Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen

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b) Bereicherungsansprüche

609

Handelt der Geschäftsführer zwar mit Fremdgeschäftsführungswillen, ist die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn jedoch unwillkommen und steht gegen sein Interesse (zur Problematik von Interesse und mutmaßlichem Willen s.o. Rn. 593), so richtetet sich der wechselseitige Ausgleich zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn nach Bereicherungsrecht. Dies ist für die Herausgabe dessen, was der Geschäftsherr aus der Tätigkeit des Geschäftsführers erlangt hat, in § 684 S. 1 bestimmt;[28] umgekehrt unterliegt auch der Geschäftsführer in solchen Fällen der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2) hinsichtlich des mit Mitteln und auf Kosten des Geschäftsherrn Erlangten.

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Der Geschäftsherr hat allerdings nach § 684 S. 2 die Möglichkeit, die Geschäftsführung nachträglich (vgl. § 184) zu genehmigen,[29] die dadurch zur berechtigten GoA wird (Rechtsfolgenverweisung auf §§ 683, 677). Geht man allerdings zurecht davon aus, dass auch die unberechtigte GoA ein gesetzliches Schuldverhältnis und etwa § 681 auch auf sie anwendbar ist, hat diese Wahlmöglichkeit für den Geschäftsherrn keinen Vorteil und damit jedenfalls praktisch keinen Anwendungsbereich.

c) Außenverhältnis bei der GoA

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Die GoA ist ein gesetzliches Schuldverhältnis nur zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn. Sie betrifft lediglich das Innenverhältnis. Davon zu trennen ist die Frage nach der Wirksamkeit etwaiger Rechtsakte des Geschäftsführers im Verhältnis zu Dritten. Dies richtet sich allein nach der Verfügungsmacht des Geschäftsführers (vgl. § 185), welche auch im Falle berechtigter und also willenskonformer Geschäftsführung nur aus gesonderter Erteilung durch den Geschäftsherrn folgt.

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Verfügungen des Geschäftsführers werden deshalb in aller Regel nur durch nachträgliche Genehmigung (vgl. § 185 Abs. 2) berechtigt sein. Diese Genehmigung liegt regelmäßig im Herausgabeverlangen des Geschäftsherrn auf den Veräußerungserlös als notwendige Konsequenz (so anerkannt im Fall des § 816 Abs. 1 und auf den Herausgabeanspruch nach §§ 681, 667 übertragbar; umstritten). Einen Anspruch auf Genehmigung seiner Verfügungen hat der Geschäftsführer jedoch grundsätzlich nicht.

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Gleiches gilt in Bezug auf die rechtsgeschäftliche Vertretung des Geschäftsherrn, zu der es dem Geschäftsführer stets an der Vertretungsmacht fehlt, sofern diese vom Geschäftsherrn nicht gesondert erteilt würde. Der Geschäftsführer kann ohne Weiteres nur im eigenen Namen handeln, wenngleich aufgrund berechtigter Übernahme und seines Geschäftsführungswillens auf Rechnung des Geschäftsherrn, von dem er Aufwendungsersatz und Freistellung (§§ 683, 670, 257) zu beanspruchen hat.

d) Schenkungsabsicht

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Hatte der Geschäftsführer nach außen erkennbar nicht die Absicht, Aufwendungsersatzansprüche geltend zu machen, so sind ihm diese endgültig versagt (vgl. § 685 Abs. 1). Eine Vermutung für Schenkungsabsicht besteht nicht, sondern muss sich ausdrücklich oder aus den Umständen ergeben; auch bei Verwandtenhilfe, etwa dem Ausbau eines Hauses, das den Schwiegereltern gehört, ist der Aufwendungsersatz nicht von vornherein ausgeschlossen.

