Projekt-Voodoo®

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1.3 Projekt-Voodoo-Leitfaden: ein Fundament für alle Projektlagen

Manchmal sind die Projektsituationen schon so verworren, dass man sich ein Orakel wünscht. In der Tat, ich habe schon Kollegen erlebt, die in schweren Zeiten anfingen, Ihren morgendlichen Kaffeesatz zu deuten. So weit kann es kommen. Dann wird jedem Rat ein Ohr geschenkt, ob er sinnvoll ist oder nicht.

Die Universallösung, sozusagen die Urformel für alle Projektprobleme, kann ich Ihnen leider auch nicht geben. Aber etwas, was schon verdammt nah dran ist. Etwas, was wie ein Fundament für alle Projektlagen dienen kann, was genial einfach klingt, aber in der Anwendung anspruchsvoll sein wird.

Es ist der Projekt-Voodoo-Leitfaden. Sieben Kernthesen, die man quasi als Denkfundament für alle Projektlagen betrachten kann:


Wenn Sie diese Thesen in Ihre Problembetrachtung integrieren, dann garantiere ich Ihnen, dass der Lösungsweg bereits in Sichtweite sein wird.

Im Detail werden die einzelnen Kernthesen in den nächsten Kapiteln Schritt für Schritt erklärt. Diese werden jeweils durch die rote Voodoo-Puppe gekennzeichnet.

Mehr möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten …


2 Zombie-Projekte

Jeder kennt Projekte, die total verfahren sind: Keiner weiß mehr, wo es langgeht, das Ziel ist außer Sicht, immer mehr Meetings bringen immer weniger Ergebnisse, das Team ist womöglich zerstritten und die Deadline bedrohlich nah. Doch nur wer typische Schwachstellen in Projekten kennt, kann dagegen angehen. Beispiele aus der Praxis zeigen deshalb bekannte Horrorszenarien – Zombie-Projekte, die nicht nur durch die Albträume geplagter Projektleiter und -mitarbeiter geistern, sondern leider allzu oft Realität sind.

Unter »Zombie-Projekten« verstehe ich Projekte, die einer äußeren Bedrohung ausgesetzt wurden und dadurch zu »Zombies« mutiert sind. Die vier wichtigsten Bedrohungen lernen Sie in diesem Kapitel kennen:

• die Besessenheit (Egal welche Steine im Weg liegen, welche Entscheidungshürden Sie nehmen müssen, verbissen kriechen Sie im Schneckentempo dem Ziel entgegen.),

• den Fluch (Wir fangen schon mal an, ist schnell gesagt. Doch Vorsicht, schmerzlich wird Sie diese fatale Entscheidung noch verfolgen. Lange werden Sie sich und all diejenigen, die Sie dazu getrieben haben, noch verfluchen. Wenn Sie das Projekt aufs Geratewohl und ohne Vorbereitung angepackt haben, verlieren Sie schnell den Überblick und Ihre Kontrolle.),

• die Angst (Ist Angst und Schrecken Ihr zweiter Nachname? Dann sind Sie in bester Gesellschaft, denn mit so richtig viel Druck spuren einfach alle Beteiligten immer noch am besten! Oder?)

• und den Stillstand (Wie ein Blutsauger hat sich das Projekt im Unternehmen festgebissen. Das Projekt lebt und lebt, ohne erkennbaren Erfolg. Und schließlich wird so lange rumgedoktert, bis gar nichts mehr geht. Was nun? Beerdigen oder fortfahren? Wir werden sehen.).

All diese Bedrohungen machen aus einem hoffnungsvollen, »gesunden« Projekt schnell einen fatalen »Zombie«.

