Forever Collide

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Z serii: Collide-Lovestory #3
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Kapitel 5

Raven

Baby."

Etwas streicht sanft über meine Wange.

Baby, wach auf."

Bei dem Klang seiner wundervollen Stimme, öffne ich lächelnd die Augen und sehe direkt in dieses unendliche Grün seiner Augen. Er legt neben mir und lächelt mir liebevoll zu, während er mir über die Wange streicht.

Ich liebe dich, Baby", sagt er sanft. Seine Haut strahlt mir entgegen, seine Lippen perfekt rosa und seine Berührung so sanft.

Ich liebe dich", flüstere ich leise und schmiege mich in seine warme große Hand.

"Ich weiß." Er beugt sich langsam zu mir, um mich zu küssen …

Ich wache auf. Sofort sehe ich rechts neben mich, doch er ist nicht da. Es dauert keine weitere Sekunde und ich schluchze lauthals in mein Kissen.

Ich bin nicht mehr Ich, seitdem er kein Bestandteil meines Lebens mehr ist. Ich bin nur noch ein Haufen Sehnsucht und der Versuch über eine Liebe hinwegzukommen, über die ich nicht hinwegkommen will. Es fällt mir sogar schwer in diesem Bett zu schlafen, weil ich damals mit ihm hier war. Hier habe ich ihn liegen gesehen und ein Gedicht über ihn geschrieben. Das schlimmste an alledem ist nicht mal das Lebewohl, dass ich ihm sagen musste, als ich gegangen bin, sondern diese Flashbacks, die jede Sekunde meinen Kopf plagen. Diese verdammten Erinnerungen an alles. Wie er hier lag und seine braunen Locken sich weich über das weiße Kissen legten und wie engelsgleich schön er dabei aussah. Jetzt wo er weg ist, sehe ich ihn überall.

Das ist eine dieser Nächte, in denen ich so heftig weine, dass mein Körper weh tut, ich zittere so, dass ich meinen Kopf in das Kissen pressen muss, damit mich niemand hört. Ich wünschte, ich hätte eine dieser Nächte, in denen ich glücklich war.

Doch es gab in den letzten acht Tagen keine Nacht, in denen er nicht der Hauptbestandteil meiner Gedanken war. Er ist immer der Mittelpunkt, immer.

Ich stehe auf und wische mir diese niemals endenden Tränen von den Wangen und ziehe mir eine Strickjacke über, weil es sehr kalt ist. Es ist sechs Uhr morgens, Dad müsste schon an der Arbeit sein. Also kann ich auch in Ruhe hinunter gehen, ohne dass er meine verweinten Augen sieht und bemerkt, wie schrecklich es mir wirklich geht.

Niedergeschlagen gehe ich die Treppen herunter in die Küche. Carmen sitzt mit einem Kaffee in der Hand am Tisch und liest eine Zeitschrift, als sie mich erblickt.

„Oh", sage ich mit heiserer Stimme, drehe mich wieder um. „Tut mir leid, ich dachte, niemand wäre Zuhause."

„Ravely", ruft sie mir hinterher und ich bleibe stehen. „Ist doch nicht schlimm. Setz dich zu mir, wenn du nicht schlafen kannst."

Ich schüttele, ihr noch den Rücken zugedreht, den Kopf. Sie soll nicht sehen, wie verheult ich aussehe. Sie würde mit Dad darüber reden und er würde sich Sorgen über mich machen. „Nein, schon okay ... Ich werde wieder hoch gehen."

Ich will gerade wieder die Treppen hoch, da höre ich wie sie aufsteht und zu mir läuft. „Ist alles okay mit dir, Ravely?"

Leicht drehe ich mich zu ihr um und nicke nur lächelnd. „Ja, alles okay. Ich konnte nur nicht schlafen, mehr ist es nicht."

„Du siehst aus, als hättest du geweint."

Ich verziehe die Lippen und drehe mich wieder von ihr weg. „I-Ich, nein, das ist nur ..."

Ihre Hand ist auf meiner Schulter. „Setz dich zu mir, ja?", fragt sie liebevoll. „Manchmal ist es besser darüber zu reden, als in das eigene Kissen zu weinen."

Ich sehe sie an. Ihr Lächeln ist so lieb und warm. Vielleicht brauche ich wirklich jemanden, mit dem ich darüber reden kann. Schließlich nicke ich und wir setzen uns gemeinsam an den Tisch, sie stellt mir eine Kaffeetasse bereit und ich umfasse sie, damit meine Hände sich erwärmen.