9. Prüfungsschema zum Aufwendungsersatz des Geschäftsführers, §§ 683, 677, 670

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I. Anspruchsvoraussetzungen 1. Fremdes Geschäft a) Objektiv fremdes Geschäft b) Auch fremdes Geschäft c) Neutrales Geschäft 2. Fremdgeschäftsführungswille a) Vermutung b) Beim neutralen Geschäft ist erkennbarer Fremdgeschäftsführungswille erforderlich 3. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung 4. Voraussetzungen des § 683 S. 1 a) Übernahme im Interesse des Geschäftsherrn und b) Übernahme entspricht Willen des Geschäftsherrn (Ausnahme: S. 2 mit § 679) oder c) Genehmigung der Geschäftsführung durch den Geschäftsherrn, § 684 S. 2 (beachte: anderenfalls nur Rechtsfolgenverweis auf Bereicherungsrecht).
II. Forderungsrechte aus der GoA 1. Ersatz der erforderlichen Aufwendungen, § 670 2. Schadensersatz, § 670 analog (soweit aus spezifischen Risiken) 3. Tätigkeitsvergütung nur in Ausnahmefällen
III. Keine Verjährung

§ 3 Ausgleichsordnung › C. Bereicherungsausgleich

C. Bereicherungsausgleich

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Die Bereicherungshaftung ist ein Ausgleichsverhältnis auf Rückgabe unberechtigten Empfangs. Sie richtet sich auf Herausgabe objektiv unberechtigt erworbener Vorteile. Subjektive Elemente etwa des Verschuldens sind für ihre Begründung unerheblich. Die Bereicherungshaftung soll eine Güterlage ausgleichen, welche durch ungerechtfertigte Vermögensverschiebung entstanden ist. Im Gegensatz zur Deliktshaftung und dem Schadensausgleich handelt es sich bei der Bereicherungshaftung nicht um Rechtsgüterschutz, sondern um den Ausgleich eines geschaffenen, aber durch nichts gerechtfertigten Zustands auf Seiten des Bereicherten. Ausgeglichen wird also nicht ein dem Geschädigten widerfahrenes Unrecht, sondern das weder durch gesetzliche noch wirksame rechtsgeschäftliche Zuweisung gerechtfertigte Behalten von Gütern durch den Empfänger.

Es handelt sich um notwendige technische Korrekturregeln in Folge des Trennungs-/Abstraktionsprinzips im Verhältnis von Schuld- und Sachenrecht im BGB: Wer eine fremde Leistung erhalten oder fremdes Gut für sich verwertet hat, genießt einen rechtlichen[30] oder jedenfalls tatsächlichen Vorteil, der, sofern er unverdient oder unberechtigt ist, schuldrechtlich rückabgewickelt oder ausgeglichen werden muss:

Der Kondiktionsschuldner übt z.B. Besitz am Bereicherungsgegenstand zu Recht aus; er ist auch sein rechtmäßiger Eigentümer etc. Das Besitz- oder Eigentumsrecht ist „lediglich“ nicht gerechtfertigt. Deshalb kondizieren die §§ 812 dieses Recht; der Bereicherungsschuldner schuldet die Rückübereignung, Rückübertragung des Rechts (nicht bloß Rückgabe der Sache).[31]

617

Der Bereicherungsausgleich ist ein schuldrechtlicher; er greift bei Fehlen eines gültigen Erwerbsgrundes[32] (i.e. schuldrechtliche Causa) für einen Rechtserwerb, gleich wie diese Bereicherung durch einen Rechtsakt (i.e. eine wirksam hingegebene Leistung) oder „anderweitig“ (also durch schlicht tatsächliche Umstände zu Lasten eines anderen) erfolgt ist. Seine Einzeltatbestände gewähren einen Leistungsanspruch – also zumeist eine Klage auf Rückübertragung – der sodann der Erfüllung bedarf, um die gerechte Güterlage (wieder)herzustellen.

 

618

Die ungerechtfertigte Bereicherung ist nicht in erster Linie wegen der schuldrechtlichen Wirkung ihrer Herausgabeklagen ein gesetzliches Schuldverhältnis, sondern wegen des durch die Bereicherung geschaffenen, ungerechtfertigten aber rechtmäßigen Rechtszustands, der eben nur schuldrechtlich ausgeglichen werden kann. Insoweit bestehen aufgrund dieses Zustands durchaus Gefahrtragungsregeln (§§ 818 Abs. 4, 819) mit Haftungsfolgen.

Es handelt sich sodann um eine Vielzahl voneinander unabhängiger Rückforderungsklagen, die zu einem Wunsch nach einem einheitlichen Grundtatbestand aller Konditionsansprüche („die ungerechtfertigte Bereicherung nach § 812“) führen, den es jedoch so nicht gibt.

