Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

d) Sitzungsprinzip und Mündlichkeitsprinzip

133

Sitzungs- und Mündlichkeitsprinzip gelten wegen § 45 Abs. 3 Ärzte-ZV sowohl für den Zulassungsausschuss als auch für den Berufungsausschuss.

aa) Sitzungsprinzip (§ 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV)

134

Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV beschließen die Zulassungsgremien in Sitzungen, d.h. bei Anwesenheit aller Mitglieder (§ 41 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV) und aller weiteren anwesenheitsberechtigten Personen (vgl. § 41 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV). Das Sitzungsprinzip schließt eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren oder auf telefonischem Wege aus.[164] Sitzungen müssen auch dann stattfinden, wenn gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV keine mündliche Verhandlung stattfindet. In diesem Fall tritt das beschlussfähige Zulassungsgremium vollständig zusammen und entscheidet ohne Anwesenheit des Betroffenen nach Aktenlage.

bb) Mündlichkeitsprinzip (§ 37 Abs. 1 Ärzte-ZV)

135

Von den Sitzungen i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV unterscheidet sich die mündliche Verhandlung i.S.d. § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV durch die Pflicht zur Ladung der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Kassenverbände und der beteiligten Ärzte und deren Anwesenheitsrecht in der Sitzung. Gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV gilt für Verfahren über Zulassungen und Zulassungsentziehungen ein obligatorisches Mündlichkeitsprinzip. In allen anderen Verfahren gilt ein fakultatives Mündlichkeitsprinzip, d.h. die Anordnung einer mündlichen Verhandlung liegt im Verfahrensermessen des Zulassungsgremiums (nicht des Vorsitzenden),[165] wobei aber die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung greifen können.[166] Soweit eine fakultative mündliche Verhandlung stattfindet, muss sie ebenfalls in vollständiger Besetzung des Zulassungsausschusses durchgeführt[167] und müssen alle weiteren Formalitäten einer obligatorischen mündlichen Verhandlung eingehalten werden.[168] Zweck der mündlichen Verhandlung ist vor allem eine verbesserte Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts unter Mitwirkung der Beteiligten, die Erhebung von Beweisen und die qualifizierte Anhörung der Beteiligten zur Sache im Interesse der Wahrung des rechtlichen Gehörs. Sie bietet eine erhöhte Garantie für die inhaltliche Richtigkeit und Gesetzmäßigkeit der Sachentscheidung.[169] Ein Fehler der Zulassungsgremien bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV stellt keinen absoluten Verfahrensfehler dar. Auch bei einer fehlerhaften Ladung gilt somit gemäß § 42 S. 1 SGB X grundsätzlich, dass die Aufhebung des Beschlusses nicht allein aufgrund dieses Verfahrensfehlers beansprucht werden kann.[170]

136

Zu den Verfahren mit obligatorischer Mündlichkeit gehören das Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V sowie Verfahren wegen Job-Sharing-Zulassungen sowie Sonderbedarfs- und Sonderzulassungen.[171] Dagegen besteht bei Ermächtigungen oder Genehmigungen von Berufsausübungsgemeinschaften oder Anstellungsverhältnissen lediglich eine fakultative Mündlichkeit.[172]

137

Das Mündlichkeitsprinzip i.S.d. § 37 Abs. 1 Ärzte-ZV darf nicht mit dem aus dem Prozessrecht bekannten strengen Mündlichkeitsgrundsatz verwechselt werden. Dieser besagt, dass das Gericht seine Entscheidung allein nach dem Inhalt der mündlichen Verhandlung zu treffen hat. Was nicht ausdrücklich Gegenstand der mündlichen Erörterungen war, darf der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.[173] § 124 Abs. 1 SGG bringt dies mit den Worten zum Ausdruck, dass das Gericht „auf Grund mündlicher Verhandlung“ entscheidet. Demgegenüber entscheiden die Zulassungsgremien lediglich „nach mündlicher Verhandlung“. Diese Formulierung findet sich auch in § 67 Abs. 1 S. 1 VwVfG.[174] Dort ist anerkannt, dass das Ergebnis (der „Inbegriff“) der mündlichen Verhandlung nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage der Behörde bildet. Auch außerhalb der mündlichen Verhandlung gewonnene Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.[175] Um einen Aktenbestandteil bei der Entscheidung berücksichtigen zu können, muss er nicht zwingend formal in die mündliche Verhandlung eingeführt werden. Gleiches muss im Verfahren vor den Zulassungsgremien gelten.

