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Reise durch den Stillen Ozean

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Nachdem ich so das Wesentlichste gesehen, konnte mich bei dem ewigen Regen und Stürmen und bei dem unwegsamen Zustand der Umgebung nichts mehr an Grahamstown fesseln.

Als ich jedoch am nächsten Morgen wieder auf dem Durham mich einschiffen wollte, hatte eine Sturmfluth das Pier und die unteren Theile der Stadt überschwemmt, so dass man bis zu den Hüften im Wasser waten musste, um die nächste trockene Strasse zu erreichen. Oben in einem Wirthshaus fand ich den Kapitän, der durch die Ueberschwemmung von seinem Schiff abgeschnitten war und bedenklich zweifelte, ob er bei solchem Wetter heute noch die Rückfahrt nach Auckland wagen sollte. Zum Glück klarte der Himmel sich auf, der Sturm legte sich etwas, die Fluth lief ab, und wir lichteten Anker, um eine sehr ungemüthliche Reise anzutreten.

Alle die wenigen Passagiere bis auf zwei Maoridamen und mich waren nach der ersten Viertelstunde intensiv seekrank. Der kleine Durham sprang und schlenkerte ganz verrückt, und seine Schraube arbeitete mehr in der Luft als im Wasser.

Die zwei Maoridamen waren aus Ohinemuri, wie mir der Steward sagte, und von hoher Abkunft, wie ihre stark tätowirten Lippen und Kinne bewiesen. Sie mochten etwa 40 Jahre zählen und waren dementsprechend runzelig. Haifischzähne mit rothen Siegellacktropfen in den Ohren, Grünsteinfratzen mit Perlmutteraugen als Amulette am Halse, falsche europäische Brasselets und Ringe um das Handgelenk und die Finger, alte Mäntel aus Phormium, mit rothen Troddeln und schwarzen Fransen bespickt, um die Schultern, darunter grellrothe wollene Unterröcke und schmutzige Hemden, ungekämmtes wallendes kohlschwarzes Haar, ohne Kopfbedeckung und baarfuss, die Waden mit einem Muster aus kleinen Längsstricheln tätowirt – so repräsentirten sie den Typus vornehmer Häuptlingsfrauen vom Lande. Auch sie husteten beständig, kein Wunder bei der herrschenden Kälte und bei ihrer leichten Bekleidung.

Im Anfang versuchten sie, nach Pakeha-Art auf dem Sopha zu sitzen, aber sie quälten sich nicht lange damit, sondern rutschten herab auf den Boden, wo sie sich entschieden viel wohler fühlten, zumal als der Durham immer heftiger zu springen begann, was ihnen keine geringe Furcht einzuflössen schien. Als wir nach einiger Zeit unter dem Schutz einer Bergwand in ruhigere See kamen und an das Dinner denken konnten, waren sie nicht zu bewegen, am Tisch Platz zu nehmen. Sie blieben auf dem Boden und liessen sich dort serviren. Sie bedienten sich übrigens der Gabeln und Messer in geziemender Weise, und als sie fertig waren, zogen sie schmutzige Thonpfeifen aus dem Busen und rauchten.

Nur ein einziger Ausflug wurde mir noch vom Wetter vergönnt. Der Isthmus von Auckland ist bekanntlich eines der grossartigsten vulkanischen Gebiete der Erde. Gleich hinter der Stadt erhebt sich ein noch ganz deutlicher alter Vulkan, der Mount Eden. An einem trüben Sonntag, an dem es ausnahmsweise nicht regnete, machte ich diesem meinen Besuch.

Sobald man die geschlossenen Reihen der Häuser hinter sich hat, beginnt der Weg stetig anzusteigen, und je weiter man geht, desto ausgedehnter wird die Fernsicht. Die Lavaschlacke bildet ein vortreffliches Material zur Strassenbeschotterung und nur ihr verdankte ich die Möglichkeit vorwärts zu kommen. Denn wo sie auf kurze Strecken des Weges fehlte, war der Lehmboden zu einem beinahe unüberwindlichen Brei erweicht.

