Zur Fremdrechtsanwendung im Wirtschaftsstrafrecht

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Anmerkungen

[1]

Neumeyer ZStW 1903, 436 ff.

[2]

Zum Begriff der lex causae siehe v. Bar/Mankowski IPR, § 1 Rn. 21.

[3]

Ganzer Absatz Neumeyer ZStW 1903, 436, 442 ff.

[4]

Neumeyer ZStW 1903, 436, 445.

Teil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › III. Fremdrechtsanwendung in Literatur und Rechtsprechung › 2. Die Untersuchung Nowakowskis

2. Die Untersuchung Nowakowskis

56

1971 nahm sich Nowakowski der Untersuchung über die Anwendung des inländischen Strafrechts auf außerstrafrechtliche Rechtssätze an.[1] Er gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass die Rechtsordnung, auf die durch normative Tatbestandsmerkmale verwiesen wird, nicht einheitlich bestimmt werden könne, sondern vielmehr vom Geltungsbereich der jeweils angesprochenen Normen abhänge. Mithilfe des inländischen Rechts müsse zunächst ermittelt werden, ob sich der Schutz der Strafdrohung auf ausländische Rechtsgüter erstrecke und sodann sei zu klären, ob und inwieweit diese Interessen am Tatort beeinträchtigt werden können. Sofern es von positivrechtlichen Bestimmungen abhänge, ob die von der Strafdrohung geschützten Interessen rechtens überhaupt bestehen, müsse jenes Recht herangezogen werden, das im Einzelfall darüber entscheidet. Das zur Ermittlung heranzuziehende Tatortrecht sei dabei jenes Recht, das durch die Vorschriften über den Geltungsbereich berufen wird und bei zivilrechtlichen Fragen damit das IPR.[2] Dabei gelte es stets, die Schranke des ordre public zu beachten.[3]

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Damit stehe der Beurteilung des betreffenden Lebenssachverhalts einer Auslandstat nach ausländischem Recht auch nicht der Grundsatz entgegen, dass der deutsche Strafrichter nur deutsches Strafrecht anwenden dürfe. Die Vorschriften des internationalen Strafrechts schalten den räumlichen Geltungsbereich außerstrafrechtlicher Rechtssätze nicht aus. Vielmehr bestimme gerade der Geltungsbereich dieser Rechtssätze, dass bei Auslandssachverhalten ausländisches Recht angewendet werden könne. Dies liege darin begründet, dass die Beurteilung, ob ein schützenswertes Rechtsgut vorliegt, nicht durch das Strafrecht vorgenommen werde. Zwar werde der Begriff „Rechtsgut“ oft so definiert, dass er von vornherein nur auf die strafrechtliche Tatbestandsmäßigkeit bezogen sei. Rechtsgüter seien aber vielmehr Lebens- und Interessenbereiche des Einzelnen und der Allgemeinheit, die wegen ihrer sozialen Bedeutung geschützt werden, wobei die Strafdrohung nur eine mögliche Form des Schutzes darstelle. Das Strafrecht habe jedoch nicht die Funktion, den schon anderwärts gegebenen Rechtsgüterschutz zu überlagern und zu verstärken, sondern sei davon losgelöst autonom, weshalb die Begriffe, die es gebrauche, auch nicht notwendig mit denen des Zivil- oder Verwaltungsrechts übereinstimmen müssten. Zu beachten sei jedoch immer das „Prinzip der Einheit der Rechtsordnung“. Die Verletzung von Interessen, die das Strafrecht sanktioniere, sei in der Regel auch außerhalb des Strafrechts als Unrecht gekennzeichnet und unter Strafandrohung gestellt. Darum liege es nahe, das internationale Strafrecht nur auf die Sanktionsnormen zu beziehen, die das Strafrecht im eigentlichen Sinne ausmachen. Die Bestimmung, ob und in welchem Umfang das geschützte Rechtsgut am Tatort als solches anerkannt ist, werde von der Rechtsordnung entschieden, die durch die jeweiligen Normen des IPR oder über den Geltungsbereich der in Frage kommenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen ausgewiesen sei.[4]

Anmerkungen

[1]

Nowakowski JZ 1971, 633 ff.

