Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook

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b) Gebühren

298

Aus dem Gegenstandwert steht dem Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sowie – gegebenenfalls – eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1200 VV RVG zu.[519] Dabei ist die anzusetzende Geschäftsgebühr (Rahmengebühr zwischen 0,5 und 2,5 der vollen Gebühr) nach § 14 Abs. 1 S. 1, 2 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung der Gebühr berücksichtigt werden. Bei der Bemessung der Gebühr ist das Vertragsarztrecht wegen der dafür erforderlichen speziellen Kenntnisse als überdurchschnittlich schwierig einzuordnen; Spezialkenntnisse des Rechtsanwalts ändern hieran nichts und können dem Bemessungskriterium „erhöhte Schwierigkeit“ nicht entgegengehalten werden.[520] Allerdings ist der Höchstsatz solchen Mandaten offenzuhalten, die eine extreme Schwierigkeit, einen extremen Umfang und/oder eine ganz überragende Bedeutung aufweisen.[521]

299

Eine Geschäftsgebühr für das vorausgegangene Verfahren beim Zulassungsausschuss gemäß Nr. 2301, 2300 VV RVG ist nicht erstattungsfähig; der Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X ist nur für das Widerspruchsverfahren vor dem Berufungsausschuss gegeben.[522]

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Die Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002 VV RVG ist nur dann entstanden, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch eine anwaltliche Mitwirkung erledigt, wobei das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Voraussetzung für das Entstehen der Erledigungsgebühr ist u.a. ein besonderes Bemühen um die außergerichtliche Erledigung. Nach ganz herrschender Auffassung ist eine Tätigkeit des Anwalts nicht ausreichend, die nur allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet ist; eine solche Tätigkeit ist durch die entsprechenden Tätigkeitsgebühren – etwa die Nr. 2300 VV RVG – bereits abgegolten. Ebenso wenig reicht die bloße Rücknahme des eingelegten Rechtsbehelfs aus.[523] Es muss vielmehr eine darüber hinausgehende Mitwirkung vorliegen.[524]

301

Höhere Gebühren, bspw. aus einer Honorarvereinbarung nach § 4 RVG, sind grds. nicht erstattungsfähig.[525]

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Wird neben der Entscheidung über den Widerspruch die Anordnung der Vollziehung der Entscheidung des Berufungsausschusses gemäß § 97 Abs. 4 SGB V beantragt, entsteht keine zusätzliche Gebühr; die Anordnung gemäß § 97 Abs. 4 SGB V stellt keine von der Hauptsache verschiedene Angelegenheit gemäß § 17 Nr. 1a RVG dar.[526]

4. Rechtsschutz

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Gegen den Kostenfestsetzungsbescheid des Berufungsausschusses kann unmittelbar Klage erhoben werden, eines Vorverfahrens bedarf es nicht.[527] Klagebefugt sind der Antragsteller, aber auch die beteiligte Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen.[528]

V. Vollziehbarkeit und aufschiebende Wirkung
1. Wirksamkeit und Vollziehbarkeit der Beschlüsse von Zulassungs- und Berufungsausschuss

a) Der Begriff der Wirksamkeit und der Bekanntgabe

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Die Beschlüsse der Zulassungsgremien sind Verwaltungsakte. Verwaltungsakte werden, wenn der Eintritt der Wirksamkeit nicht durch Gesetz oder den Verwaltungsakt anders geregelt ist, mit ihrer Bekanntgabe gegenüber dem Betroffenen und nicht erst mit ihrer Bestandskraft wirksam (§ 39 Abs. 1 S. 1 SGB X).[529] Die Bekanntgabe erfolgt entweder durch Mitteilung der Entscheidung in der mündlichen Verhandlung oder durch Zustellung des Beschlusses gemäß § 41 Abs. 5 Ärzte-ZV.[530] Die auf Nachfrage übliche telefonische Mitteilung des Ergebnisses der Beratung durch die Geschäftsstelle der Zulassungsgremien soll keine Bekanntgabe des Beschlusses darstellen.[531] Diese Ansicht ist kritisch zu hinterfragen. Will der Betroffene von dem Beschluss sogleich Gebrauch machen, zwingt die Ansicht des SG Berlin vor dem Hintergrund der in einigen Zulassungsbezirken langen Dauer bis zur Zustellung eines schriftlichen Beschlusses dazu, an mündlichen Sitzungsterminen auch dann teilzunehmen, wenn dies aus anderen Gründen nicht erforderlich ist. Verwaltungsakte, für die keine Schriftform vorgeschrieben ist, können aber grundsätzlich auch fernmündlich ergehen, wenn zumindest der verfügende Teil des Beschlusses übermittelt wird. Voraussetzung für eine wirksame Bekanntgabe ist nur, dass der Übermittlungsvorgang durch die zuständige Behörde erfolgt, die auch einen Boten einschalten kann.[532] Selbst wenn man die Geschäftsstelle der Zulassungsgremien nicht als die „zuständige Behörde“ ansehen könnte, so läge jedenfalls doch eine Botenstellung vor, solange und soweit die fernmündliche Mitteilung der Beschlüsse generell mit Wissen und Wollen des jeweiligen Ausschusses erfolgt.