Ich war schneller oben am Rande des Kraters als ich erwartete. Das Innere des Trichters ist jetzt ebenso wie die äussere Böschung mit europäischem Gras bewachsen, den Grund desselben bedecken Lavablöcke. Der Berg war ehemals ein grosser Maori-Pa und ist von seinen einstigen Bewohnern her ringsum terrassirt. Allenthalben ist der Rasen mit Muschelbruchstücken, den Ueberbleibseln ihrer Mahlzeiten, besät. Pferde und Kühe weiden jetzt, wo einst stolze Häuptlinge hinter kunstvollen Befestigungen ihrer Feinde spotteten und ihnen Wolfsgruben bereiteten, von denen einige noch erhalten sind, falls die betreffenden Vertiefungen nicht als Kochstellen oder zu anderweitigen physiologisch-hygienischen Zwecken gedient haben.

Das Panorama, welches sich zu Füssen des Berges entrollt, muss bei schönem klaren Wetter zu den schönsten der Erde gehören. Nordwärts der Haurakigolf mit den vielen Inseln und Halbinseln, über die der Rangitoto gebieterisch hervorragt, dessen merkwürdige scharfgeschnittene Gestalt mit den beiden symmetrisch links und rechts angefügten kleinen Vulkanen gerade aussieht wie ein idealer Durchschnitt der verschiedenen Kegel eines Vulkans in Hochstetters Buch über Neuseeland. Südwärts die Felsenkulissen des Manukauhafens. In der Mitte der Isthmus mit seinen zahlreichen grossen und kleinen isolirten und gruppirten vulkanischen Kegeln und düsteren Lavafeldern, zwischen denen zerstreute Saatäcker sich emporzudrängen begonnen haben. Die einzelnen Grundstücke sind mit Zyklopenmauern von Lavablöcken eingefasst, was der Landschaft etwas Festungsartiges verleiht. Unten an der Ostseite haben sich zahlreiche elegante Cottages mit wohlgepflegten Gärten angesiedelt, und da wo die Strasse nach Manukau sich hinzieht, sind mehrere Steinbrüche aufgeschlossen, aus denen dichter, schwerer Basalt gewonnen wird.

Reiseprojekte und die Bibliothek des Mechanics Institute waren fortan meine Hauptbeschäftigung. Ich studirte die zahlreichen Neuseeländischen Zeitungen und fand darin manches Neue und Interessante. Auch hier in diesem schönen Lande wird viel geschimpft. Schimpfen scheint ein natürliches Bedürfniss des Menschen zu sein.

Vorzugsweise waren es zwei Punkte, über die es fast nie an heftigen Artikeln fehlte, die Maoris und die Verfassung.

Wie sehr erstaunte ich zu vernehmen, dass es auf der Nordinsel Neuseelands noch immer einen Distrikt giebt, King Country genannt, in welchem etwa 10 000 Eingeborene unter einem eigenen selbstgewählten König leben und den Weissen jeglichen Zutritt verwehren. Nach dem neuesten Zensus vom Dezember 1875 besitzt die Kolonie, welche einen Flächenraum von 271 677 Quadratkilometer (= 104 900 englischen Quadratmeilen) also circa 41 000 Quadratkilometer mehr als Grossbritannien ohne Irland umfasst, eine Bevölkerung von 375 800 Weissen und 45 400 Maoris. Und mitten in dieser fast vierzigfachen Majorität von Weissen darf es ein Häuflein von 10 000 Eingeborenen wagen, dem britischen Banner zu trotzen! Ich fand die King Country auf keiner Karte angegeben. Ein Beamter der Behörde für Maoriangelegenheiten hatte die Güte, mir dieselbe in die meinige einzuzeichnen. Sie soll etwa 1 000 000 Acres (= 4050 Quadratkilometer) bedecken und liegt nordwestlich vom Tauposee. Gegen Westen ist ihre Grenze das Meer zwischen dem Aotea-Hafen und dem Mokau-Fluss. Von diesem letzteren geht sie beinahe parallel dem Breitengrad nach dem Tauposee, an dessen nordwestlicher Ausbuchtung entlang bis fast zum Waikato, hierauf parallel dem linken Ufer des Waikato bis zu seinem Mittellauf, von wo sie eine Strecke weit von ihm selbst gebildet wird, um etwa in gleicher Breite von Aotea wieder nach West abzubiegen. Auf der Poststrasse von Tapuaeharuru nach Ohinemutu war ich also nur wenige Kilometer von ihr entfernt gewesen.