138

Gemäß § 45 Abs. 2 Ärzte-ZV kann der Berufungsausschuss einen Widerspruch ohne mündliche Verhandlung zurückweisen, wenn die Zurückweisung einstimmig erfolgt. Diese Verfahrensgestaltung ist auch in Zulassungssachen im engeren Sinne (Zulassungsanträge und Zulassungsentziehungen) zulässig. Im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs (§ 96 Abs. 4 S. 2 SGB V) kann es geboten sein, in eindeutigen Konstellationen zeitnah ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsbehelf des betroffenen Arztes zu entscheiden.[176]

e) Grundsatz der freien Beweiswürdigung

139

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist als Konsequenz des Gleichrangs aller Beweismittel ein ungeschriebener Grundsatz des (Sozial-)Verwaltungsverfahrens.[177] Die Zulassungsgremien sind nicht an förmliche Beweisführungsregeln gebunden, sondern würdigen den Sachverhalt allein aufgrund der vorliegenden Informationen. Sie müssen sich ein eigenes und eigenständiges Urteil bilden und dürfen den Vortrag eines Beteiligten oder eines Sachverständigen nicht unreflektiert übernehmen.[178] Ihrer Würdigung haben die Zulassungsgremien das Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich einer eventuellen Beweisaufnahme zugrunde zu legen und dieses daraufhin zu prüfen, ob die maßgebenden Tatsachen mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit oder, wenn geringere Wahrscheinlichkeit genügt, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststehen. Ein Verstoß gegen allgemeine Erfahrungsgrundsätze oder Denkgesetze macht die Beweiswürdigung fehlerhaft.[179]

f) Grundsatz der Nichtöffentlichkeit (§ 40 S. 1 Ärzte-ZV)

140

Nach § 40 S. 1 Ärzte-ZV sind die Sitzungen der Zulassungsgremien nicht öffentlich.[180] Dies bedeutet, dass nur die Beteiligten i.S.v. § 37 Abs. 2 Ärzte-ZV an den Sitzungen teilnehmen dürfen, soweit sie nicht gemäß § 41 Abs. 1 Ärzte-ZV ausgeschlossen sind.[181] Nach dem Rechtsgedanken des § 192 Abs. 2 GVG kann es auch zulässig sein, dass neben den Mitgliedern der Zulassungsgremien auch deren Vertreter teilnehmen, wenn dadurch eine kontinuierliche Befassung mit einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Zulassungssache möglich ist.[182] Eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtöffentlichkeit besteht gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV für den von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellten Schriftführer, der kein Mitglied des Zulassungsausschusses ist (arg e § 34 Abs. 1 Ärzte-ZV)[183] und im Rahmen des § 41 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV für Patientenvertreter gemäß § 140f Abs. 3 SGB V.[184] Die Ladung eines Zeugen oder die Anhörung eines Sachverständigen durch den Zulassungsausschuss gemäß § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV verletzt den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz selbstverständlich nicht, soweit ihre Anwesenheit auf die Befragung begrenzt ist.[185]

141

Gemäß § 40 S. 2 Ärzte-ZV beginnt die Sitzung „nach dem Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden“. In der Kommentarliteratur wird vertreten, mit dem Aufruf der Sache sei die Nichtöffentlichkeit herzustellen. Alle Personen, die nicht als Mitglied dem Zulassungsausschuss angehören, nicht als Beteiligte des Verfahrens nach § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV oder deren Bevollmächtigte (vgl. § 13 Abs. 1 SGB X) und nicht als in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V zur Mitwirkung berechtigte Patientenvertreter nach § 36 Abs. 2 Ärzte-ZV zur Sitzung geladen und nicht als Schriftführer gestellt worden sind, seien des Sitzungsraumes zu verweisen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Aufruf der Sache allein noch nicht zum Sitzungsbeginn führt („nach dem Aufruf“). Ebenso wie bei dem wortgleichen § 112 Abs. 1 S. 2 SGG gehören Vorgänge zwischen Aufruf der Sache und Beginn der Sachverhaltsdarstellung noch nicht zum nichtöffentlichen Teil der Sitzung.[186]