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Durch eine Statusentscheidung des Zulassungsausschusses wird der Leistungserbringer ab dem im Beschluss genannten Zeitpunkt dazu berechtigt, Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen und – durch Überweisung, Verordnung und ärztliche Anordnung – Leistungen anderer Leistungserbringer zu veranlassen. Diese Statusentscheidung ist zwar anfechtbar, aber zunächst voll wirksam und damit verbindlich.[533] Die Wirksamkeit ist nicht mit der Bestandskraft gleichzusetzen, sondern ist deren Voraussetzung. Man unterscheidet die äußere und die innere Wirksamkeit. Von äußerer Wirksamkeit spricht man, wenn der Verwaltungsakt einem Betroffenen bekannt gegeben worden ist.[534] Die innere Wirksamkeit bedeutet, dass der Verwaltungsakt die in ihm geregelten oder kraft Gesetzes mit ihm verbundenen Rechtswirkungen auslöst.[535]

b) Der Begriff der Vollziehbarkeit

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Vollziehbarkeit[536] bedeutet bei Geboten und Verboten, dass sie zwangsweise durchgesetzt (vollstreckt) werden können, bei anderen (z.B. feststellenden) Verwaltungsakten, dass die sich aus ihrer Wirksamkeit ergebenden Rechtsfolgen realisiert werden können,[537] m.w.W. die (vorläufige) Berechtigung oder Verpflichtung zu allen Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art, die Behörden, Gerichte oder Bürger aus dem Bestand des Verwaltungsaktes ziehen können.[538] Da die aufschiebende Wirkung gemäß § 86a Abs. 1 S. 2 SGG auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten gilt,[539] wird der Begriff der „Vollziehung“ in einem weiten Sinne verstanden und umfasst bspw. auch das Ausnutzen einer Begünstigung.[540]

2. Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage

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Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse können die am Verfahren beteiligten Ärzte und Einrichtungen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen den Berufungsausschuss anrufen.[541] Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung (§§ 96 Abs. 4 SGB V, 44 Ärzte-ZV).[542] Für die aufschiebende Wirkung hat die früher strittige Frage des Verhältnisses der §§ 96 Abs. 4 S. 2, 97 Abs. 4 SGB V zu §§ 86a, 86b SGG[543] keine Bedeutung, da sich die aufschiebende Wirkung aus beiden Normenkomplexen ergibt.

a) Voraussetzungen der aufschiebenden Wirkung, insbesondere aufschiebende Wirkung bei feststellenden Beschlüssen

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Gemäß § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V hängt der Eintritt der aufschiebenden Wirkung lediglich davon ab, dass der Berufungsausschuss angerufen wird. Daher hat grundsätzlich auch ein unzulässiger und unbegründeter Widerspruch aufschiebende Wirkung.[544] Ist der Rechtsbehelf allerdings offensichtlich unzulässig, tritt die aufschiebende Wirkung nicht ein.[545] Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Rechtsverletzung schlechthin ausgeschlossen ist oder nicht mehr geltend gemacht werden kann,[546] bei Rechtsbehelfen eines Dritten, in dessen Rechte unter keinen Umständen eingegriffen worden sein kann[547] oder bei offensichtlicher Verfristung des Rechtsbehelfs und Aussichtslosigkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.[548] Ergibt sich das Fehlen der Drittanfechtungsbefugnis klar aus der Rechtsprechung des BSG, liegt ebenfalls ein Fall offensichtlicher Unzulässigkeit vor. War die entscheidungsrelevante Sachverhaltskonstellation noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung und kann man ernstlich über das Vorliegen der Anfechtungsberechtigung streiten, scheidet die Annahme offensichtlicher Unzulässigkeit aus.[549]