Tawhiao heisst der König, der dort herrscht, Te Kuite ist sein Hauptdorf. Es sollen sich einige Europäer als Rathgeber bei ihm befinden, welche sich förmlich zu Maoris naturalisirt haben, sich wie Maoris kleiden und wie Maoris leben und deshalb Pakeha-Maoris genannt werden. Die während des zehnjährigen Krieges entstandene, aus Christenthum, Judenthum und Heidenthum zusammengemischte Maori-Staatsreligion oder »Hau Hau-Religion« (der Ausruf »Hau hau« spielte in den Gebeten und als Kriegsgeschrei eine hervorragende Rolle) ist von Tawhiao zur »Taraeo-Religion« modifizirt worden.

Diese King Country nun schien den oppositionellen Blättern ein arger Dorn im Auge zu sein, und nicht mit Unrecht, wenn folgender Passus, den ich aus einer Neuseeländischen Korrespondenz in der Sydney Mail vom 4. März 1876 wörtlich wiedergebe, und der die ganze Litanei von Klagen am bündigsten zusammenfasst, sich auf Wahrheit gründet, woran nicht zu zweifeln ist: »Die Eingeborenen kennen sehr wohl die Schwäche der Regierung ihnen gegenüber und geben sich keine Mühe, ihre Verachtung derselben zu verbergen. Jeder eingeborene Spitzbube und Verbrecher findet stets Zuflucht und Schutz in der King Country, und nichts desto weniger halten die Behörden es vereinbar mit der Ehre des britischen Namens, dem Tawhiao, unter dessen Zustimmung solches geschieht, eine halboffizielle Anerkennung zu gewähren.« Fast jede Nummer, die ich damals in die Hand nahm, enthielt lange Geschichten von Mördern und Räubern, welche sich den Gesetzen durch Uebersiedlung nach der King Country entzogen hatten.

Die Duldsamkeit der Kolonialregierung ist gewiss nicht glorreich, aber praktisch und ein Stück jener schlauen Politik, der England seine grossen Erfolge im Kolonisiren verdankt. Mit starrem Festhalten an hohlen Prinzipien und Schablonen würde man viel weniger weit gekommen sein. Wegen einer geringfügigen Sache eine Menge Geld und Soldaten zu opfern, die sie nicht werth ist, dazu sind die Engländer zu klug. Sie überlassen die Maoris der Zeit und dem Schnapse, welche beiden Faktoren sicherer und gründlicher mit ihnen aufräumen werden, als die Kriegskunst irgend einer Nation in den dichten Urwäldern Neuseelands jemals vermöchte.

Was nun die Verfassung der Kolonie anbelangt, so war damals eine starke Bewegung im Gange, die acht Provinzen mit den acht Provinzialregierungen abzuschaffen. Der Premierminister Sir Julius Vogel, ein deutscher Jude, stand an der Spitze derselben. Die Provinzen hatten eine ähnliche Selbstständigkeit wie die einzelnen Staaten der nordamerikanischen Republik, jede besass ihren Provincial Council von 20 bis 40 Mitgliedern, welche auf je vier Jahre gewählt wurden, und eine eigene Regierung mit dem entsprechenden Stab von Beamten. Sie alle zusammen waren dann vereinigt unter dem Gouverneur Marquis of Normanby, dem sieben Minister und ein zweikammeriges Parlament, dessen Oberhaus 45 vom Gouverneur auf Lebenszeit ernannte Mitglieder und dessen Unterhaus 78 Abgeordnete zählte, nebst einem neunten noch grösseren Stab von Beamten zur Seite standen. Entschieden liess sich nicht leugnen, dass Neuseeland, ein Land von noch nicht einer halben Million, auf diese Weise überregiert war. Für die Abolition waren namentlich die durch den Maorikrieg am meisten geschädigten und ärmeren Provinzen der Nordinsel Auckland, Taranaki, Wellington und Hawkes Bay, weil sie bei einer Verschmelzung der Lasten nur gewinnen konnten, gegen die Abolition agitirten jene der Südinsel Otago, Canterbury, Marlborough und Nelson, die ihre blühende Prosperität nicht mit den heruntergekommenen nördlichen Nachbaren theilen wollten. Es war ein Kampf des Kommunismus im Grossen, und es tauchten bereits Stimmen auf, dass man die ganze Kolonie lieber gleich in zwei theilen möchte.