"Bitte erzähl Dad nichts hierüber."

Sie nickt. "Versprochen."

„Okay ... Es ist wegen ihm ...", beginne ich leise das Gespräch und sehe auf die dunkelbraune Flüssigkeit vor mir.

„Wegen wem?"

„Aiden ... Ich war mit ihm vor einer Woche noch zusammen. Wegen ihm habe ich von London nach New York gewechselt, weißt du?"

Sie nickt verständnisvoll, gibt mir nicht das Gefühl, dass es jugendlicher Leichtsinn war, einen so großen Schritt mit achtzehn Jahren zu machen.

Dann erzähle ich ihr die ganze Geschichte. Wie ich Aiden kennengelernt habe, sogar von Tammy, wie sehr ich ihn liebe, wie viel wir schon erlebt haben und wie es schlussendlich dazu kam, dass ich ihn verlassen habe. Ich erzähle ihr jedes kleinste Detail davon, wie er vor mir kniete und mich anflehte, nicht zu gehen. Ständig versuche ich selbst Beweise dafür zu finden, dass er mich nicht betrogen hat und ich ihm verzeihen kann, doch ich finde keine. Das Bild mit ihm und Angie in seinem Büro war einfach Beweis genug. Du verstehst wahren Schmerz erst, wenn du die Person, die du liebst, siehst wie sie jemand anderen liebt.

„Weißt du, Süße", sagt Carmen, als ich ihr meine komplette Situation geschildert habe. „Weinen ist in Ordnung, solange es andauert und du nichts anderes tun kannst. Aber früher oder später musst du entscheiden, was du als nächstes tust. Schlussendlich musst du entscheiden, ob du ihn loslassen möchtest oder nicht ... Möchtest du ihn loslassen?"

Mir fließt wieder eine stumme Träne die Wange herab. „Wie ... Wie lässt du jemanden los, der sich einst wie Zuhause anfühlte?"

Kurz herrscht Stille. Nur noch das Ploppen der Träne, die in meine Kaffeetasse fällt, lässt den Raum erklingen.

„Gar nicht", meint Carmen schließlich.

Ich sehe zu ihr auf.

Sie lächelt warm. „Wirklich. Gar nicht. Entweder du erlaubst dir, ihn zu lieben oder du versuchst für den Rest deines Lebens jemanden zu finden, der dein Zuhause ersetzen könnte, während du doch ständig nur ihn im Hinterkopf hast. Und ob das jemals jemand kann, ist meist schwer. Glaube mir. Ich bin eine geschiedene Frau."

„Ich weiß nicht ... Ich habe Angst, dass ich einen Fehler mache. Was, wenn es das alles nicht wert ist? Was, wenn das Schicksal mir damit sagen wollte, dass alles ein Fehler war?"

Sie lacht leicht auf. „Das Schicksal? Süße, wenn du wirklich ans Schicksal glaubst, dann wird es dir ein Zeichen senden. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann. Und du wirst es sofort erkennen und es wird die Antwort auf alle deine Fragen sein. Du musst nur stark und geduldig genug sein."

Ich presse die Lippen aufeinander, nicke leicht in mich hinein. „Ich habe Angst, dass das Zeichen nie kommen wird."

„Du liebst ihn doch oder?"

„Ja."

„Dann wirst du dein Zeichen auch bekommen. Selbst, wenn du es dir selbst herbeiführen musst, das spielt keine Rolle. Aber du wirst dein Zeichen bekommen."

In dem Moment höre ich mein Handy aus meinem Zimmer klingeln. Amüsiert wische ich mir die Träne aus dem Augenwinkel. "Vielleicht ist das ja mein Zeichen."

Carmen lacht. "Ja, vielleicht."

Ich gehe die Treppen nach oben und sehe auf mein Handy. Aby. "Hi, Aby."

"Hi, du wieder Engländerin für eine Woche!", freut sie sich. "Ich denke, es wird Zeit, mal wieder nach London zu kommen oder?"

Aiden

„Hast du soweit alles verstanden?", fragt Robin mich, während ich mir das grausam rote Poloshirt anziehe, das zeigen soll, dass ich in einem Baumarkt arbeite und Regale einräume. Wenigstens konnte ich meine eigene Jeans anziehen und keine blöden Arbeitshosen.

Ich nicke und stecke mir mein Namensschild an. „Ja, das funktioniert schon. Rechts die Gartenartikel, links das Werkzeug."