309

Gesetzliche Voraussetzung der aufschiebenden Wirkung ist die Regelungs-, Gestaltungs- oder Feststellungswirkung des Beschlusses (vgl. § 86a Abs. 1 SGG). Für feststellende Verwaltungsakte[550] ist die Rechtslage umstritten. Feststellende Verwaltungsakte sind Verwaltungsakte, durch die die materielle Rechtslage und etwa daraus folgende Ansprüche oder Eigenschaften, insbesondere der Status von Personen (statusgestaltender Verwaltungsakt), verbindlich festgestellt werden oder mit denen eine insoweit beantragte Feststellung abgelehnt wird.[551] Sie sichern gesetzlich begründete Rechtsverhältnisse mit den Rechtswirkungen des Verwaltungsakts ab.[552] Im Vertragsarztrecht zählen hierzu insbesondere Beschlüsse gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV, sofern keine Fristverkürzung gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV beantragt wurde.[553] Anwendungsfälle sind bspw. das Zulassungsende durch Tod, Ablauf des Befristungszeitraums oder Wegzug aus dem Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 95 Abs. 7 SGB V), die Beendigung der belegärztlichen Tätigkeit i.S.d. § 103 Abs. 7 S. 3 Hs. 1 SGB V und das Ende einer Berufsausübungsgemeinschaft aufgrund der Aufgabe des Willens zur gemeinsamen Berufsausübung.[554]

 

310

Die h.M. unterscheidet konstitutive und deklaratorische feststellende Verwaltungsakte.[555] Bei konstitutiven feststellenden Verwaltungsakten dürfen die Zulassungsgremien, die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen wegen der aufschiebenden Wirkung keine Konsequenzen aus der Feststellung ziehen.[556] Verwaltungsakte, die eine durch Gesetz eintretende Rechtsfolge lediglich deklaratorisch feststellen, sollen demgegenüber keine aufschiebende Wirkung entfalten.[557] Die nach § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV zu treffenden Beschlüsse sollen zu den deklaratorischen Verwaltungsakten gehören, da die Zulassung in allen Fällen kraft Gesetzes endet, ohne dass es einer Entscheidung der Zulassungsgremien bedürfe.[558] Die Feststellung erfolge ausschließlich zu dem Zweck, Rechtssicherheit herzustellen und für alle an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten Klarheit darüber zu schaffen, ob ein Arzt noch berechtigt ist, als Vertragsarzt tätig zu werden oder ob dies nicht der Fall ist.[559] Der betroffene Arzt sei trotz des Widerspruches nach Maßgabe der materiellen Rechtslage zu behandeln, da der Widerspruch gegen den deklaratorisch feststellenden Beschluss die kraft Gesetzes eintretende Rechtslage nicht verbessern könne.[560] Endet die Zulassung kraft Gesetzes, muss der betroffene Arzt daher nach h.M. seine Tätigkeit mit Eintritt des Beendigungsgrundes einstellen.[561]

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Weder die Begründung noch die Ergebnisse der h.M. überzeugen vollständig. § 86a Abs. 1 S. 2 SGG wäre sinnlos, würde man einem gegen einen feststellenden Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelf den Suspensiveffekt versagen. Das ist aber das Ergebnis der h.M., da dem Betroffenen mit einem Suspensiveffekt nicht geholfen ist, der ihn dazu zwingt, die umstrittene Rechtslage bereits zu befolgen.[562] Der Suspensiveffekt bezieht sich bei deklaratorischen Feststellungsbeschlüssen nicht auf die materielle Rechtslage, die kraft Gesetzes eintritt (z.B. das Bestehen oder Nichtbestehen einer Vertragsarztzulassung), sondern auf die verfahrensrechtliche Frage, ob diese Änderung der materiellen Rechtslage im Verhältnis des betroffenen Arztes zu den weiteren Beteiligten im GKV-System bereits vollzogen werden darf.[563] Die Wirkung des feststellenden Verwaltungsakts besteht v. a. in der für die Beteiligten verbindlichen, formell und materiell bestandskräftigen Regelung einer Statusfrage.[564] Die Bestimmung des gesetzlichen Status bedarf einer Subsumption, die im Einzelfall schwierig sein kann. Der Regelungswille der Zulassungsgremien geht dahin, die Rechtsfolge „Zulassungsende“ für jeden Fall, d.h. für den Fall der zutreffenden wie für den Fall der unzutreffenden Subsumption, als maßgebliche Grundlage der weiteren Beziehungen zum betroffenen Arzt gelten zu lassen und so das Rechtsverhältnis für die Zukunft zu stabilisieren. Hierin liegt das Regelungselement feststellender Beschlüsse.[565] Gegen diesen Stabilisierungseffekt richtet sich der Suspensiveffekt.[566] Der gegen einen Beschluss nach § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV eingelegte Widerspruch hat somit – bei dieser Sichtweise – ex tunc aufschiebende Wirkung und führt dazu, dass der Widerspruchsführer grundsätzlich so zu behandeln ist, als bestünde sein Status fort.

