Star Wars: Battlefront II – Inferno-Kommando

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Z serii: Star Wars
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Star Wars: Battlefront II – Inferno-Kommando
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Basierend auf den Charakteren und der Story von Star Wars Battlefront II, dem neuen Videogame von Motive Studios, EA und Lucasfilm

Ins Deutsche übertragen von Tobias Toneguzzo & Andreas Kasprzak




Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek


Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: Battlefront II – Inferno Squad“ by Christie Golden, published in the US by Del Rey, an imprint of The Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

© & TM 2017 LUCASFILM LTD.

Deutsche Ausgabe 2017 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: marketing@panini.de)

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Tom Grimm

Lektorat: Andreas Kasprzak für Grinning Cat Production

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Book design by Elizabeth A. D. Eno

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWBA002E

ISBN 978-3-7367-9991-2

Gedruckte Ausgabe:

1. Auflage, Oktober 2017, ISBN 978-3-8332-3568-9

Findet uns im Netz:

www.paninibooks.de

PaniniComicsDE

Dieses Buch ist dem „echten“ Inferno-Trupp gewidmet: T. J. Ramini, „Del Meeko“, Paul Blackthorne, „Gideon Hask“ und ganz besonders Janina Gavankar, „Iden Versio“,mdie voller Enthusiasmus den Kontakt zu mir gesucht hat, um mehr über dieses Buch und über Iden Versio zu erfahren – einen Charakter, den wir beide lieben und bewundern.


Es war einmalnvor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …


1. KAPITEL

Die Beherrschung der eigenen Emotionen war eines der unausgesprochenen Kriterien, die jeder erfüllen musste, der dem Imperium dienen wollte. Man zeigte keine Schadenfreude, man jubelte nicht laut, man weinte nicht und man zeigte auch keinen Zorn. Allein kalte Wut wurde unter besonderen Umständen als angemessene Reaktion akzeptiert.

Senior Lieutenant Iden Versio hatte diese Regeln verstanden, seit sie alt genug gewesen war, um das Konzept dahinter zu begreifen. Doch jetzt, in dieser Stunde des eindeutigen, des absoluten imperialen Triumphs, schaffte die junge Frau es einfach nicht, ein Lächeln zu unterdrücken, während sie, den Helm unter dem Arm, über den schwarz glänzenden Boden des Korridors auf dem Todesstern rannte.

Und warum sollte sie heute auch nicht lächeln – zumindest, solange niemand in der Nähe war, der es sehen konnte?

Als sie den Befehl erhalten hatte, auf der Raumstation zu dienen – die gerade mal vor ein paar Stunden einen gesamten Planeten mitsamt seinen glorreichen Rebellen in eine Wolke aus Felsbrocken und Trümmern verwandelt hatte – , hatte sie viele wütende Seitenblicke und gemurmelte Bemerkungen erdulden müssen, die gerade laut genug gewesen waren, dass sie sie aufschnappen konnte. Sie wusste, was die anderen über sie sagten; es war nichts weiter als eine Variation dessen, was sie schon zuvor gemunkelt hatten.

Sie ist zu jung für diese Position. Ohne Hilfe hätte sie diesen Posten nie bekommen.

Man hat sie nur wegen ihres Vaters versetzt.

Die selbstherrlichen Murmler würden sicher staunen, wenn sie wüssten, wie falsch sie lagen.

Generalinspektor Garrick Versio war vielleicht eines der ranghöchsten Mitglieder des ebenso mächtigen wie verschwiegenen Imperialen Sicherheitsbüros, aber die freudlose Aufgabe, seine Tochter zu sein, hatte Iden rein gar nichts gebracht. Ihre Auszeichnungen, ihre guten Noten, die Gelegenheiten, die sie ergriffen hatte – nichts davon war ihr seinetwegen in den Schoß gefallen; falls überhaupt, hatte sie es sich ihm zum Trotz erkämpfen müssen.

Man hatte sie auf die Militärakademie vorbereitet, seit sie fast noch ein Kind gewesen war. Auf ihrer Heimatwelt Vardos im Jinata-System hatte sie die Internatsschule für die zukünftigen Anführer des Imperiums besucht, wo sie ihre ersten Lektionen gelernt hatte. Dort und auch später, an der imperialen Akademie auf Coruscant, hatte sie ihren Abschluss als Jahrgangsbeste mit Auszeichnung gemacht.