Robin seufzt. „Nein, links die Gartenartikel und rechts das Werkzeug. Bitte konzentrier dich, Aiden. Mister Darcy ist wirklich kein Mensch, mit dem du Ärger haben solltest. Er ist ein Boss der Extraklasse." Dann stemmt er einen großen Plastikkarton auf die Theke der Kasse und tausende von Nägeln starren mich an. „Kannst du das bitte sortieren? Die großen Nägel machst du hier rein und die kleinen hier." Er zeigt auf zwei Boxen neben der Kiste.

„Natürlich", murre ich und gehe auf die Kiste zu. Das dauert mit Sicherheit den ganzen verdammten Tag diese Scheiße zu sortieren. Ich bin gerade einmal eine Stunde hier und schon will ich wieder verschwinden.

„Ich weiß, das sieht sehr viel aus", sagt Robin und geht um die Kasse herum. Auch er trägt dieses rote Poloshirt. „Aber in zwei Stunden hast du das locker geschafft. Achte währenddessen noch auf die Kasse und bediene Kunden, wenn sie deine Hilfe brauchen. Wenn du fertig bist, nimmst du diese Säcke dort hinten und trägst sie nach draußen zu dem Blumenbeet, verstanden? Und sei bitte vorsichtig damit."

Ich pikse mich das erste Mal an einem Nagel und versuche meine Wut zu unterdrücken, während ich den verdammten Nagel in diese verdammte Box werfe. „Ja, verstanden."

„Gut." Robin sieht mich wieder mitleidig an, während ich diesen Dreck sortiere. „Tut mir wirklich leid, dass du hier sein musst, Aiden. Ich weiß, dass das keine Arbeit für dich ist."

„Ist schon okay", sage ich nur. „Ich habe es mir selbst eingebrockt. Aber ich verspreche dir, dass ich dir hier keine Probleme bereiten werde."

„Danke. Darcy würde mich wahrscheinlich auch sofort rausschmeißen, wenn du auf die Idee kommst den Baumarkt zu stürmen, wie du es in New York gemacht hast." Er lacht und nimmt sich einen Karton von der Theke.

„Keine Sorge. Ich werde bestimmt nichts mehr anrichten."

Er verschwindet und ich starre auf die Nägel vor mir, versuche ständig, dass sie nicht in meine Haut rammen und werfe sie in die Boxen. Das ist es also. In einem Baumarkt stehen, mit einem roten Poloshirt und Nägel sortieren. Ich könnte kotzen. Meine Müdigkeit trägt auch nicht gerade dazu bei, mir die ganze Angelegenheit spaßiger zu gestalten. Ich habe genau drei Stunden geschlafen und das war definitiv zu wenig. Vielleicht sollte ich doch einmal über die Schlaftabletten von Mum nachdenken. Wenn das in den nächsten Tagen oder gar Wochen so weitergeht, klappe ich noch irgendwann zusammen.

 

In zwei Stunden und drei Minuten bin ich tatsächlich fertig. Meine Hände bluten und meine Laune ist an ihrem Tiefpunkt angelangt. Mit der Zeit füllt sich der Laden auch immer mehr und ständig kommen Leute zu mir, die irgendetwas von mir wissen wollen, wovon ich überhaupt keine Ahnung habe. Ich antworte nach bestem Wissen und Gewissen und ich fange langsam an, selbst zu glauben, dass ich Ahnung von Schraubenziehern und Hochdruckreinigern habe.

Schließlich schleppe ich die Säcke mit der Erde auf meiner Schulter von drinnen nach draußen. Als ich den letzten Sack auf den steinigen Boden vor mir ablege und mich schon auf die kommenden Rückenschmerzen vorbereite, höre ich eine bekannte Stimme.

„Bender?"

Ich drehe mich um. Ronald Darcy. Ein alter Schulkollege aus der High School. Rothaariger Vollidiot, der ständig nur aus der Tasche seines Daddys lebt, der zufällig Inhaber dieses Geschäftes ist. Hochnäsig, arrogant und eingebildet sind die richtigen Adjektive, um ihn zu beschreiben. Wir haben uns gehasst in der High School. Er wollte ständig besser sein als ich und hat mich immer für meine guten Noten beneidet und dass ich beliebter war, als er.

„Du bist es wirklich", lacht er und kommt auf mich zu. „Was zum Teufel machst du denn hier? Arbeitest du jetzt für meinen Vater? Wolltest du nicht in London groß rauskommen, du Superstar?"

„Kann ich Ihnen behilflich sein? Ansonsten würde ich gerne meine Arbeit weiter machen", behandele ich ihn wie einen Kunden, der mir am Arsch vorbei geht. Ich wechsele kein normales Wort mit ihm.

