Personal und Organisation

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Anwendungsbereich und Anwendungsprozess

Die Grundfrage zu Beginn einer Veränderungsinitiative lautet für die betroffenen Mitarbeiter und Führungskräfte: Warum sollen wir überhaupt etwas anders machen als bisher? Die Erfahrung hat doch gezeigt, dass das Handeln aller Mitarbeitenden sinnvoll ist, sonst hätte das Unternehmen nicht den derzeitigen Reifegrad erreicht. Nur wenn es gelingt, ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen, besteht die Chance, dass die Mitarbeiter der Aufforderung zur Veränderung folgen und die Gelegenheit im positiven Sinne nutzen. Dieser eindeutige Ausgangspunkt für den anstehenden Wandel ist unerlässlich. Hilfsmittel dabei sind externe Impulsgeber, die in einer Mitarbeiterveranstaltung den Blick von außen auf die Organisation und die relevanten Märkte sowie auf Kunden und Wettbewerber werfen. Auch die Zukunftsprognose, was passiert, wenn wir nichts verändern, trägt dazu bei, die Dringlichkeit der in den Blick genommenen Veränderungen zu verdeutlichen. Kotter spricht von mindestens 75 Prozent des Managements und der Führungskräfte, die von der Veränderungsnotwendigkeit überzeugt sein sollten, damit der Change-Prozess erfolgreich initiiert werden kann.16

Um die Veränderungsinitiative zu starten, ist es erforderlich, eine führende Koalition aufzubauen, in die alle Mitglieder auf Dauer involviert sind. Hierzu zählen Linienmanager, Meinungsführer und wichtige Multiplikatoren wie Betriebsrat oder betriebsinterne Blogger. Mitglieder dieses Veränderungsteams sollten sich durch betriebsinterne Anerkennung und Glaubwürdigkeit sowie durch fachliche Expertise auszeichnen. „In dieser Koalition spielt die Teamfähigkeit und damit auch das wechselseitige Vertrauen eine große Rolle, die durch gemeinsame Aktivitäten wie Workshops, Outdoor-Trainings und Aktivitäten hergestellt beziehungsweise forciert werden müssen. Große ‚Egos‘ sind in einer Führungskoalition eher kontraproduktiv.“17 In der Führungskoalition wird die gemeinsame Zielsetzung des Wandels ausformuliert und die Argumentation zum Beispiel in Form eines Leuchtturmfoliensatzes ausgearbeitet.

Die Vision des Wandels, die als Zielbild am Horizont zu sehen ist und die Ausformulierung der Strategie, diese Vision zu erreichen, sind der dritte Beschleuniger des Veränderungsvorhabens. In gemeinsamen Sitzungen und Seminaren mit der führenden Koalition entsteht die Vision als ambitioniertes Zukunftsbild, das motivierend wirkt und für die Mitarbeiter und Führungskräfte erstrebenswert ist. Idealerweise kann die Vision in kurzer Zeit und in einfachen bildhaften Worten kommuniziert werden. Sie koordiniert mit ihrer Orientierungswirkung die Aktivitäten des Unternehmens in die gewünschte Richtung. Nur wenn es gelingt, die Vision des Wandels so zu kommunizieren, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte als aktive Treiber gewonnen werden, nimmt der Wandel Fahrt auf.18

Das Empowerment – also die Ermächtigung und Übertragung von Verantwortung – auf breiter Basis stellt einen weiteren wichtigen Beschleuniger des Wandels dar. Nur wenn Mitarbeiter und Führungskräfte auch über die Möglichkeiten verfügen, Veränderungen aktiv zu unterstützen, können diese Wirkung in der Breite entfalten. Wichtig ist hier die Reihenfolge: „Zuerst muss die Bereitschaft der Mitarbeitenden geschaffen werden.“19 Ein erster Schritt des Empowerments besteht häufig im beiseite räumen von hinderlichen oder bremsenden Rahmenbedingungen. Das können zum Beispiel nicht auf das Change-Ziel einzahlende Anreizsysteme, umständliche Freigabewege und veraltete und nicht zielführende Reportingstrukturen sein. Ein häufig zitiertes Motto in diesem Schritt ist das Schlachten heiliger Kühe. Zusätzlich erfordern Veränderungen im Unternehmen in der Regel auch immer eine Veränderung in der Qualifikation, den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Belegschaft. Hier gilt es, sowohl bei der Neubesetzung von Stellen mit der Anpassung der Personalauswahlverfahren zu reagieren, als auch die vorhandene Mitarbeiterschaft durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen wie Trainings, Schulungen, Mentoring oder Hospitationen zu unterstützen, um dadurch die Umsetzung des Wandels anzustoßen. Dabei sollte man nicht nur den Verstand mit konkreten Umsetzungszielen ansprechen, sondern auch das Unbewusste aktivieren.20 Ziel des Empowerments ist es, neue Gewohnheiten zu institutionalisieren.21

