Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook

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b) Zulassungsantrag

aa) Allgemeines

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Nach § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V kann sich jeder in das Arztregister eingetragene Arzt um die Zulassung als Vertragsarzt „bewerben“. Erforderlich ist somit ein Zulassungsantrag (§ 95 Abs. 2 S. 9 SGB V). Gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV muss der Antrag schriftlich gestellt werden.[56] Die Verwendung der vom Zulassungsausschuss vorgehaltenen Antragsformulare ist nicht zwingend.[57] Der Antrag ist an den örtlich zuständigen[58] Zulassungsausschuss zu richten.

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Im Zulassungsantrag ist anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt wird. Die Angabe des Vertragsarztsitzes ist erforderlich, da die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz) erfolgt (§ 24 Abs. 1 Ärzte-ZV) und zumindest erkennbar sein muss, ob die örtliche Zuständigkeit des mit der Sache befassten Zulassungsausschusses gegeben ist.[59] Bei dem Ort der Niederlassung als Arzt handelt es sich um die exakte Praxisanschrift,[60] an der die Präsenzpflicht zu erfüllen ist.[61] Fehlt es an der Angabe einer konkreten Praxisanschrift, können die Zulassungsgremien dem Zulassungsantrag nicht stattgeben.[62] Die Praxisanschrift muss nicht zwingend schon im verfahrenseinleitenden Antrag angegeben werden.[63] Der Antrag muss aber spätestens in der letzten Sitzung des Zulassungsausschuss ergänzt werden. Bis dahin kann eine im Antrag angegebene Praxisadresse geändert werden. Im Übrigen muss der Antrag aber grundsätzlich „in vollständiger Form“ gestellt werden, und zwar nicht nur inhaltlich, sondern auch in Bezug auf die äußere Gestalt des Antrags und die gemäß § 18 Ärzte-ZV beizufügenden Unterlagen.[64] Ein formell wirksamer Antrag liegt nur vor, wenn ihm die nach der Ärzte-ZV erforderlichen Angaben zu entnehmen und die nötigen Unterlagen beigefügt sind.[65] Werden die fehlenden Unterlagen erst in der mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses vorgelegt und bedürfen sie vor der Entscheidung einer Prüfung des Zulassungsausschusses, kann die Sitzung vertagt werden.[66] Der Antrag muss erkennbar darauf gerichtet sein, die vertragsärztliche Tätigkeit alsbald aufzunehmen. Kann die Tätigkeit ersichtlich nicht alsbald aufgenommen werden, etwa weil der Bewerber noch für längere Zeit in einem zulassungsschädlichen Beschäftigungsverhältnis steht, so ist sein Antrag missbräuchlich gestellt und daher abzulehnen.[67] Wird Widerspruch eingelegt, können Änderungen noch bis zur letzten Sitzung des Berufungsausschusses erfolgen.[68]

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Angabe der Arztbezeichnung (§ 18 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV)[69] bedeutet die Angabe der Facharztbezeichnung.[70] Die Zulassung ist für mehrere Fachgebiete möglich.[71] Sie kann nur für die Fachgebiete erteilt werden, für die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (des Zulassungs- oder Berufungsausschuss) eine Arztregistereintragung vorliegt.[72] Der Vertragsarzt ist nach seiner Zulassung nur zur Führung einer Facharztbezeichnung berechtigt, mit der er zugelassen ist, und kann grundsätzlich nur Leistungen aus diesem oder diesen Fachbereich(en) zu Lasten der GKV abrechnen.[73] Ein für mehrere Fachgebiete zugelassener Arzt muss nicht zwingend in allen Fachgebieten in gleichem Maße zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung stehen, er kann seine vertragsärztliche Tätigkeit schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet beschränken,[74] dessen wesentliche Leistungen er anbieten und erbringen muss.[75]

Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:[76]

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- Nach § 18 Abs. 1 S. 3 lit. a Ärzte-ZV ist dem Antrag ein Auszug aus dem Arztregister beizufügen, aus dem sich der Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das Arztregister und gegebenenfalls der Tag der Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung ergeben muss. Der Arztregisterauszug muss nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung stammen, für deren Bezirk der Arzt die Zulassung beantragt. Ausreichend ist ein Arztregisterauszug einer beliebigen Kassenärztlichen Vereinigung.