Er lacht lauthals und hält sich die Hand auf den Bauch. Mir fällt auf, dass ich um einiges größer geworden bin, als er. Früher hat er mich ständig überragt, doch jetzt bin ich derjenige, der ihm auf den Kopf spucken kann. „Du arbeitest tatsächlich hier! War wohl nichts mit deinen scheiß Büchern, huh?"

Ich versuche noch immer freundlich zu bleiben. Ich bin zu schlecht gelaunt, um mich provozieren zu lassen. „Wenn Sie kein Anliegen haben, werde ich jetzt weiter arbeiten." Nickend gehe ich wieder in den Laden und hoffe, dass dieser Bastard mir nicht folgt.

Doch sofort höre ich seine Schritte hinter mir. „Da wäre tatsächlich etwas, dass du für mich tun kannst", sagt er mit arroganter Stimme.

Sofort bleibe ich stehen und sehe ihn abwartend an.

Ronald überlegt kurz und zeigt dann auf ein Regal mit Glühbirnen in verschiedenen Ausführungen. „Ich hätte gerne von jeder Glühbirne eine."

„Dann nehmen Sie sie sich und bringen Sie sie zur Kasse", will ich das Gespräch beenden und davon gehen.

„Eigentlich", sagt er gehässig, als ich ihm bereits den Rücken zudrehe. „Eigentlich bin ich doch der Kunde. Und der Kunde ist König oder wie war das? Willst du mir nicht die Glühbirnen zur Kasse bringen?"

Ich überlege kurz mich umzudrehen und ihm ins Gesicht zu treten, dennoch wende ich mich wieder gespielt freundlich an ihn, atme tief ein und aus. „Natürlich." Innerlich brodelnd gehe ich an ihm vorbei und nehme von jeder beschissenen Glühbirne eine und versuche sie alle in meinen Armen zu halten.

„Bitte nicht fallen lassen." Ronald beobachtet mich grinsend. „Kaum zu glauben, dass ich das gerade beobachten darf. Der tolle, schlaue Aiden Bender arbeitet in einem Baumarkt. Hätte ich dir auch schon vor zwei Jahren sagen können, dass du es nicht weit bringen wirst."

Ich ignoriere seine Worte und gehe mit den vielen Glühbirnen im Arm an ihm vorbei zur Kasse.

„Willst du nicht mit mir reden?", höre ich wieder seine nervige Stimme hinter mir. „Das ist nicht wirklich kundenfreundlich."

Genervt gehe ich hinter die Kasse und lege die Glühbirnen vorsichtig auf die Theke. „Wenn Sie Hilfe bezüglich der Artikel in diesem Laden brauchen, beantworte ich gerne Ihre Fragen", sage ich und scanne jede verdammte Glühbirne ein. Ich komme mir vor, wie der letzte Vollidiot und wahrscheinlich bin ich das auch. Kein Wunder, dass Ronald mich provoziert. Jetzt hat er endlich einen Grund. Als ich alles eingescannt habe und der Preis auf der Kasse steht, frage ich noch: „Wäre das dann alles?"

Ronald grinst wieder. „Also eigentlich ... will ich die Glühbirnen doch nicht haben. Mir fällt gerade ein, dass meinem Vater ja der Laden gehört, ich Dummkopf. Natürlich bekomme ich hier alles umsonst!"

Ich presse den Kiefer aufeinander und muss mir ein Knurren unterdrücken. Ich hasse ihn so sehr, es juckt mich schon in den Fingern. Es ist schon demütigend genug, dass ich hier sein muss, aber muss mich gerade Ronald Darcy hier auffinden und seine jämmerlichen Sprüche reißen.

„Dann werde ich alles wieder stornieren", murre ich und tippe auf der Kasse herum.

„Bring die Glühbirnen am besten gleich wieder zurück, nicht dass mein Vater sieht, dass du sie einfach so hierher geschleppt hast. Er sieht das nicht so gerne, wenn seine Mitarbeiter Durcheinander machen", feixt Ronald.

Ich atme tief ein und aus. Beruhig’ dich. Du bist besser als er, auch wenn du in diesem verkackten Baumarkt arbeitest. Ich würde ihm gerne aufs Brot schmieren, dass ich bereits in New York war und mit den größten Firmen der Welt zusammengearbeitet habe und eine halbe Millionen mit meinem Buch verdient habe. Doch dann müsste ich auch erklären, wieso ich hier bin und das werde ich mit Sicherheit nicht tun.