Das habe ich am eigenen Leibe erfahren: Direkt nach der Hochschule trat ich meinen ersten Job als Entwicklungsingenieurin in einer mittelständischen Firma an. Die Firma stellt Inspektionsanlagen zur Detektion von Produktionsfehlern her. Bereits nach einem halben Jahr bekam ich mein erstes eigenes Projekt. Ich fühlte mich wie eine Schneekönigin. Mein erstes eigenes Team, meine erste Budgetverantwortung über eine Million Euro – das erste Mal durfte ich richtig führen und delegieren. Die Projektaussichten waren fantastisch und ich konnte es gar nicht erwarten, dass es endlich losging. Beim Start waren die Verhandlungen mit dem Kunden über den Umfang und die Kosten noch nicht abgeschlossen, aber blauäugig, wie ich zu Beginn meiner Karriere war, machte ich mir darüber keine sonderlichen Gedanken. Ich hatte ja ganz andere Probleme. Das soll heißen: Ich musste sozusagen vom Zehn-Meter-Turm springen und mir während des Fluges noch schnell das Schwimmen beibringen. Also las ich jedes Projektmanagementbuch, das ich in die Hände bekam.

Und dann hieß es: »Wir fangen schon mal an. Es ist zwar noch nicht alles geklärt, aber die ersten Tätigkeiten könnten wir ja schon mal ausführen.« »Okay«, sagte ich und startete mit einem vorbildlichen Kick-off. Mein Team bestand aus einem Elektriker, einem Mechaniker, einem Projektingenieur, einem Vertreter der Softwareentwicklungsabteilung und aus mir, in der Doppelrolle als Projektleiter und Produktentwicklungsingenieur. Gleich zu Beginn stellten wir fest, dass alle wichtigen Rahmenbedingungen noch ungeklärt waren. Es fehlten das klare Projektziel, das Budget, der Abgabetermin und die menschlichen wie technischen Ressourcen. Kritisch betrachtet kannten wir nur das grobe Ziel: die Herstellung einer Inspektionsanlage für die Glasproduktion. Diese Anlage sollte Dimensionen ähnlich einem Lkw bekommen und musste während der laufenden Produktion aufgebaut und in Betrieb genommen werden. Die Begeisterung meines Teams hielt sich unter diesen Voraussetzungen und wegen der fehlenden Unterstützung des Unternehmens von Beginn an in Grenzen. Das Festzurren der Rahmenbedingungen gelang mir mehr schlecht als recht. Die Budgetverantwortung, die mir als Projektleiter offiziell übertragen wurde, gestaltete sich doch etwas anders, als ich mir das vorgestellt hatte: Die Ausgabe jedes einzelnen Cents musste ich mit Argumenten begründen und Anträge dafür stellen. Anschließend folgte der Kampf mit dem Projekteigner um die Genehmigung des Teilbudgets.

Da die Kundenwünsche auch ein halbes Jahr nach Projektstart immer noch nicht konkretisiert waren, behalf man sich damit, die Software aus anderen Projekten zu stückeln. Somit wurde der Programmcode unübersichtlich und unhandlich, aber etwas Sinnvolleres konnte man zu diesem Zeitpunkt nicht tun. Dazu kam, dass die mir zugeteilten Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten sukzessive für andere Projekte abgezogen wurden.

Es kam, wie es kommen musste: Das Projekt war bereits nach einem guten halben Jahr festgefahren. Und dabei hatten wir doch gerade erst gestartet. Wir kämpften mit der Hierarchieangst und vor allem mit dem Fluch, dass wir zu früh begonnen hatten.

Mein erstes Zombie-Projekt war geboren und lernte gerade das Laufen!

Hochoffizielle Definition eines Zombies

Zombies sind nach der Definition des französischen Ethnologen Michel Leiris künstlich in den Scheintod versetzte Individuen.1

Noch im 18. Jahrhundert wurden von Voodoo-Priestern Menschen mit einem Fluch und einer Prise Voodoo-Pulver in eine Art Scheintod versetzt. Voodoo-Pulver ist ein Nervengift, das dem des japanischen Kugelfisches ähnelt. Einmal eingenommen, lähmt es den Körper. Alle lebenswichtigen Funktionen wie die Atmung und der Herzschlag verlangsamen sich. Das Opfer verfällt in einen komaartigen Zustand. Nach dem Verhexen wurden die Menschen auf rituelle Weise wieder zum Leben erweckt und verbrachten dann den Rest ihres Lebens als Arbeitssklaven. Diese Vorgehensweise war ein profundes Mittel, um an billige Arbeitskräfte zu kommen. Noch im 19. Jahrhundert war die Angst vor dem Scheintod so groß, dass die Hinterbliebenen die Toten unmittelbar nach deren Ableben regelrecht vergifteten und pfählten. Aus dieser Zeit stammt auch unsere heutige Totenwache. Da man absolut sichergehen wollte, dass der Mensch auch wirklich tot ist, dauerte die Totenwache damals erheblich länger.