Um das Momentum der Veränderungen aufrechtzuerhalten, sollte man kurzfristige Ziele ins Auge fassen, um so genannte Quick-Wins zu generieren – also schnelle Resultate, die man mit wenig Aufwand erreichen kann. Gelingt dies, dann können erste Ergebnisse des Wandels kommuniziert und zum Beispiel im Rahmen von Events gefeiert werden. Die Anstrengungen der Mitarbeiterschaft und des Managements sollten durch angemessene Rituale gewürdigt und die gemeinsame Vision weiterverfolgt werden. Eine gute Möglichkeit sind Kaminabende mit dem Vorstand zum Teilen von Quick-Wins oder das Ausloben von First-Mover-Awards. Man sollte Gesprächsstoff für die Erfahrung erzeugen, dass der Wandel in einer positiven Stimmung möglich ist.

Viele Veränderungsprojekte scheitern, obwohl bereits erste positive Erfolge zu verzeichnen sind. Die nachhaltige Beschleunigung stellt eine der wesentlichen Herausforderungen im Changemanagement dar. Daher sollte man erzielte Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten. Die Rückstellreflexe einer Organisation, hin zu einem Organisationszustand, wie er in der Zeit vor dem Wandel vorgeherrscht hat, sind erstaunlich ausgeprägt. Bereits verlernt geglaubte Verhaltensweisen treten immer wieder auf. Indem immer weitere Projekte und Themen abgeleitet werden, wird die im Change gewonnene Glaubwürdigkeit genutzt, um den Wandel zu etwas Alltäglichem werden zu lassen. Regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustauch sowie die Präsenz in betriebsinternen sozialen Medien sind gute Möglichkeiten, das Momentum der Veränderung aufrechtzuerhalten.

Um den Wandel zu verstetigen, muss dieser in der Organisation institutionalisiert werden. Es geht darum, die neuen Gewohnheiten zu stabilisieren. Sie sollten Eingang in die Unternehmenskultur finden. Idealerweise gelingt es, den Zusammenhang zwischen dem unternehmerischen Erfolg und den neuen Verhaltensweisen nachvollziehbar zu machen. Vorhandene Personalentwicklungsprogramme22 und Gratifikationen müssen überprüft und auf die Zieldimensionen des Wandels angepasst werden. Häufig wird dazu auf eigens entwickelte Teampreise zurückgegriffen, die im direkten Zusammenhang mit den Veränderungsbemühungen stehen.

Weiterführende Hinweise

Changemanagement wird recht häufig mit geplantem Wandel oder durch Anordnung initiierte Veränderungen gleichgesetzt. In Organisationen gibt es aber auch Tendenzen des ungeplanten Wandels. Ungeplanter Wandel bedeutet, dass Veränderungen verdeckt, unbewusst oder ungewollt ablaufen. Start-up-Unternehmen werden zum Beispiel im Rahmen ihrer Entwicklung nicht nur größer, sondern typischerweise auch formalistischer, wodurch sich neue Strukturen herausbilden, die zumeist nicht intendiert und systematisch geplant sind. Vielfach existieren auch heimliche Spielregeln, informelle Gruppen und Strippenzieher im Hintergrund,23 die ungeplanten Wandel anstoßen und forcieren können. Diese emergenten Prozesse in Unternehmen sollten ebenso wenig vernachlässigt werden wie die Bedeutung verhaltensorientierter oder kultureller Aspekte. Denn selten scheitern Changemanagement-Projekte an der Umgestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation, sondern viel häufiger an den beteiligten Menschen und den entsprechenden Normen, Werten und Verhaltensmustern, die sehr viel träger und widerstandsresistenter sind als Strukturen, Prozesse oder Technologien.