Wieder wende ich mich an ihn. „War‘s das dann wirklich? Oder sonst noch irgendwelche beschissenen Extrawünsche?"

„Na na", spottet Ronald. „Vergiss nicht deine Ausdrucksweise, Bender. Ich kann immer noch dafür sorgen, dass du genauso schnell wieder rausfliegst, wie du reingekommen bist."

Ich funkele ihn nur böse an und versuche die Worte, die ich ihm gerne an den Kopf werfen will, zu unterdrücken.

„Wie auch immer", seufzt er schließlich und richtet sich seine hässliche Markenjacke. „Es ist öde, wenn du dich nicht wehrst. Ich werde verschwinden. Viel Spaß noch beim Sortieren von Artikeln, die du dir nicht einmal leisten kannst, Loser. Mein Mercedes wartet vor der Tür auf mich."

Mit zusammengekniffenen Augen sehe ich ihm hinterher. Wie kann man nur so stolz darauf sein, von seinem Vater alles in den Arsch geschoben zu bekommen?

Ich sehe mich kurz in dem Laden um, ob irgendwelche Kunden meine Hilfe brauchen könnten, doch es sieht leer aus, deswegen nutze ich kurz meine Chance endlich meine Sim Karte in das alte Handy zu stecken, das Mum mir gestern Abend noch gegeben hat.

Ich schiebe die Karte hinein und sofort werden mir alle Nachrichten angezeigt, die ich gestern und heute bekommen habe. Aby hat mir geschrieben, genauso wie Steven und Dad.

Mein Herz springt mir sofort aus der Brust, als ich sehe, dass Raven versucht hat mich anzurufen. Gestern Abend um halb elf Uhr. Sofort verfluche ich mich dafür, dass ich mein Handy ertränkt habe. Ich hätte den Anruf verdammt nochmal annehmen können, wäre es nicht kaputt.

Sie hat auf die Mailbox gesprochen. Mein Puls geht schneller.

Ich will gerade auf Anhören drücken, als: „Aiden, ich brauche im Lager mal eben deine Hilfe", unterbricht Robin mein Vorhaben und innerlich seufze ich laut.

Ich setze mir in den Kopf es mir sofort anzuhören, wenn ich Zuhause bin.

Raven

Da ich erst in vier Tagen Geburtstag habe und ich nichts mit mir anzufangen weiß, wenn ich hier in Aldbury bin, habe ich Abys Angebot, doch mal für eine Nacht nach London zu kommen, sofort angenommen. Eigentlich war mein Plan gewesen die Woche mit Scar zu verbringen, doch sie meinte, dass sie unter der Woche keine Zeit hat, aber zu meinem Geburtstag kommt.

Also bin ich gleich heute Mittag in den Zug gestiegen und nach London gefahren. Carmen meinte, es sei wichtig, dass ich mich ablenke und so viele verschiedene Menschen um mich herum habe, wie nur möglich, damit meine Gedanken nicht ständig zu Aiden schweifen. Doch das ist einfach nicht machbar. Allein die ganze Zugfahrt nach London habe ich mit mir gekämpft, ob ich mir seine Nachricht auf meiner Mailbox anhöre oder nicht. Er hat mich nicht mehr zurückgerufen, seitdem ich auf seine Mailbox gesprochen habe oder hat sich anderweitig gerührt, deswegen denke ich, dass es einfach nichts nettes sein kann, dass er mir auf der Voicemail zu sagen hat. Und ich möchte mir meine Tage in London nicht versauen, wenn ich schon mal Aby und eventuell die anderen wieder sehen kann.

Mit einem Rucksack bepackt, steige ich um fünf Uhr nachmittags aus dem Zug und mich grinst sofort eine glückliche Aby an. Ich habe sie jetzt einen Monat nicht gesehen, doch mir kommt es vor wie eine Ewigkeit. Wer hätte gedacht, dass ich so schnell wieder in London landen werde? Ohne Aiden.

„Rave!", freut sie sich, als sie auf mich zu joggt. Glücklich fällt sie mir in die Arme und wir drücken uns fest. „Ich stehe hier schon geschlagene zwei Stunden! Noah hat sich schon vor einer halben Stunde ins Auto gesetzt und pennt, weil er nicht mehr stehen konnte."

Ich grinse und wir gehen zum Auto. „Ihr seid also immer noch zusammen?"

Sie grinst noch breiter und ihre Augen glänzen. „Ja, sind wir. Und ich bin wirklich glücklich. Ab und zu mal die ein oder andere Streiterei, aber so ist halt der muffelige Noah, nicht wahr."