Zombie-Projekte werden oft von Projektleitern geleitet, die wie willenlose Wesen, deren Seele geraubt wurde, agieren. Einem inneren Antrieb oder eigenen Wünschen gehen diese Projektleiter nicht mehr nach. Sie funktionieren einfach, damit das Projekt läuft. Sie schleppen sich zur Arbeit und tun ihren Job. Es herrscht die allgemeine Meinung vor, dass man sowieso nichts verändern kann.

Aber ist das wirklich so? Wir werden sehen.

2.1 Besessenheit: Unternehmen in Projekttrance


Projekte erleichtern Managern das Führen: Sie müssen die Verantwortung nicht allein übernehmen, die Weisheit der Masse wird es schon richten. Wie schön, wenn sich für jede risikobehaftete Entscheidung ein geeignetes Projektteam findet – Nachfolgeprojekte garantiert, Umsetzung egal.

Dabei sind Manager geradezu davon besessen, dass das Führen durch Projekte die einzig sinnvolle Führungsart ist. Ein inflationärer Umgang mit Projekten erleichtert aber nicht gerade den Entscheidungsprozess in Unternehmen. Damit führen diese Manager ihr Unternehmen in eine Trance, also in eine Art Unternehmensstarre, wo sich nichts mehr bewegen kann. Man könnte diese Unternehmen auch gut mit einem Ameisenhaufen vergleichen. Alle sind hochgradig beschäftigt. Projekte über Projekte. Aber von Zeit zu Zeit tritt jemand in den Ameisenhaufen und das Chaos ist perfekt. Alle wuseln nur noch hektisch umher. Scheinbar ist alles voneinander abhängig und dann auch wieder nicht. Bis hier wieder Ruhe einkehrt, das kann schon lange dauern.

Oftmals wird aber auch durch einen Führungswechsel eine wahre Projektlawine ausgelöst. Das heißt, zu Beginn gibt es mehrere bedeutende Führungswechsel. Echte Macher kommen an Bord und sollen das Unternehmen noch rentabler vorantreiben. Jeder Führungswechsel führt zum Austausch der alten Belegschaft. Ungläubige oder Personen, die der aktuellen Führungskraft nicht durchweg positiv gestimmt sind, werden ersetzt. Anschließend werden die Prozesse an den neuen Führungsstil angepasst. Laufende Projekte erfahren somit erst einmal einen Stillstand. Sie werden auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft, was zunächst durchaus plausibel erscheint. Da dies in der Regel aber alle Projekte betrifft, geht in der Projektlandschaft zunächst nichts mehr voran. Gerade für Projektleiter ist eine derartige Überprüfung mit viel Arbeit verbunden und in der Regel wird der bis dahin geleistete Einsatz nicht besonders wertgeschätzt. Es macht sich das Gefühl breit, dass sie alles falsch gemacht haben. Egal, wie sich der Vorgänger verhalten hat und welche Ideen er eingebracht hat, es wird erst einmal alles infrage gestellt und am besten beerdigt. Die neue Duftmarke muss sich verbreiten.

 

Jetzt, wenn alles im Umbruch ist, steigt das Ansehen der Projektleiter. Sie sind die Einzigen, die real etwas tun. Somit erweckt es den Anschein, dass nur Projektleiter eine Karrierechance im »neuen« Unternehmen haben. Auch die Zahl der selbst ernannten Projektleiter schnellt in die Höhe. Es kommt zur Projektleiterinflation.

Bleibt der neuen Unternehmensführung durch dieses Handeln keine Luft mehr für Entscheidungen, dann muss sie sich Luft verschaffen. Das heißt in letzter Konsequenz, dass noch mehr Projekte gestartet werden müssen. Diese müssen wiederum durch noch kompliziertere Prozesse geführt und durch Entscheidungsgremien gesteuert werden. Mitunter kann es vorkommen, dass diese Gremien nur alle zwei Wochen tagen und die für die Vorbereitung nötigen Unterlagen sehr früh eingereicht werden müssen. Damit sich das Gremium ausreichend vorbereiten kann, wird der Einreichtermin zwei bis drei Wochen vor den Tagungstermin gelegt. Das bedeutet, der Projektleiter muss noch akribischer planen. Er darf keinen Termin versäumen oder lückenhafte Unterlagen vorlegen. Dies kann fatale Auswirkungen auf die Projektlänge haben.

