Ehe Er Sündigt

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Der Scarecrow Mörder dachte sie. Gott, werde ich das jemals in meinen Erinnerungen vergraben können?

Hinter ihr ging die Sonne auf, die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Als ihr Schatten langsam auf die Kirchentreppe geworfen wurde, versuchte sie die Tatsache zu ignorieren, dass es fast wie ein Kreuz aussah.

Wieder kamen ihr Erinnerungen an den Scarecrow Fall ins Gedächtnis.

Vielleicht ist es das, dachte sie hoffnungsvoll. Wenn ich diesen Fall abschließe, werden mich vielleicht die Erinnerungen an diese gekreuzigten Menschen auf den Kornfeldern endlich nicht mehr verfolgen.

Aber als sie zurück auf die blutgetränkten Türen der presbyterianischen Cornerstone schaute, hatte sie Angst, dass das nichts mehr als Wunschdenken war.

KAPITEL DREI

Mackenzie lernte in der nächsten halben Stunde jede Menge über Pastor Ned Tuttle. Erst einmal hatte er zwei Söhne und eine Schwester hinterlassen. Seine Frau hatte sich vor acht Jahren von ihm getrennt und war nach Austin, Texas gezogen, mit einem Mann, mit dem sie über ein Jahr lang eine Affäre gehabt hatte, ehe es rausgekommen war. Beide Söhne lebten in der Georgetown Gegend und das führte Mackenzie und Ellington zu ihrem ersten Halt des Tages. Es war gerade 6:30 Uhr als Mackenzie das Auto am Bordstein vor Brian Tuttle’s Wohnung parkte. Laut dem Agenten, der die Neuigkeiten überbracht hatte, waren beide Brüder da und warteten darauf, um zu tun, was sie konnten, um die Fragen über den Tod ihres Vaters zu beantworten.

Als Mackenzie in Brian Tuttles Wohnung trat, war sie ein wenig überrascht. Sie hatte erwartet zwei Söhne in tiefer Trauer zu sehen, zerrissen von dem Verlust ihres religiösen Vaters. Stattdessen sah sie, wie sie an einem kleinen Esstisch in der Küche saßen. Sie tranken beide Kaffee.

Brian Tuttle, zweiundzwanzig Jahre alt, aß eine Schüssel Cornflakes, während Eddie Tuttle, neunzehn, abwesend eine Eggo Waffel in einen Siruptopf tunkte.

“Ich weiß nicht, was genau wir Ihnen sagen können”, sagte Brian. “Wir hatten nicht das beste Verhältnis zu unserem Vater.”

“Darf ich fragen warum?”, fragte Mackenzie.

“Weil wir aufgehört haben, uns mit ihm abzugeben, als er sich ganz der Kirche gewidmet hat.”

“Sind Sie nicht gläubig?”, fragte Ellington.

“Ich weiß nicht”, sagte Brian. “Ich glaube, ich bin Agnostiker.”

“Ich bin gläubig”, sagte Eddie. “Aber mein Vater … er hat das Ganze auf ein ganz neues Level gehoben. Als er herausgefunden hat, dass meine Mutter ihn betrügt, hat er nichts unternommen. Nachdem er zwei Tage damit gehadert hat, hat er ihr vergeben und dem Typen, mit dem sie ihn betrogen hatte, ebenso. Er sagte, er vergibt ihnen, weil christliche Menschen das tun. Und er hat sich geweigert, über eine Scheidung zu sprechen.”

“Ja”, sagte Brian. “Und Mama hat gesehen, dass Papa es scheißegal war – es hat ihn nicht gekümmert, dass sie ihn betrogen hatte. Also ist sie gegangen. Und er hat nicht viel getan, um sie aufzuhalten.”

“Hat euer Vater je versucht, mit euch zu sprechen? Seit eure Mutter gegangen ist?”

“Oh ja”, sagte Brian. “Ungefähr jeden Samstagabend hat er uns gebeten, in die Kirche zu kommen.”