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bb) Beschränkung des Versorgungsauftrags

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Gemäß § 18 Abs. 1 S. 3 lit. c Ärzte-ZV kann der Arzt zugleich mit dem Zulassungsantrag die schriftliche Erklärung einreichen, seinen Versorgungsauftrag (§ 1a Nr. 23 BMV-Ä) auf drei Viertel oder die Hälfte zu beschränken. Er wird dann nur im Umfang des beschränkten Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt.[86] Hierzu enthält § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV detaillierte Vorgaben. Zwei Teilzulassungen sind möglich, insgesamt darf der Umfang einen vollen Versorgungsauftrag nicht überschreiten.[87] Der weitere Versorgungsauftrag kann auch in einem anderen Planungsbereich oder im Bereich einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung ausgeübt werden.[88] Neben der Existenz eines zeitlichen Mindestumfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Teilzulassung[89] soll nach der Literatur unabhängig von den von der Rechtsprechung zu § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV aufgestellten Kriterien bei einer hälftigen Zulassung auch ein zeitlicher Höchstumfang von 20 Wochenstunden bestehen.[90] In Anlehnung an §§ 51 Abs. 1 S. 4, 58 Abs. 2 S. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie müsste bei einer Dreiviertelzulassung ein Höchstumfang von 30 Wochenstunden und bei einer Viertelzulassung ein Höchstumfang von 10 Stunden bestehen.

 

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Ebenso ist es jedem Vertragsarzt mit „Vollzulassung“ möglich, den bislang unbeschränkten Versorgungsauftrag nachträglich zu beschränken (§ 19a Abs. 2 Ärzte-ZV).[91] Die Erklärung muss der Arzt nicht begründen.[92] Die Beschränkungserklärung steht nach h.M. einer Verzichtserklärung (§ 28 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV) gleich, so dass sie nicht „zurückgenommen“ werden könne.[93] Hierfür sind keine zwingenden Gründe erkennbar, da der Eingang der Erklärung beim Zulassungsausschuss noch keine Rechtsänderung und kein schutzwürdiges Vertrauen Dritter mit sich bringt.[94] Man sollte daher von Rücknehmbarkeit ausgehen, ebenso von der Möglichkeit, die Erklärung unter eine (innerprozessuale) Bedingung zu stellen.[95]

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Die Beschränkung des Versorgungsauftrags wird erst mit dem Beschluss des Zulassungsausschusses (feststellender Verwaltungsakt,[96] Statusänderung[97]) und nicht bereits mit dem Eingang der Erklärung des Arztes wirksam. Ein inhaltliches Prüfungsrecht kommt dem Zulassungsausschuss weder bei der Beantragung einer Teilzulassung noch bei der späteren Reduzierung eines unbeschränktenVersorgungsauftrags zu.[98] Wie beim Zulassungsverzicht (§ 28 Ärzte-ZV) hat der Zulassungsausschuss eine quasi notarielle Funktion. Auch eine Verschärfung der Unterversorgung durch die Reduzierung des Versorgungsauftrages berechtigt den Zulassungsausschuss nicht, die Feststellung des beschränkten Versorgungsauftrages (§ 19a Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) zu verweigern.[99]

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Derzeit steht einer Beschränkung des Versorgungsauftrags aus praktischer Sicht häufig § 19a Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV entgegen. Aus der Verweisung auf „die Vorschriften dieses Abschnitts“ ergibt sich, dass in zulassungsgesperrten Planungsbereichen keine Aufstockung eines reduzierten Versorgungsauftrags möglich ist.[100]

cc) Aufhebung der Beschränkung des Versorgungsauftrags

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Gemäß § 19a Abs. 3 Ärzte-ZV kann der Beschluss über eine Beschränkung des Versorgungsauftrags (§ 19a Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) auf Antrag des Arztes durch Beschluss der Zulassungsgremien aufgehoben werden. Gemäß § 19a Abs. 3 S. 3 gelten für dieses Antragsverfahren die Vorschriften des Abschnitts VI der Ärzte-ZV, also die Vorschriften über Zulassung und Vertragsarztsitz. Es handelt sich um ein reguläres Zulassungsverfahren, so dass alle materiellen Voraussetzungen für eine Zulassung zu prüfen sind.[101] Fraglich ist, ob aus § 19a Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV, der ausdrücklich bestimmt, dass der Antrag schriftlich gestellt werden muss, und aus dem Verweis lediglich auf die Vorschriften des Abschnitts VI der Ärzte-ZV und nicht etwa auch auf die des Abschnitts V (Voraussetzungen für die Zulassung) zu schließen ist, dass die Anforderungen des § 18 Ärzte-ZV nicht gelten sollen. Dafür spricht, dass der eine Aufhebung der Beschränkung seines Versorgungsauftrags beantragende Arzt im Zeitpunkt der Antragstellung bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, so dass für die Vorlage z.B. eines Lebenslaufs und eines neuen polizeilichen Führungszeugnisses (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Ärzte-ZV) kein Bedürfnis besteht.[102] Andererseits müssen die Zulassungsgremien z.B. durchaus aufklären, ob im Zeitpunkt der Antragstellung anderweitige Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse entgegenstehen (§ 20 Ärzte-ZV), so dass ein Nachweis gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 4 Ärzte-ZV jedenfalls zum Zwecke der Amtsermittlung gefordert werden kann.