Ich bin froh, dass sie mich nicht wegen Aiden fragt. Ich habe ihr schon am Telefon gesagt, dass wir seit über einer Woche nicht mehr zusammen sind und danach ist das Thema nicht mehr aufgekommen. Sie weiß, dass ich nicht gerne darüber rede und das ist gut. Ich hoffe, dass ich solchen Konversationen auch mit Leon, Lucas und den anderen aus dem Weg gehen kann.

Von weitem sehe ich schon Noah in seinem Auto sitzen und als er uns ebenfalls sieht, steigt er aus und umarmt mich zur Begrüßung. „Hast du's auch mal gepackt", lacht er und ich schmeiße meinen Rucksack auf den Rücksitz.

„Ich konnte ja nicht wissen, dass ihr schon so lange wartet", feixe ich und wir setzen uns ins Auto.

„Okay, ich habe den perfekten Plan für heute und morgen", verkündet Aby, die auf dem Beifahrersitz sitzt.

„Wer hätte das gedacht?", neckt Noah sie.

„Hey", kichert Aby und haut ihm leicht auf den Oberschenkel.

Daraufhin legt er seine Hand auf ihren Oberschenkel und kneift leicht rein.

Innerlich seufze ich frustriert. Das ist doch Folter meines Herzens.

„Also der Plan", sagt jetzt wieder Aby. „Heute Abend gehen wir zu Clavers, die anderen kommen auch. Ich bringe dich mal auf den neusten Stand: Leon ist immer noch depressiv wegen Sophia, Joe ist immer noch eine einsame Lesbe und Lucas hat eine Freundin, beziehungsweise fast Freundin. Jedenfalls ist sie schwanger von ihm."

Ich hebe die Brauen. „Schwanger?"

„Also wir wissen es nicht genau. Kann sein, dass es nur ein Gerücht ist, aber wir denken alle, dass sie schwanger ist, weil Lucas es nicht abstreitet, es aber auch nicht zu gibt. Ganz seltsam."

„Auf jeden Fall ist sie nervig", meint Noah. „Das ist alles, was du wissen musst."

„Kommt sie heute Abend auch?", frage ich.

„Ja, wahrscheinlich", antwortet Aby. „Lucas schleppt sie ständig mit, obwohl sie niemand so wirklich leiden kann. Aber naja, sie sollte uns kein Dorn im Auge sein. Übrigens habe ich auch Ben eingeladen, wenn es dich nicht stört."

Ich will gerade sagen, dass es mich nicht stört, da sagt Noah: „Aiden wird es stören."

Ich presse die Lippen aufeinander.

„Noah", zischt Aby leise. „Ich hab dir gesagt, du sollst ihn nicht erwähnen."

„Oh", macht er und sieht mich über den Rückspiegel mitleidig an. „Tut mir leid."

Ich seufze und sehe aus dem Fenster. „Schon okay ... Nein, es stört mich nicht, wenn Ben kommt."

„Übrigens haben Noah und ich dir ein Geburtstagsgeschenk besorgt", grinst Aby.

„Na ja, ich habe es bezahlt und Aby hat es ausgesucht", grunzt Noah.

Ich muss schmunzeln. „Das ist nicht nötig, wirklich nicht. Außerdem habe ich erst am Samstag Geburtstag."

„Hach, das macht doch nichts", winkt Aby ab. „Du kannst es heute Abend tragen." Sie schlägt sich die Hand vor den Mund und Noah stöhnt auf. „Jetzt hab ich's schon verraten."

 

Ich lache leicht. „Nicht schlimm. Danke, dass ihr euch so eine Mühe macht."

Sie lächelt mir zu. Sie hat so ein schönes mütterliches Lächeln, das hat mir richtig gefehlt. „Ich weiß selbst, wie beschissen Trennungen sind und du warst damals für mich da, als es mir schlecht ging und jetzt bin ich dran."

Als wir in Abys Zimmer ankommen, überreicht mir Aby sofort das Geschenk. Sie hat noch keine neue Mitbewohnerin und das scheint sie sehr zu freuen. So muss sie nicht das ganze Zimmer mit Boyband Postern bekleben und sich ein Gewand aus Laken basteln.

Aufgeregt darüber, was sie und Noah mir schenken, packe ich ihr Geschenk aus. Ein absolut traumhaft schönes, türkisgrünes Kleid lugt hervor und ich ziehe es heraus. Es ist genau mein Stil. Es hat keinerlei Ausschnitt und dreiviertel Ärmel. Es ist nicht zu schick und gleichzeitig nicht zu schlicht.