142

Nach herrschender Meinung führt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit nicht zur Nichtigkeit des in dieser Sitzung gefassten Beschlusses. Man argumentiert, auch die Mitwirkung einer nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 6 SGB X ausgeschlossenen Person führe gemäß § 40 Abs. 3 Nr. 2 SGB X nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes. Erst recht könne deswegen die schlichte Anwesenheit einer nicht zur Anwesenheit befugten Person beim Erlass eines Verwaltungsaktes diesen nicht nichtig machen. § 42 S. 1 SGB X schließe die Aufhebung allein unter Berufung auf den Formverstoß aus.[187] Dem wird man im Ergebnis zustimmen müssen, zumal es sich im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit um eine unzulässige Erweiterung der Öffentlichkeit handelt, die von der Rechtsordnung auch in anderem Zusammenhang weniger streng beurteilt wird als eine Einschränkung der Öffentlichkeit.[188]

II. Verfahren vor dem Zulassungsausschuss
1. Grundlagen

a) Beginn des Verfahrens

143

Das Verfahren vor dem Zulassungsausschuss wird in der Regel durch einen entsprechenden Antrag eingeleitet, etwa durch den Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, § 95 Abs. 1 SGB V.

 

144

In Ausnahmefällen hat der Zulassungsausschuss von Amts wegen tätig zu werden, etwa bei der Entziehung der Zulassung gemäß § 27 Ärzte-ZV, § 95 Abs. 6 SGB V.

145

In manchen Fällen reagiert der Zulassungsausschuss aus Gründen der Rechtsklarheit mit einem feststellenden Beschluss auf Erklärungen bspw. von Vertragsärzten oder auf gesetzlich eingetretene Rechtsfolgen.[189] Zu denken ist an die Feststellung des Endes und des Zeitpunkts des Endes der Zulassung nach einem Zulassungsverzicht gemäß § 28 Abs. 1 Ärzte-ZV,[190] an die Feststellung des Endes und des Zeitpunkts des Endes der Zulassung gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV oder an die Feststellung des Endes einer Berufsausübungsgemeinschaft gemäß § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV nach einer dahingehenden Erklärung eines Gesellschafters dieser Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuss.[191] Die – zwischenzeitlich aufgehobene – Bestimmung des § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V sah das Ende der Zulassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres vor.[192] Entsprechende Beschlüsse des Zulassungsausschusses haben sich auf die Feststellung beschränkt, dass die Zulassung mit dem Ende eines bestimmten Quartals kraft Gesetzes endete.[193] Nach der für nichtig erklärten[194] Bestimmung des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV[195] endete die Zulassung, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wurde. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist das Ende der Zulassung auch in diesem Fall durch entsprechenden deklaratorischen Beschluss festzustellen.[196]

b) Örtliche Zuständigkeit

146

Für die örtliche Zuständigkeit wird in § 96 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 11 Ärzte-ZV auf den Zulassungsbezirk abgestellt, für den der Zulassungsausschuss errichtet wurde.[197] Bei einem Zulassungsantrag ist der Zulassungsausschuss zuständig, in dessen Bezirk die vertragsärztliche Tätigkeit aufgenommen werden soll. Gleiches gilt für einen Ermächtigungsantrag. Gemäß § 31a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV ist der Zulassungsausschuss zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt; auf einen hiervon abweichenden Sitz des Trägers kommt es nicht an.[198] Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss gemäß § 33 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt. Erstreckt sich die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft über die Bereiche mehrerer Kassenärztlichen Vereinigungen, ist der Zulassungsausschuss zuständig, in dessen Bezirk der gemäß § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV zu wählende Hauptsitz der Berufsausübungsgemeinschaft liegt.

c) Antragsverfahren

aa) Antrag, Antragsunterlagen, Vorlage von Verträgen

147

Im Rahmen von Antragsverfahren sind dem Zulassungsausschuss neben dem schriftlichen Antrag und den sonstigen Unterlagen[199] Verträge im Original und in vollständiger Fassung vorzulegen.[200]

148

Beispielsweise ist nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie Voraussetzung für die Genehmigung eines angestellten Arztes die Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages unter Angabe der Arbeitszeiten und des Anstellungsortes.[201] Nach § 40 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist Voraussetzung für die Zulassung zur gemeinsamen Berufsausübung die Vorlage eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages, der die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV erfüllt. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 40 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie sind mit dem Antrag auf Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft die entsprechenden Verträge vorzulegen.[202]Anlässlich der Genehmigung von Berufsausübungsgemeinschaften (§ 33 Abs. 3 Ärzte-ZV) ist vom Zulassungsausschuss zu prüfen, ob die geplante Kooperation den vertragsarztrechtlichen Vorgaben[203] entspricht, wofür in erster Linie die vertragliche Ausgestaltung maßgebend ist.[204] Um dem Zulassungsausschuss eine Prüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen des § 103 Abs. 7 SGB V vorliegen, ist ihm zusammen mit dem Antrag auf eine Sonderzulassung als Belegarzt[205] auch der Belegarztvertrag im Original und in vollständiger Fassung vorzulegen.[206]

149

Wird ein vorzulegender Vertrag nicht vorgelegt oder entspricht er nicht den vertragsärztlichen Vorgaben, läuft der Antragsteller Gefahr, dass sein Antrag zurückgewiesen wird. Allerdings ist der Zulassungsausschuss gehalten, den Antragsteller erforderlichenfalls auf die Notwendigkeit der Vorlage hinzuweisen.