 

Die Südinsel und besonders die Provinz Otago scheint eine grosse Zukunft zu haben. Dorthin zieht sich die überwiegende Menge der Einwanderer, dort sind Ackerbaudistrikte, in denen bereits soviel Getreide produzirt wird, dass exportirt werden kann. Wie viele bei uns wissen etwas von Dunedin, der Hauptstadt Otagos. Und doch ist Dunedin eine Stadt von bereits nahezu 19 000 Einwohnern, die in Bälde Auckland mit seinen 21 000 überflügelt haben wird. –

Meine Südseereiseprojekte schwanden immer mehr zusammen, je mehr ich von der Spärlichkeit und der Unsicherheit der Verbindungen kennen lernen musste. Wer nicht über eine eigene Yacht oder über eine unbeschränkte Anzahl von Monaten zu gebieten hat, möge darauf verzichten, in der Südsee abseits von den Dampferlinien zu reisen.

Etwa sechsmal im Jahre ohne bestimmte Ordnung befahren von Auckland aus Segelschiffe die Tonga- und die Samoa-Gruppe. Sie laufen je nach Wind und Wetter und je nach den Geschäften die Inseln Tongatabu, Nemuka, Hapai, Wawau, Haiwawa und Upolu an, um Tauschhandel mit den Eingeborenen zu treiben, und für ihre Aexte, Messer, Baumwollenzeuge und Schmucksachen Kokosnüsse einzunehmen. Zweimal schien mir eine derartige Gelegenheit zu winken, aber immer wieder wurde die Abfahrt auf ungewisse Zeit verschoben. Der Kapitän einer kleinen Brigantine aus Sydney, welche nach Tonga gehen sollte, suchte mich zu überreden, mit ihm zu kommen und mich auf Tonga als Arzt zu etabliren, es sei dort noch keiner vorhanden, und er habe von den dort gebietenden Wesleyanischen Missionären den Auftrag, einen solchen zu beschaffen. Die schwarze Gesellschaft passte mir aber nicht, wenn ich mich auch zu einem längeren tonganischen Aufenthalt hätte entschliessen können. Der Titel »Wesleyan« hat in der Südsee denselben Beigeschmack wie bei uns »Jesuit«. Gerade Tongatabu soll ein Hauptnest dieser englischen Hierokraten sein, wenn auch dem Namen nach der eingeborene King Georges über die Tonga-Inseln regiert.

Als warnendes Beispiel, wie wenig hier zu Lande auf Versprechungen von Schiffsgelegenheiten zu geben sei, dienten mir übrigens auch meine beiden Franzosen im Waitemata-Hotel, welche bereits seit drei Monaten auf ein Schiff nach Tahiti warteten, das man ihnen eben so lange in Aussicht gestellt hatte. Erst nach zwei weiteren Monaten kamen sie wirklich fort, wie ich zu Honolulu aus einer Auckland-Zeitung erfuhr.

Unter solchen Umständen wandte ich meine Gedanken wieder mehr den Postdampfern zu, um ohne weitere Abenteuer nach Hause zu fahren. Neuseeland hatte damals monatlich zwei europäische Posten, welche unbequemer Weise fast zur selben Zeit, nur mit einigen Tagen Unterschied eintrafen und abgingen, die eine westlich über Australien und Indien, die andere östlich über Kalifornien. Der letztere Weg ist etwas kürzer als der erstere, aber zugleich auch kostspieliger.

XI
VON AUCKLAND NACH KANDAVU

Die Pacific Mail. Auf der City of San Francisco eingeschifft. Beschreibung des Dampfers und seiner Attribute. Aeusserer Glanz und innere Dürftigkeit. Die chinesischen Mahlzeiten. Gang der Reise und Wetter. Der vierte Juli. Reiseplanzweifel.

Die Postdampfer von San Francisco, welche monatlich einmal zwischen Kalifornien einerseits und Neusüdwales und Neuseeland andererseits verkehren, berühren als Zwischenstationen Honolulu und Kandavu6.