[2]

Ganzer Absatz Nowakowski JZ 1971, 633, 634.

[3]

Nowakowski JZ 1971, 633, 636.

[4]

Ganzer Absatz Nowakowski JZ 1971, 633, 637.

Teil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › III. Fremdrechtsanwendung in Literatur und Rechtsprechung › 3. Die Untersuchung Cornilsʼ

3. Die Untersuchung Cornilsʼ

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Auf diesen Ansatz greift auch Cornils zurück, legt als Ausgangspunkt für die Beurteilung der Fremdrechtsanwendung im Strafrecht aber den materiellen Strafgesetzbegriff zugrunde, der „sämtliche, den materiellen Rechtszustand bestimmenden Normen einschließlich der strafrechtsexternen Ausfüllungs- und Ergänzungsvorschriften umfasst und sie damit dem Ausschließlichkeitsanspruch der §§ 5-7 StGB unterstellt“.[1] Denn die Anwendung deutschen Strafrechts nach den §§ 5-7 StGB beziehe sich auf die Gesamtheit aller bei einer materiellen Deliktsprüfung berührten Rechtssätze, die auch solche privat- und verwaltungsrechtlicher Art beinhalten.[2] Bei diesem Begriffsverständnis unterliegen dem Strafgesetz mithin auch die akzessorisch in Bezug genommenen Rechtssätze des deutschen Zivil- und Verwaltungsrechts, die wiederum nur im Zusammenhang mit den dazugehörenden Kollisionsregeln zu sehen sind. so dass auch diese mit erfasst seien.[3] Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug führt die Inbezugnahme des deutschen Zivil- und Verwaltungsrechts einschließlich ihrer jeweils dazugehörigen Kollisionsregeln dazu, dass der materielle Strafgesetzbegriff notwendig auch diese mit umfasse.[4] Entstehe nun bei einer strafrechtlichen Beurteilung eines Auslandssachverhalts eine zivilrechtliche Vorfrage[5], bei der eine allseitige Kollisionsnorm des deutschen IPR auf eine fremdstaatliche Rechtsordnung verweist, komme diese folglich unmittelbar zur Anwendung.[6] Anders sei dies hingegen bei akzessorischen Verweisungen auf das Verwaltungsrecht zu beurteilen, da das öffentliche Recht wie auch das Strafrecht nur einseitige Kollisionsnormen enthalte. Bei öffentlich-rechtlichen Normen in der Hauptfrage sei eine Anwendung ausländischen Rechts grundsätzlich ausgeschlossen, sofern nicht aus dem Schutzbereich der Norm folge, dass der Staat seine Strafgewalt auch auf Auslandssachverhalte erstrecken wolle.[7] Bei Tatbestandsmerkmalen verwaltungsrechtlicher Art hingegen folge die Fremdrechtsanwendung aus dem ungeschriebenen Grundsatz des Internationalen Verwaltungsrechts, dem Gebot der Respektierung fremder Hoheitsgewalt. Die als Vorfrage zu klärende Inhaltsbestimmung des öffentlich-rechtlichen Begriffes im deutschen Strafrechtstatbestand führe zu einer direkten Anwendung des ausländischen Verwaltungsrechts.[8]