“Und außerdem”, fügte Eddie hinzu, “war er zu beschäftigt unter der Woche, auch wenn wir ihn sehen wollten. Er war immer in der Kirche oder bei Charity Veranstaltungen oder bei Krankenbesuchen im Krankenhaus.”

“Wann war das letzte Mal, dass einer von Ihnen länger mit ihm gesprochen hat?”, fragte Mackenzie.

Die Brüder sahen sich einen Moment an und rechneten nach. “Ich bin mir nicht sicher”, sagte Brian. “Vielleicht vor einem Monat. Und das war auch nicht viel. Er hat dieselben Fragen gestellt: Wie die Arbeit lief, ob ich eine Freundin habe, solche Sachen.”

“Man kann also mit Sicherheit sagen, dass Sie ein zerstrittenes Verhältnis mit Ihrem Vater hatten?”

“Ja”, sagte Eddie.

Er sah einen Moment auf den Tisch, als die Reue einsetzte. Mackenzie hatte diese Art von Reaktion schon früher gesehen; wenn sie hätte Wetten müssen, wäre sie sicher gewesen, dass wenigstens einer dieser Männer innerhalb von einer Stunde ein schluchzendes Häufchen Elend wäre, wenn er erkannte, dass alles verloren war, hinsichtlich des Vaters, den sie nie richtig gekannt hatten.

“Wissen Sie, wer ihn gut kannte?”, fragte Mackenzie. “Hatte er irgendwelche engen Freunde?”

“Nur der Priester oder Pastor oder was auch immer in der Kirche”, sagte Eddie. “Derjenige, dem die Kirche gehört.”

“Ihr Vater war nicht der leitende Pastor?”, fragte Mackenzie.

“Nein. Er war ein Hilfspastor oder so etwas”, antwortete Brian. “Es gab noch einen Mann, der über ihm stand. Jerry Levins, glaube ich.”

Mackenzie bemerkte, wie die jungen Männer die Begriffe verwechselten. Pfarrer, Pastor, Priester…. Es war alles ziemlich verwirrend. Mackenzie kannte nicht einmal den Unterschied, sie nahm an, es hatte etwas mit den Unterschieden im Glauben zwischen den Konfessionen zu tun.

“Und ihr Vater hat viel Zeit mit ihm verbracht?”

“Oh ja”, sagte Brian, ein wenig wütend. “Seine ganze verdammte Zeit, glaube ich. Wenn Sie etwas über meinen Vater wissen wollen, sollten sie ihn fragen.”

Mackenzie nickte, wohl wissend, dass sie keine nützlichen Informationen von den beiden jungen Männern erhalten würde. Trotzdem wünschte sie sich, dass sie mehr Zeit hätte, um mit ihnen zu sprechen. Es gab klar ungeklärte Spannung und Verlust zwischen ihnen. Vielleicht würden sie mehr zu bieten haben, wenn sie die emotionalen Mauern durchbrachen, die sie so ruhig bleiben ließen. Schließlich drehte sie sich um und dankte ihnen. Sie und Ellington verließen still die Wohnung. Als sie Seite an Seite die Stufen heruntergingen, nahm er ihre Hand.

“Alles okay?”, fragte er.

“Ja”, sagte sie verwirrt. “Warum?”

“Zwei Kinder … ihr Vater ist gerade gestorben und sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Mit all den Spekulationen über den alten Fall deines Vaters in der letzten Zeit … frage ich mich das eben.”

Sie lächelte ihn an und genoss die aufmunternde Art, wie ihr Herz sich in diesen Momenten fühlte.

Gott, er kann so süß sein…

Als sie zusammen in den Morgen hinausgingen, erkannte sie auch, dass er recht hatte: Der Grund, warum sie bleiben und weiter reden wollte, war, weil sie den Tuttle Brüdern helfen wollte, Probleme zu lösen, die sie mit ihrem Vater gehabt hatten.

Anscheinend verfolgte sie der Geist des kürzlich wieder eröffneten Falles ihres Vaters mehr als sie sich eingestanden hatte.

