Die Kolonie Tongalen

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19.

Eine halbe Stunde später saßen sie deprimiert am runden Tisch im Aufenthaltsraum.

Nachdem das Ergebnis der Analyse auf dem Monitor erschienen war, hatte Christopher noch ein paar weitere Protokolle aufgerufen, um sich ein detaillierteres Bild über den Schaden machen zu können.

Die letzte Hoffnung, dass es sich vielleicht nur um ein Versehen oder etwas Harmloses handelte, hatte sich in Luft aufgelöst. Große Ernüchterung machte sich breit.

»So, wie sich die Lage präsentiert, sitzen wir im schlimmsten Fall auf einer Zeitbombe«, begann Christopher mit den Erläuterungen.

»Und im nicht ganz schlimmsten Fall?«, erkundigte sich Eric emotionslos.

»Das kann ich noch nicht beurteilen. Auf jeden Fall haben sich fremde Daten, ich vermute, irgendwelche schädliche Skripts, vom Sekundärsystem ins Primärsystem übertragen.«

»Ich dachte, das wäre so gut wie unmöglich.« Ernest sah ihn erstaunt an.

»Das ist es auch. Im Normalfall zumindest. Jedenfalls schlummerten diese Dinger im Sekundärsystem und befinden sich nun auch im Primärsystem.«

»Wie haben sie den Weg dahin gefunden?«

»Durch die Wartung, die ich vor zwei Stunden gestartet habe.« Christopher sah alle der Reihe nach an. Dann fuhr er fort: »Dadurch wurde die einzige Situation geschaffen, die es überhaupt ermöglicht, Daten vom Sekundär- ins Primärsystem zu übertragen.«

»Was ist mit all den Sicherheitsmechanismen?«, fragte Eric skeptisch.

»Anscheinend haben es diese Skripts geschafft, sie zu umgehen. Genau das geht mir nicht in den Kopf. Um dies zu bewerkstelligen, braucht es Informationen, die nur wir, besser gesagt, nur ich kenne.«

»Ist es nicht riskant, wenn du als einziger über diese Informationen verfügst?«, fragte Michelle nachdenklich. »Was ist, wenn dir irgendetwas zustößt?«

»Es ist nicht so, dass Ernest und Eric keinen Zugriff auf diese Infos haben«, erklärte Christopher. »Sie sind in unserem Bordtresor auf einer verschlüsselten Sicherheitskarte gespeichert. Den Code für den Tresor kennen beide.« Er zeigte mit dem Finger auf einen unauffälligen Rahmen in der Seitenwand des Aufenthaltsraumes. »Irgendwann sollten wir auch dich einweihen«, fuhr er fort und sah Michelle mit ernster Miene an. »Falls uns dreien etwas passiert, könntest du den Gleiter alleine zur Erde fliegen.«

»Ich kann doch den Gleiter unmöglich alleine steuern.«

»Müsstest du auch nicht. Du brauchst dazu nur die richtige Steuersequenz zu starten. Der Gleiter bringt dich automatisch nach Hause. Dazu brauchst du einen Teil dieser vertraulichen Informationen.«

»Dann scheint das ziemlich einfach zu sein.« Michelle konnte ihre Verunsicherung nicht ganz verbergen.

»Ich glaube, es bringt uns nichts, wenn wir uns die Köpfe darüber zerbrechen, wie das Virus in den Primärspeicher gelangen konnte.« Eric versuchte, das Gespräch wieder auf das eigentliche Problem zu lenken. »In erster Linie sollten wir rausfinden, was dieses Skript anrichten kann.«

»Oder schon angerichtet hat«, ergänzte Christopher, worauf es im Raum totenstill wurde.

»Sollten wir dann nicht das gesamte System herunterfahren?«

»Das würde jetzt auch nichts mehr nützen. Wenn das Virus bereits etwas manipuliert hat, hätten wir es schon längst zu spüren bekommen. Bestimmte Bordfunktionen wären bereits unmittelbar nach der Übertragung ausgefallen. Aber so, wie es aussieht, läuft alles noch einwandfrei. Zudem habe ich die Prüfsummen der Versorgungssysteme verifiziert. So, wie es aussieht, sind die vom Virus nicht betroffen. Jedenfalls noch nicht.«

»Das würde heißen, unsere Lebenserhaltungssysteme an Bord sind davon nicht oder noch nicht betroffen.«

»Sieht so aus, aber ich habe trotzdem zur Sicherheit einige Kontrollmodule aktiviert, die alle Bordfunktionen überprüfen, bevor sie ausgeführt werden. Dadurch kann es beim Aufruf einer Funktion eine kleine Verzögerung geben. Also, nicht gleich in Panik geraten, wenn jemandem von euch so etwas auffällt. Aber vermutlich werdet ihr das gar nicht merken.«

»Das heißt dann also, wir sind einigermaßen sicher, solange wir nicht starten?« Eric blickte fragend zu Christopher.

