Zwangsvollstreckungsrecht

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2. Die sofortige Beschwerde im Klauselverfahren

135

Beispiel 10 (Zuständigkeit für die Klauselerteilung und passender Rechtsbehelf):


a)
b) G beantragt unter Vorlage aller Nachweise eine qualifizierte Klausel für einen Herausgabetitel, der noch eine Kündigung und den Ablauf der Kündigungsfrist verlangt. Der Rechtspfleger weigert sich, dem G eine Klausel zu erteilen, weil er meint, es handele sich um eine einfache Klausel und er sei nicht zuständig.

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Bei der Suche nach dem richtigen Rechtsbehelf gibt es einen wichtigen Grundsatz: Hat man die Klausel noch nicht, weil das zuständige Organ sich weigert, sie zu erteilen, gelten noch die allgemeinen Rechtsbehelfe – die Zwangsvollstreckung hat noch nicht angefangen, § 793 und § 766 ZPO passen noch nicht.

a) Wenn der Gläubiger wie in Beispiel 10a eine einfache Klausel beantragt hat und ihm diese durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht erteilt wird, kann der Gläubiger Erinnerung gegen die Entscheidung nach § 573 I ZPO einlegen. Die Erinnerung ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach der Entscheidung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Die übrigen Voraussetzungen und der Verfahrensgang ergeben sich gemäß § 573 I 3 ZPO aus den §§ 569 I 1, 2, II und 570, 572 ZPO. Im Beispiel ist die Erinnerung auch begründet, denn für die Prüfung des Eintritts des Kalendertags ist der Gerichtsvollzieher zuständig.

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b) Wenn der Gläubiger, wie in Beispiel 10b, eine qualifizierte Klausel beantragt hat und der Rechtspfleger sich weigert, diese zu erteilen, weil er meint, er sei nicht zuständig, ist die sofortige Beschwerde nach § 567 I ZPO, § 11 RPflG statthaft. Im Beispiel ist diese auch begründet. Denn die Kündigung ist eine echte Bedingung – es geht nicht nur um den Eintritt eines Kalendertags. Dagegen greift nicht § 793 ZPO (die zwangsvollstreckungsrechtliche Beschwerde), weil das Klauselerteilungsverfahren nicht zum Vollstreckungsverfahren gehört. Die Klausel ist ja erst Voraussetzung der Zwangsvollstreckung.

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c) Hat der Notar die einfache Klauselerteilung verweigert (§ 797 II 1 ZPO), steht dem Gläubiger der Rechtsweg nach § 54 BeurkG offen. Ergänzend gelten die §§ 58 ff FamFG.

Die allgemeinen Rechtsbehelfe (Beschwerde) sind jedoch von eher geringer Prüfungsrelevanz. Die Klausuren werden meistens so gebildet, dass die besonderen Rechtsbehelfe eingreifen, die im Folgenden ausführlich dargestellt werden.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO)

II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO)

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Beispiel 11 (Fehlen öffentlicher Urkunden):

Erblasser E erwirkt ein Urteil gegen seinen Schuldner S. Wenig später verstirbt E und wird von G beerbt. G verlangt die Erteilung einer titelumschreibenden Klausel nach § 727 ZPO. Der zuständige Rechtspfleger lehnt die Erteilung ab, weil G seine Erbschaft nicht in der erforderlichen Form nachweisen kann. Wie wird G nun vorgehen?

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) › 1. Zielrichtung

1. Zielrichtung

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Die Klauselerteilungsklage ist ein spezieller, gerade auf die Erteilung einer Klausel gerichteter Rechtsbehelf. Sie passt nur dann, wenn der Gläubiger die Erteilung einer qualifizierten Klausel begehrt und den für die Erteilung erforderlichen Nachweis nicht in der erforderlichen Form erbringen kann.