59

Die Zugrundelegung des materiellen Strafrechtsbegriffs als Ausgangspunkt für die Fremdrechtsanwendung enthalte jedoch einen Wertungswiderspruch, da das Internationale Strafrecht zwar hinsichtlich akzessorischer Anknüpfungspunkte die Ausfüllung durch ausländische Zivil- und Verwaltungsgesetze zulasse, der in dem materiellen Strafrechtsbegriff der §§ 5-7 StGB enthaltene Ausschließlichkeitsanspruch jedoch auch sämtliche zivil- und verwaltungsrechtlichen Ergänzungsvorschriften allein auf die deutsche Rechtsordnung zu beschränken scheine.[9] Dieser Wertungswiderspruch sei dadurch zu lösen, dass die Inbezugnahme außerstrafrechtlicher Ergänzungsvorschriften durch das Strafrecht als eine Art „Verleih“ anzusehen sei. Die originäre zivil- oder verwaltungsrechtliche Natur der Vorschriften gehe dann nicht verloren, da sie eigene Rechtsverhältnisse betreffen, die das Strafrecht zwar voraussetze, aber nicht selbst regle.[10] Außerstrafrechtliche Elemente sind daher nicht pauschal den §§ 5-7 StGB zu unterstellen, sondern selbständig zivil- oder verwaltungsrechtlich zu beurteilen. Dieses Verständnis entspreche auch der Sonderanknüpfung von Vorfragen im Internationalen Privatrecht.[11]

60

Cornils gelangt damit im Ergebnis zu einer Fremdrechtsanwendung im Strafrecht unter Zugrundelegung des materiellen Strafrechtsbegriffs. Dieser umfasse außerhalb der eigentlich geregelten Strafgesetze auch alle außerstrafrechtlichen und von diesen akzessorisch in Bezug genommenen Ergänzungsvorschriften. Bei einem Auslandssachverhalt unterliege die Beantwortung einer zivil- oder verwaltungsrechtlichen Vorfrage daher nicht dem Ausschließlichkeitsanspruch nach den §§ 5-7 StGB, sondern erfolge autonom nach eigenen Rechtsanwendungsregeln, die auch eine Heranziehung ausländischer Gesetze grundsätzlich zulassen.[12]

Anmerkungen

[1]

Cornils S. 70.

[2]

Cornils S. 71.

[3]

Cornils S. 71.

[4]

Cornils S. 71 f.

[5]

Internationalprivatrechtlich wird von Vorfrage gesprochen, wenn der Tatbestand einer verwiesenen Rechtsnorm auf ein praejudizielles Rechtsverhältnis Bezug nimmt. Vorfragen können sowohl im Tatbestand von (ausländischen) Kollisionsnormen als auch im Tatbestand von Sachnormen auftreten. Den Gegenbegriff zur Vorfrage bildet die Hauptfrage. Hauptfrage ist die Rechtsfolge, über die zu entscheiden ist und die aufgrund des Tatbestands der Sach- oder Kollisionsnorm davon abhängt, ob eine andere Rechtsfolge gegeben ist, dazu v. Bar/Mankowski IPR I, § 7 Rn. 182 ff., 187 ff.; Rauscher § 5 Rn. 494 ff.; Kropholler § 32 I.

 

[6]

Cornils S. 98 f.

[7]

Cornils S. 98 f.

[8]

Cornils S. 98 f.

[9]

Cornils S. 99 f.

[10]

Cornils S. 101.

[11]

Cornils S. 101.

[12]

Cornils S. 121 f.

Teil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › III. Fremdrechtsanwendung in Literatur und Rechtsprechung › 4. Die Untersuchung Liebelts