Kotter empfiehlt neben der üblichen hierarchischen Struktur in Organisationen, die er das erste Betriebssystem nennt, ein zweites Betriebssystem. Das zweite Betriebssystem ist in Ergänzung zur vorhandenen Linienstruktur eine netzwerkartige Struktur, in der eine „Armee der Freiwilligen“24 aus dem gesamten Unternehmen und den verschiedenen Hierarchieebenen eingeladen ist, um nach neuen Lösungen und Ideen für das Gelingen des Wandels zu suchen. Durch diese netzwerkartigen Strukturen verändert sich auch die Art des Projektmanagements für Veränderungsinitiativen. Klassisches Projektmanagement nach der Wasserfallmethode folgt dem linearen Handlungsparadigma. Dieses stößt mit netzwerkartigen Strukturen an seine Grenzen. Hier empfehlen sich insbesondere Methoden aus dem agilen Projektmanagement.25

Gedanken aus der Unternehmenspraxis


Interview mit Mag. Michaela Rohlmann, von 2016-2021 Geschäftsführerin (Finanzen und Controlling) bei ZF Getriebe Brandenburg GmbH, zuvor berufliche Stationen in leitender Stellung im Bereich Finanzen und Controlling, IT und Personal meist verbunden mit Changemanagement-Situationen (wie Unternehmensschließung, Chapter 11-Restrukturierung) in Industrieunternehmen in Österreich, den USA, den Niederlanden und Deutschland in den Bereichen Bahninfrastruktursysteme, Luftfahrtbranche und Erzeugung von Feuerfestprodukten, Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien.

(1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt?

In einem weltweit agierenden Konzern stehen Strukturänderungen regelmäßig auf der Tagesordnung. Sei es durch organisches (wie Kapazitätserweiterungen) oder durch anorganisches Wachstum (wie Unternehmenszukäufe). Im konkreten Fall ging es um eine notwendige Konzentration beziehungsweise Fokussierung auf Marktanforderungen und damit um eine Bündelung der konzerninternen Ressourcen. Die Einführung einer so genannten Matrixorganisation – standort- und organisationsübergreifend – stand vor der Tür, um flexibel auf Marktbedürfnisse und limitierte Standortressourcen reagieren zu können. Unterschiedliche funktionale Organisationsbereiche sollten sich mit der Organisation der Produktionsbereiche und der Standorte überschneiden und somit eine Matrix bilden.

 

(2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden?

Strukturänderungen in einem Konzern bringen stets neben Prozessänderungen auch Herausforderungen in den Verhaltensweisen der Mitarbeiter mit sich. Man arbeitet parallel an der Neuausrichtung der Organisation, versucht Kollegen der betroffenen Führungsebenen einzubinden und muss gleichzeitig die Unsicherheiten der gesamten Belegschaft minimieren. Veränderungen verursachen häufig Ängste und Unsicherheiten der mittelbar oder unmittelbar Betroffenen. Die Theorie, dass Änderungen in Unternehmen nicht durch eine reine Veränderung von Bedingungen herbeigeführt werden können, sondern stets unter Einbeziehung und Überwindung von Änderungsbarrieren mittels Akzeptanz erreicht werden, habe auch ich in unserer Neuausrichtung der Organisation erfahren. Gleichzeitig spielt neben den Inhalten der Neuorganisation auch der Faktor Zeit eine oft nicht ausreichend beachtete Rolle. Das heißt, wie lange dauert die Umsetzung von der Definition der neuen Organisation bis zum Abschluss der Umsetzung? Was habe ich aus der Entwicklung und Umsetzung der Neuorganisation im konkreten Fall mitgenommen? Geschwindigkeit zählt. Wenn man zu viel Zeit zwischen der Idee beziehungsweise der Notwendigkeit einer Neuorganisation und dem Abschluss dieser lässt, wächst die Unsicherheit bei den Betroffenen. Man kommuniziert regelmäßig zum Stand der Dinge. Doch wird man als Führungskraft unglaubwürdig, wenn nicht erste Änderungen zeitnah realisiert werden. Entscheidungen treffen und auch umsetzten, sobald Signale der Bereitschaft für den Wandel erkennbar sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die ich gewinnen durfte. Auch habe ich festgestellt, wie wichtig Kommunikation in den verschiedenen Phasen der Organisationsänderung ist. Für die Kommunikation müssen unbedingt so genannte Multiplikatoren im Unternehmen beziehungsweise in der Organisation gefunden werden. Kollegen, die dafür verantwortlich sind, die relevanten Botschaften zu vermitteln. Wichtig ist aber auch, regelmäßige Informationen über den Stand der Veränderungen durch Vorgesetzte zu geben. „No employee left behind-Strategie“: So würde ich das nennen. Alle Kollegen müssen abgeholt, Unsicherheiten müssen beseitigt werden.