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Bereicherungsklagen einerseits und die einzelnen Nutzungs- bzw. Verwendungsklagen im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, die ihrerseits den Charakter von Besitzschutzklagen haben (Überschrift von Titel 4 des BGB: „Ansprüche aus dem Eigentum“), andererseits sind (damit) keine sich funktional überschneidenden Kreise etwa zum Schutz von Eigentum oder Besitz, die sich gegenseitig ausschließen könnten (und – etwa in Bezug auf die Formen der Eingriffs- oder Verwendungskondiktionen des § 816 Abs. 1 und selten des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 – nur als Rechtsfortwirkung der Vindikationslage bei Veräußerung, Verbrauch oder Verarbeitung der zu vindizierenden Sache ausnahmsweise doch wieder nebeneinander anwendbar sein sollen).[33] Ihre einzelnen Voraussetzungen und Zielsetzungen sind vielmehr voneinander unabhängig: Das Bereicherungsrecht setzt am fehlenden Erwerbsgrund, also der Berechtigung des Übertragungsaktes an, dessen Fehlen einem Behaltendürfen des Erlangten entgegensteht; das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis dagegen – insoweit eher ähnlich der deliktischen Erfolgshaftung – schafft einen Ausgleich für das Risiko ausbleibenden Enderfolges einer Güterübertragung und zwar (in Richtung des Eigentümers nur) im Hinblick auf § 1000 zur Vermeidung endgültigen Besitzverlusts des Eigentümers (zur umstrittenen Problematik v.a. betreffs § 988 vgl. Rn. 1046, 1073).

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Die Bereicherungshaftung entsteht grundsätzlich nur zwischen den an der Vermögensverschiebung direkt Beteiligten, also dem Leistenden oder in sonstiger Weise Entreicherten und dem so Bereicherten. Nur bei schenkweiser Verfügung kann auch ein Dritter, bei dem der Bereicherungsgegenstand angelangt ist, die Herausgabe schulden (vgl. §§ 816 Abs. 1 S. 2 und 822 als eigenständige Kondiktionsklagen gegen den Dritten).

§ 3 Ausgleichsordnung › C. Bereicherungsausgleich › I. Bereicherungstatbestände – Überblick

I. Bereicherungstatbestände – Überblick

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Eine Generalklausel der Bereicherungshaftung existiert im BGB nicht. Vielmehr werden verschiedene Erscheinungsformen als Einzeltatbestände geregelt und auch das ohne systematische Ordnung. Verständnis und Anwendung des Bereicherungsrechts kann nur nach Aufgliederung in Sachgruppen erfolgen, die zuerst Leistungs- und Nichtleistungskondiktionen unterscheiden muss.[34]

§ 3 Ausgleichsordnung › C. Bereicherungsausgleich › II. Leistungskondiktionen

II. Leistungskondiktionen

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Bereits § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und Abs. 1 S. 2 bringt verschiedene Einzeltatbestände der Leistungskondiktionen. Hinzu treten weitere Tatbestände in § 817 S. 1 und § 822.

Die Unterscheidung der Kondiktionsformen ist im Hinblick auf unterschiedliche Ausschlusstatbestände (vgl. §§ 814, 815, 817 S. 2) und für die Haftungsverschärfung (vgl. §§ 819 Abs. 2, 820) wichtig, welche nur die Leistungskondiktionen betreffen. Hauptfall ist unter diesen die condictio indebiti des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; wesentliche Bestimmungsmerkmale sind die Vermögensmehrung „durch die Leistung eines Anderen“, welche „ohne rechtlichen Grund“ erfolgte.

Ausgehend von der Korrekturfunktion des Bereicherungsrechts, nämlich das Behalten des in diesem Fall durch Leistung, aber unverdient erlangten Vermögensvorteils als unrechtmäßigen Zustand abzuwenden, müssen beide Merkmale einen aufeinander bezogenen Inhalt haben. Dieser liegt im Zuwendungszweck: „Leistung“ bedeutet die Verfolgung dieses Zwecks, sein Fehlen macht sie rechtsgrundlos.

1. Zuwendungszweck

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Zuwendungen können im Rechtsverkehr nur begrenzte Zwecksetzungen haben. Wesentlicher Beispielsfall ist die Erfüllung einer Verpflichtung, welche als gesetzliche oder rechtsgeschäftliche bestehen mag. In seltenen Fällen kann der Zuwendungszweck auch gerade in der Begründung einer solchen schuldrechtlichen Verpflichtung bestehen, mit ihr zusammenfallen, so etwa bei der Handschenkung, im Fall des § 518 Abs. 2 oder bei der Geschäftsführung ohne Auftrag. Schließlich kann die Zuwendung die Herbeiführung eines Erfolges bezwecken, der in einem bestimmten Verhalten des Empfängers liegt (etwa Zahlung einer Angebotssumme statt nur ihrer mündlichen Nennung, um den Empfänger zum Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages über einen verhandelten Gegenstand zu veranlassen: „er wird dazu nicht nein sagen können“).