4. Die Untersuchung Liebelts

61

Liebelt hingegen kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass es nicht die Kollisionsnormen des deutschen Internationalen Privat- oder Verwaltungsrechts sind, mit denen die außerstrafrechtlichen Rechtsbegriffe bei Auslandssachverhalten ausgefüllt werden, sondern die des Internationalen Strafrechts selbst.[1] Dies beruhe auf dem Grundsatz, dass § 3 StGB als Ausgangspunkt des deutschen internationalen Strafrechts nicht mehr eine universelle, sondern lediglich eine lokale Bewertungsfunktion menschlichen Verhaltens zukomme, von der auch die Reichweite des für Auslandstaten maßgeblichen Strafgesetzbegriffs abhänge. Der internationale Geltungsbereich der Strafnorm sei nicht von den Regeln des deutschen internationalen Privat- oder Verwaltungsrechts abhängig, weshalb es auch nicht die geschriebenen oder ungeschriebenen Kollisionsnormen sind, auf Grund derer die außerstrafrechtlichen Merkmale bei strafrechtlich zu bewertenden Auslandssachverhalten ausgefüllt werden dürfen.[2] Wie Nowakowski ausnahmslos internationales Zivil- oder Verwaltungsrecht anzuwenden, würde missachten, dass der internationale Geltungsbereich des (deutschen) Strafrechts sich wegen der Divergenz zwischen den Legitimationsaspekten der §§ 3 ff. StGB und den Kodifikationsgrundsätzen des IPR nicht notwendigerweise mit dem des (inländischen) Zivilrechts decke.[3] Durch die Wahl des materiellen Strafgesetzbegriffs als Ausgangspunkt für die Fremdrechtsanwendung – entsprechend dem Ansatz von Cornils – werde dem deutschen Strafrecht faktisch unterstellt, es sei universelle Bewertungsnorm und solle ungeachtet der gesetzgeberischen Gründe für die Anknüpfungsprinzipien einschränkungslos auch im Ausland mit seinen Maßstäben gelten.[4]

62

Nach seinem Lösungsansatz ist zum einen für die Anwendung ausländischen Rechts zwischen rechtsgutskonkretisierenden und rechtsgutbeeinträchtigenden Tatbestandsmerkmalen zu differenzieren und zum anderen nach den jeweiligen Anknüpfungsprinzipien des internationalen Strafrechts zu ermitteln, ob dem deutschen Strafrecht eine universelle oder bloß lokale Bewertungsfunktion zukomme.[5] Rechtsgutkonkretisierende Merkmale, bei denen die Strafnorm das geschützte Rechtsgut im Tatbestand selbst hervortreten lasse, sind nach der Rechtsordnung auszufüllen, unter der das Rechtsgut begründet wurde und gelten, da das Strafrecht grundsätzlich auch ausländische Rechtsgüter schützen wolle, deshalb unabhängig vom Vorliegen einer Inlands- oder Auslandstat.[6] Die einschlägigen ausländischen Regeln seien hier als Teil des zu beurteilenden Lebenssachverhalts anzusehen und würden deshalb auf der Tatbestandsseite am Subsumtionsvorgang teilnehmen, weshalb dem ausländischen Recht insoweit „Tatbestandswirkung“ zukomme, ohne Folge einer Vermittlung durch die deutschen Kollisionsregeln zu sein.[7] Dagegen umschreiben die rechtsgutbeeinträchtigenden Merkmale die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts, begründen bei den Unterlassungsdelikten eine Garantenpflicht oder lassen, wie die Rechtfertigungsgründe, ein Verhalten sozialadäquat erscheinen.[8] Bei diesen Merkmalen müssen bei Auslandssachverhalten die Anknüpfungsprinzipien der §§ 3 ff. StGB berücksichtigt werden, da der Gesetzgeber hier jeweils unterschiedliche Intentionen verfolge.[9] Werde nach dem Universalitätsprinzip angeknüpft, müssen außerstrafrechtliche Inzidentfragen wegen der insoweit universellen Bewertungsfunktion des deutschen Strafrechts mithilfe inländischer Normen, einschließlich des deutschen Kollisionsrechts beantwortet werden.[10] Hier sei auch von dem materiellen Strafrechtsbegriff auszugehen. Der These Neumeyers, nach der das kriminelle Unrecht nach dem Recht des Staates zu bemessen sei, der die Handlung bei Strafe verbiete, könne deshalb nicht mehr vorbehaltlos, sondern nur noch für Regelungen, nach denen sich die Rechtswidrigkeit nach der inländischen Rechtsordnung bestimme, zugestimmt werden.[11] Eine lediglich lokale Bewertungsfunktion komme dem deutschen Strafrecht hingegen für das aktive Personalitätsprinzip nach § 7 II Nr. 1 StGB und das Prinzip der stellvertretende Strafrechtspflege gemäß § 7 II Nr. 2 StGB zu.[12] Der Täter werde in diesen Fällen dafür bestraft, dass er gegen die am Tatort geltenden Normen verstoßen habe, so dass für die Spezifizierung des Unrechts auch kein deutsches Recht maßgeblich sein könne. Zur Ausfüllung der außerstrafrechtlichen Merkmale müsse daher auf ausländisches Recht zurückgegriffen werden (einschließlich der durch dessen Kollisionsrecht berufenen Sachnormen).[13]