150

Auch wenn sich die Vorlagepflicht nicht unmittelbar aus dem Gesetz oder einer dahingehenden Rechtsprechung ergibt, kann der Zulassungsausschuss die Vorlage von Verträgen verlangen, wenn dies sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden (vgl. § 32 Abs. 1 SGB X). Beispielsweise sind anlässlich des Antrags auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums (§ 95 Abs. 1 SGB V) die entsprechenden Verträge vorzulegen.[207] Ebenso wird üblicherweise mit dem Antrag auf Genehmigung eines Anstellungsverhältnisses bspw. gemäß § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V die Vorlage des Anstellungsvertrages verlangt.

151

Die Übung bei den Zulassungsausschüssen ist durchaus unterschiedlich. Manche Zulassungsausschüsse verlangen anlässlich eines Antrags auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung sogar den Nachweis eines Mietrechts am geplanten Vertragsarztsitz, etwa durch Vorlage eines entsprechenden Mietvertrages.

152

Die Prüfungskompetenz des Zulassungsausschusses ist auf die Einhaltung der vertragsarztrechtlichen Vorgaben beschränkt und umfasst insbesondere nicht die davon abseits liegende sonstige zivilrechtliche Gestaltung.[208] Diese beschränkte Prüfungskompetenz des Zulassungsausschusses wird oftmals überschritten,[209] was gegebenenfalls Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen kann.[210]

bb) Eintragung in das Arztregister

153

Nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V kann sich um die Zulassung als Vertragsarzt jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in das Arztregister[211] nachweist. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG wird vom BSG der allgemeine Grundsatz abgeleitet, dass es ausreicht, wenn der Arzt fristgerecht seine Zulassung beantragt, materiellrechtlich alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, den Antrag auf Registereintragung rechtzeitig gestellt hat und alles ihm Zumutbare zur Beschaffung der fehlenden Nachweise unternimmt.[212] Ein Antragsteller unternimmt dann nicht alles in seiner Macht stehende, um den Erhalt des Registereintrags zu realisieren, wenn er das Verfahren nicht zielstrebig betreibt, insbesondere wenn er bei einer Ablehnung der Registereintragung Rechtsmittel nicht einlegt oder diese nicht konsequent weiterverfolgt.[213]

cc) Gebührenpflicht, Rücknahmefiktion

(1) Gebührenpflicht

154

Die meisten Verfahren vor dem Zulassungsausschuss sind gebührenpflichtig.[214] § 46 Ärzte-ZV differenziert zwischen Verfahrensgebühren, die mit der Antragstellung fällig sind (§ 46 Abs. 1 S. 1 lit. b und lit. c, S. 2 Ärzte-ZV) und Verwaltungsgebühren, die erst nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens erhoben werden (§ 46 Abs. 2 lit. a, lit. b und lit. c Ärzte-ZV). Schuldner der Gebühr ist der Antragsteller. Ist dies – wie etwa bei dem Antrag auf Genehmigung eines angestellten Arztes (bspw. gemäß § 95 Abs. 9 SGB V) – eine Berufsausübungsgemeinschaft, fällt nur eine Gebühr nach § 46 Abs. 1 S. 1 lit. c Ärzte-ZV an.[215] Die Verfahrens- und Verwaltungsgebühren sind an die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses zu bezahlen. Dies gilt nach § 46 Abs. 3 lit. b Ärzte-ZV für die Verfahrensgebühren gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 lit. b und lit. c Ärzte-ZV und für die Verwaltungsgebühren gemäß § 46 Abs. 2 lit. a und lit. b Ärzte-ZV, aber auch für die in § 46 Abs. 3 lit. b Ärzte-ZV versehentlich nicht erwähnte Verwaltungsgebühr gemäß § 46 Abs. 2 lit. c Ärzte-ZV.[216]

155

Die Verfahrensgebühren gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 lit. b und lit. c Ärzte-ZV entstehen und werden fällig mit der Antragstellung, § 46 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV. Daher bleibt es auch dann bei der Zahlungspflicht, wenn der Antrag später zurückgenommen wird.