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Der mit der Zuwendung verfolgte Zweck kann sodann erreicht oder verfehlt werden oder späterhin wegfallen. Aufgrund ihrer Finalität rechtfertigt die Zuwendung die Vermögensverschiebung nur, wenn der Zuwendungszweck erreicht wird. Die Verfehlung des Zuwendungszwecks oder sein Wegfall lassen das Behalten des durch solche Leistung Erlangten hingegen ungerechtfertigt sein.

2. Mangel des Rechtsgrundes

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Im praktisch wichtigsten Beispielsfall des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 besteht der Zuwendungszweck in der Erfüllung einer Verbindlichkeit aus einem vorangegangenen Verpflichtungsgeschäft. Er wird von vornherein verfehlt, wenn das zugrundeliegende Verhältnis gar nicht besteht (z.B. Nichtigkeit wegen Dissenses, vgl. §§ 154 f., oder wegen §§ 134 oder 138) oder trotz seines Bestehens ausnahmsweise dennoch nicht seine Erfüllung eintritt (z.B. Ablehnung einer erfüllungshalber, vgl. § 363, oder an Erfüllungs statt, vgl. § 364 Abs. 1, zugewendeten Leistung).

Der Zuwendungszweck fällt sodann weg, wenn das entstandene Schuldverhältnis etwa durch Anfechtung nach § 142 Abs. 1 oder durch Eintritt einer auflösenden Bedingung, § 158 Abs. 2, rückwirkend erlischt. Der Wegfall des Zuwendungszwecks gibt dem Leistenden die Kondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1.

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Der Rechtsgrund fehlt ebenfalls, wenn der Zuwendungszweck in der Herbeiführung eines in einem bestimmten Verhalten des Empfängers liegenden Erfolgs bestehen soll, sobald als sicher gelten kann, dass der Empfänger die bezweckte Handlung oder Unterlassung nicht vornehmen wird oder kann. Dieser Bereicherungstatbestand ist in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 geregelt.

„Rechtlicher Grund“ (Causa) ist, vereinfacht formuliert, schlicht das zugrundeliegende Rechtsverhältnis, dessentwegen die Leistung erfolgte. Fehlt es oder fällt es später weg, wurde rechtsgrundlos geleistet.

So besehen stellt § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 an sich gar keinen zusätzlichen Kondiktionstatbestand auf (das ein Behalten rechtfertigende Schuldverhältnis soll durch die Zuwendung erst geschaffen werden, weshalb sie selbst ja notwendigerweise rechtsgrundlos erfolgte), sondern anerkennt vielmehr umgekehrt einen ggf. eintretenden Zuwendungserfolg, wenn nämlich der Empfänger sich bestimmungs- und erwartungsgemäß verhält; die Leistung soll dann nicht zurückgefordert werden können – was § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 durch den Umkehrschluss der (nur) andernfalls gegebenen Bereicherungsklage zum Ausdruck bringt.

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Aus der Bedeutung des Zuwendungszwecks als Rechtsgrund rechtfertigen sich sowohl die Sonderform der Leistungskondiktion in § 817 S. 1, als auch die Ausschlussgründe in Fällen mangelnder Schutzwürdigkeit des Leistenden (vgl. §§ 814, 815, 817 S. 2). Leistungszwecke, welche gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten verstoßen, können keinen Rechtsgrund für ein Behalten der Zuwendung schaffen und zwar auch und gerade dann nicht, wenn der mit ihnen beabsichtigte Erfolg eingetreten ist (vgl. § 817 S. 1).

Umgekehrt ist dem Leistenden jede Kondiktion zu versagen, wenn ihm gleichfalls ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt (vgl. § 817 S. 2) oder er trotz Kenntnis seiner Nichtschuld oder der anfänglichen Unmöglichkeit des Erfolgseintritts dennoch einen solchen Zuwendungszweck setzt (vgl. §§ 814,[35] 815).

