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Reise durch den Stillen Ozean

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Der vorige König soll kriegerischer gewesen sein als der jetzige und die allgemeine Wehrpflicht nicht blos eingeführt, sondern sogar bis zur Abhaltung von Manövers getrieben haben, welche einem ansehnlichen Theil des Heeres von Honolulu das Leben kosteten. Die Kavallerie attakirte bei einer derartigen Gelegenheit die Infanterie so naturgetreu wüthend, dass diese genöthigt war, ihr Heil in der Flucht zu suchen. Aber kaum hatte sich die wackere Infanterie von dem ersten Schrecken erholt, als sie beschloss die erlittene Schmach zu rächen. Die siegreiche Kavallerie zog sich stolz von dem Wahlplatz zurück um nach Honolulu hinein zu triumphiren. Da griff von hinten plötzlich die Infanterie mit dem Bajonnette an und vernichtete sie völlig. Vierzig Pferde und zwanzig Reiter wurden todtgestochen, die übrigen entkamen mit Wunden bedeckt. Seitdem werden keine Manövers mehr abgehalten.

Was nun die Artillerie betrifft, so ist sie durch einen Ritt auf die Punschbowle leicht in Augenschein genommen. So heisst nämlich der kahlgebrannte Berg hinter der Stadt, und ist man oben und blickt hinab in die nun mit Gras ausgepolsterte halbkugelige Höhlung des Kraters, so muss man den Namen gerechtfertigt finden. Ganz Honolulu liegt zu Füssen ausgebreitet. Man überschaut den Hafen und erkennt an der hellen Färbung des Wassers die Lage der Riffe, die nur einen schmalen Kanal frei lassen. Sechs alte Schiffskanonen stehen hier oben zum Salutiren vor einem Flaggenmast. Sie sehen so rostig und morsch aus, dass ich keine abfeuern möchte. An grosse Lavablöcke hingebaut steht daneben das Häuschen des Wächters. Seine Frau war beschäftigt Strohhüte zu flechten, als ich hinaufkam, und ich wartete, bis sie für mich einen fertig hatte.

Die zweite Stelle unter den öffentlichen Gebäuden nimmt das Hawaiian Hotel ein, welches dem König gehört und an Mister Herbert, einen Amerikaner deutscher Abkunft, verpachtet ist. Es liegt umgeben von den Strassen Hotel-, Beretania-, Kahomanu- und Alakea Street und genügt für den billigen Preis von drei Dollars täglich allen Forderungen, die der Amerikaner, in Bezug auf Hotels viel anspruchsvoller als der Europäer, zu stellen pflegt. Alles ist musterhaft amerikanisch bis auf die Bedienung, die aus mürrischen Chinesen besteht.

Man würde in den ausgezeichneten Betten unter den lang herabwallenden Moskitonetzen, über welche manchmal eine grosse haarige Spinne wandelt, vortrefflich schlafen, wenn nicht die eigenthümliche Gewohnheit der Hähne von Honolulu, die ganze Nacht hindurch zu krähen, sehr störend wirkte. Von nah und fern dringt das ewige Kikeriki in helleren und tieferen Stimmen durch die Stille der Nacht und lässt auf Legionen dieser Ruhestörer schliessen.

In Honolulu giebt es sieben Kirchen, alle von amerikanischer Stillosigkeit, und zehn Freimaurerlogen. Die meisten Hawaier sind kongregationalistisch christianisirt. Nach diesen kommen an Zahl die Katholiken, dann die Episkopalen. Neben der Kavaiahaokirche ist das Mausoleum des letztverstorbenen Königs. »Lunalilo ka Moi † 1874« (L. der König) ist die einfache Aufschrift des kapellenartigen gothischen Baues, um welchen innerhalb eines eisernen Gitters sechs vergilbte Kahilis, grosse Sträusse aus Federn und Blumen auf Stangen, in der Erde stecken.

Nur in den drei oder vier Geschäftsstrassen drängen sich die Häuser, grösstentheils aus Holz und einstöckig, ohne Gärten eng aneinander. In Fort Street sind die Läden der Weissen, in Nuuanu Avenue jene der Chinesen.

