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Die rote Schlange

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Sie scheute nicht, sich dem Kaiser offen als die zu zeigen, die sie war. Wohl schwoll ihm manches Mal der Zorn.

»Hüte Dich, Madischa, mich zu betrügen! Ich bin der Kaiser!«

»Was kümmert mich das!«

»Ein Kaiser teilt nicht mit Anderen —«

»Dann bleib’ bei Deiner Kaiserin«

»Aber ich will Dich, Dich! Ich kann nicht mehr leben ohne Dich!«

»Dann mußt Du mich nehmen, wie ich eben bin!«

»Ich gönne Dich keinem Andern! Ich liebe Dich bis zum Wahnsinn.«

»Dann laß mich thun. was mich freut.«

Er bebte vor Wut. Sprang mit geballten Fäusten auf sie zu.

»Gottverdammte —«

Sie zuckte die Achseln.

»Laß mich in Frieden! Geh’ heim in Deinen Palast, zu Deiner Frau, zu Deinen Heiligenbildern! Ich frag’ nichts nach Dir! Geh’, geh’ doch!«

Er ging. Tief gebeugt, zähneknirschend, Ekel im Herzen vor sich und vor ihr.

Er ging.

Am nächsten Tage kam er wieder – —

IX

Ganz Konstantinopel freute sich auf die nächste Cirkusvorstellung. Ein neuer Löwenbändiger war eingetroffen, dem ein großer Ruf vorausging. Auch war er einmal der Madischa Liebster gewesen; derselbe, von dessen gewaltsamen Zärtlichkeiten sie dem Kaiser erzählt hatte. Ganz Konstantinopel hatte das bald in Erfahrung gebracht. Ganz Konstantinopel war neugierig, was für ein Gesicht der Kaiser im Cirkus machen würde.

Er wußte alles. Er wagte aber nicht, sie nach dem Tierbändiger zu fragen. Er fürchtete ihre Lügen beinahe mehr noch, als ihre Offenheit. Insgeheim beobachtete er sie scharf. Er konnte nichts Verdächtiges wahrnehmen. Sie verließ ihr Haus kaum. Sie war zärtlicher gegen ihn als sonst. Sie erwähnte des Bändigers Namen nur beiläufig, ohne Wärme. Sie sprach von seiner Kunst nur mit kühler Anerkennung.

Des Kaisers Argwohn schlief ein. Er schenkte Madischa eine tiefrote Korallenspange mit einem Zickzack von Diamanten eingelegt.

»Du sollst sie bei der nächsten Cirkusvorstellung im Haar tragen statt Deines armseligen, roten Flitterbandes!«

Sie lächelte; ein geheimnisvolles beinahe grausames Lächeln. Den Kaiser fröstelte, – er mußte selber nicht warum. —

»Gefällt Dir meine Spange, Madischa?«

»Und ob sie mir gefällt!« rief sie, gierigen Auges den Schmuck betrachtend. »Wieviel mag sie wohl wert sein?«

»Mehr als Du wert bist!« versetzte er lachend.

»Mehr als ich Dir wert bin?!«

Sie saß auf seinen Knieen. Küßte ihn hinter dem Ohr auf den Hals.

»Mein ganzes Reich gäb’ ich für Dich, Madischa! Für Dich und Deine Küsse!«

Sie lachte. Streifte langsam ihr Gewand von den Schultern – —

Es war spät in der Nacht, als der Kaiser sie verließ. Sonst war er immer erst gegen Morgen weggegangen. Die liebe Schuljugend hatte es aber ausspioniert und ihm ein paar Mal ein unerwünschtes, lachendes Ehrenspalier gebildet. Darum schied er jetzt immer noch zu nächtiger Stunde. Langsam schritt er dahin. Sein Inneres war still und glücklich. Madischa war in der letzten Zeit anders als sonst, zärtlicher, weicher . . .

Sie gab ihm keinen Grund mehr zur Eifersucht. Er meinte, dies wilde Geschöpf endlich gesättigt, gebändigt zu haben. Er glaubte wieder einmal an sein erzieherisches Talent, daß er in den letzten Jahren etwas vernachlässigt hatte. Mit dem Glauben kamen auch die Träume. Er träumte davon, aus Madischa ein tugendhaftes Mädchen zu machen. Er pries sich glücklich, daß er, gerade er berufen war, den guten Kern ihres Wesens herauszuschälen. Sehnsucht nach ihr überkam ihn. Er wollte zurück zu ihr, – ihr sagen, wie gut er’s mit ihr meinte. Sie noch einmal küssen – —

Er wandte sich, schlug den Weg zu ihr ein. Die Straße lag still, menschenleer. Als er ungefähr noch zwanzig Schritte von ihrem Hause entfernt war, stutzte er. Ihm schien’s, als ob die Pforte ihrer Wohnung sich behutsam öffne . . . als ob ein Schatten hineinschlüpfe . . . Es war wohl eine Täuschung. In der nächtigen Ruhe hätte er jeden Kommenden schon von ferne hören müssen. Er hatte nichts gehört. Seine eigenen Tritte nur gaben weithin schallenden Wiederhall.