»Das nehme ich an. Aber ich kann im Moment nicht sagen, was passieren wird, wenn wir einen Start versuchen. Bevor wir das in Erwägung ziehen, muss ich das System durchchecken. Das braucht Zeit. Im Sekundärsystem sind einige Analyseprogramme hinterlegt, bei denen ich hoffte, sie nie einsetzen zu müssen. Ich werde sie auf ihre Echtheit prüfen, sie dann ins Primärsystem übertragen und starten.«

»Warum Echtheit?« Michelle schien verwirrt. »Können die denn gefälscht sein?«

»Nein, aber vielleicht verändert. Für jemanden, der es fertigbringt, ein Skript in unser System einzuschleusen und dabei alle Sicherheitsmechanismen zu umgehen, ist es bestimmt auch ein Leichtes, Daten in unserem Sekundärsystem zu verändern.«

»Das kann ja eine Ewigkeit dauern.« Ernests Gesicht verfinsterte sich.

»Immerhin besser, als wenn uns der ganze Kahn beim nächsten Start um die Ohren fliegt«, meinte Eric lakonisch.

20.

In den folgenden Stunden, während das Analyseprogramm lief, zeichnete sich ein immer erschreckenderes Bild ab. Die Manipulationen beschränkten sich zwar ausschließlich auf Bereiche des Antriebs und der Steuerung des Raumgleiters, aber dafür waren sie sehr umfangreich. An einen Start war nicht zu denken. Damit waren die Absichten des Saboteurs klar zu erkennen. Das Schiff sollte einwandfrei funktionieren, solange es unterwegs nach TONGA-II war und sich hier aufhielt und erst auf dem Rückflug Schaden erleiden. Der Saboteur konnte davon ausgehen, dass das Wartungsprogramm frühestens nach der Landung auf TONGA-II ausgeführt werden würde und somit sichergehen, dass das Virus erst dann s lag ihm also viel daran, dass die Space Hopper TONGA-II heil erreichte, nicht aber wohlbehalten zur Erde zurückkehrte.

Diese Erkenntnisse trafen die Crew schwer.

Christopher, der schon seit mehreren Stunden am Terminal saß und die Analyse überwachte, wurde zusehends müde. Noch ein paar Minuten, dann würde Eric ihn ablösen. Ihm schwirrte der Kopf von den vielen Daten, die er in den letzten Stunden begutachtet und überprüft hatte. Michelle hatte ihm in den ersten zwei Stunden Gesellschaft geleistet, war aber dann so müde geworden, dass sie schlafen gegangen war.

Jetzt, in dieser deprimierenden Situation, sehnte er sich nach ihrer Nähe. Plötzlich wurde ihm bewusst, wie einsam er sich all die Jahre gefühlt und wie sehr er dieses Gefühl immer wieder verdrängt hatte.

Nach einigen enttäuschenden Beziehungen hatte er sich, teilweise unbewusst, gegen jegliche emotionale Bindungen gewehrt und sich jeweils sofort zurückgezogen, wenn sich entsprechende Gefühle bemerkbar gemacht hatten. So hatte er lange nicht bemerkt, wie er sich immer mehr in eine Isolation flüchtete. Die Einsamkeit wurde ihm erst bewusst, als er daran war, sie zu überwinden.

Als Eric neben ihm auftauchte, war Christopher kurz davor einzudösen. Er sah erleichtert auf und räumte den Sessel.

»Schlaf dich aus.« Eric klopfte ihm sanft auf die Schultern. »Du hast heute Großes geleistet.«

»Danke«, antwortete Christopher leise.

»Solltest du Schuldgefühle haben, weil du es warst, der das Wartungsprogramm gestartet hat, dann vergiss es schnell wieder. Du bist nicht dafür verantwortlich, dass dies passiert ist. Jeder von uns hätte das Wartungsprogramm starten können. Zudem war es mein Vorschlag gewesen. Was geschehen ist, lässt sich nicht umkehren. Wir müssen versuchen, das Beste aus dieser Situation zu machen.«

»Ja.«

»Also, schlaf gut, und denk nicht mehr allzu sehr darüber nach.«

»Okay.«

Christopher schlurfte davon und verschwand in seiner Kabine.