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Diese Sichtweise hat gegenüber der h. M. praktische und wertungsmäßige Vorteile. In den i.d.R. einfachen Fällen des Ablaufs des Befristungszeitraums kann dem Widerspruch die aufschiebende Wirkung regelmäßig bereits versagt werden, weil das Zulassungsende evident und der Rechtsbehelf damit offensichtlich aussichtslos und unzulässig ist.[567] Lässt sich dies nicht bejahen, dürfte bei entsprechender Sach- und Rechtslage oft die Anordnung der sofortigen Vollziehung[568] möglich sein. Das Risiko einer unklaren Rechtslage tragen so die Zulassungsgremien. In den potentiell „schwierigen“ Fällen, bei denen eine eingehende Subsumption erforderlich ist, bspw. bei der Frage des Endes einer Belegarztzulassung (§ 103 Abs. 7 SGB V),[569] hat die Annahme eines regulären Suspensiveffekts existenzsichernde Bedeutung. Solange unklar und im Widerspruchs- und Klageverfahren umstritten ist, ob die Zulassung von Gesetzes wegen geendet hat, kann der Arzt die aus seinem Status folgenden Rechte weiter wahrnehmen, muss also bspw. nicht aus einer Berufsausübungsgemeinschaft prophylaktisch ausscheiden (was die zwangsläufige Konsequenz der h.M. wäre).

b) Beginn der aufschiebenden Wirkung

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Für den Beginn der aufschiebenden Wirkung ist zu differenzieren zwischen der Anfechtung von begünstigenden Entscheidungen in mehrpoligen Rechtsbeziehungen (typischerweise Konkurrenzsituationen) und der Anfechtung von belastenden Entscheidungen gegen einen Vertragsarzt (Statusentziehungen, typischerweise Zulassungsentziehung oder vergleichbare Aufhebung der Teilnahmeberechtigung).[570]

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Wird gegen eine Entziehung des Status ein Rechtsbehelf eingelegt, beginnt die aufschiebende Wirkung ex tunc mit der Einlegung des Rechtsbehelfs, d.h. sie wirkt auf den Zeitpunkt der Entscheidung zurück.[571] Da die Rechtsmittelfrist zugleich auch eine Überlegungsfrist ist,[572] muss ein Betroffener die Möglichkeit haben, sie ohne irreparable Nachteile auszuschöpfen.[573] Die Rückwirkung der aufschiebenden Wirkung ist in solchen Fällen zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und zur Wahrung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) erforderlich.[574]

315

Bei der Anfechtung begünstigender Statusentscheidungen durch Konkurrenten (Drittanfechtung) gelten andere Grundsätze.[575] Die Ordnungsfunktion statusbegründender Verwaltungsakte im Vertragsarztrecht steht dem rückwirkenden Eintritt der aufschiebenden Wirkung entgegen.[576] Die aufschiebende Wirkung tritt ex nunc ein, d.h. ab dem Zeitpunkt, in dem der Begünstigte von dem Rechtsbehelf Kenntnis erlangt.[577] Bereits zu Beginn einer vertragsärztlichen Behandlung muss feststehen, ob sie innerhalb oder außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung erbracht wird. Eine Rückwirkung der aufschiebenden Wirkung wäre schwerlich zumutbar. Gerade bei mehrpoligen Rechtsbeziehungen (Konkurrenzsituationen) gibt es eine Vielzahl möglicher Anfechtungsberechtigter, die auch dann grundsätzlich noch anfechtungsberechtigt sind, wenn sie erst nach Wirksamwerden der Teilnahmeberechtigung von dem drittbegünstigenden Verwaltungsakt Kenntnis erlangen. Müsste der Begünstigte diese Anfechtungsmöglichkeiten in Rechnung stellen, könnte sich der Zeitraum des Abwartens unzumutbar ausdehnen.[578]

c) Rechtsfolge der aufschiebenden Wirkung

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Die Rechtsfolge der aufschiebenden Wirkung ist umstritten.[579] Das BSG vertritt die Ansicht, dass die aufschiebende Wirkung der Wirksamkeit des Verwaltungsakts entgegensteht (Lehre von der Wirksamkeitshemmung).[580] Das BVerwG geht demgegenüber mit der h.M. davon aus, dass die aufschiebende Wirkung lediglich die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts hemmt (Lehre von der Vollziehbarkeitshemmung).[581]