Das alles fühlte sich nun an wie ein Vorspiel für diesen Moment. Die letzten paar Monate war sie Teil einer kleinen Elitestaffel von TIE-Jägern gewesen, hier, an Bord dieser gewaltigen Kampfstation, die vermutlich den absoluten Höhepunkt imperialer Baukunst darstellte: dem Todesstern. Und so unprofessionell es auch sein mochte, sie war noch immer aufgeregt.

Während sie versuchte, ihren Enthusiasmus zu zügeln, spürte sie dieselbe Freude bei den anderen Piloten, die gerade zu ihren eigenen TIE-Jägern hasteten. Sie verrieten sich durch das anschwellende Stakkato ihrer Schritte, ihre aufrechte Körperhaltung, das Glänzen in ihren Augen.

Diese freudige Anspannung war nicht neu. Sie hatte bereits unter der Oberfläche gebrodelt, als die Fähigkeiten der Station zum ersten Mal erprobt worden waren – als der Superlaser des Todessterns die Stadt Jedha anvisiert und ausgelöscht hatte. Das Imperium hatte binnen weniger Sekunden einen verheerenden Doppelschlag gelandet. Es hatte nicht nur den Rebellenterroristen Saw Gerrera und seine Gruppe von Extremisten, die sich Partisanen nannten, ausgelöscht, sondern auch den Tempel des Kyber, ein Heiligtum derer, die im Stillen auf die Rückkehr der entehrten und besiegten Jedi hofften. Jedha war die erste echte Demonstration der Station und ihrer Macht gewesen, aber das wussten nur die, die auf dem Todesstern ihren Dienst taten.

Zumindest im Moment noch. Der Rest der Galaxis hielt den Untergang von Jedha für ein tragisches Bergbauunglück.

Danach hatten sich die Dinge mit schockierender Geschwindigkeit entwickelt, so als wären die galaktischen Waagschalen plötzlich und drastisch aus dem Gleichgewicht geraten. Während der Schlacht von Scarif war der Superlaser ein zweites Mal eingesetzt worden, diesmal, um eine gesamte Region und mehrere Rebellenschiffe zu vernichten, die unter dem Schild des Planeten festsaßen. Dann hatte Imperator Palpatine den imperialen Senat aufgelöst. Seine rechte Hand, der mysteriöse Darth Vader, der sich unter Umhang und Helm verbarg, hatte die vormalige Senatorin und nunmehr enttarnte Rebellenprinzessin Leia Organa abgefangen und gefangen genommen. Und der Kommandant des Todessterns, Großmoff Wilhuff Tarkin, hatte an der Heimatwelt der Prinzessin, Alderaan, ein Exempel statuiert, um die wahre Macht der inzwischen voll einsatzfähigen Kampfstation zu demonstrieren.

Die Besatzung des Todessterns hatte den Befehl gehabt, dieser Demonstration beizuwohnen, entweder mit eigenen Augen oder am Bildschirm, und wie die anderen hatte Iden dagestanden und das Geschehen beobachtet. Die Rebellen auf Alderaan hatten durch ihr verräterisches Treiben nicht nur ihr eigenes Schicksal besiegelt, sondern auch das der Unschuldigen, die sie angeblich beschützen wollten. Sie bekam das Bild nicht mehr aus dem Kopf; ein Planet, eine Welt, und ein paar Sekunden später: nichts mehr. Nicht mehr lange, dann würden alle Feinde des Imperiums dieses Schicksal teilen. Dann würde die Galaxis auf gnadenlose, unmissverständliche Weise lernen, wie nutzlos Widerstand war. Und dann …

Dann würde wieder Ordnung einkehren und diese unlogische, chaotische „Rebellion“ würde ein Ende finden. All die Zeit und Arbeit, all die Credits und die schlauen Köpfe, die jetzt noch gebraucht wurden, um die diversen aufrührerischen Welten niederzuzwingen und zu kontrollieren, könnten dann endlich genutzt werden, um diesen Welten zu helfen.