(3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden?

Jede Phase der Veränderung hat unterschiedliche Voraussetzungen, die beim Changemanagement-Prozess geschaffen werden müssen. Als wesentlich und etwas überraschend war für mich, als wir in die Phase der „Akzeptanz“ gekommen sind. Das Loslassen alter Verfahrens- und Verhaltensweisen schien schwieriger als im Vorhinein erwartet. Wichtig sind auch hier die ständige Kommunikation und der Austausch mit Kollegen auf kurzem Wege. Daher darf die Kommunikation nicht eingestellt werden. Der Veränderungsprozess ist mit der Einführung der neuen Matrixorganisation – hinter jedem Kästchen auf dem Organisationschart steht ein Name – nicht als abgeschlossen zu betrachten. Jetzt beginnt erst die Knochenarbeit. Keinen Bürokratismus anwenden. Zuhören und entschlossen handeln, Entscheidungen treffen, sollte es Unsicherheiten im Tagesablauf geben. Die Loyalität der Kollegen darf in dieser Phase nicht verloren gehen. Oft passiert es, dass der Mitarbeiter unsicher wegen der neuen Prozesse und Berichtswege ist und parallel die alte Struktur weiter bedient. Damit werden der erwartete geringere Arbeitsaufwand sowie die gewünschte Vereinfachung nicht erreicht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Somit darf die Kommunikation zwischen Beginn und Ende des Veränderungsprozesses nicht gestoppt werden. Die Frage ist – und über die muss man sich bereits zu Beginn des Changemanagement-Prozesses Gedanken machen –, wie kommuniziere ich? Wird jeder Kollege erreicht? Wie oft muss ich in den einzelnen Phasen kommunizieren? Wie viel Zeit darf die regelmäßige Kommunikation in Anspruch nehmen? Angewandte Beispiele der Kommunikation waren im konkreten Fall: Frühstück mit dem Leiter der Division, Newsletter, Videobotschaften von diversen Vertretern beziehungsweise Leitern der Fachabteilungen, regelmäßige Telefonkonferenzen beziehungsweise Treffen auf Abteilungs- und Standortebene. Wichtig war jedes Mal eine sehr gute Vorbereitung der Kommunikation und ein Einholen von Feedback mittels Online-Fragebogen.

(4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt?

Ich musste feststellen, dass eine Matrixorganisation auf einem Blatt Papier sehr schnell gezeichnet ist. Auch Namen für die jeweiligen Aufgaben finden sich relativ zügig. Die Umsetzung der neuen Organisationsform und damit das „zum Leben erwecken“ hat dann doch länger gedauert als ursprünglich gedacht. Nichtsdestotrotz haben sich positive Effekte eingestellt. Allein bereits auf dem Weg der Organisationsänderung. Kollegen der verschiedenen Standorte, jedoch der gleichen Verantwortungsbereiche (wie Controlling oder Einkauf) haben sich kennengelernt und konnten sich fachlich austauschen. Teamarbeit wurde gefördert, was uns besonders während der Pandemie des Jahres 2020 und dem damit verbundenen Umstieg auf mobiles Arbeiten und Kommunikation mit Hilfe von Telefonie oder Internet geholfen hat. Zudem hat die neue Organisationsform interdisziplinäres Handeln gefördert. Nachteilig ist sicherlich die ständig steigende Verantwortung des jeweiligen Mitarbeiters und Abteilungsleiters gepaart mit aktuell noch langwierigen Entscheidungswegen. Damit zeigt sich, dass der Veränderungsprozess noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

(5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden?