***

Die presbyterianische Cornerstone Kirche im Morgenlicht zu sehen war unwirklich. Mackenzie fuhr auf dem Weg zu ihrem Besuch bei Pastor Jerry Levins daran vorbei. Levins wohnte in einem Haus, das nur einen halben Block von der Kirche entfernt war. So etwas hatte Mackenzie oft in ihrer Zeit in Nebraska gesehen, wo die Vorstände von kleineren Kirchen dazu neigten, in unmittelbarer Nähe ihres Gotteshauses zu leben.

Als sie an Levins Haus ankamen, waren zahlreiche Autos entlang des Bürgersteigs sowie auch auf der Einfahrt geparkt. Sie nahm an, dass das wahrscheinlich Mitglieder von Cornerstone waren, die vorbeikommen waren, um Trost zu suchen oder Pastor Levins Trost zu spenden.

Als Mackenzie an die Vordertür des bescheidenen kleinen Ziegelhauses klopfte, wurde sofort geöffnet. Die Frau an der Tür hatte offensichtlich geweint. Sie sah Mackenzie und Ellington argwöhnisch an, bis Mackenzie ihr Abzeichen hochhob.

“Wir sind Agenten White und Ellington vom FBI”, sagte sie. “Wir würden gerne mit Pastor Levins sprechen, wenn er da ist.”

Die Frau öffnete ihnen die Tür und sie traten in ein Haus, das mit schluchzen und schniefen gefüllt war. Irgendwo im Haus konnte Mackenzie Gebete murmeln hören.

“Ich rufe ihn für Sie”, sagte die Frau. “Bitte warten Sie hier.”

Mackenzie sah zu, wie die Frau zurück ins Haus ging, sie ging in ein kleines Wohnzimmer, wo ein paar Menschen in der Tür standen. Nach ein paar geflüsterten Worten kam ein großer, kahlköpfiger Mann in ihre Richtung. Wie die Frau, die die Tür geöffnet hatte, hatte er ebenfalls geweint.

“Agenten”, sagte Levins. “Kann ich Ihnen helfen?”

“Ja, ich weiß, dass das eine sehr angespannte und traurige Zeit für sie ist”, sagte Mackenzie, “aber wir hoffen, dass sie uns Informationen über Pastor Tuttle geben können. Je eher wir Hinweise bekommen, umso schneller können wir denjenigen erwischen, der das getan hat.”

“Glauben Sie, dass sein Tod mit dem von dem armen Priester am Anfang der Woche in Verbindung steht?”, fragte Levins.

“Das können wir noch nicht mit Sicherheit sagen”, erwiderte Mackenzie, obwohl sie bereits sicher war, dass es so war.

“Deswegen hofften wir, dass wir mit Ihnen sprechen könnten.”

“Natürlich”, erwiderte Levins. “Draußen auf den Treppen. Ich möchte nicht die Gebete hier unterbrechen.”

Er führte sie zurück in die Morgensonne, wo sie auf den Betonstufen Platz nahmen. “Ich muss sagen, ich bin mir nicht sicher, was Sie über Ned finden werden”, sagte Levins. “Er war ein Steh-auf Gläubiger. Abgesehen von den Problemen mit seiner Familie wüsste ich nicht, dass er irgendetwas wie eine Art Feind hatte.”

“Hatte er Freunde innerhalb der Kirche, bei denen Sie vielleicht zweifeln, dass sie moralisch oder aufrichtig sind?”, fragte Ellington.

“Jeder war mit Ned Tuttle befreundet”, sagte Levins und wischte sich eine Träne aus seinem Auge. “Der Mann war einem Heiligen so nah, wie es nur ging. Er gab regelmäßig mindestens fünfundzwanzig Prozent seines Gehalts zurück an die Kirche. Er war immer in der Stadt, hat geholfen, die Armen zu speisen und zu kleiden. Er hat Rasen für Senioren gemäht, Sachen für Witwen repariert, drei Missionsreisen nach Kenia gemacht und jedes Jahr beim medizinischen Dienst geholfen.”