Dieses Szenario wird Ihnen nicht fremd sein, besonders dann, wenn Sie aus einem Konzernumfeld kommen. Häufig ereilt dieses Schicksal Unternehmen, die kurz zuvor noch ein Start-up mit schnellen und schlanken Prozessen waren. Sie mutieren jetzt zu einem überladenen, langsamen Konzern-Prozessdampfer.

Von außen betrachtet ist dieser Zustand eine mittlere Katastrophe. Man würde am liebsten einmal heftig an den Grundmauern des Unternehmens rütteln wollen, damit alle wach werden.

Zusammengefasst bedeutet dies für das Unternehmen, dass es mit den folgenden Problemen zu kämpfen hat:


Die oben geschilderten Probleme sind leider in vielen Unternehmen bittere Realität. Die Besessenheit wütet oftmals über Jahre. Keiner traut sich, sich dagegen aufzulehnen und das System zu hinterfragen. Genauer betrachtet bräuchte man jetzt einen Exorzisten. In der Tat, dieses Völkchen trifft man zunehmend in Form von Change-Beratern an. Aber es geht auch anders.

Projektinflation: die wundersame Vermehrung

Man könnte meinen, in irgendeinem geheimen Unternehmenskeller sitzt ein Manager und klont Projekte, so viele gibt es davon.

Sind das wirklich alles Projekte? Und ist wirklich jede noch so kleine Unternehmung ein Projekt? Scheinbar ja, wenn man die bekannte Literatur zurate zieht. Denn hier findet man unterschiedlichste Projekt-Definitionen, und wenn es Unternehmen schlau anstellen, finden sie schon die Definition, die zu ihren Vorhaben passt. Aber diese Vorgehensweise ist nicht zielführend. Das Ziel sollte immer eine saubere und unmissverständliche Abgrenzung zwischen dem Projektgeschäft und der Linientätigkeit, also den Standardtätigkeiten, sein. Ist die Abgrenzung lückenhaft, so kosten die Diskussionen, was denn nun ein Projekt ist und was nicht, wertvolle Energie und Ressourcen. Und die Entscheidungsgremien werden durch zu viele Projektentscheidungen unnötig ausgebremst. Zu guter Letzt geht man somit sein erstes Projektrisiko ein, da es im Voraus nicht planbar ist, wie viel Zeit und Ressourcen diese Abgrenzungsproblematiken kosten werden.

Oftmals geht auch die Meinung um, dass Linientätigkeit »out« und Projektarbeit »in« ist. Von den dadurch geprägten Missverständnissen kann ich ein Lied singen, da ich selber jahrelang einen Linien- sowie einen Projektbereich parallel geleitet habe. Denn jeder Projektleiter, der diese Meinung vertritt, bekommt das, was er verdient: Kommunikationsschwierigkeiten und eine schleppende Zusammenarbeit mit den Linienabteilungen. Nur ein respektvolles Miteinander kann hier Abhilfe schaffen und das Eis zum Schmelzen bringen.

Welche Sichtweisen sind denn dann hilfreich?

Nehmen wir zum Beispiel die Definition der DIN-Norm 699012: Unter einem Projekt versteht die DIN-Norm »ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, beispielsweise durch

• die Zielvorgabe

• zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen

• die Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben

• die projektspezifische Organisation«.

Nichts für ungut, liebe DIN-Norm, und was ist mit den Menschen?

Zäumen Sie doch mal das Projektpferd von hinten auf und stellen Sie sich die zentrale Frage: »Brauche ich dafür wirklich ein Projekt?«

Fragen Sie sich:

Hilft mir ein Projekt denn wirklich weiter?

Gibt es eine zeitliche Begrenzung und eine definierbare Vor- und Nachprojektphase?

Ist es eine einmalige, komplexe und innovative Aufgabe, in der die Ziele eindeutig von den Nicht-Zielen abgegrenzt werden können?