Denn auch hierher haben die Söhne des Reiches der Mitte ihren Weg gefunden, und keine der grösseren Ortschaften auf den Hawaiischen Inseln ist ohne Mongolen. Sie sind hier hauptsächlich Schuhmacher, Kleinkrämer und Gastwirthe schmutziger Speiselokale. Die Wäscherei, die in Kalifornien ihr Monopol ist, haben sie den Eingeborenen noch nicht zu entreissen vermocht. Ihre offenen Buden sehen sich alle so ähnlich, dass man nur schwierig und selten die richtige wieder findet, wenn man vielleicht von einem der schlitzäugigen Spitzbuben betrogen worden ist. Den ganzen Tag wird emsig gearbeitet. Hier sitzt ein alter verrunzelter Schuster mit einer unförmlichen rundglasigen Brille auf der Nase, und näht im Verein mit einigen jüngeren Gesellen leichte, dünnsohlige, weisse Zeugstiefel zusammen, dort schwirren amerikanische Nähmaschinen, an denen bezopfte Schneider chinesische Gewänder verfertigen. Hier sind Zigarren, Tabak und alle möglichen Gegenstände des häuslichen Bedarfs zu haben, dort eine Menge fremdartiger Büchschen und Schächtelchen mit chinesischen Konserven aufgestapelt. Früchteverkäufer preisen Melonen und Mangos an, und in den kleinen Wirthschaftsspelunken stehen Reihen winziger Schüsselchen mit eigenthümlichen Gerichten, die an geschmorte Regenwürmer erinnern, lockend hinter dem Fenster. Man sieht die Chinesen fast niemals müssig. Selten begegnet man wohl auch einem bezopften Reiter hoch zu Ross oder deren mehreren in Gesellschaft zu Wagen, aber auch dann wohl nur in Geschäften reisend. Es giebt nur wenige Chinesinnen in Honolulu. Die meisten Chinesen sind mit Hawaierinnen verheirathet. Die Regierung sträubt sich zwar gegen die Einwanderung der asiatischen Pest. Aber die durch einen erst jüngst abgeschlossenen Vertrag für freie Einfuhr des Zuckers nach den Vereinigten Staaten wieder aufblühenden Zuckerplantagen brauchen Arbeiter, und die Chinesen sind die billigsten. Ueber kurz oder lang werden die Fluthen dieser hässlichen Rasse mit ihren scheusslichen Lastern, die dem Europäer gegenüber keine Ehrenhaftigkeit kennt und Alles erlaubt hält, zusammenschlagen über der einheimischen schönen und edlen Rasse, welche rapide ausstirbt.

Unter den Weissen herrscht der amerikanische Typus vor. Auch die meisten Waaren tragen das amerikanische Gepräge, sie sind grösstentheils von Kalifornien her eingeführt. In einigen Auslagen glaubte ich auch manchen Schund meines theuren Vaterlandes zu erblicken und als alten Bekannten begrüssen zu dürfen. Keine soliden englischen Fabrikate mehr wie überall in Australien, andere Kleidungsstoffe, anderes Sattel- und Zaumzeug, andere Zündhölzchen, andere Messer. Man ist in Bezug auf Kultur bereits in den Vereinigten Staaten. Man trägt hier ebenso feine, weissglänzende Wäsche und denselben Schnitt des Rockes wie bei den Yankees. Cocktail und Sherry Cobbler und wie sie alle heissen, die amerikanischen »Fancy Drinks«, spielen hier eine ebenso bedeutende Rolle, wie in San Francisco oder in New York.

Ueberall giebt sich der amerikanische Einfluss kund, und das Annektirtwerden durch die Vereinigten Staaten ist für Hawaii wohl nur eine Frage der Zeit. Das offizielle Münzsystem ist das amerikanische. Ein Versuch, hawaiisches Geld mit den Köpfen hawaiischer Könige darauf prägen zu lassen, wurde bald wieder aufgegeben. Merkwürdiger Weise kursiren hauptsächlich französische Fünffrancsstücke als Dollars.