Und es würde endlich Frieden herrschen.

Natürlich würde dieses Ereignis schockierend sein, aber es musste schockierend sein und es diente dem Gemeinwohl. Sobald alle erst wieder unter dem Schutz des Imperiums standen, würden sie das sicher selbst erkennen.

Und dieser glorreiche Moment war nicht mehr weit entfernt. Tarkin hatte die Rebellenbasis auf einem der Monde von Yavin entdeckt. Nur noch ein paar Minuten, dann würde die Basis – und mit ihr der Mond – untergehen.

Einige der Rebellen wollten sich aber offenbar nicht in ihr Schicksal fügen.

Sie waren mit ihren Schiffen gestartet und warfen sich gerade in einem lachhaft schwachen Angriff gegen die riesige Kampfstation. Die dreißig Y- und X-Flügler, die die Rebellen zusammengekratzt hatten, waren aber klein genug, um den mächtigen Turbolasergeschützen des Todessterns auszuweichen; sie surrten umher wie Fliegen. Und Iden und die anderen Piloten würden sie auch genauso zerquetschen wie Fliegen, wenn sie Lord Vaders Befehle erfüllten und dieser erbärmlichen, hoffnungslosen Gegenwehr im direkten Raumkampf ein Ende bereiteten.

In sieben Minuten würden Yavins Mond und all die Rebellen, die sich dort zusammengerottet hatten, nichts weiter sein als umherdriftende Trümmer. Dies war der letzte Tag der Rebellion.

Idens Herzschlag pochte in ihren Ohren, und sie sprang förmlich die Leiter in ihren Raumjäger hinab, wo sie ihren Anzug versiegelte und ihren Helm aufsetzte. Schlanke, aber kräftige behandschuhte Finger tanzten über die Konsolen, und ihr Blick huschte von Anzeige zu Anzeige, während sie die Checkliste für den Start abarbeitete. Dann klappte die Luke herunter, sie schloss sich mit einem Summen und Iden war im schwarzen Metallbauch des TIEs eingeschlossen. Ein paar Sekunden später raste sie in die kalte, luftlose Dunkelheit hinaus, wo das unverkennbare Jaulen ihres Sternjägers nicht länger zu hören war.

 

Und da waren sie auch schon: größtenteils X-Flügler – beeindruckende kleine Ein-Mann-Maschinen; die Antwort der Rebellen auf die imperialen TIE-Jäger. Sie hielten sich dicht über der Oberfläche der Station, wobei ein paar von ihnen die Entfernung falsch einschätzten und an den Wänden der Gräben zerschellten, die sich in einem komplexen Muster über die Außenhaut des Todessterns zogen.

Selbstmord, dachte Iden, obwohl sie wusste, dass dieser Ausdruck auch oft in Zusammenhang mit TIE-Piloten benutzt wurde. Entweder man liebte die kleinen Sternjäger oder man hasste sie. Ein TIE-Jäger war schnell und wendig und besaß tödliche Laserkanonen, aber er war schlechter gegen Angriffe geschützt als die meisten anderen Schiffe, da er nicht über Deflektorschilde verfügte. Man musste den Feind also zuerst treffen – und was das anging, konnte kein anderer in ihrer Staffel Iden das Wasser reichen. Es gefiel ihr, dass alles so kompakt war, nur eine Handbewegung entfernt – die Flugkontrollen, der Bildschirm, die Zielerfassung, die Systeme, um andere abzuschütteln und sich selbst nicht abschütteln zu lassen.

Sie lauschte dem vertrauten Piepsen der Zielerfassung, als sie einen der X-Flügler anvisierte, und sie lenkte ihre Maschine mit müheloser Vertrautheit hin und her, als das Feindschiff in einen panischen Zickzackkurs überging – ein achtbarer, aber letztlich nutzloser Versuch, sie loszuwerden.

Iden krümmte die Daumen, grüne Laserstrahlen durchbohrten den X-Flügler und dann waren da nur noch Trümmer und ein flackernder Feuerball.