In Kandavu ist ein Knotenpunkt der Linie, indem hier die beiden Zweiglinien Neusüdwales und Neuseeland sich vereinigen. Der Dampfer von Neuseeland trifft in Kandavu mit dem Dampfer aus Neusüdwales zusammen und übernimmt dessen Passagiere und Post, um sofort nach San Francisco weiterzugehen, während jener auf den zwei Tage später fälligen Dampfer von San Francisco wartet, um dann Post und Passagiere dieses, der direkt nach Sydney geht, für Neuseeland zu übernehmen, so dass also jeder Dampfer auf seiner dreimonatlichen Reise den Weg San Francisco, Honolulu, Kandavu, Sydney, Kandavu, Auckland und andere Häfen an der Ostseite Neuseelands, Kandavu, Honolulu, San Francisco beschreibt.

Früher gab es vorübergehend eine Dampferlinie zwischen San Francisco und Neuseeland, welche in Levuka, der Hauptstadt von Viti, anlegte. Dieser Platz ist von der gegenwärtig auf dem Stillen Ozean herrschenden Pacific Mail Steam Shipping Company mit der Angaloa Bay Kandavus vertauscht worden, theils weil der letztere Hafen günstiger liegt als Levuka, theils weil die Gesellschaft an der Angaloa Bay Landbesitz hat, den sie durch ihre Dampfer zu heben hoffte.

Die Pacific Mail Steam Shipping Company, die ihren Schwerpunkt in der japanesisch-chinesischen Linie hat, arbeitete damals mit fünf Schiffen auf der weniger bedeutenden und weniger rentablen australischen Linie. Die zwei älteren dieser Schiffe, die Zealandia und die Australia, welche in England gebaut waren, fuhren unter englischer, die drei neuesten in Philadelphia gebauten, die City of New York, die City of San Francisco und die City of Sydney, unter amerikanischer Flagge. Bekanntlich dürfen ja nur solche Fahrzeuge die Flagge der Vereinigten Staaten tragen, welche von einer Werft der Vereinigten Staaten stammen.

Nach dem letzten Vertrag zahlten Neusüdwales und Neuseeland für die Post eine Subvention von je 45 000 Pfund Sterling. Eine gewisse Fahrzeit, die ja nirgends besser als in den ruhigen Gewässern des Stillen Ozeans durch Kohlenverbrauch regulirt und eingehalten werden kann, war ausbedungen. Jede Stunde früheren Eintreffens wurde mit einer Prämie von 5 Pfund belohnt, jede Stunde Verspätung kostete 4 Pfund Strafe.

Da ich endlich die Geduld verlor, noch länger auf Gelegenheiten nach Tonga und Samoa zu warten, und in Neuseeland die Regenzeit immer unangenehmer wurde, so fasste ich einen raschen Entschluss und kaufte eine Passage nach San Francisco. Am 3. Juli ging die nächste Post dorthin, und zwar die »City of San Francisco«. Um denn doch noch etwas von der Pazifischen Inselwelt zu sehen, stellte ich die Bedingung, sowohl auf Kandavu als auf Hawaii einen Monat überschlagen zu dürfen. Dies wurde mir vom Agenten erst dann genehmigt, als ich ihm drohte, im Fall der Verweigerung mit der anderen Linie, mit der »P. and O.« – in solcher Weise kürzt der praktische Engländer den etwas langstyligen Titel »Penninsular and Oriental Mail Steamship Navigation Company« – über Indien nach Hause zu gehen. Hätte ich meine Passage blos von Station zu Station genommen, so hätte mich die Reise vielleicht das Doppelte gekostet. Dank dem Fehlen jeglicher Konkurrenz betrug der Fahrpreis blos bis Kandavu (vier Tage) 10 Pfund Sterling, und von Kandavu nach San Francisco nicht etwa 10 Pfund weniger sondern eben so viel wie von Auckland aus, nämlich 40 Pfund Sterling. Ausserdem hatte man nur bei der ganzen Fahrt Anspruch auf 250 Pfund Freigepäck.

Ausgerüstet mit dem theuren Ticket, dessen Rückseite die tröstliche Versicherung gab, im Fall eines Unglücks keinerlei Entschädigung zu gewähren und überhaupt für nichts zu stehen, schiffte ich mich also am 3. Juli ein.

Die City of San Francisco machte im Anfang einen imponirenden Eindruck. Ich hatte eben schon lang keinen grösseren Dampfer mehr gesehen. Allerdings reichte die kurze Zeit der vier Tage nach Kandavu hin, um mir deutlich zu machen, dass dem äusseren Glanz und den ansehnlichen Dimensionen kein würdiger Inhalt entsprach.