Ganz besonders erfreulich tritt das Deutschthum in den Vordergrund. Es war mir eine äusserst angenehme Ueberraschung, ebenso viel Deutsch als Englisch sprechen zu hören. Wenn ich so durch die Strassen ging, drangen fast aus jedem der offenstehenden Läden, Barbierstuben und Kneipen die Laute der Muttersprache an mein Ohr. Wir sind dort so gut repräsentirt, als wir nur wünschen können, was nicht allenthalben in überseeischen Hafenplätzen der Fall ist. Unter unseren Landsleuten in Honolulu sind die angesehensten und reichsten Kaufleute, und ein reges geistiges Streben, das man in solcher Ferne und Abgelegenheit kaum erwarten möchte, blüht bei ihnen. Ich fand zum ersten mal seit längerer Zeit nicht nur die meisten unserer besseren Zeitschriften, sondern auch eine Menge deutscher Bücher wieder. Ein unschätzbares Vergnügen gewährten mir dort im fernen Pacific Heinrich Noés Alpenbilder.

Es giebt eine mikroskopische Gesellschaft in Honolulu, und bei Herrn Riemschneider, einem jungen Hannoveraner, habe ich manchen genussreichen Abend mit dem Betrachten seiner mikroskopischen Präparate zugebracht. Die Aufnahme, die mir von unserem Konsul und allen Deutschen zu Theil wurde, war die liebenswürdigste, an die ich stets dankbarst zurückdenken werde.

Das Klima von Honolulu ist paradiesisch wie überall auf den glücklichen Inseln des Stillen Ozeans. Die Hitze ist nicht allzu gross und wird häufig gemildert durch erfrischende Regenschauer. Ich habe niemals, obgleich ich im höchsten Sommer dort war, mehr als 35 Zentigrade erlebt, eine Temperatur, die nicht selten auch bei uns vorkommt. Fast ununterbrochen weht der Passat kühlend über den Felsgrat Oahus herüber und durch das Nuuanuthal herab, und als er einmal zwei Tage aussetzte, und die Eisfabrik wegen einer Reparatur ihre täglichen Lieferungen einstellte, klagte Alles über den unerträglichen Zustand. Denn auch hier in dieser herrlichen Natur sind die Menschen unzufrieden und sehnen sich anderswohin. Der ganze Reiz des Lebens liegt eben im Wechsel.

Trotz der beschränkten Geldmittel des Staates scheint es mit dem Sanitätswesen nicht schlimmer zu stehen als anderwärts. Akute Infektionskrankheiten kommen kaum eben so häufig vor wie bei uns in Europa. Die Quarantäne wird strenge gehandhabt. Eine auffallende Menge von Aerzten, lauter Weisse, ist allenthalben zerstreut. Freilich befinden sich auch genug amerikanische »Dakters« darunter.

Das königliche Hospital von Honolulu ist zwar klein, aber musterhaft reinlich gehalten. Es liegt am Fusse des Punschbowlenhügels mitten in einem schönen weiten Garten, in dem Palmen aus allen Gegenden der Erde nebeneinander stehen, und enthält in zwei Stockwerken etwa hundert saubere Betten, jedes mit einem sauberen Moskitonetz überspannt. Die Syphilis stellt ein bedeutendes Kontingent an Kranken, wie in allen Hafenstädten.

Eine weit schrecklichere Plage Hawaiis ist der asiatische Aussatz, die Lepra, welche absolut unheilbar ist. Man behauptet, sie sei von den Chinesen eingeschleppt worden. Sie war im Anfang nur in einzelnen Fällen aufgetreten, bis sie gelegentlich der ersten Blatternepidemie, die ein Walfischfänger brachte, plötzlich die grösste Verbreitung erfuhr. Nicht blos die Aerzte, sondern auch Missionäre und Beamte stürzten sich sofort auf die Eingeborenen, um Alles Hals über Kopf zu impfen ohne die nöthigste Vorsicht zu wahren, und so kam es, dass die Lanzette das Gift der Leprosen auf eine Menge Anderer übertrug. Die Leprosen werden polizeilich gesammelt und in ein abgeschlossenes und unzugängliches Thal der Insel Molokai verbannt, was zwar grausam aber sehr weise ist.