Sie zählte rasch die Kontakte auf ihrem Schirm und sah, dass ihre Kameraden ebenfalls eifrig dabei waren, die Herde der Rebellen zu dezimieren. Während ihr Blick noch auf den kleinen, schiffförmigen Flecken verharrte, runzelte sie leicht die Stirn: Einige von ihnen brachen aus der Gruppe aus und gingen tiefer, dem Todesstern entgegen, während die anderen versuchten, die TIE-Jäger von der Station fortzulocken. Idens Augen fixierten eine andere Maschine, einen Y-Flügler – einen Sternjäger, der sie stets an das Skelett eines Raubvogels erinnerte – , und sie nahm die Verfolgung auf. Eine geschmeidige Fassrolle und sie war seitlich hinter ihm. Weitere grüne Lichtblitze erhellten die mit Sternen gesprenkelte Schwärze und dann war auch dieses Schiff verschwunden.

Nun konzentrierte sie sich auf die lebensmüderen Rebellen und beobachtete, wie sie in die Gräben hinabtauchten. Niemand hatte Iden gesagt, warum sie eine so ungewöhnliche Taktik wählen könnten, und soweit sie wusste, hatte auch sonst niemand in ihrer sechsköpfigen Staffel derartige Informationen erhalten. Sie war in einem Umfeld aufgewachsen, in dem sie nur erfuhr, was sie absolut wissen musste – egal, ob es nun darum ging, was ihr Vater wirklich für das Imperium tat, an welchen Projekten ihre Mutter arbeitete, oder auch nur darum, was es zum Abendessen gab. Sie war also an diese Situation gewöhnt, aber sie würde sich nie wirklich damit anfreunden.

„Achtung, Piloten“, erklang die Stimme ihrer Kommandantin, Kela Neerik, in Idens Ohr, und einen kurzen, wundervollen Moment lang glaubte sie, Neerik würde ihnen erklären, was da vor sich ging. Doch alles, was der Commander ihnen mitteilte, war: „Der Todesstern ist noch sechs Minuten von seinem Ziel entfernt.“

Iden biss sich auf die Lippe. Kurz überlegte sie, ob sie etwas sagen sollte. Tu es nicht, tu es nicht, ermahnte sie sich, aber ihr Mund schien sich zu verselbstständigen, und bevor sie sichs versah, waren die Worte bereits über ihre Lippen gekommen.

„Bei allem Respekt, Commander, aber falls es nur noch sechs Minuten bis zur Zerstörung des Mondes sind, was tun wir dann überhaupt hier draußen? Dreißig Ein-Personen-Maschinen können dem Todesstern in dieser kurzen Zeit doch sicher keinen nennenswerten Schaden zufügen.“

„Lieutenant Versio“, Neeriks Stimme war so kalt wie das All, „falls Sie glauben, dass Sie wegen der Position Ihres Vaters hier irgendwelche besonderen Privilegien genießen, dann täuschen Sie sich. Wir sind hier, weil Lord Vader es befohlen hat. Vielleicht möchten Sie ihm Ihre Frage ja persönlich stellen, wenn wir zur Station zurückkehren?“

„Nein, Commander, das wird nicht nötig sein.“

„Dachte ich es mir doch. Erfüllen Sie Ihre Pflicht, Lieutenant Versio.“

Iden zog die Brauen zusammen, beließ es aber dabei. Sie musste die Rebellen nicht verstehen, sie musste sie nur vernichten.

Und als hätten sie ihre neue Entschlossenheit gespürt, legten die feindlichen Piloten plötzlich zu. Am Rand von Idens Blickfeld blitzte ein helles Licht auf, und als sie den Kopf drehte, erkannte sie voller Grauen und Überraschung, dass die Trümmer, die in alle Richtungen davonwirbelten, schwarz waren.

Sie wusste nicht, wen es erwischt hatte. TIE-Jäger waren einander so gleich, dass man einzelne Maschinen praktisch nicht voneinander unterscheiden konnte. Die Piloten sollten sie nicht als ihre Schiffe ansehen, schon gar nicht auf diese warme, wohlige Weise, wie die Rebellen es taten. Ein Schiff war ein Schiff. Und soweit es das Imperium anging, war auch ein Pilot nur ein Pilot, wie Iden wusste – ebenso entbehrlich und austauschbar wie die Maschinen, die sie flogen.