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In der Regel führen diese Meinungsdifferenzen nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die aufschiebende Wirkung bedeutet nach allen Ansichten, dass keine Folgerungen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen,[582] der Begünstigte also keinen Gebrauch von der Begünstigung machen darf.[583] Es dürfen keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.[584] Das gilt bei der Anfechtung eines Verwaltungsaktes mit Drittwirkung auch für den begünstigten Dritten.[585]

318

Bezogen auf das Vertragsarztrecht folgt bereits aus der Eigenart statusbegründender Verwaltungsakte, dass ein Leistungserbringer bis zur rechtskräftigen Abweisung der Rechtsbehelfe Drittbetroffener von seiner Teilnahmeberechtigung keinen Gebrauch machen darf, soweit nicht die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet ist. Der Begünstigte darf während des schwebenden Verfahrens keine Leistungen erbringen und kann für dennoch erbrachte Leistungen keine Vergütung beanspruchen.[586] Ficht der Vertragsarzt die Entziehung seiner Zulassung an, ist er, solange die aufschiebende Wirkung andauert, berechtigt, weiterhin Leistungen zu erbringen und abzurechnen.[587]

d) Ende der aufschiebenden Wirkung

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Die aufschiebende Wirkung endet mit der Unanfechtbarkeit des Beschlusses des Zulassungs- bzw. Berufungsausschusses.[588] Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung ex nunc oder ex tunc wegfällt, wird man nach der Rechtsprechung des BSG für belastende und begünstigende Verwaltungsakte – soweit es sich um Statusentscheidungen handelt – nur noch einheitlich beantworten können: die aufschiebende Wirkung entfällt ex nunc. Die Ordnungsfunktion der Statusentscheidungen macht es erforderlich, weder dem Eintritt noch dem Wegfall der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs Rückwirkung zu geben. Nur so ist sichergestellt, dass zu jedem Zeitpunkt objektiv feststellbar ist, ob ein Teilnahmestatus besteht. Und nur so kann verhindert werden, dass es (nachträglich) zu unerwünschten rechtswidrigen Leistungen und Verordnungen (und anderen Leistungsveranlassungen, vgl. § 73 Abs. 2 SGB V) kommt.[589] Endet die aufschiebende Wirkung ex nunc, ist es konsequent, die Pflicht, empfangene Leistungen zurückzuzahlen, abzulehnen.[590] In Fällen ohne Statuscharakter entfällt die aufschiebende Wirkung in der Regel ex tunc.[591]

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Die aufschiebende Wirkung entfällt darüber hinaus, wenn die sofortige Vollziehung des angegriffenen Beschlusses angeordnet wird (§ 86a Abs. 2 SGG).[592] Umstritten ist, ob diese Anordnung mit Rückwirkung erfolgen kann.[593] Nach der Rechtsprechung des BSG wird man dies in Statussachen ablehnen müssen.[594]

3. Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Zulassungsgremien

a) Grundlagen

321

Grundlage der Vollzugsanordnung sind die §§ 86a Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 S. 1 SGG, 97 Abs. 4 SGB V.[595] Die Anordnung der sofortigen Vollziehung selbst stellt zwar einen selbstständigen Grundrechtseingriff dar,[596] ist aber kein Verwaltungsakt, sondern ein unselbstständiger Annex.[597] Sie erwächst nicht in Bestandskraft und kann nicht mit einem Widerspruch oder einer Anfechtungsklage angegriffen werden.[598]

322

Nach der gesetzlichen Wertung bildet die aufschiebende Wirkung die Regel und die Vollzugsanordnung die Ausnahme.[599] Die Funktion der Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt in der Beseitigung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (§§ 96 Abs. 4 S. 2 SGB V, 86a Abs. 1 S. 1 SGG). Grundsätzlich müsste im Falle eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage zunächst die Unanfechtbarkeit des Beschlusses der Zulassungsgremien eintreten, bevor aus dessen Tenor Rechtsfolgen abgeleitet werden könnten.[600] Die Anordnung des Sofortvollzugs ermöglicht es den Zulassungsgremien, ihren Beschlüssen sofort zur Geltung zu verhelfen, soweit öffentliche Interessen und/oder private Drittinteressen dies erfordern.[601]