 

Eben war wieder ein Transport von vierzehn solcher Unglücklichen beisammen und sollte nächstens mit einem eigenen Schuner nach Molokai geschickt werden. Der Regierungsarzt Dr. Mac Kibbin, ein Engländer, hatte die Güte mich zu ihrer Besichtigung mitzunehmen. Sie waren in einem Garten neben dem Polizeigebäude auf einer offenen nur durch Matten abzuschliessenden Veranda untergebracht und schienen die Härte ihres Looses mit stoischer Ruhe zu ertragen. Nur ein einziger Fall der Leontiasisform sah abschreckend aus.

Auf Molokai sollen sich gegenwärtig etwa 800 Leprosen, darunter auch vier Weisse, ein Deutscher und drei Engländer, befinden. Aerztliche Behandlung geniessen sie dort nicht, und auch über ihre Verpflegung wird viel geklagt. Aus obiger Zahl lässt sich schliessen, dass vielleicht zwei Prozent der Gesammtbevölkerung von Hawaii mit Lepra behaftet sind.

Eine besonders hervorragende Merkwürdigkeit Honolulus ist der Fischmarkt. Namentlich an Samstagen herrscht dort ein charakteristisches reges Leben. Aus der ganzen Umgegend strömen dann die Eingeborenen zusammen um Käufe und Verkäufe zu machen, Freunde zu treffen, kurz eine Art Wochenbörse abzuhalten. Reiter und Reiterinnen gallopiren von allen Seiten herbei. Pferde und Wagen und Maulesel und Menschen füllen in bunter Unordnung die nächsten Strassen. Glühend sticht die Sonne herab, und eine grellgeputzte, blumengeschmückte, lärmende, heftig gestikulirende Menge brauner Gesichter drängt sich glänzend von Schweiss durcheinander.

Die Waaren, die unter einer gedeckten Halle und in mehreren Budenreihen feilgeboten werden, entstammen grösstentheils der salzigen Fluth des Meeres, und ihre Mannichfaltigkeit wird dadurch erhöht, dass der Kanaka nichts verschmäht, was überhaupt gegessen werden kann. Getrocknete Sepien, die acht Saugarme zu Zöpfen geflochten, hängen oben herab, unten auf blätterbedeckten Brettern liegen sie frisch in ihrer ganzen natürlichen Schlüpfrigkeit ausgebreitet. Fische gross und klein, mit Papageischnäbeln und in allen Farben schillernd, Krebse, Muscheln und Schnecken, Seesterne, Seeigel und Seegurken, roh und gekocht, in Körben hoch aufgehäuft, suchen die Gourmandise der Kanakas zu reizen. In Kürbisschalen ist der ganze Inhalt dieser Geschöpfe, Gedärme und Alles, zu einem vielfarbigen Brei zusammengepantscht, und mit geheimem Grausen sehen wir, wie diese unappetitlichen Sachen mit wohligem Schmatzen verschlungen werden. Man muss sich in Acht nehmen nirgends anzustreifen, da überall Eingeweide und andere schleimige Dinger kleben, nicht blos an den Buden, sondern auch an den vielen Männern und Weibern, die sich mit grossen Körben durch das Gedränge mühen. Hinter jedem Stand hängen grosse Bündel schmaler Cordylineblätter, welche zum Einwickeln dienen. Im Nu sind sie kreuzweis zusammengeschlungen und zu einem festen Packet geschlossen.

Hier häutet ein Mann wunderbar flink mit den Zähnen seine Fische ab, dort sitzen hübsche grossäugige schlanke Mädchen und winden Blumenkränze und duftende Pandanusguirlanden, während daneben eine fette schwammige Matrone uns ein freundliches »Aloha« zugrinst und einladend auf ihre Mangos und Melonen weist. Ein korpulenter Polizeimann, kenntlich an dem Blechschild auf seinem Rock, überwacht mit ernstem Blick die Ordnung des Marktes, etliche Gardesoldaten in blauweissen Jacken gehen von Bude zu Bude und kokettiren mit den schönen Verkäuferinnen. Mitten in diesem fröhlichen Gewühl und Gekreisch der Hawaiier steht eine Gruppe tückischer Chinesen, umherspähend wohin sie sich wenden sollen, die Hände in beiden Hosentaschen, um das Geld zu bewachen, obwohl es hier keine Pickpockets giebt, dort an der Ecke steht ein einzelner Halbchinese und hat Tabakspfeifen feil, an die Zweige eines Bäumchens gesteckt. Eine eigene Abtheilung dient zum Verkauf des zu Klumpen zusammengebackenen Poimehls. Auf Tischen davor steht fertiger Poi in grossen Kürbisschalen bereit, und unter und zwischen den Tischen sitzen kleine Gesellschaften und erlaben sich an dem säuerlichen Brei, indem sie ihn mit den Fingern heraustunken.