Nicht ganz unerwartet stellte er fest, dass Michelle, mit dem Gesicht zur Wand, in seinem Bett lag. Er schlüpfte aus den Kleidern, ging noch schnell unter die Dusche und kroch anschließend ebenfalls ins Bett, wo er sich an ihren nackten Rücken schmiegte und kurz darauf einschlief.

Als er aus einem wirren Traum aufwachte, lag er alleine im Bett. Er hatte den Eindruck, einen ganzen Tag geschlafen zu haben, aber als er auf die Uhr sah, stellte er fest, dass es nur vier Stunden später war.

Besser als gar nichts, dachte er. Er stand auf, zog sich an und verließ die Kabine.

Ernest und Michelle saßen am runden Tisch und aßen eine Kleinigkeit, während Eric immer noch am Terminal saß.

»Guten Morgen«, begrüßte ihn Ernest.

Christopher murmelte etwas Ähnliches, ging zu Michelle und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann holte er sich etwas zu essen und setzte sich ebenfalls an den Tisch.

»Das Analyseprogramm scheint demnächst zu Ende zu sein«, rief Eric aus der Terminalnische.

»Hat sich noch etwas Besonderes ergeben?«, fragte Christopher mit halb vollem Mund und hätte sich beinahe verschluckt.

»Nein. Es ist tatsächlich so, dass nur Bereiche der Schiffssteuerung und des Antriebs betroffen sind.«

»Das überrascht mich nicht.« Christopher schob einen weiteren gehäuften Löffel Getreidebrei in den Mund.

»Als du geschlafen hast, hat uns ein Typ des Sicherheitsdienstes des Raumhafens angefunkt«, informierte Ernest.

»Was wollte er?«

»Er fragte, warum wir nicht auf den Empfang der Landekoordinaten gewartet hätten und ordnungsgemäß auf dem Raumhafen gelandet sind, warum wir stattdessen dieses waghalsige Manöver flogen.«

»Was hast du ihm geantwortet?«

»Ich hab vom Entführungsversuch erzählt und gesagt, wir wären deshalb abgehauen. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass er von dieser Geschichte nicht ganz überzeugt war.«

 

»Mit anderen Worten, der Sicherheitsdienst glaubt nicht an Piraten oder Entführer.«

»Ich glaube nicht. Auf jeden Fall hat er uns aufgefordert, uns innerhalb der nächsten zwölf Stunden bei der Raumhafenkontrolle von Tongala einzufinden. Ansonsten würde man uns festnehmen und wegen Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen anklagen.«

»Hast du ihm unsere Situation geschildert?«

»Ja. Darauf meinte er nur, wir sollten uns mit der Wartungsgesellschaft im Raumhafen in Verbindung setzen, was wir ja bereits getan haben. Mit anderen Worten, er hat unsere Situation irgendwie nicht so ernst genommen.«

»Das wird ja immer besser.« Christopher stieß einen Fluch aus und schüttelte den Kopf.

»Wir sollten Rick einen Hyperfunkspruch schicken und ihn über unsere Situation und die möglichen Folgen informieren«, schlug Ernest vor. »Im schlimmsten Fall könnte er als Mitglied des Diplomatischen Rats der Erde für uns eintreten.«

»Du glaubst, der Sicherheitsdienst nimmt uns dann die waghalsige Flucht nicht übel?« Christopher sah ihn zweifelnd an.

»Rick könnte zumindest ein gutes Wort für uns einlegen.«

»Na ja, einen Versuch ist es wert. Außer Warten bleibt uns nicht viel anderes übrig. Einen Start können wir unter diesen Umständen nicht riskieren.«

»Ich werde das erledigen.« Michelle erhob sich und ging zum Terminal.

Christopher bedankte sich und wandte sich wieder Ernest zu. »Irgendetwas Neues von der Wartungsgesellschaft?«

»Bis jetzt nicht. Ich hab keine Ahnung, ob die überhaupt schon aufgebrochen sind. Gemeldet haben sie sich jedenfalls noch nicht.«

»Wir sollten uns noch mal mit denen in Verbindung setzen. Die Situation hat sich inzwischen drastisch verändert. Wir hatten ihnen ja anfänglich nur von einer harmlosen Panne berichtet.«

»Die werden den Schaden aber nicht beheben können.«

»Glaube ich auch nicht. Sie werden die Space Hopper zum Raumhafen verfrachten müssen. Entweder an Bord eines ihrer Schiffe oder mittels Traktorstrahl.«

»Ich werde das auch gleich erledigen«, rief Michelle, die anscheinend mitgehört hatte.