„Es ist perfekt", sage ich begeistert und beäuge es intensiv.

„Wusste ich es doch." Aby streicht über den Stoff. „Ich war kurz davor, es mir selbst zu kaufen, aber dir wird es viel besser stehen. Es war auch nicht so teuer, falls du ein schlechtes Gewissen bekommen solltest. Es war runtergesetzt."

„Zum Glück." Ich lache. „Ich hatte wirklich ein schlechtes Gewissen. Aber ist das nicht ein wenig zu aufgebrezelt für eine Bar?"

Sie winkt ab. „Quatsch. Ich ziehe auch ein Kleid an, falls du dich dann besser fühlst."

Also machen wir uns fertig, ich schlüpfe in das Kleid, dazu noch in Ballerinas, die Aby mir zur Verfügung stellt. Ich bin froh, dass ich mir meinen dicken Mantel mitgenommen habe, denn ich würde mich wahrscheinlich sonst zu Tode frieren. Die warmen Zeiten sind auch hier in London langsam vorbei.

Gemeinsam mit Noah betreten wir die Bar und ich kann schon von weitem die anderen entdecken. Sie sitzen an ihrem Stammplatz. Joe, Lucas mit einem Mädchen, dass wahrscheinlich seine Freundin ist und Leon mit Ben. Ich würde mich wahrscheinlich komplett in der Zeit zurück versetzt fühlen, wenn Aiden dabei wäre. Aber ich bin nicht mehr in dieser Zeit. Jetzt ist es anders.

Ben entdeckt mich als erstes und ich lächele ihm zu. Ich kann nicht leugnen, dass ich mich nicht freue, ihn wieder zu sehen. Auch wenn Aiden ihn nie mochte, ist er mir ans Herz gewachsen. Es beruhigt mich schon fast, dass ich endlich mit ihm normal reden kann, ohne ein schlechtes Gewissen bekommen zu müssen. Erster Vorteil, dass ich mich von Aiden getrennt habe. Ich muss mir das alles nur mehr einreden.

„Wow, ich glaube, ich sehe zwei Engel", sagt Leon, als wir uns zu ihnen setzen.

„Danke. Ich habe mir heute extra viel Mühe mit meinen Haaren gegeben", gluckst Noah und legt sofort seinen Arm um Aby, die sich an ihn schmiegt. Es ist noch sehr ungewohnt, die beiden so vertraut zu sehen.

Leon verdreht die Augen und Aby kichert. „Ich meinte Rave und Aby, du Spacken. Rave, hast du heute schon Geburtstag? Dürfen wir dir schon gratulieren?"

Ich schüttele schmunzelnd den Kopf. „Nein, noch nicht ganz. Am Samstag erst."

„Sag’ ich doch", stöhnt Lucas und Leon drückt ihm genervt einen Schein in die Hand. „Katsching. Wissen siegt."

„Schön dich wieder zu sehen", sagt Ben leise zu mir, der genau neben mir sitzt.

Ich lächele. „Schön, dich wieder zu sehen. Deine Haare sind ganz schön lang geworden."

Er streicht sich lachend durch sein Haar. „Ja, das stimmt, ich müsste mal wieder zum Friseur. Aber erzähl mal, Rave, wie geht's dir? Ich habe das von Aiden mitbekommen."

Ich sehe sofort weg und spiele mit einem Bierdeckel. „Es geht schon. Aber können wir über was anderes reden?"

Er nickt verständlich, dann kommt auch schon die Bedienung an den Tisch und nimmt unsere Getränke auf. Als sie wieder geht, betrachte ich das blonde Mädchen neben Lucas. Sie ist ständig still, sagt kein Wort.

„Das ist Brianna", lässt Lucas mich wissen, als er meinen Blick sieht. „Sie ist, ähm ... eine Freundin."

Ich merke, wie Brianna nicht glücklich über diese Antwort ist, doch sie lächelt mir trotzdem zu. „Hi. Du musst Rave sein."

Ich nicke freundlich. „Ja, die bin ich." Ich frage mich, ob sie wirklich schwanger von ihm ist. Ich kann mir Lucas als Vater absolut nicht vorstellen, vor allem, weil Brianna wirklich sehr jung aussieht. Ich würde sie auf höchstens neunzehn schätzen. Das Kind wäre definitiv nicht geplant.