Madischas Haus lag still und dunkel. Es schien zu schlafen. Des Kaisers neuerwachender Argwohn merkte aber, daß aus ihrem Schlafgemach durch eine Ritze des Fensterteppichs, ein blasses Lichtstreifchen fiel. – Er nahm den schweren Kupferklöppel, der an der Hausthüre hing, pochte. Alles blieb still. Pochte stärker. Totenstill. Pochte ungeduldig, lärmend zum dritten Mal . . .

Verschlafen öffnete ihm die alte Magd. Sie erschrak, als sie ihn sah. Das Lämpchen in ihrer Hand zitterte.

»Um Christi Willen, Ihr seid’s —?!«

»Ich bin’s!«

Er wollte eintreten. Sie schob sich vor die Thür.

»Madischa schläft schon!«

Der Kaiser sah sie an, las ihr die Lüge vom Gesicht ab.

»Madischa schläft schon,« wiederholte sie übereifrig. »Madischa schläft.«

»Wecke sie!« befahl er und erzwang sich den Eintritt ins Haus.

Die Alte stand ratlos. Schielte verstohlen nach Madischas Gemach.

»Wecke sie!« befahl er zum zweiten Male laut und herrisch.

Sie, in Angst vor dem Kaiser, in Angst vor der Herrin, wiederholte immer hartnäckiger, jammernder:

»Madischa schläft! Madischa schläft!« —

Da erschien Madischa selbst auf der Schwelle. Man sah, daß sie eben erst in Hast vom Lager aufgestanden war. Ihre Augen brannten. Vom roten Flitterbande nur nachlässig geknüpft, fielen ihr die Haare wirr ums Gesicht. Lose hing ihr Gewand um die Glieder.

Sie fuhr zurück, als sie den Kaiser erblickte.

»Du bist’s?!«

Er packte ihre Hand. Zog sie mit sich vom Flur hinein ins Zimmer. «

»Was geht hier vor?! « Gestehe!!«

Sie wand sich unter seinem Griff.

»Was willst Du denn? Ich hab’ Dir doch nichts gethan.« Sie begann zu weinen. »Nicht einmal – mehr ruhig schlafen darf ich! Mitten in der Nacht kommst Du, um mich zu mißhandeln!«

Seine Wildheit begann ihn zu reuen. Schon wollte er sie mit zärtlicher Abbitte an sich ziehen. Da gewahrte er ans ihrer linken Schulter einen roten Fleck —

Er lachte grell.

»Schläfst wohl mit Ratten zusammen?! Mit hungrigen Ratten?!«

Sie sah ihn dumm an.

»Ratten? Wieso?«

Er gab keine Antwort. Stierte nur immer auf das brennende Mal. Sie folgte seinem Blick, erschrak. Dann, als sie sah, daß nichts mehr zu verheimlichen war, trotzig schreiend.

»Nun gut! Ich leugne nichts! Ja, ja! Ich hab’ einen anderen! Ich laß ihn mir nicht nehmen!«

Beim dämmerigen Schein der Nachtlampe wollte sich eilends ein Mann erheben; eine hagere Athletengestalt.

Bislang hatte der Kaiser wie erstarrt gestanden. Kaum zu atmen hatte er vermocht unter all der Abscheulichkeit, die über ihn hinquoll. Jetzt stieß er einen Schrei aus. Stürzte sich auf Madischa. Packte sie von hinten beim Halse. Schleuderte sie auf den Boden hin. Sprang auf den Athleten zu – — Bald waren die drei Menschen nur mehr ein einziger, wilder, schreiender Knäuel. Cäsar rang mit einem Athleten um eine Dirne!! Sie waren zu Zweien gegen ihn —, so mußt’ er unterliegen. Blitzschnell riß Madischa das rote Flitterband aus den Haaren, schleuderte es dem Athleten zu. Er warf es von hinten als Schlinge dem Kaiser über den Kopf. Ein Ruck . . . ein Knirschen . . . ein Röcheln . . . Todesstille! – —

Von dem Gelärm und Getobe aufgeschreckt, kam die Alte hereingestürzt. Schreiend prallte sie wieder zurück.