»Sag ihnen, sie sollen sich beeilen«, erwiderte Christopher.

»Vor morgen werden die bestimmt nicht aufkreuzen.« Ernest machte ein griesgrämiges Gesicht.

Christopher dachte kurz nach. »Falls ich es schaffen sollte, das Virus zu eliminieren, und auch nur falls, müssten die Steuerung und die Triebwerke erst einmal eingehend überprüft und getestet werden, bevor sie wieder für einen Flug eingesetzt werden könnten.«

»Das leuchtet mir ein.« Ernest stützte die Stirn in seine Hände und atmete hörbar ein und aus.

»Hier sind wir vorerst sicher«, fuhr Christopher fort. »Energie und Vorräte haben wir genug. Die Wasseraufbereitung arbeitet auch einwandfrei. Wir warten erst mal auf die Leute und schauen dann weiter.«

»Die verdammte Warterei geht mir auf die Nerven«, jammerte Ernest verärgert.

Eric kam mit Michelle aus der Terminalnische und setzte sich wieder an den Tisch. »Die Analyse ist zu Ende.« Er klopfte Ernest mit den Fingerspitzen aufmunternd auf die Schultern. Daraufhin erhob sich dieser, ging zu einem Schrank und kam wenig später mit einer Flasche Four Roses und einem Glas zurück.

»Rick hat gleich auf den Hyperfunkspruch geantwortet«, berichtete Michelle, nachdem sie sich ebenfalls wieder an den Tisch gesetzt hatte. »Er sagte, er werde mit seinem neuen Schiff persönlich hierherfliegen.«

»Rick hat schon wieder ein neues Schiff?« Eric staunte.

»Das ist doch typisch für ihn«, antwortete Christopher.

Als Ernest sich wieder gesetzt hatte, sagte er lächelnd: »Das hier könnte meine Stimmung erheblich verbessern.«

Sie sahen Ernest lachend zu, als dieser sich ein Glas einschenkte. »Hat Rick gesagt, wie lange er unterwegs sein wird?«, fragte er.

»Er meinte, wenn das Schiff voll funktionstauglich ist, müsste er in etwa drei Tagen hier sein«, antwortete Michelle.

»Voll funktionstauglich? Anscheinend hat er sich mal wieder so einen hypermodernen Prototyp bauen lassen.«

»Na ja, Rick sitzt an der Quelle«, meinte Christopher gelassen. Nach einer Weile fragte er: »Was machen wir während dieser Zeit?«

»Wir könnten noch mal im See schwimmen gehen.« Michelle spürte, dass sich die Stimmung tatsächlich wieder verbessert hatte und es nicht schaden könnte, diesen Vorschlag zu machen.

»Gute Idee«, antwortete Christopher spontan.

»Aber ohne mich.« Ernest prustete, nachdem er einen kräftigen Schluck getrunken hatte. »Mir ist es da draußen eindeutig zu warm und zu feucht.«

»Ich werde auch hierbleiben. Ihr beide kommt ohne mich bestimmt auch gut zurecht.« Eric konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

»Aber nehmt ein Kommunikationsset mit«, schlug Ernest vor, »damit wir euch rufen können, falls sich etwas ereignet.«

»Okay«, erwiderte Christopher. »Ich werde mir das wasserdichte Etui an den Unterarm schnallen. Das wird mich beim Schwimmen nicht behindern.«

»Ihr dürft uns natürlich auch um Hilfe rufen, falls ihr bei irgendetwas Schwierigkeiten haben solltet«, fügte Ernest schelmisch an.

»Soso, wobei denn?« Michelle schmunzelte.

»Ach, das können verschiedene Dinge sein.« Ernest sah sie mit unschuldiger Miene an.

»Ich könnte mir auch einiges vorstellen«, witzelte Eric.

»Ihr seid zwei scheinheilige Lüstlinge.« Christopher lachte, stand auf und ging in seine Kabine, um sich umzuziehen. Michelle folgte ihm.

21.

Vor knapp einer Stunde hatten Christopher und Michelle das Schiff verlassen und waren zum See hinuntergegangen. Am Ufer hatten sie sich ausgezogen und sich ins Wasser begeben. Sie verzichteten auf Badekleider. Das Einzige, was Christopher trug, war das kleine wasserdichte Etui an seinem linken Unterarm.