Gleich hinter der einen äussersten Reihe plätschert das Wasser der Rifflagune, getrübt von der Jauche des Marktes, ein beliebter und nie unbenützter Badeplatz der Jugend. Hie und da mischen sich auch wohl die nackten und nassen Jungen ins Gewühl, um mit klatschenden Schlägen verjagt zu werden.

Halbverwilderte Hunde liegen mürrisch in den geschütztesten Winkeln. Sie sind die stehende Bewohnerschaft des Budenplatzes, von dessen Abfällen sie leben, und fast alle sind, vielleicht in Folge der ausschliesslichen Fischnahrung, bedeckt mit Räude. An einem dieser ekelhaften Köter sah ich eine elephantiasis-artige Erkrankung der ganzen Haut, namentlich aber der hinteren Partien. Die Haut der Kreuzgegend war so sehr verdickt, dass der Schwanz aus Falten wie sie für das Rhinoceros normal sind heraushing.

Ausserhalb Honolulu ist die Gegend dürrgebrannt und wüstenartig. Links und rechts von der Stadt führen grellbeleuchtete, staubige Strassen am Ufer des blauen Meeres entlang. Sandebenen, hie und da besetzt mit Gruppen von importirten Opuntias und Agaven, ziehen sich zu den Bergen hinan, welche den Hintergrund bilden. Unten sind diese ebenso kahl wie die Ebenen, erst weiter oben, in der Nähe der an den höheren Spitzen hängenden Wolken, bedecken sie sich mit dem eigenthümlichen hellschimmernden Grün der Kukuibäume.

Zu dieser im Lichte einer glühenden Sonne strahlenden Landschaft liefern die Eingeborenen die schönste und stylvollste Staffage. Blumenbekränzt und in bunten Gewändern jagen sie, Männer und Weiber, auf zähen Pferden über Stock und Stein dahin. Und ihre warmen Farben im Verein mit der Sonnengluth der wüsten und gelben Flächen gaben mir oft ein Bild von wahrhaft orientalischer Lebhaftigkeit.

An der Ostseite gegen die Vorstadt Kapalama zu ergiesst sich der Nuuanu-Bach in die See. Manchmal kauern hier Weiber vollständig bekleidet, einen Strohhut auf dem Kopf, geradeso wie sie auf der Strasse gehen, im schmutzigen, brackischen Wasser des Aestuariums. Nur der Kopf ragt heraus, und im Munde halten sie ein Körbchen, während sie mit den Händen auf dem Grunde nach Krabben herumtasten. Nackte Kinder balgen sich neben ihnen und werden zuweilen durch zornig rollende Blicke verscheucht. Schelten dürfen die Fischerinnen nicht, sonst würde ihnen das Körbchen mit der Beute entfallen. Eine hölzerne Brücke führt hinüber nach dem Staatsgefängniss, einem blendend weiss getünchten zinnengekrönten Kastell, und draussen mitten in der Lagune steht einsam auf Pfählen das Quarantänehospital, ein trostloses Gebäude.

Rechts am Fusse der Berge unweit Lilihi Street liegt das Lunatic Asylum, das Irrenhaus. Ich fand dieses nur von wenigen Geisteskranken bewohnt, als ich einmal hinausritt es zu besichtigen. Eine tobsüchtige Chinesin war der schlimmste Fall. Die anderen waren alle bereits blödsinnig. Die gemüthliche naturgemässere Lebensweise der Eingeborenen, fern von der aufreibenden Hast des Gelderwerbs und des Ehrgeizes in Amerika und Europa, ist nicht geeignet, Erkrankung des Gehirns zu begünstigen. Die Einrichtungen der Anstalt genügen mässigen Ansprüchen.