Die eine Seite des Schiffes und zwar die bessere, dem Passatwind zugekehrte war für die Passagiere aus Sydney, welche erst in Kandavu an Bord kamen, reservirt, und da ich nur bis Kandavu ging, hatte ich das Glück, der einzige Bewohner dieser ganzen Seite zu werden. Mit meinem Gepäck verfuhr man indess weniger liebenswürdig als gegen mich. Obwohl mir der Agent erklärt hatte, ich hätte nichts mehr für dasselbe zu bezahlen, wog man mir doch jede einzelne Kiste und oktroyirte mir, der ich vertrauensselig genug war, diese Manipulation nicht zu überwachen, 200 Pfund Uebergewicht und 4 Pfund Sterling Fracht dafür auf. Als ich später in Honolulu mein Gepäck nachwog, fand ich, dass ich um mehr als die Hälfte betrogen worden war.

Die City of San Francisco ist nicht länger und nicht breiter als manche atlantischen Postdampfer, deren erster Anblick mich sehr enttäuschte, nachdem ich die in unseren Blättern üblichen Schilderungen von der Pracht und Mächtigkeit jener »schwimmenden Paläste« gelesen hatte. Es ist schwer, ein so grosses Fahrzeug nach dem Augenmass zu beurtheilen. Die Anordnung und die Einrichtung der verschiedenen Räume tragen viel dazu bei, ein Schiff mehr oder minder grandios erscheinen zu lassen. Bei der City of San Francisco nun waren diese beiden Faktoren in der günstigsten Weise wirksam, und so kam es, dass sie der erste Dampfer war, der mir durch seine Grössenverhältnisse imponirte. Auch an Eleganz übertraf sie meine Erwartungen. Die einzelnen Decks zeichnen sich durch ungewöhnliche Höhe aus, so dass in den Kabinen drei Betten oder Kojen übereinander Platz haben. Dadurch ragt das ganze Schiff sehr hoch aus dem Wasser und erhält so viel Obergewicht, dass es bei Windstille, des Haltes der Segel entbehrend, fast niemals langweilig hin und her zu rollen aufhört.

Der Salon, welcher quer durch die ganze Mitte geht, und ein Theil der Kabinen liegen im Zwischendeck, dessen Ventilation viel zu wünschen lässt. Das Kajütsdeck ist der ganzen Länge nach zu beiden Seiten offen und hier mit einer sehr angenehmen Gallerie versehen, welche bei schlechtem Wetter Schutz vor Regen gewährt. Das Oberdeck trägt vorne das Häuschen der Dampfsteuerung, dann die Kammern für den Kapitän und die vier Offiziere, einen »Presidents Room« für besonders distinguirte Personen, da der Präsident der Vereinigten Staaten selbst wohl nur selten in die Lage kommen wird sich seiner zu bedienen, und hinten eine »Social Hall« mit Piano, Divans und einer ornamentalen Treppe nach unten. Da wir nur wenig Passagiere hatten, sah das freie und leere Oberdeck doppelt geräumig aus. Das Rauchzimmer, dieser wichtige Raum, in dem auf deutschen und englischen Dampfern Abends sich Alles zusammendrängt, bis niemand mehr Platz hat, und bis man vor Rauch einander nicht mehr sehen kann, war hier in einer sehr despektirlichen Weise behandelt. Der Raucher gilt in Amerika als lasterhafter Mensch, und in Anbetracht dieses war es natürlich, dass das Rauchzimmer sich gleich neben den Klosetts befand und eigentlich nur der Vorsaal dieser nützlichen Institute war, weshalb keiner sich in ihm aufhalten mochte.

Unser Kapitän wurde mir als eine Zelebrität aus dem letzten amerikanischen Bürgerkriege bezeichnet, er sei damals Führer eines südstaatlichen Kaperschiffes gewesen und habe dem Handel der Yankees viel Schaden gethan. Der erste Offizier war ein ausgezeichneter Violinspieler, der gern seine Künste zum Besten gab, und hatte ein etwas bierduseliges Gesicht, so dass ich in ihm einen biederen Landsmann vermuthete, obgleich er sonst nichts davon merken liess. Unter der übrigen Mannschaft waren Chinesen, Neger und Polynesier vertreten. Der Barbier war ein feingeschniegelter brauner Kanaka aus Honolulu, und im Salon bedienten langzopfige Chinesen. Zur ordnungsmässigen Besatzung rechneten sich ferner sieben Ochsen, etwa zwanzig Schafe und eine Menge Geflügel.