Nachdem sie die gesamte Länge des Sees zweimal durchschwommen hatten, steuerten sie zum Wasserfall, wo sie sich an derselben Stelle wie letztes Mal in das flache Wasser legten und sich ausruhten.

»Wenn die Situation nicht so ernst wäre, könnte man es hier echt genießen.« Christopher konnte die Niedergeschlagenheit nicht verbergen.

»Ich hätte nichts dagegen, ein paar Wochen hierzubleiben.« Michelle küsste ihn auf die Wange.

»Ich befürchte, es wird etwas länger als vorgesehen dauern, bis wir von hier wieder wegkommen.«

»Wie lange denkst du?«

»Kommt drauf an, wie schnell Rick hier ist und was er bezüglich des Virus‘ ausrichten kann. Auch wenn er mit seinem neuen Schiff relativ schnell hier wäre, wird er für die Analyse des Problems eine Weile benötigen.«

»Warum braucht er nicht so lange wie wir, um aus dem Sonnensystem zu fliegen?«

»Seine Schiffe sind nicht nur wesentlich schneller und größer als unseres. Sie sind in allen Belangen auch viel moderner ausgerüstet. Er kann bereits kurz nach Verlassen der Mondumlaufbahn in den Hyperraum eintauchen und auf Überlichtgeschwindigkeit gehen. Auch die Geschwindigkeit im Hyperraum ist um ein Vielfaches schneller als bei der Space Hopper.«

»Warum konnten wir nicht so früh in den Hyperraum eintauchen?«

»Unser Raumgleiter ist nicht mehr das neuste Modell. Eigentlich ist er schon ziemlich alt. Damit sollte man solche Manöver lieber nicht innerhalb eines Planetensystems durchführen.«

»Ich hoffe, dass er uns wirklich helfen kann.«

»Als irdischer Diplomat erhält er in allen Kolonien beste Unterstützung. Daher sollte er hier auf keinen Widerstand der Kolonialadministration stoßen.«

»Dann ist die Situation gar nicht so ausweglos, wie es zuerst den Anschein machte.«

»Es gibt meistens einen Ausweg, fragt sich nur, wie der aussieht. Aber nicht auszudenken, wenn wir das Virus nicht entdeckt hätten.«

»Daran dürfen wir einfach nicht mehr denken.« Sie schmiegte sich an ihn. Er legte seinen Arm um sie.

Einige Minuten lagen sie einfach nur da, ohne etwas zu sagen, lauschten dem Rauschen des Wassers und genossen die Stimmung. Obwohl sie hinter dem Wasserfall unter dem Felsen lagen, bemerkten sie, dass es heller geworden war. Anscheinend hatte es die Sonne heute geschafft, sich gegen die feuchte Luft durchzusetzen. Das regelmäßige Geräusch des Wasserfalls versetzte sie in eine Art Trance, in der sie die Zeit zu vergessen schienen.

Nach einiger Zeit hob Michelle den Kopf und sah Christopher lächelnd in die Augen. Dann fanden sich ihre Lippen zu einem zärtlichen und leidenschaftlichen Kuss.

Die schrille Sirene des Sicherheitsalarms riss Ernest aus seinen Gedanken. Er brauchte eine Sekunde, um sich zu fassen, und blickte kurz zu Eric.

Dieser stand auf und eilte in die Terminalnische, wo er den Alarm ausschaltete und sich die Sicherheitsmeldung auf den Monitor holte.

Ernest erhob sich ebenfalls und folgte ihm.

»Sie sind schon da«, rief Eric, als er auf den Monitor sah.

»Wer ist schon da?« Ernest brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen.

»Entweder die Leute der Wartungsgesellschaft oder die von Norris & Roach«, antwortete Eric.

»Das ging aber schnell.«

»Umso besser.«

Sie gingen wieder zum runden Tisch zurück und aktivierten den Panoramabildschirm. Dieser zeigte abwechselnd das Bild verschiedener Außenkameras. Eric fixierte die Anzeige auf eine bestimmte Kamera, auf der von Weitem eine Karawane von Geländegleitern zu sehen war. Auf jedem saßen vier schwerbewaffnete Männer.

»Das gefällt mir nicht.« Misstrauisch beobachtete Ernest die Geschehnisse.