»Um aller Heiligen Willen! Ihr habt den Cäsar umgebracht!«

Madischa fuhr auf sie los, preßte ihr die Hand auf den zahnlosen Mund.

» Schweig’, Vettel! Sonst geht’s Dir wie ihm!«

Sie warf die Alte zum Zimmer hinaus. Trat zu dem Athleten hin, der verstörten Angesichts auf den Leichnam hinstarrte.

Kaisermord!! – —

Das Wort und die Folter, die ihm folgen mußten, machten wohl auch einen Löwenbändiger erzittern.

»Steh’ nicht herum!« raunte ihm Madischa zu. »Ist er denn wirklich tot?«

Er beugte sich horchend zu der Leiche nieder.

»Ja! Er ist tot!«

»Dann komm!«

»Wohin?«

»Fort! Wir müssen fliehen!«

»Man wird uns aufgreifen —«

Sie lachte. Öffnete Truhen und Schreine, die voll Gold und Edelsteinen lagen.

»Da! Das ist genug, um halb Byzanz zu bestechen! Das hat er mir alles geschenkt. Als ob er alles geahnt hätte!«

Mit beiden Händen wühlte sie in den Kostbarkeiten. Traf auf die Korallenspange mit dem Diamantenzickzack – —

»Als ob er alles geahnt hätte« – — sagte sie noch einmal.

Des Athleten Augen funkelten.

Gold! Gold! Gold!

Ja, nun winkte wieder die Freiheit . . . das Leben.

»Wohin?«

»Übers Meer. Zu den Bulgaren. Jeder Flüchtling aus Konstantinopel ist ihnen willkommen.«

»Aber die Alte? Sie wird uns verraten!«

»Sie weiß nicht, wohin wir uns wenden!«

»Sie horcht!«

»So stopf ihr den Mund! Du weißt doch, wie man’s macht!«

Der Athlet stolperte hinaus.

Ein Aufschrei . . . Ein Röcheln – —

Er kam bald wieder herein.

Madischa hatte indessen in fliegender Hast zusammengerafft, was sich tragen ließ: Gold, Perlen, Diamanten. Der Athlet half ihr. Höchste Eile war von Nöten. Schon begann der Nachthimmel flimmernd zu verbleichen. – — —

Als der Kaiser des Morgens nicht im Palaste war, lächelten die Hofleute. Richtig wieder einmal in der Liebe Arm verschlafen! Als es Mittag wurde, begann die fromme Kaiserin sehr empört zu werden. Als der Nachmittag anbrach, begab sich eine Handvoll der Alleredelsten nach Madischas Haus, um Cäsar demütigst an Schloß und Reich zu erinnern. —

Es schien ihnen seltsam und unheimlich, daß auf ihr wiederholtes Pochen keine Pförtnerin kam, um zu öffnen oder nach ihrem Begehren zu fragen. Mit Gewalt erbrachen sie endlich die Thüre. In dem dunklen Vorraum stießen ihre Füße an einen unbeweglichen, weichen Gegenstand. Sie erschraken. Als sie sich niederbeugten, um nachzusehen, erschraken sie noch mehr. Die alte Magd lag auf dem Boden ausgestreckt – tot – —

 

Zitternd näherten sie sich dem Schlafgemach. In ihm wehte noch ein Duft von Liebe und Blut. Als sie es betraten, schrieen sie auf. – — Sie konnten – es kaum glauben – — und doch war es so – —

In zerfetzten Kleidern, zerbissen, zerschunden, mit blauunterlaufenem Gesichte lag Cäsar erdrosselt neben den Fußpfosten des Bettes.

Kläglich war dies Ende und höchst unkaiserlich – —

Sie hoben ihn auf, betteten ihn aufs Lager, ihm die Blutspuren abzuwaschen, die zerzausten Haare zu glätten. Sie hätten es nicht gewagt, ihn so, wie er war in den Palast zurückzubringen.

Der Oberhofmeister wollte ihm das seidene Gewand über der Brust öffnen, um nachzusehen, ob eine Hand oder eine Schnur den kaiserlichen Hals tödlich umklammert hatte. Gelähmt vor Grauen, standen die andern um das Bette. Schier apathisch schauten sie auf des Oberhofmeisters Hände, die an den Goldschließen des Seidengewandes nestelten. Die ersten hatte er eben geöffnet . . . Er schrie laut auf.

Leichenblaß, mit angstgespreizten Fingern fuhren die Höflinge bis in die hintersten Ecken des Gemaches zurück.

Nicht Hand, noch Schnur hatte gemordet. Zur Todesschlinge um Cäsars Hals geknüpft bäumte sich in greulichen Windungen eine korallenrote Schlange. —