 

“Wissen Sie etwas über seine Vergangenheit, dass vielleicht fragwürdig sein könnte?”, fragte Mackenzie.

“Nein und das sagt viel aus, weil ich viel über seine Vergangenheit weiß. Er und ich, wir haben viele Geschichten über unsere Kämpfe ausgetauscht. Und ich kann Ihnen im Vertrauen sagen, dass es unter den wenigen Sünden, die er in seiner Vergangenheit erlebt hat, nichts gab, was darauf hindeuten würde, so behandelt zu werden, wie letzte Nacht.”

“Was ist mit Menschen in der Kirche?”, fragte Mackenzie. “Gab es Mitglieder der Kirche, die sich vielleicht von etwas beleidigt fühlten, was Pastor Tuttle gesagt oder getan hat?”

Levins dachte einen Moment nach, ehe er seinen Kopf schüttelte. “Nein. Wenn es irgendein Problem gäbe, dann hat Ned mir das nicht erzählt und ich weiß nichts davon. Aber … ich kann Ihnen mit großer Sicherheit sagen, dass er keine Feinde hatte, von denen ich wusste.”

“Wissen Sie, ob –“, begann Ellington.

Aber Levins hielt seine Hand hoch, als wenn er den Kommentar vertreiben wollte. “Es tut mir sehr leid”, sagte er. “Aber ich bin recht traurig über den Verlust meines guten Freundes und ich habe viele trauernde Mitglieder meiner Kirche hier drinnen. Ich werde Ihnen jegliche Fragen beantworten, die sie vielleicht in den kommenden Tagen haben, aber ich muss mich jetzt bei Gott und meiner Gemeinde melden.”

“Natürlich”, sagte Mackenzie. “Das verstehe ich. Und es tut mir wirklich leid für Ihren Verlust.”

Levins schaffte es zu lächeln, während er aufstand. Neue Tränen liefen über sein Gesicht.

“Ich meine, was ich gesagt habe”, flüsterte er, und gab sich Mühe nicht vor ihnen zusammenzubrechen.

“Geben Sie mir einen Tag oder so. Wenn es noch Weiteres gibt, was Sie fragen wollen, lassen Sie es mich wissen. Ich würde gerne mithelfen, denjenigen, wer immer das getan hat, zur Rechenschaft zu ziehen.”

Damit ging er wieder hinein. Mackenzie und Ellington gingen zurück zum Auto, als die Sonne endlich ihren richtigen Platz am Himmel gefunden hatte. Es war schwer zu glauben, dass es erst 8.11 Uhr war.

“Was kommt als Nächstes?”, fragte Mackenzie. “Irgendwelche Ideen?”

“Naja … Ich bin jetzt seit fast vier Stunden wach und ich hatte noch keinen Kaffee heute. Das scheint ein guter Ort zum Beginnen zu sein.”

***

Zwanzig Minuten später saßen Mackenzie und Ellington sich in einem kleinen Coffee Shop gegenüber. Während sie ihren Kaffee tranken, sahen sie sich die Akten von Vater Costas an, die sie aus McGraths Büro mitgenommen hatten, sowie die digitalen Ordner von Pastor Tuttle, die Mackenzie auf ihr Handy gemailt bekommen hatte.

Neben dem Studium der Fotos gab es nicht wirklich viel anzuschauen. Sogar in dem Fall von Vater Costas, wo es Papierkram gab, gab es nicht viel zu sagen. Er war entweder von den Stichwunden in seiner Lunge oder einer tieferen Schnittwunde hinten an seinem Nacken gestorben, die tief genug war, um das weiße Glimmern seiner Wirbelsäule zu zeigen.

“Also laut diesem Bericht”, sagte Mackenzie, “waren es die Wunden von Vater Costas Körper, die ihn getötet haben. Er war wahrscheinlich schon tot, ehe er gekreuzigt wurde.”

“Und das bedeutet etwas?”, fragte Ellington.