Als ich nach dem Doktor frug um mich ihm vorzustellen, fand ich in diesem denselben Herrn wieder, der mir vor einer Stunde als Freight Clerk gezeigt worden war, und mit dem ich mich bereits wegen des Gepäckes herumgezankt hatte. Er vertrat aber nur die interne Medizin. Die Chirurgie oblag seinem Vorgesetzten, dem Zahlmeister. Dieser rühmte sich Doktor von Philadelphia zu sein und pries mir die Einträglichkeit seiner doppelten Stellung an Bord. Solches war der »Experienced Surgeon«, dessen beruhigende Gegenwart im Programm fettgedruckt angezeigt steht.

 

Eine zweite Annehmlichkeit ähnlicher Art lernte ich in der Bibliothek kennen, und es war mein Vergnügen des ersten Abends, zu konstatiren, dass dieselbe aus 96 Bibeln, 54 Gebetbüchern, 16 Abhandlungen über praktische und theoretische Frömmigkeit, 22 Selbstbiographien von Pastoren und anderen Blaustrümpfen, aus einer italienischen Reise und aus Dickens' Martin Chuzzlewit bestand. Bis auf diese beiden entstammten die Bücher einer Traktatgesellschaft und hatten somit für die Pacific Mail Steam Shipping Company den unschätzbaren Vorzug, dass die »Accomplished Library« ihr nichts kostete. Ewig dankbar dem unbekannten Spender, warf ich mich Martin Chuzzlewit in die Arme.

Da das Essen auf Seereisen eine ansehnliche Rolle spielt, so fällt die Qualität desselben bei der Beurtheilung eines Schiffes schwer ins Gewicht. Leider ist auch in Betreff dieses Faktors von der City of San Francisco nichts Rühmliches zu berichten. Die Tafel war zwar stets voll von lauter neusilbernen Schüsseln und Schüsselchen, aber es war eigentlich selten etwas Nennenswerthes darin zu entdecken. Ein Gericht fehlte niemals und repräsentirte zugleich am besten den Charakter der Gesammtheit. Es bestand aus lauter feinen Knochensplittern, die mit einer dicken schwärzlichen Tunke überzogen waren. Ich weiss nicht, ob dieses kalifornische oder chinesische Küche oder eine Spezialerfindung der Pacific Mail Steam Shipping Company war. Gewiss aber ist, dass wir alle fortwährend gierig den Tisch auf und ab blickten, und dass wir am Ende einer Mahlzeit derselben nur sehr schwach bewusst waren. Sah man unsere rastlos und zwecklos hin und her rennende schlitzäugige und bezopfte Dienerschaft an, so konnte man sich nach China versetzt träumen, wo es ebenfalls allerhand seltsamen Mischmasch von Mäusepfötchen und Regenwürmchen, von Rattenschwänzchen und Eidechsenrippchen zu essen geben soll.

Waren auch unsere Chinesen vom Scheitel zur Zehe vollkommen echt, und unterliessen sie es auch nie, ihre sonst spiralig zusammengerollten Zöpfe bei Tisch galamässig in ganzer Länge herabbaumeln zu lassen, so wären uns doch Stewards unserer eigenen Rasse viel lieber gewesen. Die Mongolen verstanden nur wenig Englisch und besassen durchaus nicht die geringste Neigung zur Artigkeit. Mechanisch, stumm und mürrisch thaten sie, was ihnen vom Obersteward durch ein eigenes System von Fusstritten angedeutet wurde. Der Kompanie war es mit den Chinesen offenbar nicht um eine fremdartige Zierde ihres Salons, sondern nur um die grössere Billigkeit derselben zu thun. Mit jedem Tage wurden sie unsauberer, und schon am dritten erschien auch der Obersteward in einer schmierigen und schäbigen gestrickten Jacke und reichte damit die Wangen der Nächstsitzenden streifend in den Tisch herein – ein Mangel an Anstand, der auf englischen oder deutschen Dampfern unmöglich gewesen wäre. Dabei reduzirte sich der Inhalt der vielen Schüsseln und Schüsselchen immer mehr.