Als wir alle unsere Getränke haben, halten wir sie in die Luft. „Auf einen schönen Abend!", verkündet Leon.

„Auf Rave, das Geburtstagskind", sagt Aby.

„Ich habe noch nicht Geburtstag", werfe ich ein.

„Egal", lacht Lucas. „Auf uns!"

Raven

Ich wache mit einem dicken Kopf und einer schlimmen Übelkeit auf. Die Sonne, die mir ins Gesicht scheint, plagt mich und ich richte mich etwas auf. Ich trage noch das Kleid von gestern. Wo bin ich überhaupt? Mit höllischen Kopfschmerzen betrachte ich das Zimmer, in dem ich liege.

Sofort reiße ich die Augen auf. Nein, das kann nicht sein.

Doch als ich jemanden neben mir grummeln höre, wird meine Vermutung bestätigt. Ben liegt oberkörperfrei neben mir und sucht mit seinem Arm nach mir.

Schnell rutsche ich von ihm weg und versuche ihn gleichzeitig nicht aufzuwecken. Was zur Hölle ist letzte Nacht passiert? Ich kann doch nicht etwa ... Ich habe doch nicht etwa ... Mit ihm.

Oh mein Gott.

Das einzige, woran ich mich erinnern kann, ist, dass Aby mich mit zu sich nehmen wollte, doch aus irgendeinem Grund, wollte ich mit zu Ben.

Oh mein verdammter Gott.

Ich gehe sofort leise aus dem Zimmer heraus und hoffe, dass noch niemand hier in dem Haus wach ist, der mich sehen könnte. Ich muss scheußlich aussehen. Wie ein billiger One- Night-Stand. Wie eine Schlampe. Zumindest fühle ich mich so.

Sofort krame ich das Handy aus meiner kleinen Tasche und will gerade Aby anrufen, da klingelt es bereits.

Ich runzele die Stirn. Das Krankenhaus?

„Ja, hallo, Ravely Green?"

„Miss Green, schön, dass wir Sie endlich erreichen konnten. Wir haben eine Information von der Sie vielleicht wissen sollten."

„Ähm, ja natürlich, worum geht es denn?"

„Hier ist jemand, der Sie gerne sehen würde."

Sofort kommt mir Aiden in den Sinn, doch das wäre unlogisch. Er ist tausende von Kilometern weit weg. Vielleicht Bonnie. Oder keine Ahnung ... Carl?

„Wer denn?", frage ich verwirrt und gehe gleichzeitig leise die Treppen nach unten.

„Tamara Bryans Bruder."

„Tammys – Ich meine, Tamaras Bruder?", keuche ich in die Leitung. Mir reißt es fast den Boden unter den Füßen weg.

„Ja", sagt die Frau in der Leitung. „Da wir Mister Bender nicht erreichen konnten, waren Sie die einzige Person, deren Nummer noch in ihrer Akte stand, als Ansprechpartner."

„Verstehe", krächze ich, immer noch komplett verwirrt von der Neuigkeit. Ich dachte, Tammy hatte keine Familie mehr?

„Er würde gerne mit Ihnen reden und er wartet hier auf Sie. Falls Sie es also einrichten könnten, erwarten wir Sie gerne hier im Hospital."

Ich nicke schnell, obwohl sie es nicht sehen kann. „Ja klar, ähm, ich komme sofort."

Ich lege auf und starre unglaubwürdig auf mein Handy. Gibt es vielleicht noch irgendetwas über das ich mir Gedanken machen muss? Scar, Ben, Aiden und jetzt plötzlich Tammys Bruder. Sie hat nie etwas von einem Bruder erzählt und Aiden auch nicht. Und wieso ist Aiden einfach nicht erreichbar? Klar, er ist in New York, aber er kann trotzdem an sein Handy gehen. Vielleicht ist ihm etwas passiert. Bei dem Gedanken keuche ich auf. Nein, ihm ist nichts passiert. Er ist Aiden, ihm passiert nie etwas ... Oder?

„Rave?", höre ich Bens verschlafene Stimme von oben, als ich gerade gehen will. „Wo gehst du hin?"

Ich sehe ihn überfordert an. Er trägt nur eine Unterhose. Er trägt nur eine verdammte Unterhose. Das ist ein Albtraum, das kann nur ein Albtraum sein. Auch, wenn er sehr durchtrainiert ist. „Ä-Ähm", stottere ich. „Ich muss gehen, Ben. Aby hat angerufen", lüge ich. Ich will nicht, dass er mir ins Krankenhaus folgt. Er scheint frei zu haben.

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