“Ich glaube schon. Es ist klar, dass es hier eine Art religiösen Zusammenhang gibt. Das bloße Thema der Kreuzigung unterstützt das. Aber es gibt einen riesigen Unterschied zwischen der Nutzung des Aktes der Kreuzigung als eine Nachricht und der Nutzung der Symbolik der Kreuzigung.”

“Ich glaube, ich kann folgen”, sagte Ellington. “Aber du kannst gerne weiter erklären.”

“Für Christen wäre das Bild der Kreuzigung wirklich nur eine Art der Darstellung. In unserem Fall scheint der Tod als Ergebnis der Kreuzigung nicht das Ziel zu sein. Wenn das der Fall wäre, wären die Körper wahrscheinlich frei von Verletzungen. Denk mal darüber nach … das ganze Christentum wäre anders, wenn Jesus bereits tot gewesen wäre, als er ans Kreuz genagelt wurde.”

“Glaubst du also, der Mörder kreuzigt diese Männer nur zur Show?”

“Es ist zu früh, um das zu sagen”, sagte Mackenzie. Sie machte lang genug Pause, um einen ordentlichen Schluck von ihrem Kaffee zu nehmen. “Ich neige aber dennoch zu einem Nein. Beide Männer waren Geistliche … Vorstände einer Kirche, auf die eine oder andere Art. Sie so darzustellen, wie die christliche Figur, um die sich die Kirche dreht, ist auf jeden Fall ein Zeichen. Es gibt eine Art Motiv hinter all dem.”

“Du hast Jesus Christus als eine christliche Figur bezeichnet. Ich dachte, du glaubst an Gott.”

“Das tue ich”, sagte Mackenzie. “Aber nicht mit der Strenge und Überzeugung wie jemand wie Ned Tuttle. Und wenn es um Bibelgeschichten geht – die sprechende Schlange, die Arche, die Kreuzigung – Ich glaube, der Glaube muss sich hinten anstellen und sich auf etwas verlassen was eher dem blinden Glauben näherkommt. Und das ist nicht so angenehm für mich.”

“Wow”, sagte Ellington mit einem Lächeln. “Das ist tiefsinnig. Ich … ich bevorzuge lieber die Ich weiß nicht Antwort. Also … wegen des Motivs, das du erwähnt hast. Wie finden wir das?”, fragte Ellington.

“Gute Frage. Ich plane, mit der Familie von Vater Costas zu beginnen. Es steht nicht viel in den Berichten. Also ich glaube –“

Das Klingeln von Ellingtons Handy unterbrach sie. Er griff schnell danach und runzelte die Stirn, als er auf das Display schaute. “Es ist McGrath”, sagte er, ehe er antwortete.

Mackenzie hörte sich Ellingtons Gespräch an und konnte nicht zusammensetzen, worum es ging. Nach weniger als einer Minute beendete Ellington den Anruf und schob sein Handy wieder zurück in die Tasche.

“Also”, sagte er. “Es sieht so aus, als wenn du die Costas Familie alleine besuchen musst. McGrath braucht mich im Büro. Einige Detailarbeiten an einem Fall, über den er ziemlich geheimnisvoll ist.”

“Das heißt wahrscheinlich Routinearbeit”, sagte Mackenzie. “Du Glücklicher.”

“Trotzdem … es ist ein wenig komisch, dass er mich schon so schnell abzieht, wenn wir noch gar keine Hinweise haben. Er muss ganz plötzlich ein großes Vertrauen in dich haben.”

“Und du hast das nicht?”

“Du weißt, was ich meine”, sagte Ellington lächelnd.

Mackenzie nahm einen weiteren Schluck von ihrem Kaffee, ein wenig verstimmt, als sie merkte, dass er schon leer war. Sie warf die Tasse in den Müll und sammelte die Akten und ihr Handy ein, bereit für ihren nächsten Halt. Zuerst jedoch ging sie zur Theke, um einen weiteren Kaffee zu bestellen.

Es sah aus, als wenn es ein langer Tag werden würde. Und ohne Ellington, der sie auf Trab hielt, brauchte sie definitiv Kaffee.