Anmerkungen

[1]

Liebelt S. 213 f., 216.

[2]

Liebelt S. 264 f.

[3]

Liebelt GA 1994, 20, 32; ders. NStZ 1993, 544, 544.

[4]

Liebelt GA 1994, 20, 32; ders. NStZ 1993, 544, 544.

[5]

Liebelt S. 233 ff., 239; ders. GA 1994, 20, 26 ff.

[6]

Liebelt S. 233.

[7]

Liebelt S.237 f.; ders. GA 1994, 20, 30.

[8]

Liebelt S. 235.

[9]

Liebelt S. 235 f.

[10]

Liebelt S. 236 f.; ders. GA 1994, 20, 34 f.

[11]

Liebelt S. 213 f.

[12]

Liebelt S. 237 f, 264; ders. GA 1994, 20, 32.

[13]

Liebelt S. 237 f.; ders. GA 1994, 20, 35 ff.; ders. NStZ 1993, 544, 545.

Teil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › III. Fremdrechtsanwendung in Literatur und Rechtsprechung › 5. Weitere Ansichten in der Literatur

5. Weitere Ansichten in der Literatur

63

In Anlehnung an die soeben dargestellten Ansätze zur Beurteilung von sich stellenden Inzidentfragen im Rahmen der Fremdrechtsanwendung wird in der Kommentarliteratur vereinzelt ein kollisionsrechtlicher Ansatz vertreten, nach dem bei Sachverhalten mit Auslandsbezügen die Kollisonsnormen des IPR über die Anwendbarkeit ausländischen oder inländischen Rechts entscheiden.[1] Im Übrigen wird lediglich darauf verwiesen, dass für die Beurteilung außerstrafrechtlicher Inzidentfragen auf das (ausländische) Tatortrecht abzustellen sei[2] bzw. auf das Recht, in dem die Rechtsverhältnisse ihren Sitz haben.[3] Die ausschließliche Maßgeblichkeit des Tatortrechts kann sich dabei nur aus einer direkten Anwendung der ausländischen Normen ergeben, da das deutsche IPR nicht zwangsläufig auf das Tatortrecht verweist.[4]

64

Die Anwendung des Tatortrechts im Rahmen der Beurteilung strafrechtlicher Inzidentfragen ist jedoch von der Heranziehung ausländischen Rechts zur Ermittlung der Tatortstrafbarkeit nach § 7 StGB zu unterscheiden. Sowohl das in diesem Tatbestand enthaltene aktive und passive Personalitätsprinzip als auch der Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege setzen voraus, dass die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist, wobei hierfür ausreichend ist, dass für die Handlung unter irgendeinem Gesichtspunkt am Tatort eine Strafdrohung besteht.[5] Die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen erfordert damit eine Subsumtion unter das Tatortstrafrecht, mithin unter das ausländische Recht. In diesem Fall erfolgt dann eine unmittelbare Fremdrechtsanwendung, bei der die Normen der ausländischen Rechtsordnung direkt heranzuziehen sind.[6] Sofern im Ergebnis die Voraussetzungen des materiellen Strafrechts des Tatorts erfüllt sind, ist auch deutsches Strafrecht anwendbar. Hingegen handelt sich bei der dieser Untersuchung zugrundeliegenden Thematik nicht um eine unmittelbare Fremdrechtsanwendung, sondern um eine solche im weiteren Sinne, da das Zivilrecht nur zur Beantwortung der zivilrechtlichen (außerstrafrechtlichen) Vorfrage herangezogen wird, der Richter im übrigen aber an einer deutschen Strafnorm die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Rechtsfolgen ermittelt.[7]