Die Erfahrung zeigt, dass Changemanagement nicht nur ein Thema für große Konzerne ist. Auch ein KMU wird – da es nicht isoliert in der Welt der Wirtschaft steht – Änderungen in Anforderungen, Erwartungen und Einstellungen initiieren müssen. Entweder will man sich von innen heraus verändern, oder man wird durch äußere Einflüsse getrieben. Jede Veränderung in der Organisationsstruktur, in den Prozessen oder beim Wechsel der Rechtsform bewirkt, dass man sich in einem Veränderungsprozess befindet. Und selbst die kleinste Einheit durchläuft unterschiedliche Phasen. Jede Phase ist mal mehr, mal weniger lang. Wichtig ist daher, dass man sich – will man Veränderungen umsetzen –, im Vorfeld Chancen und Risiken aufzeigt und dass man sich in dieser Phase bereits Mitstreiter (Gruppen, die für die Umsetzung kritisch und wichtig sind) in der bestehenden Organisation sucht. In der nächsten Phase sollte man dann gemeinsam eine Changemanagement-Strategie definieren. Man darf Ressourcenbedarfe nicht unterschätzen. Oft dauert ein Wandel länger als ursprünglich angenommen. Die Visualisierung der Strategie hilft. Danach sollten auch die Kommunikations- und Umsetzungspläne entwickelt werden. Ein Projektfortschrittsplan ist dabei hilfreich. Und wie bei jedem Projekt gilt auch hier „Plan-Do-Check-Act“. Nach der Neuausrichtung und der Umsetzung der Veränderung, muss diese auf Funktionstüchtigkeit überprüft werden. Hat man die erwarteten Ziele erreicht? Ist dem nicht so, muss eine Anpassung erfolgen. Es ist unerlässlich, dass der Veränderungsprozess nicht irgendwo auf dem Weg zur Veränderung stecken bleibt beziehungsweise ohne Begründung abbricht. Das Vertrauen der Kollegen in die Organisation und in die Veränderungsnotwendigkeit darf nicht zerstört werden.

1.3Change-Kommunikation

Problemstellung: Change-Kommunikation so gestalten, dass nicht nur über Veränderungen im Betrieb informiert wird, sondern auch, dass Change-Kommunikation zum Erfolg des Wandels beiträgt

Zielgruppe: Changemanager, Personal- und Organisationsentwickler, alle am Wandel beteiligten Führungskräfte

Voraussetzungen: Transparenz der Ziele und der Veränderungsvision sowie offene Kommunikationskultur

Zielsetzung der Change-Kommunikation

Jeder Wandel ist von Hoffnungen und Befürchtungen geprägt. Diese unterstützen beziehungsweise behindern die Umsetzung der geplanten Veränderungen. Gute Change-Kommunikation trägt dazu bei, dass die Chancen des Wandels für möglichst viele Beteiligte offensichtlich werden. Befürchtungen sind häufig durch nicht-thematisierte Risikopotenziale oder mangelnde Transparenz über Hintergründe und Zielsetzungen verursacht. Gute Change-Kommunikation senkt diese Quote an Störungen deutlich ab. Wie Mitarbeiter auf einen angekündigten Change reagieren ist zwar bezüglich Tempo der Verarbeitung und Intensität der emotionalen Auseinandersetzung individuell verschieden, lässt sich aber wie in Abbildung 5 in einem typischen Prozessablauf beschreiben.

Ziel der Change-Kommunikation ist es, trotz der unterschiedlichen Verarbeitungsgeschwindigkeit und Intensität der Veränderungsmitteilung dazu beizutragen, dass die Belegschaft den Wandel mit möglichst geringem Aufwand und guter Produktivität verarbeitet. Deshalb geht Change-Kommunikation aktiv mit Befürchtungen um und nutzt Kritik am Wandel zur weiteren Optimierung des Veränderungsprozesses, sei es durch das Aufarbeiten von blinden Flecken oder durch das Vervollständigen der Informationslage der Mitarbeiter.26


Abbildung 5: Individuelle Verarbeitung von Veränderungen27

Beschreibung der Change-Kommunikation

Change-Kommunikation stellt nicht nur eine Aufgabe der Unternehmenskommunikation oder des Veränderungskernteams dar, sondern ist Aufgabe aller am Change-Prozess beteiligten Führungskräfte und Mitarbeiter. Im Design der Change-Kommunikation sind an erster Stelle die Inhalte mit dem Management zu erarbeiten, erst im zweiten Schritt geht es um die Instrumente.28 Change-Kommunikation hat dabei zu integrieren und zu informieren, aber auch zu involvieren und zu implementieren. Abbildung 6 verdeutlicht diese Funktionen einer gelungenen Change-Kommunikation.

Mit den klassischen Mitteln der Unternehmenskommunikation wird den Mitarbeitern die Orientierung für den anstehenden Wandel ermöglicht. Durch fortlaufende Informationen sollte man diese Orientierung aufrechterhalten und den Überzeugungsprozess für jeden einzelnen Mitarbeiter vorbereiten. Aus der Psychologie des Überzeugens bekannte Kommunikationsprinzipien lassen sich auf die Gestaltung der Change-Kommunikation übertragen.29


Abbildung 6: Funktionen von Change-Kommunikation30

Reziprozität beziehungsweise Wechselseitigkeit: Bevor vom Gegenüber etwas gefordert werden kann, sollte das Gegenüber mit einem Geschenk bedacht werden. Ein Geschenk im Vorfeld erhöht die Kooperationsbereitschaft. Dem Mitarbeiter wird beispielsweise zunächst die moderne technische Ausstattung – gegebenenfalls auch für den Privatgebrauch – zur Verfügung gestellt, bevor der Einsatz für die Just-in-time-Online-Dokumentation von Kundengesprächen eingefordert wird.