Westlich gegen Diamond Head zu führt eine zwei Kilometer lange Landstrasse, oft der Schauplatz wilder Kavalkaden, an Salinen, in denen Meersalz durch Abdunsten gewonnen wird, vorüber nach Waikiki, einer kleinen Ortschaft aus einer Kapelle, einigen hölzernen Landhäuschen und einigen struppigen Strohhütten bestehend, alle weit aus einander gestreut, die früher der Lieblingsaufenthalt der Könige gewesen sein soll. Hierhin sollen sie sich, der Komödie europäischer konstitutioneller parlamentarischer Regierung müde, zurückgezogen haben, um der goldstrotzenden Uniform entledigt und nur mit dem Suspensorium angethan in alten Erinnerungen zu schwelgen. Ein kümmerlicher Kokospalmenhain beschattet spärlich den sandigen Boden. Die Bäume sind lebensmüde und tragen keine Früchte mehr. Ein hübscher reinlicher Badestrand zieht sich aussen entlang, und Waikiki ist deshalb als Ausflugspunkt bei der Bevölkerung Honolulus sehr beliebt. Jenseits tritt Diamond Head, das Wahrzeichen von Honolulu, in die See hinaus, auf einer Einsattlung, die den Berg und die Hauptkette der Insel verbindet, die Signalstation für die Ankunft von Schiffen tragend, welche mit dem Postamt der Hauptstadt durch die einzige drei Kilometer lange Telegraphenlinie des Hawaiischen Königreichs zusammenhängt. Diamond Head ist 230 Meter hoch und sieht von unten nicht aus wie ein Vulkan, es scheint vielmehr eine gradlinige steile Felswand zu sein, von zahlreichen tiefen senkrechten Schluchten durchfurcht, an welche sanfter geneigte Geröllböschungen sich anlehnen. Aber wir stehen auf einem so durchaus vulkanischen Boden, dass wir uns nachgerade gewöhnen, in dem Gipfel einer jeden isolirten Erhebung einen erloschenen Krater zu finden.

Als Hauptmerkwürdigkeit der Umgebung gilt der »Pali«, ein steiler Absturz an der Rückseite der Bergkette, welche den Hintergrund Honolulus bildet, 9 Kilometer von der Stadt entfernt. Eine 600 Meter mächtige Schicht der Erdrinde, durch vulkanische Kräfte emporgehoben, zerbarst an den Kanten. Die südliche Hälfte ist stehen geblieben, die nördliche wieder hinabgesunken, beinahe bis zum Niveau des Meeres. Die gewaltige Bruchfläche ist der Pali. Fast kein Passagier des Dampfers, dem ein Nachmittag in Honolulu zu Theil wird, versäumt dort hinauf zu reiten.

An einem der ersten Tage machte ich diese obligate Partie in Gesellschaft jener fünf Engländer, welche dieselben Reiseziele wie ich verfolgten, selbstverständlich zu Pferde. Denn auf Hawaii geht man fast niemals zu Fuss. Der echte Hawaiier, gleichviel ob braun oder weiss, lässt für die unbedeutendsten Wege die er zu machen hat aufsatteln. Die Pferde sind hier lächerlich billig, fünfzig Dollars ist ein anständiger Kaufpreis. Um fünf Dollars die Woche kann man das beste Reitpferd miethen, inklusive Fütterung, Sattel und Zaumzeug. Dabei sind die Thiere unübertrefflich zäh und im Allgemeinen hocherhaben über jene erbärmliche Sorte, die man bei uns gewöhnlich zu miethen bekommt. Mark Twain hat sie schwer verleumdet. Ein einziges mal passirte es mir, dass ich einen faulen und störrischen Häuter erhielt, dem ich beim Gallopiren beständig den Takt dazu auf sein Hintertheil peitschen musste, und der mich an jeder Strassenecke abwarf, indem er blitzschnell herumbog, wenn ich nicht Acht gab.