Wir alle dienen dem Willen des Imperators, hatte ihr Vater ihr eingebläut, seit sie alt genug gewesen war, um zu verstehen, was ein Imperator war. Keiner von uns ist unentbehrlich. Natürlich sah sie nicht zum ersten Mal, wie ein imperiales Schiff abgeschossen wurde. Dies war schließlich Krieg und sie war eine Soldatin. Aber zum Teufel mit der Entbehrlichkeit.

Das halbe Lächeln, das ihre Mundwinkel den Großteil des Kampfes umspielt hatte, verblasste, und Iden presste die Lippen wütend zusammen, während sie – vielleicht ein wenig zu abrupt – ihren TIE-Jäger zur Seite zog, um einen weiteren X-Flügler ins Visier zu nehmen. Sekunden später war er bereits in einem gelborangen Feuerball explodiert.

„Hab ich dich, du …“, murmelte sie.

„Sparen Sie sich die Kommentare, Versio“, warnte Neerik. Ihre Stimme wurde lauter und sie klang nun eher feurig als frostig. „In Kürze wird Lord Vader uns die Ehre erweisen, zu uns zu stoßen. Er und seine Piloten werden sich um die Gegner im Äquatorialgraben kümmern. Alle übrigen Einheiten haben Befehl, ihre Angriffe auf die Rebellenschiffe in der Umgebung zu konzentrieren.“

Beinahe hätte Iden laut protestiert, aber sie konnte sich gerade noch rechtzeitig zurückhalten. Aus irgendeinem Grund, den man der Einheit noch immer nicht mitgeteilt hatte, schien die verwirrende Strategie der Rebellen eine Gefahr darzustellen – andernfalls würde Lord Vader sich wohl kaum die Mühe machen, persönlich einzugreifen.

Das meiste, was Iden über den dunklen Lord der Sith wusste, war reine Spekulation, abgesehen von dem, was ihr Vater ihr einmal erzählt hatte, in einem dieser seltenen Momente, als er seinem einzigen Kind gegenüber nicht vollkommen verschlossen gewesen war.

„Lord Vader hat große Macht“, hatte Versio gesagt. „Seine Instinkte und seine Reflexe sind übermenschlich. Und … er besitzt bestimmte Fähigkeiten, die der Imperator für höchst wertvoll hält.“

Und ja, es gab keinen Zweifel daran, dass Vader alle anderen überragte – im übertragenen ebenso wie im wörtlichen Sinn. Doch es waren nicht Vaders Freunde, die in dieser Schlacht starben, und Iden wollte diejenige sein, die Rache an den Rebellen nahm.

Mit einem frustrierten Seufzen, das man sicher auch über das Komm hören konnte, löste sie sich von dem X-Flügler, den sie gerade verfolgte. Rotes Laserfeuer zuckte gefährlich nahe an den empfindlichen Flügeln ihres TIEs vorbei und sie zog die Brauen zusammen. Das war ihr Fehler gewesen, sie hatte sich nicht konzentriert.

Iden korrigierte diesen Fauxpas sofort, indem sie ihre Maschine von der Kampfstation abdrehte und zwei Y-Flüglern entgegenraste, die gerade – erfolgreich – versuchten, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Normalerweise hätte sie es genossen, es mit den beiden aufzunehmen; sie schienen fähige Piloten zu sein, wenn auch nicht so gut wie die in den X-Flüglern. Aber im Moment war sie zu wütend für Spielchen.

Sie visierte den näheren der beiden Y-Flügler an, und sobald die Zielerfassung piepte, sprengte sie ihn in seine Einzelteile. Zu sehen, wie die Fragmente des Sternjägers davonwirbelten, war ein kleiner Trost für den Tod ihrer Kameraden.

„Der Todesstern ist noch zwei Minuten von unserem Ziel entfernt. Haltet genügend Abstand zum Planeten.“

Ah, darum hielt Neerik sie also über den Zeitplan auf dem Laufenden. Iden musste dem Piloten des zweiten Y-Flüglers Respekt für seinen Mut zollen, obwohl es vermutlich eher Dummheit war: Er riss sein Schiff herum und raste mit Höchstgeschwindigkeit vom Todesstern fort. Wollte er zum Mond von Yavin zurück, um gemeinsam mit seiner Basis unterzugehen, oder wollte er sie nur abschütteln?