65

Bei der Prüfung des einschlägigen Straftatbestands nach dem am ausländischen Tatort geltenden Recht kann sich wiederum eine zivilrechtliche (oder öffentlich-rechtliche) Vorfrage stellen.[8] Da diese Vorfragen auch im Rahmen der Anwendung einzelner Straftatbestände des deutschen Strafrechts erheblich sind, wird insoweit auch von der Doppelrelevanz der außerstrafrechtlichen Rechtsordnung des ausländischen Tatorts gesprochen.[9] Die Behandlung einer solchen zivilrechtlichen Vorfrage im Rahmen der ausländischen Subsumtion erfolgt nach den Regeln des jeweiligen Rechts.[10] Bestimmt nach der dortigen Rechtsordnung als Ausgangspunkt stets das IPR dieses Staates, ist das maßgebliche Zivilrecht dann das vom ausländischen Kollisionsrecht berufene Recht.[11] Innerhalb der Prüfung der Tatortstrafbarkeit i.S.d. § 7 StGB kann damit ausnahmsweise sowohl ausländisches IPR wie auch ausländisches Strafrecht heranzuziehen sein.[12] Das ausländische Recht wird jedoch nicht in dem Sinne herangezogen, dass es zur Grundlage der strafrechtlichen Würdigung wird.[13] Nach erfolgreicher Prüfung der Voraussetzungen der Tatortstrafbarkeit ist im Rahmen der Anwendung deutschen Strafrechts auch nur deutsches internationales Privatrecht als Ausgangspunkt der weiteren Prüfung heranzuziehen.

Anmerkungen

[1]

Vgl. NK-Böse Vor § 3 Rn. 63; ähnlich wohl auch Lackner/Kühl Vor §§ 3-7 Rn. 1 c); Staubach S. 221 ff.; für eine Maßgeblichkeit des Kollisionsrechts auch Wietz S. 223.

[2]

MK-StGB/Ambos § 5 Rn. 9, § 7 Rn. 8; LK-Werle/Jeßberger Vor § 3 Rn. 337; S/S- Eser Vorbem. §§ 3-9 Rn. 41; Wabnitz/Janovsky/Möhrenschlager 3. Kap. Rn. 4, 10 f.

[3]

 

Oehler Rn. 151d.

[4]

Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 724 f.

[5]

Vgl. Fischer § 7 Rn. 7; Lackner/Kühl § 7 Rn. 2; Leipold/Tsambikakis/Zöller/Zöller § 7 Rn. 6.

[6]

LK-Werle/Jeßberger § 7 Rn. 21.

[7]

LK-Werle/Jeßberger Vor § 3 Rn. 331; Leipold/Tsambikakis/Zöller/Zöller Vor § 3 Rn. 3; Jakobs AT, 5. Abschn Rn. 4.

[8]

Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 742 f.die zudem darauf hinweisen, dass selbst die Vorschriften des Strafanwendungsrechts zivilrechtsakzessorische Begriffe enthalten, die nur unter Rückgriff auf zivilrechtliche Vorfragen zu ermitteln sind.

[9]

LK-Werle/Jeßberger § 7 Rn. 22.

[10]

Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 741.

[11]

Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 741.

[12]

Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 741.

[13]

LK-Werle/Jeßberger § 7 Rn. 23.

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