Eric betrachtete den Bildschirm genauer und fragte nach einer Weile: »Sind das die Leute von Norris & Roach oder die von der Wartungsgesellschaft?«

»Wenn du mich fragst, weder noch.«

»Dort hinten kommen noch mehr.«

»Die vordere Gruppe war anscheinend nur eine Vorhut.«

»Das sieht nach einer ganzen Armee aus.«

Die Kolonne der Geländegleiter näherte sich der Space Hopper. Der Mann auf dem vordersten Gleiter trug ein Headset.

Plötzlich drang eine Stimme aus den Lautsprechern des Aufenthaltsraums. »Transportschiff Space Hopper, hier spricht Sergei Krasnic. Bitte geben Sie sich zu erkennen.«

»Die können uns wegen des Spiegelschirms nicht sehen«, bemerkte Eric.

»Wir haben Ihre Standortkoordinaten und wissen, dass Sie hier sind«, fuhr Krasnic fort.

»Das sind definitiv nicht die Leute von Norris & Roach oder der Wartungsgesellschaft«, stellte Ernest fest. »Die wären nämlich nicht uniformiert und derart bewaffnet?«

»Wir müssen herausfinden, was die von uns wollen.« Eric starrte unentwegt nach draußen.

»Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als den Spiegelschirm abzuschalten und sie zu fragen.«

»Du hast recht. Wir müssen es riskieren. Wir sitzen ja hier fest. Vielleicht können die uns aus der Patsche helfen.«

Eric legte die notwendigen Schalter um. Doch kaum hatten sie den Schirm abgeschaltet, schwärmten die Geländegleiter aus und umkreisten die Space Hopper.

»Was soll das denn bedeuten?«, fragte Ernest erstaunt.

»Das sieht nicht gut aus.«

Ernest setzte das Headset des Kommunikators auf und schaltete es ein. »Hier spricht Ernest Walton vom Transportunternehmen Space Hoppers.« Er versuchte, seiner Stimme eine gewisse Autorität zu verleihen. »Wen vertreten Sie und was wollen Sie von uns?«

»Mister Walton«, hörte er die Stimme von Krasnic. »Wir sind von der Oppositionellen Vereinigung von Tongalen und fordern Sie hiermit auf, Ihr Einstiegsschott zu öffnen, damit wir an Bord kommen können.«

»Diese Vereinigung ist uns nicht bekannt. Wir glauben nicht, dass wir Ihnen etwas zu bieten haben, was von Interesse sein könnte. Warum haben Sie uns umzingelt?«

»Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme und tut nichts zur Sache. Bitte öffnen Sie umgehend das Schott.« Krasnics Stimme klang energischer.

Ernest unterbrach die Verbindung und sah Eric ratlos an. »Also, wenn du mich fragst, stinkt das mächtig zum Himmel.«

»Gefällt mir auch nicht, das Ganze.«

Ernest schaltete die Verbindung wieder ein und sagte entschlossen: »Zuerst ziehen Sie Ihre Gleiter rund um unser Schiff ab und bringen sie auf Distanz.«

»Sie strapazieren unnötig unsere Geduld«, fuhr Krasnic unbeirrt fort. »Wenn Sie uns nicht an Bord lassen, werden wir uns mit Gewalt Zutritt verschaffen.«

»Das hat uns gerade noch gefehlt«, flüsterte Eric empört.

 

»Tut mir leid«, erwiderte Ernest. »Aber wir bestehen auf unserer Forderung.«

Krasnic drehte sich um und schien sich mit einem seiner Begleiter zu beraten.

»Steht der Energieschirm noch?« fragte Ernest.

»Ja, der steht noch.«

Krasnic wandte sich wieder der Space Hopper zu. Doch statt einer Antwort sahen Ernest und Eric einen flammenden Blitz auf das Schiff zuschießen, der sich sogleich über den gesamten Abwehrschirm verteilte und in den Erdboden abgeleitet wurde.

»Damit haben die nicht gerechnet«, sagte Ernest hämisch.

Tatsächlich herrschte auf dem vordersten Geländegleiter helle Aufregung. Krasnic gestikulierte wild mit den Armen und erteilte über sein Headset Befehle.

»Jetzt bläst er zum Vollangriff«, äußerte Eric seine Befürchtung.

»Mit diesen Strahlern können sie uns aber nichts anhaben«, beruhigte ihn Ernest. »Sie müssten schon schwereres Geschütz auffahren.«

»Hoffen wir, dass sie es nicht tun.«

»Ich informiere sicherheitshalber Christopher und Michelle, sich vorerst vom Schiff fernzuhalten.«

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