156

Nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV wird erst nach Entrichtung der gemäß § 46 Ärzte-ZV zu zahlenden Gebühr – gemeint ist die mit Antragstellung fällige Verfahrensgebühr gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 lit. b bzw. lit. c Ärzte-ZV – verhandelt. Vor Einzahlung der Verfahrensgebühr ist eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG unzulässig.[217] Wurde die Verfahrensgebühr vom Vorsitzenden gestundet (§ 38 S. 2 Ärzte-ZV), ist das Verfahren auch vor Entrichtung der Gebühr durchzuführen.[218] Wird entgegen § 38 S. 1 Ärzte-ZV das Verfahren durchgeführt, obwohl die Verfahrensgebühr weder entrichtet noch gestundet ist, beeinträchtigt dies nicht die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen.[219]

(2) Rücknahme des Antrags, Rücknahmefiktion

157

Mit der Rücknahme des Antrags erledigt sich das Verfahren vor dem Zulassungsausschuss. Die Verpflichtung zur Zahlung der Verfahrensgebühr bleibt hiervon unberührt.[220] Eine bereits eingezahlte Gebühr ist nicht zurückzuzahlen.

158

Wird die Verfahrensgebühr nach Anforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingezahlt, gilt der Antrag gemäß § 38 S. 2 Ärzte-ZV als zurückgenommen, es sei denn, der Vorsitzende stundet die Gebühr. In der Anforderung der Verfahrensgebühr sind die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung zu vermerken, § 38 S. 3 Ärzte-ZV. Wird die Gebühr nicht angefordert oder in der Anforderung keine Zahlungsfrist gesetzt und/oder werden die Folgen ihrer Nichteinhaltung nicht vermerkt, gilt der Antrag nicht als zurückgenommen. Gleiches gilt, wenn zwar eine Zahlungsfrist gesetzt wurde, diese aber unangemessen kurz bemessen war. Eine Zahlungsfrist von zwei Wochen ab Zugang der Anforderung ist angemessen, da sie dem Antragsteller ausreichend Zeit gibt, die Verfahrensgebühr rechtzeitig einzuzahlen.[221]

159

Der Antrag gilt als zurückgenommen, wenn die Verfahrensgebühr nicht innerhalb der gesetzten Frist eingezahlt wird. Diese Rechtsfolge muss für den Zulassungsausschuss ohne Weiteres erkennbar sein, so dass es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nur auf den Eingang der Verfahrensgebühr bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses, und nicht auf den Zeitpunkt der Leistungshandlung – bspw. Vornahme der Überweisung – ankommen kann.[222] Allerdings tritt die Rücknahmefiktion gemäß § 38 S. 2 Ärzte-ZV nur ein, wenn in der Anforderung der Verfahrensgebühr unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass für die Rechtzeitigkeit der Zahlung der Zeitpunkt des Eingangs der Verfahrensgebühr auf dem angegebenen Konto maßgebend ist, und nicht der Zeitpunkt der Überweisung oder Abbuchung vom Konto des Antragstellers.

160

Die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV greift nicht, wenn die Verfahrensgebühr vom Vorsitzenden gestundet wurde. Die Stundung erfolgt nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie kommt in Betracht bei vorübergehend fehlender Liquidität und kann die Rücknahmefiktion nur verhindern, wenn sie vor Ablauf der in der Anforderung gesetzten Frist gewährt wird.

161

Bei der in der Anforderung der Verfahrensgebühr gesetzten Frist handelt es sich um eine behördliche Frist i.S.d. § 26 Abs. 7 S. 1 SGB X. Wird eine solche behördlich gesetzte Frist versäumt, kann zwar keine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 27 SGB X erfolgen,[223] die Frist kann aber nach § 26 Abs. 7 S. 2 SGB X – auch rückwirkend – verlängert werden.[224] Hierzu bedarf es eines entsprechenden Antrags, über den der Zulassungsausschuss, also nicht lediglich der Vorsitzende, nach pflichtgemäßem Ermessen[225] entscheidet. Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist der Antragsteller vorher anzuhören. Eine rückwirkende Fristverlängerung wird nur dann in Betracht kommen, wenn der Antragsteller ohne Verschulden daran gehindert war, die in der Anforderung der Verfahrensgebühr gesetzte Zahlungsfrist einzuhalten.