Eine guterhaltene belebte Strasse führt durch das Nuuanuthal in die Berge hinein. Links und rechts zuerst die nicht enden wollenden Landhäuser und Gärten des vornehmen weissen Viertels. Man passirt die Kirchhöfe, das Mausoleum der fünf Kamehamehas, die Eisfabrik. Mehrmals kreuzt der im Zickzack herabtosende Nuuanubach den Weg, Tarosümpfe, die er bewässern muss, zu beiden Seiten. Es geht immer höher und höher. Eingeborene, Männer und Weiber, auf Pferden und Maulthieren, in bunten Farben und blumenbekränzt begegnen uns und sprengen mit einem freundlichen »Aloha« vorüber. Die Gegend wird schroffer. Auf schmalen Grasterrassen über kahlen Felswänden weiden Rinder und rufen heimathliche Erinnerungen aus den Alpen wach. Nur die fremdartige Erscheinung der silberglänzenden Kukui-Büsche, die in grosser Ausdehnung hie und da die steilen Abhänge dicht überziehen, zerstört die Illusion. Der Kukui ist derselbe Aleurites triloba, aus dessen Nüssen auf Viti so gelungene Kerzen gefertigt werden. Auch hier auf Hawaii soll man sich ihrer in der nämlichen Weise bedient haben.

Es wird feuchter und kühler oben, und der Passat, den wir unten als angenehmen Zephyr empfanden, weht uns durch die Scharten der zackigen Bergesgipfel als ein rauher, frostiger Sturmwind entgegen, zerrissene Nebelmassen vor sich her treibend. Endlich sind wir am Ziel. Noch eine Ecke, und ein Panorama von ergreifender Grossartigkeit thut sich auf. Erschrocken reissen wir die dampfenden Pferde zurück. Der Boden verschwindet plötzlich und stürzt zu einem schauerlichen Abgrund hinab.

Tief unter uns entfaltet sich eine herrliche Ebene. Der dunkelblaue Ozean steigt zum Horizont in die Höhe, weissglänzende Schaumlinien der Brandung umsäumen mäandrisch smaragdene und violette Tinten. Und innerhalb dieser begrenzt ein schimmernder Streif sandigen Ufers das im schönsten Grün prangende Tiefland. Keine dürren wüstenartigen Flächen wie im Süden an der Leeseite der Insel. Alles strahlt im wärmsten Sonnenschein unten, während uns selbst vorüberziehende Wolken beschatten.

 

Wir stehen auf klassischem Boden. Hier focht der grosse Kamehameha I. die letzte von den sieben Schlachten, durch die er die geeinigte Herrschaft der Hawaiischen Inseln erzwang. Tausend Feinde, der letzte Rest von Widerstand, wurden hier hinabgedrängt. Was für ein gewaltiger Schauplatz für eine Schlacht. Wie mag es getobt haben auf diesen rauhen, felsigen, düster bewölkten Kanten vom wilden Verzweiflungskampf, vom trunkenen Freudengeheul der Sieger, vom ohnmächtigen Wuthgebrüll der Besiegten, die ein letztes mal sich aufrafften, im Angesichte des Todes mit grimmigem Hass noch schnell ihr Leben zu rächen, ehe sie schaarenweise hinabstürzten und in der grausigen Tiefe zerschmettert wurden.

Eine steile Strasse ist jetzt in die Felswand gehauen und führt zickzackförmig hinab. Winzig klein bewegen sich schwarze Pünktchen unten auf ihr entlang. Es sind Reiter, die einem Dorfe am Meeresstrand zueilen, welches halb unter Palmen versteckt mit scharfen Augen eben noch erkennbar ist.

Es war mein erster Ritt wieder nach langer Zeit und unmittelbar nach den erschlaffenden Einwirkungen einer zwölftägigen Seereise in tropischer Hitze. Und da ich überhaupt zu der ehrsamen Zunft der Sonntagsreiter gehöre, vermochte ich kaum mehr mich im Sattel zu halten, als wir durch das belebte Chinesenviertel zurückkehrten. Links und rechts stoben zähnefletschend die bezopften Mongolen auseinander. Schliesslich fiel noch ein armes unvorsichtiges Huhn den Hufen meiner Rosinante zum Opfer. Der Eigenthümer, ebenfalls ein Chinese, kam kreischend ins Hotel gelaufen, das Corpus delicti in der Hand und eine Schaar Freunde als Zeugen im Gefolge. Ich musste bezahlen.