Aber lange Tage ergaben auch immer Hinweise – in Produktivität. Und wenn Mackenzie es auf ihre Art machen konnte, würde sie den Mörder finden, ehe er Zeit hatte einen weiteren Mord zu planen.

KAPITEL VIER

Nachdem sie Ellington in der Parkgarage des FBI-Büros abgesetzt hatte (und einen schnellen, aber leidenschaftlichen Kuss bekommen hatte, ehe sie weiterfuhr), fuhr Mackenzie zur katholischen Blessed Heart Kirche. Sie hatte nicht erwartet etwas zu finden, also war sie nicht enttäuscht, als genau das passierte.

Die Türen waren ersetzt worden, aber sahen genau wie Repliken von denen aus, die sie auf den Fotos des Tatorts gesehen hatte. Sie stieg die Stufen zu den neuen Türen hoch, die hier viel schicker und verzierter waren, als die in der presbyterianischen Cornerstone. Sie drehte sich dann mit dem Rücken zu den Türen und schaute auf die Straße. Sie konnte nicht anders als sich zu fragen, ob es noch irgendwelche weitere Symbolik bei der Kreuzigung der Männer an den Vordertüren gab.

Vielleicht sollten sie nach etwas schauen, dachte Mackenzie. Aber alles was sie sah waren geparkte Autos, ein paar Fußgänger und Straßenschilder.

Sie sah auf ihre Füße und entlang der Kanten des Türrahmens. Es gab kleine gespachtelte Formen, die alles sein konnten. Aber sie hatte diese Farbe schon einmal gesehen – die Farbe von Blut, sobald es auf dem hellen Beton getrocknet war.

Sie sah die Treppen herunter und versuchte sich einen Mann vorzustellen, der dort eine Leiche hochtrug. Das wäre eine Aufgabe, das war sicher. Natürlich wusste sie nicht sicher, dass Costas bereits tot gewesen war, als er an die Tür genagelt wurde, dennoch schien das aber die funktionierende Hypothese zu sein.

Während sie an den Doppeltüren stand und sich umsah, ging sie die Fakten, die sie aus den Akten wusste durch. Dieselbe Art von Nagel wurden sowohl hier, als auch am Tuttle Tatort genutzt. Die einzige gemeinsame Verletzung an den beiden Leichen war eine große Wunde, längs an ihrer Stirn – vielleicht eine Anspielung auf die Christi Dornenkrone.

Sich solch einen grausamen Anblick auf den Stufen vorzustellen, auf denen sie stand, war schwer. Menschen dachten typischerweise nicht an Tod und Aufspießung, wenn sie vor den Türen einer Kirche standen.

Und vielleicht ist das der Punkt. Vielleicht ist das eine Verbindung zum Motiv des Mörders.

Mit dem Gefühl, das sie an etwas dran war, ging Mackenzie die Stufen zur Straße herunter.

Es fühlte sich merkwürdig an, sich in so einem Tempo ohne Ellington an ihrer Seite zu bewegen, aber als sie im Auto war und losfuhr, waren ihre Gedanken nur noch bei dem Fall.

***

Zum zweiten Mal am Tag ging Mackenzie in ein überfülltes Zuhause. Vater Costas hatte in einem schönen Zuhause, einem zweistöckigen Ziegelhaus, direkt in den Außenbezirken der Innenstadt Region gewohnt. Sie wurde von einer Frau empfangen, die sich selbst als Gemeindemitglied von Blessed Heart vorstellte. Sie führte Mackenzie in den Wartebereich, wo sie gebeten wurde, einen Moment zu warten.

Innerhalb von Sekunden betrat eine ältere Frau den Raum. Sie sah erschöpft und zutiefst traurig aus, als sie in einem Lehnsessel Mackenzie gegenüber, die sich auf ein verziertes Sofa gesetzt hatte, Platz nahm.

“Es tut mir leid Sie zu stören”, sage Mackenzie. “Ich hatte keine Ahnung, dass Sie so viel Besuch haben.”