Stehen dem Projektvorhaben personelle Ressourcen zur Verfügung?

Gibt es eine saubere Abgrenzung gegenüber den Linien- (Routine- )Tätigkeiten?

Was wären die drei größten Nutzen und die drei größten Schwierigkeiten, wenn man das Thema als Projekt aufsetzen würde?

Und nun ändern Sie die Perspektive und stellen die Frage:


»Warum will das Management, dass das an mich herangetragene Thema ein Projekt wird?«

Verschaffen Sie sich mit den nachfolgenden Fragen eine eindeutige Übersicht, ob Sie es wirklich mit einem Projekt zu tun haben.

Fragen Sie sich:

Entpuppt sich das Thema nicht eher als blinder Aktionismus des Managements?

Heißt das Thema nicht nur »Projekt«, damit es die Aufmerksamkeit bekommt, die es zur termingerechten Fertigstellung braucht?

Kommt das Thema als »Projekt« getarnt an den Linienbereichen vorbei?

Bekommt das Thema nur als »Projekt« das notwendige Budget?

Erhält das Thema nur so Ressourcen bzw. das Wunschteam?

Wenn Sie auch nur einen dieser Punkte mit »Stimmt« beantwortet haben, dann stellen Sie sich darauf ein, dass das Zombie-Projekt Ihnen bereits auf den Fersen ist. Überlegen Sie, wie Sie den Zombie wieder begraben können, bevor er Macht über Sie und Ihr Projekt bekommt.

Mit der Betrachtung der Projektbedingungen, nämlich des Nutzens und der Zwänge, bekommen Sie eine klarere Sicht auf das Projektvorhaben und können so Ihrem Projektpferd die Sporen geben, gegebenenfalls das Vorhaben aber auch in eine andere Form der Abarbeitung lenken. In jedem Fall sind Sie so für alle Diskussionen gewappnet, besonders dann, wenn wieder die »Projektiritis« zuschlägt. Ganz konkret heißt das: Lassen Sie sich nicht instrumentalisieren. Sie sind kein Zombie!


Themen, die kein Projekt sind, sollten auch nicht als Projekt durchgeführt werden.

Somit bekommen Sie wieder eine natürliche Regulierung des Projektverständnisses.

Projektleiterinflation: das Schneeballsystem

Der Begriff des Projektleiters wird inflationär benutzt.

Haben Sie schon mal in den Bergen eine Lawine erlebt? Eine kleine Schneeflocke kann zu einem großen Schneeball heranwachsen. Wenn dieser Schneeball unter bestimmten Bedingungen ins Rutschen kommt, dann erzeugt er eine Lawine, die alles mit sich reißt, was ihr im Weg steht: den Wald, die Hütten und die Häuser, die Tiere und die Menschen. Diese Lawine legt den Berg und sein Umland lahm. Wenn wir unseren Blick wieder auf das Unternehmen richten und wir überall Projektleiter haben, die mit jedem alles besprechen müssen und wo jeder auf jeden warten muss, dann braucht es nicht viel, damit die Unternehmenslawine ins Rutschen kommt. Es geht nichts mehr. Das Chaos ist vorprogrammiert.

Lassen Sie sich nicht vereinnahmen. Nehmen Sie die Nadeln in die Hand!

Seien Sie im Sinne des Unternehmens »unbequem« und hinterfragen Sie das Projektaufkommen. Macht es wirklich Sinn, so viele Projekte zu haben? Wenn sich die Anzahl der Projekte auf ein gesundes Maß reduziert und Manager wieder erkennen, dass es auch noch andere Formen der Führung gibt, dann reguliert sich die inflationäre Verwendung des Begriffs »Projektleiter« wie von selbst.

Hierfür ist aber auch ein wertschätzendes Umdenken zur Betrachtung der restlichen Belegschaft vonnöten. Die Linienorganisation ist nicht die störende Masse, sondern das Fundament des Unternehmens. Die Linienorganisation sorgt dafür, dass tagein, tagaus die Systeme und die Produktion störungsfrei laufen.


Sorgen Sie als (Projekt-)Manager für die Anerkennung der Linientätigkeit und für ein respektvolles Miteinander.