3. Abgrenzung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage

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Nach § 313 Abs. 1 sind die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage nur (subsidiär) anwendbar, soweit einer Partei das Festhalten an einem Geschäft nach den Umständen des Einzelfalls, „insb. der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung“ unzumutbar ist. Das betrifft wesentlich Fälle der Äquivalenzstörung, nämlich das beim Vertragsschluss beiderseits vorgestellte, wirtschaftlich angemessene Verhältnis des Leistungsaustauschs. Die Geschäftsgrundlage liegt dem Schuldverhältnis voraus, wohingegen der Leistungszweck als Rechtsgrund der Leistungskondiktionen den Inhalt des Rechtsgeschäfts betrifft. Das gilt auch, wenn die Leistung wie im Fall des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 auf die Begründung des Rechtsgeschäfts gerichtet ist. Die Grundsätze der Geschäftsgrundlage sind deshalb vorrangig zum Bereicherungsausgleich anzuwenden: Vertragsanpassung, also z.B. eine Nachzahlungspflicht (vgl. § 313 Abs. 1) oder Rücktritt (vgl. § 313 Abs. 2) gehen der Kondiktion des bereits Geleisteten vor.

 

4. Leistungsbegriff

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Wenn nach hiesigem Verständnis die Leistungskondiktionen das Behaltendürfen einer Vermögensmehrung vom Eintritt eines Zuwendungszwecks abhängig machen, liegt es nahe, die entsprechende Zwecksetzung mit der Zuwendung an sich zu verbinden. „Leistung“ i.S.d. §§ 812 ff. ist demnach (nur) die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (sog. finaler Leistungsbegriff).

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Damit ist die Abgrenzung zu den Fällen der Nichtleistungskondiktionen in doppelter Hinsicht möglich; zuerst von der Seite des Leistenden her, indem sowohl durch Naturereignisse vollzogene Güterverschiebungen ausgeschieden werden wie auch solche, die ohne das Bewusstsein einer Vermögensverschiebung erfolgen (z.B. Einsatz von Mitteln zu Gunsten eines anderen in der irrigen Meinung, es seien dessen eigene). Zum anderen ist die Abgrenzung aus Sicht des Bereicherten ermöglicht, dem aus einem objektiv anzuerkennenden Anschein eines Zuwendungszwecks hinsichtlich einer bei ihm eintretenden Vermögensmehrung der Rückschluss auf das Vorliegen einer Leistung zugegeben werden kann.

a) Leistungsverhältnis

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Neben ihren Tatbeständen ist für die Leistungskondiktionen als Rückforderungsklagen auch die Bestimmung der Parteien wichtig, zwischen denen die Rückforderung zu erfolgen hat. Dies ist mit „Leistungsverhältnis“ gemeint und § 812 Abs. 1 S. 1 bestimmt, dass „wer durch die Leistungen eines Anderen (…), ihm zur Herausgabe verpflichtet (ist)“. Stellt nach dem bisher Gesagten der Zuwendungszweck den Rechtsgrund für das Behaltendürfen dar und liegt nach dem finalen Leistungsbegriff eine Leistung nur vor, wenn sie eben diesen Zuwendungszweck setzt, so folgt daraus, dass die Parteien der Leistungskondiktionen durch eben den Zuwendungszweck bestimmt werden.

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Soweit Zuwendungszweck (wie zumeist) die Erfüllung einer Verbindlichkeit ist, braucht der Gläubiger (etwa als Zahlungsempfänger) Leistungskondiktionen nur seitens seines Schuldners zu gewärtigen, unabhängig davon, wer (vgl. etwa bei § 267 die Leistung auf fremde Schuld) die Zahlung ausgeführt hat.[36] Das ist für den Gläubiger wichtig, weil er bei der Rückforderung durch den Schuldner alle Rechte aus dem zugrundeliegenden Schuldverhältnis entgegensetzen kann (z.B. Einrede des Zurückbehaltungsrechts nach § 273: Erweist sich das Grundverhältnis als nichtig, hat möglicherweise der Leistungsgläubiger die Gegenleistung seinerseits bereits erbracht und kann sodann auch diese zurückfordern);[37] zum anderen wird der Gläubiger so vor Einwendungen eines Dritten geschützt, die den Grund für seine Zahlung auf eine fremde Schuld des eigentlich Verpflichteten betreffen (keine exceptio ex iure tertii).[38]