c) Zulassungsvoraussetzungen

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Man unterscheidet objektive und subjektive Zulassungsvoraussetzungen.[103] Die objektiven Zulassungsvoraussetzungen ergeben sich aus dem Bedarfsplanungsrecht, wonach in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich (§ 16b Ärzte-ZV) eine Zulassung nur möglich ist nach § 103 Abs. 3a, 4 SGB V (Nachbesetzungsverfahren), im Falle eines besonderen Bedarfs (§ 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V – Sonderbedarfszulassung oder § 103 Abs. 7 SGB V – Belegarztzulassung), zum Job-Sharing (§ 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V) oder nach § 103 Abs. 4a S. 4 SGB V. Objektive Zulassungsvoraussetzungen stellen auch die durch das TSVG eingeführten Mindest- und Höchstversorgungsanteile gemäß § 101 Abs. 1 S. 8 SGB V dar. Sind die für die betroffene Arztgruppe vorgesehenen Höchstversorgungsanteile erreicht, muss ein Zulassungsantrag (gleiches gilt für Anstellungsgenehmigungen) eines Arztes mit entsprechender fachlicher Ausrichtung selbst dann abgelehnt werden, wenn für die Arztgruppe als solche keine Zulassungsbeschränkungen bestehen, denn gemäß § 95 Abs. 2 S. 9 SGB V dürfen der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Abs. 1 S. 8 SGB V nicht entgegenstehen.[104] Sind vom G-BA festgelegte Mindestversorgungsanteile in einer Arztgruppe nicht erreicht, kann eine Neuzulassung selbst dann erteilt werden, wenn der Planungsbereich für die betroffene Arztgruppe gesperrt ist. Voraussetzung ist, dass der G-BA gemäß § 101 Abs. 1 S. 15 SGB V bestimmt hat, dass die Mindestversorgungsanteile auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen (oder Anstellungsgenehmigung) aufzufüllen sind.[105] Zu den objektiven Zulassungsvoraussetzungen ist ferner das Bestehen eines ausreichenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes gemäß § 95e Abs. 1 SGB V zu zählen.[106] Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen ergeben sich aus den §§ 18, 20, 21 Ärzte-ZV, hierzu zählt etwa die Approbation. Sämtliche objektiven und subjektiven Zulassungsvoraussetzungen des SGB V, der Ärzte-ZV und der untergesetzlichen Normen (insbesondere Bedarfsplanungs-Richtlinie, BMV-Ä) müssen im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung vorliegen. Im Falle der Drittanfechtung ist jedoch auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses abzustellen, falls die in diesem Zeitpunkt gegebene Sach- und Rechtslage für den Begünstigten vorteilhaft ist.[107]

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Neben den bereits genannten formalen und inhaltlichen Anforderungen an den Zulassungsantrag, sind die folgenden Voraussetzungen zu beachten und vom Zulassungsausschuss zu prüfen:

aa) Arztregistereintragung

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Das Zulassungsverfahren ist zweistufig aufgebaut. Die erste Stufe des Zulassungsverfahrens markiert die Eintragung[108] des Arztes in das von der Kassenärztlichen Vereinigung geführte Arztregister (§§ 95 Abs. 2 S. 1 bis 4 SGB V, 1 ff. Ärzte-ZV), auf der zweiten Stufe wird die Zulassung ausgesprochen.[109] Die Eintragung in das Arztregister ist eine zwingende Zulassungsvorrausetzung, die grundsätzlich bereits im Zulassungsantrag nachgewiesen werden muss. Wird die Arztregistereintragung erst parallel zum Zulassungsantrag beantragt, kann dieser nicht zurückgewiesen werden. Vielmehr muss der Zulassungsausschuss dem Arzt zunächst die Zeit einräumen, die Arztregistereintragung zu realisieren, bevor über den Zulassungsantrag entschieden werden kann.[110]

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Die Eintragung in das Arztregister (vgl. § 1 Ärzte-ZV) erfolgt auf Antrag des Arztes nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 95a SGB V. § 95a Abs. 1 SGB V setzt als Voraussetzung der Arztregistereintragung die Approbation als Arzt sowie den erfolgreichen Abschluss einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder der Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet (Gebietsbezeichnung) oder den Nachweis einer Qualifikation, die gemäß § 95a Abs. 4 und Abs. 5 SGB V anerkannt ist (ausländische Qualifikation) voraus.[111] Die Eintragung in zwei Arztregister ist als Grundlage für zwei Teilzulassungen möglich.[112] Auf die Eintragung in das Arztregister besteht ebenso wie auf die Zulassung bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzung ein Rechtsanspruch.[113]