Jeder sollte, ob er nun dem einen oder dem anderen Lager angehört, wertschätzend mit seinen Kollegen umgehen. Gerade Projektleiter können hier selbst die Weichen stellen, ob im Unternehmen die Linienbereiche wieder einen Wert darstellen.

Wenn beide Bereiche auf Augenhöhe agieren, dann kann jeder die Tätigkeit ausführen, die auch wirklich zu ihm passt. Dann ist es auch nicht chic, den Titel »Projektleiter« als Trophäe zu tragen. Die Anzahl der Projektleiter wird sich automatisch reduzieren.

Rollenfalle: Bin ich nun der Master oder nicht?

Kennen Sie die folgenden Projektleiteraussagen?

• »Unsere Prozesse machen uns langsam.«

• »Unsere Entscheidungsbefugnisse als Projektleiter sind stark eingeschränkt. «

• »Durch das zentrale Entscheidungsgremium werden Entscheidungen nur verzögert. Der Mehraufwand aufseiten der Projektleiter steigt ins Unermessliche.«

 

• »Unsere Führung versteckt sich hinter den Prozessen.«

Da hilft kein Jammern und kein Klagen, da hilft nur, die Sichtweise zu ändern.

Sicherlich haben Sie mit einer Fülle an Vorgaben und Prozessen zu kämpfen, aber können Sie nicht auch ab und zu an die Alternativen denken? Bitte verstehen Sie mich hier nicht falsch. Es geht nicht darum, krumme Dinge zu drehen. Wenn Sie das tun, sind Ihre Tage als Projektleiter gezählt. Es geht vielmehr darum, das Richtige zu tun: weiter zu denken als Ihr Umfeld und die richtigen Weichen zu stellen.

Schauen wir uns als Erstes die Rolle des Projektleiters an, die sich mit den Attributen »Verantwortung«, »Hol- und Bringschuld« gut beschreiben lässt.

Als Projektleiter verantworten Sie das Projekt gegenüber dem Projektumfeld, Ihrem Projekteigner, Ihrem Projektteam und vor allem gegenüber dem Unternehmen. Man könnte auch noch weiter gehen und sagen: Sie verantworten das Kundenerlebnis. Das heißt, mit Ihrem Projektergebnis sorgen Sie für Umsatz, Wohlwollen gegenüber dem Unternehmen und letztendlich für Ihren Arbeitsplatz. Dabei ist es egal, ob es sich um einen unternehmensinternen oder -externen Kunden handelt.

Als Projektleiter haben Sie in den meisten Fällen eine Holschuld. Das heißt, Sie müssen sich darum kümmern, dass Sie alle Informationen bekommen, die Sie zur Leitung des Projekts benötigen. Diese Holschuld richtet sich sowohl nach oben, also zum Management, als auch nach unten, zum Projektteam.

Als Projektleiter haben Sie aber auch eine Bringschuld gegenüber Ihrem Management und Ihrem Team. Besonders dann, wenn es um Informationen und Entscheidungen geht.

Als Projektleiter sind Sie auch eine Führungskraft, allerdings eine besondere, denn in vielen Fällen haben Sie keine disziplinarische Weisungsbefugnis. Das heißt, Sie dürfen Ihrem Team Anweisungen geben, aber es disziplinarisch nicht zur Rechenschaft ziehen. In dem Wort disziplinarisch steckt das Wort Disziplin. Das bedeutet, dass Sie für die notwendige Projektdisziplin sorgen müssen, selber aber niemandem die Ohren langziehen dürfen, egal, wie dynamisch das Projekt im Unternehmen läuft.

Und als Projektleiter haben Sie einen eigenen denkenden Kopf, der Sie weiter bringen kann als nur zu einem Abarbeiter der Regeln und Vorschriften. Wie das? Umdenken heißt hier die Devise. Entwickeln Sie Ihre eigenen Projektumsetzungsstrategien.


Überlegen Sie sich, welche Wege Sie zum Ziel führen könnten. Welche Alternativwege gibt es? Werden Sie zum Querdenker in eigener Sache!

Holen Sie sich Ihren Voodoo-Thron wieder zurück. Sie haben alle Befugnisse. Setzen Sie diese mit Köpfchen ein. Beweisen Sie, dass Sie kein Zombie sind.