Die Ankunft in Viti unterbrach für mich diese absteigende Progression und entzog mir das Ende und Resultat derselben, welches wahrscheinlich auf ein Indignation Meeting der Passagiere und einige Schmähartikel in Australischen Zeitungen ohne besondere Wirkung, wie ich deren schon viele gelesen, hinauslief.

Wir hatten, so lange wir im Bereich von Neuseeland waren, trübes und regnerisches Wetter, und eine Menge Kaptauben, viel mehr als ich je in der Nähe des Kaps gesehen, begleitete unsere Spur. Auch einzelne Albatrosse der kleineren Art liessen sich hie und da blicken. Am zweiten Tag waren beide verschwunden. Der Himmel hatte sich aufgeheitert, schnurgerad stieg der schwarze Qualm des Schornsteins empor, es wurde warm und ich musste die winterliche Kleidung gegen eine leichtere sich der tropischen nähernde vertauschen.

Es war der 4. Juli, der Hauptfesttag und zugleich hundertjährige Geburtstag der Vereinigten Staaten. Heute wurde zu Philadelphia die grosse Weltausstellung eröffnet, genau genommen eigentlich 16 Stunden später als unserer Zeit entsprach. Vier grosse Sternenbanner wehten von den drei Masten und von der Gaffel. Die zwei ansehnlichen Geschütze des Schiffes begrüssten das Aufsteigen derselben am Morgen und das Niedersteigen am Abend mit einem donnernden Salut, und der Kapitän trank bei Tisch eine Flasche Wein mit seinen Offizieren. Die Passagiere verhielten sich ziemlich passiv, da kein einziger Amerikaner sich unter ihnen befand, und es wurde nicht eine einzige Rede gehalten.

Wir fuhren direkt nach Norden. Die am Wege liegenden Kermandec Inseln passirten wir westlich davon ohne sie in Sicht zu bekommen.

Ich sollte nun einen Monat auf Viti zubringen, und war noch sehr im Unklaren über meinen Reiseplan. Länger als die Zeit bis zur nächsten Post durfte ich nicht bleiben, und ich kannte bereits die Unsicherheit und Langwierigkeit der Verbindungen in der Südsee von den in Neuseeland gemachten Erfahrungen her. Wollte ich die Hauptstadt von Viti, Levuka, besuchen, so musste ich von den dreissig Tagen mindestens zwei für die Fahrt von Kandavu hin und zurück auf einem erbärmlichen Zwischendampfer verwenden, es konnten aber auch vier und mehr werden. Und war ich in Levuka, so war ich auf der ganz kleinen Insel Ovalau, von wo aus nur sehr zweifelhafte Gelegenheiten nach Vitilevu durch Segelfahrzeuge bestanden. Sollte es dem Wetter einfallen mir ungünstig zu sein, so konnte ich meine ganze Zeit auf See statt auf Land zubringen.

Mit uns war der Lootse für Kandavu an Bord, der damals zugleich auch für die Neuseeländischen Häfen lootste und deshalb beständig auf den Dampfern hin- und herfuhr. Er behauptete Viti vollständig zu kennen, und an ihn wendete ich mich zunächst mit meinen Zweifeln. Er rieth mir dringend ab, nach Levuka oder gar nach Vitilevu zu gehen, ich würde sonst höchst wahrscheinlich meine Passage verlieren, da es kaum möglich sei, innerhalb eines Monats wieder in Kandavu einzutreffen. Vielleicht hatte er Recht und sagte die Wahrheit, vielleicht war er an dem Hotel in Kandavu betheiligt. Im Widerspruch mit ihm riethen mir einige Mitpassagiere aus Levuka, die dorthin zurückkehrten ebenso dringend, ich sollte mit ihnen kommen und nicht auf Kandavu bleiben »O auf Kandavu ist nichts los, da werden Sie sich höchstens langweilen und nichts zu essen und nichts zu trinken bekommen«. Jetzt glaube ich annehmen zu dürfen, dass sie hierbei nur an ihre Schnapskneipen in Levuka dachten.

6Dies hat sich seitdem geändert. Die Postdampfer gehen jetzt direkt von Sydney nach Auckland und von da, ohne Kandavu zu berühren, direkt nach Honolulu.