“Ja, ich hatte auch keine Ahnung”, antwortete die Frau. “Aber die Beerdigung ist heute Abend und plötzlich tauchten all diese Menschen auf. Familienmitglieder, Bekannte, Anhänger von der Kirche.” Sie grinste müde und fügte hinzu: “Ich bin Nancy Allensworth, die Kirchensekretärin. Mir wurde gesagt, dass Sie vom FBI sind?”

“Ja Ma’am. Auch wenn ich sie noch weiterhin aufrege, heute Morgen wurde eine weitere Leiche entdeckt, die auf dieselbe Art wie Vater Costas getötet wurde. Dieser hier war Pastor in einer kleinen presbyterianischen Kirche in der Nähe von Georgetown.”

Nancy Allensworth legte ihre Hand an den Mund in einer dramatischen Oh nein Gestik. “Meine Güte”, sagte sie. Dann durch Tränen und zusammengebissenen Zähnen zischte sie, “Was ist nur aus dieser Welt geworden?”

Mackenzie gab sich Mühe weiterzumachen. “Natürlich haben wir Annahme zu glauben, dass es erneut passieren kann, wenn es bereits zwei Mal passiert ist. Zeit ist also wichtig. Ich hoffte, Sie können mir ein paar Fragen beantworten.”

“Ich kann es versuchen”, sagte sie. Dennoch war klar, dass sie damit kämpfte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.

“Weil Blessed Heart eine relativ große Kirche ist, habe ich mich gefragt, ob es vielleicht jemanden innerhalb der Gemeinde gibt, der vielleicht kürzlich mit Vater Costas Probleme hatte oder sich beschwert hat.”

“Nicht dass ich wüsste. Natürlich müssen Sie bedenken, dass viele Menschen ihn im Vertrauen aufsuchen, um Sünden zu beichten oder spirituelle Unruhen in ihrem Leben auszuarbeiten.”

“Gibt es irgendetwas im Laufe der letzten Jahre von dem sie glauben, dass das jemanden in den falschen Hals bekommen hat? Irgendetwas dass jemanden aufgeregt hat, der vielleicht vorher mit Ehrfurcht zu Vater Costas hochgeschaut hat?”

Nancy schaute auf ihre Hände. Sie spielte nervös mit ihren Händen auf ihrem Schoß, versuchte sie davon abzuhalten, zu zittern. “Ich nehme an, die gab es, aber das war bevor ich hier angefangen habe zu arbeiten. Es gab eine Geschichte, die sich vor zehn Jahren abgespielt hat, ein Bericht, den einer der einheimischen Zeitungen gebracht hat. Einer der Teenager Jungen, der eine Jugendgruppe führte, behauptete, dass Vater Costas ihn sexuell missbraucht hatte. Es war ziemlich heikel. Es gab nie Beweise und um ehrlich zu sein, Vater Costas würde so etwas niemals tun. Aber wenn so eine Nachricht erst mal jemanden in der katholischen Kirche betrifft, wird es als die Wahrheit betrachtet.”

 

“Was waren die Folgen nach der Geschichte?”

“Soviel ich weiß, hat er Morddrohungen bekommen. Die Besucher in der Kirche sind auf fünfzehn Prozent zurückgegangen. Er hat unerwünschte E-Mails bekommen mit homosexueller Pornografie.”

“Hat er diese Mails aufbewahrt?”, fragte Mackenzie.

“Eine Weile schon”, erwiderte Nancy. “Er sagte, die Polizei hat darauf gesetzt, aber sie konnte nie eine Verbindung herstellen. Nach dem klar war, dass man nichts machen konnte, hat er sie alle gelöscht. Ich persönlich habe sie nie gesehen.”

“Und was ist mit dem Teenager, der die Anschuldigungen gemacht hat? Wenn Sie uns seinen Namen geben könnten, könnten wir ihn einmal aufsuchen.”