Das kannst du vergessen, dachte Iden. Sie setzte ihre Verfolgung fort, und sobald der Sternjäger in der Mitte ihres Zielschirms war, feuerte sie. Anstatt abzubremsen, als das Schiff explodierte, zog sie kurzerhand den Steuerknüppel nach hinten und flog in einem halben Looping über den Feuerball und die Trümmer hinweg, ihr Körper gegen das Gurtwerk gedrückt. Als die Maschine in die Waagreche zurückkehrte, raste ihr bereits der nächste Y-Flügler entgegen.

Hinter dem Schiff prangte die fahle, mondförmige Kampfstation. Ihre titanenhafte Größe ließ den Rebellenjäger wie eines der Spielzeuge aus ihrer Kindheit aussehen. Auch diese Maschine flog, so schnell sie konnte, auf Yavin zu, in einem hektischen Zickzackkurs, sodass Iden das Ziel nicht sofort erfassen konnte.

Dann überflutete plötzlich eine grelle Helligkeit ihr Sichtfeld.

Kurzzeitig geblendet verlor sie die Kontrolle und der TIE trudelte wild zur Seite. Als sie schließlich wieder etwas erkennen konnte, sah sie sich plötzlich Trümmerstücken gegenüber, die so dicht und so schnell auf sie zukamen, als wäre sie in die Mitte eines Asteroidenfeldes hineingesprungen. Idens Wahrnehmung schrumpfte zu lasergleicher Schärfe zusammen, und sie begann, den Steuerknüppel hin und her und vor und zurück zu ziehen, um zwischen den größten Brocken hindurchzumanövrieren. Mit einem Mal wünschte sie sich, TIE-Jäger hätten doch Schilde.

Während sie hierhin schwenkte und dorthin auswich, sog sie tief und gleichmäßig den Sauerstoff ein, der glücklicherweise noch immer das Cockpit füllte. Aber tief drinnen wusste sie, dass es nur eine Frage der Zeit war. Da waren zu viele Trümmer, manche so groß wie eine Rettungskapsel, andere so klein wie ihre geballte Faust, und sie war mittendrin. Die kleineren Stücke trommelten bereits jetzt gegen ihren TIE-Jäger und früher oder später würde sie einen der größeren Brocken streifen. Dann würden Lieutenant Versio und ihr Schiff als schwarzer Rußfleck auf den Überresten von Yavins Mond enden.

Irgendwie musste sie zu nah an das Ziel des Todessterns herangekommen sein, und dann hatte die chaotische Woge seiner Zerstörung sie erfasst – genau der Fehler, vor dem ihre Kommandantin sie gewarnt hatte.

Doch wie konnte das sein?

„Mayday, Mayday“, rief Iden, unfähig, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, während sie verzweifelt nach unten tauchte, um dem Untergang eine weitere Sekunde zu entgehen. „Hier ist TIE Sigma-Drei. Erbitte Unterstützung. Ich wiederhole, hier ist TIE Sigma-Drei. Ich brauche Unterstützung. Hört mich jemand, over?“

Stille. Absolute, kalte, schreckliche Stille.

Und dann geschah schließlich das Unausweichliche.

Etwas traf den TIE-Jäger. Hart. Das Schiff erzitterte und trudelte in eine andere Richtung davon – aber es explodierte nicht. Als ein Teil seiner schlanken, empfindlichen Flügel kurz in Idens Blickfeld aufblitzte, erkannte sie, dass sie die Kontrolle über das Schiff endgültig verloren hatte.

Andere wären in dieser Situation in Panik geraten, aber sie war dazu erzogen worden, niemals, niemals aufzugeben, und in diesem Augenblick war sie froh über die Unerbittlichkeit ihres Vaters. Das Schiff neigte sich zur Seite, und da es im Moment nichts gab, was sie tun konnte, nahm sie sich ein paar Sekunden, um sich zu orientieren.

