bestandteilen einer Sache an solchen Erzeugnissen oder getrennten Bestandteilen vor.

Weiterhin führt die Ersitzung nach §§ 937–945 zum gesetzlichen Erwerb des Eigentumsrechts, was lediglich noch Bedeutung hat, wenn gutgläubiger Erwerb von Fahrnis ausgeschlossen ist (also v.a. bei abhanden gekommenen beweglichen Sachen wegen § 935).

Schließlich besteht nach §§ 958–964 ein Aneignungsrecht an herrenlosen beweglichen Sachen sowie u.U. ein gesetzlicher Eigentumserwerb des Finders nach §§ 965 ff.

1206

Ein gesetzlicher Eigentumserwerb an Grundstücken findet durch Buchersitzung nach § 900 statt. Wer im Grundbuch zu Unrecht als Eigentümer eingetragen ist (sog. Buchbesitz oder Bucheigentum), erwirbt nach 30-jährigem Eigenbesitz das Eigentum an dem Grundstück. Anders, als bei der Mobiliarersitzung ist hierfür guter Glaube nicht erforderlich.

a) Eigentumserwerb an einer beweglichen Sache durch deren Verbindung mit einem Grundstück

1207

Nach § 946 erstreckt sich das Eigentum an einem Grundstück auch auf eine Sache, die mit dem Grundstück fest verbunden wird. Nach § 93 können wesentliche Bestandteile einer Sache „nicht Gegenstand besonderer Rechte sein“. Wird eine bewegliche Sache derart mit einem Grundstück verbunden, dass sie dessen wesentlicher Bestandteil wird (vgl. § 94), so erstrecken sich das Eigentumsrecht am Grundstück und die am Grundstück bestehenden dinglichen Rechte kraft Gesetzes auf den hinzukommenden wesentlichen Bestandteil (§§ 946, 949 S. 3, 93). Alle früheren Rechte an der verbundenen beweglichen Sache erlöschen (§ 949 S. 1).

Wie, wodurch oder durch wen die Verbindung hergestellt wird, ist für den gesetzlichen Eigentumsübergang belanglos. Exemplarisch für solche Verbindung steht der Einbau von Baustoffen durch Bauhandwerker in Gebäuden.[138]

b) Eigentumserwerb an einer beweglichen Sache durch Verbindung mit einer anderen beweglichen Sache

1208

aa) Bewegliche Sachen können miteinander verbunden werden. Wird dadurch eine neue bewegliche Sache hergestellt, dann spricht das Gesetz von Verarbeitung (vgl. § 950). Werden bewegliche Sachen dagegen miteinander zu wesentlichen Bestandteilen einer einheitlichen Sache verbunden, die nach Art oder Gattung begrifflich keine neue Sache ist, so werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer dieser Sache nach den Verhältnissen des Wertes der verbundenen Bestandteile (vgl. § 947 Abs. 1). Sofern eine der verbundenen Sachen als Hauptsache anzusehen ist, erwirbt ihr Eigentümer das Alleineigentum (vgl. § 947 Abs. 2).

Beispiele der Verbindung einer Sache mit einer anderen beweglichen Hauptsache ist das Einfügen von Baumaterialien in ein Gebäude, das seinerseits nur Scheinbestandteil eines Grundstücks ist (§ 95; anderenfalls Fall des § 946) oder das Aufkleben eines Plakats auf einer Plakattafel.

1209

bb) Voraussetzung des Eigentumserwerbs nach § 947 ist die Verbindung als wesentliche Bestandteile i.S.d. § 93 (also z.B. nicht beim Einbau eines Austauschmotors in ein Kfz). Erst wenn die verbundene Sache überhaupt wesentlicher Bestandteil einer einheitlichen Sache geworden ist, unterscheidet § 947 zwischen dem Erwerb des Alleineigentums des Eigentümers der Hauptsache und dem Erwerb von Miteigentum der bisherigen Eigentümer.

Hauptsache ist dabei ein Bestandteil, der für das Wesen der einheitlichen Sache bestimmend ist (so die bedruckten Seiten eines Buchs im Unterschied zum nebensächlichen Einband). Hauptsache ist ein Bestandteil, der nicht fehlen könnte, ohne dass das Wesen der Sache dadurch beeinträchtigt würde. Das Gehäuse einer Maschine ist z.B. Nebensache, wenn es nur zur Zierde ist, dagegen gleichberechtigter Bestandteil, wenn es eine wichtige Sicherheitsvorkehrung ist und ggf. sogar Hauptsache, wenn es die Apparatur überhaupt zusammenhält.

1210

cc) § 948 erstreckt die Vorschrift des § 947 auf die Vermischung oder Vermengung beweglicher Sachen, wenn ihre Trennung unmöglich oder mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (z.B. Benzin mehrerer Eigentümer im Tankwagen, Münzen in der Kasse, Wertpapiere im Sammeldepot). Von Vermischung wird bei flüssigen und gasförmigen, von Vermengung bei festen Körpern gesprochen. Für die Entstehung von Alleineigentum beim Eigentümer des Hauptbestandteils ist v.a. das mengenmäßige Übergewicht maßgeblich (§ 947 Abs. 2) (wechselnder Kassenbestand als Hauptsache hinsichtlich einkassiertem fremdem Geld).

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