 

Commitment und Konsistenz beziehungsweise Festlegung und Fortsetzung: Wenn eine Entscheidung in Anwesenheit von anderen getroffen wird, ist die Verpflichtung beziehungsweise das Commitment höher, als wenn man die Entscheidung nur für sich alleine trifft. Wird die Entscheidung wiederholt vor anderen vertreten, wird die Überzeugung zur Richtigkeit dieser Entscheidung gefestigt. Dieses grundsätzliche „Ja“ kann systematisch in kleinen Schritten erweitert werden. Zum Beispiel werden in einer Auftaktveranstaltung für die Führungskräfte die Veränderungsziele gemeinsam für den Unternehmensbereich präzisiert und im Rahmen eines verbindlichen Bekenntnisses gemeinschaftliche Unterschriften geleistet. Anschließend wird die Überzeugungsargumentation gegenüber den Mitarbeitern des eigenen Teams im Workshop erarbeitet und die Umsetzung dieser Überzeugungsargumentation in der Workshop-Gruppe terminiert.

Sympathie: Menschen lassen sich von Sympathieträgern nachhaltig beeinflussen. Sympathiefördernde Faktoren können dabei äußerliche Attraktivität, Ähnlichkeit oder Komplimente sein. Zum Beispiel findet die Auftaktveranstaltung in der üblichen Arbeitskleidung in der Werkhalle statt, und beliebte Kollegen aus der Produktion berichten über die Veränderungsnotwendigkeit.

Autorität: Sowohl positive als auch negative Mitteilungen werden vom Publikum leichter akzeptiert, wenn sie von anerkannten Autoritäten präsentiert werden. Dabei ist zu beachten, dass es keine einseitige und schöngefärbte Präsentation sein darf, sondern dass auch berechtigte Argumente zum eigenen Nachteil benannt werden. Zum Beispiel referiert ein anerkannter Fachwissenschaftler bei der Auftaktveranstaltung über den Handlungsdruck und die Zukunftsunsicherheit der Branche. Dabei werden nicht nur die Chancen eines Wandels thematisiert, sondern bewusst auch die immer vorhandenen Risiken.

Knappheit: Möglichkeiten erscheinen umso wertvoller, je weniger erreichbar sie sind. Insbesondere ablaufende Fristen motivieren zur Kooperation. Zum Beispiel werden für eine begrenzte Anzahl von Teams, die als erste die Veränderungsprojekte in Angriff nehmen wollen, besonders umfangreiche Ressourcen zur Verfügung gestellt.

Soziale Bewährtheit: Menschen haben die Tendenz, sich am Verhalten anderer zu orientieren, die ihnen entweder aufgrund von Äußerlichkeiten oder aufgrund von Tätigkeiten ähnlich sind. Zum Beispiel wird in der Mitarbeiterzeitschrift dargestellt, dass Prinzipien der Lean Logistik in Supermärkten bereits Alltag sind, bevor die indirekten Bereiche auf Lean Administration umgestellt werden sollen.

In der Change-Kommunikation sollte man Informationsvermittlung und Informationsverarbeitung möglichst zeitnah koppeln – wie in Abbildung 7 verdeutlicht –, um das Momentum des Wandels aufrechtzuerhalten.31 Nur wenn die Information in ausreichender Güte zur Verfügung steht, kann diese so verarbeitet werden, dass zielführende Umsetzungsoptionen durch die Mitarbeiter und Führungskräfte entstehen. Hohe Qualität der Information entsteht zum einen durch eine professionelle Aufarbeitung – beispielsweise durch die Unternehmenskommunikation –, zum anderen durch die Möglichkeit, Informationsbedürfnisse im direkten Kontakt mit den Veränderungsverantwortlichen zu befriedigen. Um eine solcherart direkte Kommunikation zu ermöglichen, bietet sich der Einsatz von Großgruppenverfahren an.


Abbildung 7: Informationsvermittlung und Informationsverarbeitung

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