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Die Entscheidung der Approbationsbehörde über die Erteilung der Approbation bindet die Kassenärztliche Vereinigung bei der Entscheidung über die Eintragung des Arztes in das Arztregister und – darauf aufbauend – die Zulassungsgremien bei der Zulassungsentscheidung.[114] Weder die Kassenärztliche Vereinigung als für die Führung des Arztregisters zuständige Stelle[115] noch die Zulassungsgremien dürfen die durch die Approbation anerkannte Befähigung des Arztes zur Ausübung der ärztlichen Heilkunde in Frage stellen.[116] Auf diese Weise wird verhindert, dass der Streit, ob ein Zulassungsbewerber die bereits in anderen Verfahren zu klärenden sachlichen Voraussetzungen erfüllt, das Zulassungsverfahren belastet.[117] Nur wenn die Approbation nichtig ist sowie dann, wenn die Approbation im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung in das Arztregister nicht mehr bestandssicher ist (etwa bei Rücknahme oder Widerruf der Approbation durch die Approbationsbehörde), darf die Kassenärztliche Vereinigung die Registereintragung verweigern.[118]

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Mit dem Verlust der Approbation entfällt ipso iure auch die Wirkung der Zulassung. Diese muss daher nicht ausdrücklich entzogen werden. Das Ende der Zulassung wird vom Zulassungsausschuss festgestellt.[119]

bb) Wiederzulassungssperre gemäß § 95b Abs. 2 SGB V

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Gemäß § 95b Abs. 2 SGB V besteht von Gesetzes wegen eine sechsjährige Wiederzulassungssperre für Vertragsärzte, die in einem mit anderen Vertragsärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf ihre Zulassung als Vertragsarzt verzichtet haben, wenn aus diesem Grund eine Feststellung nach § 72a Abs. 1 SGB V getroffen wurde. Nach § 72a Abs. 1 SGB V kann die Aufsichtsbehörde (§ 78 SGB V)[120] feststellen, dass die vertragsärztliche Versorgung nicht mehr sichergestellt ist, wenn mehr als 50 % aller im Zulassungsbezirk oder einem regionalen Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzte auf ihre Zulassung nach § 95b Abs. 1 SGB V verzichtet oder die vertragsärztliche Versorgung verweigert haben. Ein Kollektivverzicht im genannten Sinne kann sich sowohl aus der Gesamtheit der Vertragsärzte bzw. Vertragszahnärzte als auch aus einzelnen Facharztgruppen heraus entwickeln.[121] Ein solcher Kollektivverzicht stellt gemäß § 95b Abs. 1 SGB V einen gravierenden Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten dar. Das Ziel der Norm, einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung vorzubeugen, steht einer restriktiven Auslegung entgegen.[122] Ein abgestimmtes Verhalten lässt sich auch allein anhand von Indizien feststellen. Es reicht aus, wenn es im zeitlichen Zusammenhang mit entsprechenden, auf eine grundlegende Änderung des vertragsärztlichen Systems gerichteten Aktionen der Ärzteschafft bzw. einzelner Arztgruppen zu einer im Vergleich zum Üblichen signifikant angestiegenen Abgabe von Verzichtserklärungen kommt. Ferner indiziert die nicht auf einzelne Kritikpunkte beschränkte Fundamentalkritik aus der Ärzteschaft, verbunden mit der erklärten oder erkennbaren Absicht, die eigenen Forderungen gegebenenfalls durch einen zeitweisen Ausstieg aus dem vertragsärztlichen System durchzusetzen, das aufeinander abgestimmte Verhalten.[123] Ein schuldhaftes Verhalten ist nicht erforderlich.[124] Der Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs. 1 SGB V kommt Drittbindungswirkung zu.[125]

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Die Zulassungsgremien und die Gerichte sind im Zulassungsverfahren des einzelnen Arztes an den bestandskräftigen Feststellungsbescheid der Aufsichtsbehörde gebunden.[126] Einer eigenständigen Beurteilung der Zulassungsgremien unterliegt aber die Frage, ob ein kollektiver Zulassungsverzicht im Sinne von § 95b Abs. 1 SGB V vorlag und ob der die Zulassung begehrende Arzt pflichtwidrig daran teilnahm. Einer Pflichtwidrigkeit können im Einzelfall legitime Gründe entgegenstehen, etwa nachvollziehbare private Umstände (z.B. Krankheit, Auslandsaufenthalt, Umzug zum Ehegatten, altersbedingtes Ausscheiden).[127] Die Wiederzulassungssperre betrifft alle an dem Kollektivverzicht beteiligten Ärzte, unabhängig davon, ob die Feststellung nach § 72a Abs. 1 SGB V gerade den Planungsbereich betrifft, indem der seine Wiederzulassung begehrende Arzt bis zu dem Wirksamwerden seines Verzichts tätig war.[128] Mit dem Grundgesetz ist dies vereinbar.[129]