Nancy schüttelte ihren Kopf, neue Tränen flossen. “Er hat sich später im selben Jahr das Leben genommen. Es gab eine Nachricht neben der Leiche, in der er beichtete, schwul zu sein. Das war ein weiterer Schlag gegen Vater Costas. Es machte die Geschichte noch plausibler.”

Mackenzie nickte und versuchte, an andere zugängliche Wege zu denken. Sie wusste natürlich, dass es schwierig werden würde, irgendeine Art von Informationen aus einer trauernden Mitarbeitern zu bekommen. Und wenn dann noch eine Geschichte aus der Vergangenheit hinzukam, die vielleicht oder auch nicht irgendwelche Wahrheiten in sich trug, dann wurde das Ganze nur noch schlimmer. Sie nahm an, sie könnte nach mehr Informationen über den jungen Mann drängen, der eine Beschwerde angezettelt und sich dann selbst getötet hatte. Aber sie konnte auch ganz einfach selbst die Informationen finden, indem sie diese arme Frau verließ, damit sie sich für Vater Costas Beerdigung fertigmachen konnte.

“Okay, Ms Allensworth, vielen Dank für ihre Zeit”, sagte Mackenzie und stand auf. “Mein allerherzlichstes Beileid für Ihren Verlust.”

“Gott segne Sie, meine Liebe”, sagte Nancy. Sie stand ebenfalls auf und führte Mackenzie zurück durch das Haus zur Eingangstür.

An der Tür gab Mackenzie Nancy ihre Visitenkarte mit ihrem Namen und ihrer Nummer darauf. “Ich verstehe, dass Sie gerade viel zu tun haben”, sagte Mackenzie. “Aber wenn Ihnen in den nächsten Tagen noch irgendwas einfällt, dann rufen Sie mich bitte an.”

Nancy nahm die Karte ohne ein weiteres Wort und ließ sie in ihre Tasche gleiten. Sie drehte sich um, kämpfte offensichtlich mit einem großen Schwall an Tränen und schloss die Tür.

Mackenzie ging zurück ihrem Auto und zog ihr Handy heraus. Sie wählte die Nummer von Agent Harrison, der sofort antwortete.

“Läuft alles gut?”, fragte er.

“Ich weiß noch nicht”, sagte sie. “Kannst du mir einen Gefallen tun und zehn Jahre zurückschauen, und sehen, ob du etwas über Vater Costas finden kannst und über die Anschuldigung des sexuellen Missbrauchs von einem männlichen Leiter einer Jugendgruppe? Ich hätte gerne so viel Details über den Fall, wie du bekommen kannst.”

“Sicherlich. Glaubst du, es könnte ein Hinweis dabei herauskommen?”

“Ich weiß es nicht”, sagte sie. “Aber ich glaube, ein Teenie der behauptet von einem Priester sexuell missbraucht worden zu sein, der an die Türen seiner Kirche genagelt wurde, das ist wohl eine Anschauung wert.”

“Okay, guter Punkt”, sagte Harrison.

Sie beendete den Anruf und wieder wurde sie von Bildern des Scarecrow Mörders und Nebraska verfolgt. Sie hatte offensichtlich schon mit Mördern, die aus einem religiösen Kontext handeln, zu tun gehabt. Und wenn sie eins über sie wusste, war es, dass sie unvorhersehbar und sehr angetrieben waren. Sie würde kein Risiko eingehen und daher würde sie keinen Stein umgedreht lassen.

Als sie sich wieder in ihr Auto setzte, erkannte sie, dass ein sexuell missbrauchter Junge sich wirklich wie ein solider Hinweis anfühlte. Außerdem war abgesehen von ihm, das Einzige was ihr blieb, zum FBI-Büro zurückzukehren und zu sehen, was sie aus den Akten zutage fördern konnte. Außerdem hoffte sie darauf, dass die Spurensicherung vielleicht mit etwas Neuem kam.

Und sie wusste, wenn sie träge herumsaß und auf den Durchbruch in dem Fall wartete, konnte der Mörder dort draußen schon seinen nächsten Schritt planen.