Die Aussicht auf ihren eigenen, vermutlich schmerzhaften, womöglich langsamen Tod schreckte sie nicht. Doch was sie während dieser paar Sekunden sah, ließ ihr das Mark in den Knochen gefrieren.

Es war der blaugrüne Mond von Yavin. Und er war völlig intakt.

 

Das. War. Unmöglich!

Sie musste an die Stille aus dem Komm denken, und ihre Gedanken wandten sich einer Möglichkeit zu, die gar nicht möglich sein sollte. Die völlig unvorstellbar sein sollte. Plötzlich erkannte sie einige der Trümmer, denen sie so verzweifelt auszuweichen versuchte.

Das waren imperiale Bauteile.

Imperial.

Teile der größten Kampfstation, die je …

Ihr ganzer Körper erzitterte unter einem kurzen, scharfen, ungläubigen Keuchen. Dann biss Iden Versio die Zähne zusammen, um einen zweiten Gefühlsausbruch zu unterdrücken. Sie presste die Lippen aufeinander, schloss das Schluchzen tief in ihrem Inneren ein.

Sie war eine Versio und Versios gerieten nicht in Panik.

Die Zerstörung des Todessterns war eine brutale, unleugbare Tatsache. Ein Beweis dafür, dass das Unmögliche nun möglich war. Und das bedeutete, dass sie diese Katastrophe überleben konnte.

Und sie würde überleben.

Iden schloss die Hände wieder fest um die Kontrollen und schätzte mit scharfer, geradezu schneidender Klarheit ihre Situation ein.

Der Aufprall des Trümmerstücks hatte nicht nur ihren Flügel beschädigt, er ließ sie glücklicherweise auch in Richtung des Mondes trudeln, und jetzt, wo die Masse des Todessterns keinen Gegenpol mehr darstellte, zog die Gravitation von Yavins kleinem Satelliten sie gierig an. Iden konnte ihre Flugbahn nicht ändern, aber sie konnte sie freiräumen. Also ging sie in die Offensive – ihre bevorzugte Strategie. Nur kämpfte sie diesmal nicht gegen ein Rebellenschiff, sondern gegen die Trümmer, die ihr entgegenwirbelten.

Sie drehte den Jäger in Richtung der Mondoberfläche und verwandelte mit ihren Lasern alles in Asche, was ihren Weg blockierte. Die Bedienung der Systeme war ihr zur zweiten Natur geworden, sodass sich der Rest ihres Verstandes den nächsten Aufgaben widmen konnte: Sie musste in die Atmosphäre eintreten, den Sinkflug bewältigen und dann im richtigen Moment per Schleudersitz aussteigen.

Und dann musste sie natürlich einer Gefangennahme entgehen, ein Schiff stehlen und damit fliehen – vorausgesetzt, sie landete in einem Stück auf Yavins Mond.

Da war es wieder, dieses Aufflackern primitiver Panik, das ihr die Kehle zuschnürte. Iden schluckte hart, während ihr am ganzen Körper der kalte Schweiß ausbrach …

… unter der Uniform eines imperialen Offiziers …

… unter dem Helm eines TIE-Jägerpiloten …

… und tat dann einen tiefen, beruhigenden Atemzug. Sie hatte nur begrenzt Sauerstoff, aber es war besser, ihn jetzt zu verbrauchen, um sich wieder zu konzentrieren, als sparsam damit umzugehen und in Panik zu geraten.

Soweit Iden wusste, war sie als Einzige diesem terroristischen Akt der Rebellen entkommen, der mehr als eine Million Opfer gefordert hatte. Sie musste ganz einfach überleben, allein schon, um jene zu ehren, die nicht so viel Glück gehabt hatten. Die nicht aus einem Impuls heraus dem Feind hinterhergejagt waren – eine Aktion, die eigentlich ein Fehler gewesen war, ihr jedoch unverhofft das Leben gerettet hatte.

Sie würde einen Weg zurück in den imperialen Raum finden und den Kampf gegen die Rebellenallianz fortsetzen, ganz gleich, wie lange es dauerte, diese Mistkerle vom Angesicht der Galaxis zu tilgen.

Die Kiefer aufeinandergepresst, die Augen entschlossen zusammengekniffen bereitete Iden Versio sich auf eine unsanfte Landung vor.