Aufbau: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO)


I. Zulässigkeit 1. Zuständigkeit: Prozessgericht der ersten Instanz – § 731 ZPO 2. Statthaftigkeit: Der Kläger muss behaupten, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer qualifizierten Klausel vorliegen, insbesondere, dass eine Bedingung iSd. § 726 ZPO oder eine Rechtsnachfolge iSd. § 727 ZPO eingetreten ist. 3. Antrag und Form nach den allgemeinen Vorschriften über die Klageerhebung, insbesondere § 253 ZPO 4. Rechtsschutzbedürfnis (hier Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO, sollte stets kurz angesprochen werden)
II. Begründetheit 1. Vorliegen der Voraussetzungen der Klauselerteilung nach §§ 726, 727 ff ZPO 2. Keine sonstigen Einwendungen des Schuldners

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Eine qualifizierte Klausel darf nur erteilt werden, wenn die Bedingung oder die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird (das steht ausdrücklich in § 726 I ZPO) bzw. wenn die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis nach § 727 ZPO offenkundig ist oder als allgemein zugestanden gilt. Es gibt aber Situationen, in denen der Vollstreckungsgläubiger den Nachweis nicht in der erforderlichen Form erbringen kann und der Nachweis zugleich auch nicht entbehrlich ist. Das kommt vor, wenn dies mangels Urkunden objektiv nicht möglich ist, oder wenn der Gläubiger subjektiv dazu nicht in der Lage ist, weil er die Urkunden nicht besitzt.

Stehen dem Gläubiger andere Beweismöglichkeiten zur Verfügung, kann er auf Klauselerteilung nach § 731 ZPO klagen. In dem Klageverfahren ist es dann möglich, mit Hilfe der allgemeinen Beweismittel den behaupteten Umstand zu beweisen.

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In Beispiel 11 kann G nicht durch öffentliche Urkunden nachweisen, dass er E beerbt hat. Dieser Nachweis wäre für eine Klauselerteilung nach § 727 ZPO jedoch notwendig. Es besteht für G daher nur die Möglichkeit, Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO zu erheben und den Nachweis der Erbschaft im Verfahren mit anderen Beweismitteln (z.B. durch ein privatschriftliches Testament) zu erbringen. Die Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO ist hier also statthaft (und begründet).

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) › 2. Allgemeines

2. Allgemeines

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Beklagter der Klauselerteilungsklage ist der Vollstreckungsschuldner, obwohl der zuständige Rechtspfleger die Erteilung der Klausel abgelehnt hat. Dies liegt darin begründet, dass das Vollstreckungsverfahren ein Zweiparteienverfahren ist. Vollstreckungsschuldner und Vollstreckungsgläubiger stehen sich als Parteien gegenüber, auch wenn die Parteiherrschaft zugunsten des Vollstreckungsgläubigers begrenzt ist. Die Vollstreckungsorgane und die für die Klauselerteilung zuständigen Organe hingegen sind nur Beteiligte des Verfahrens.

 

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Die Klage ist keine Leistungsklage, weil der beklagte Schuldner die Klausel nicht erteilen kann. Sie ist aber auch keine Gestaltungsklage, weil das Prozessgericht für die Erteilung der Klausel nicht zuständig ist. Vielmehr geht die herrschende Ansicht davon aus, dass die Klage nach § 731 ZPO eine prozessuale Feststellungsklage darstellt. Der Antrag und die Urteilsformel lauten daher: „Die Vollstreckungsklausel zum (näher bezeichneten Titel) ist für (oder gegen) den Kläger (oder Beklagten) zu erteilen.“

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§ 731 ZPO gilt unmittelbar nur für die Klauselerteilung durch Urteile. Über § 795 ZPO ist die Vorschrift aber auch auf die anderen Titel der ZPO und insbesondere die notariellen Urkunden nach § 794 I Nr. 5 ZPO anwendbar.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) › 3. Zulässigkeit

3. Zulässigkeit

a) Statthaftigkeit

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Die Klage ist, wie in § 731 ZPO deutlich erkennbar wird, nur statthaft, wenn die Erteilung einer qualifizierten Klausel nach §§ 726–729 ZPO begehrt wird und der Nachweis nicht in der nach diesen Normen erforderlichen Form erfolgen kann. Die Erteilung einer einfachen Klausel nach § 724 ZPO kann folglich nicht gemäß § 731 ZPO verlangt werden (zur Abgrenzung von einfacher und qualifizierter Klausel schon Rn. 103 ff).

b) Zuständigkeit

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Örtlich und sachlich zuständig ist (bei Urteilen und Vergleichen) das Prozessgericht des ersten Rechtzugs[1]. Aus Gründen der Effizienz soll derjenige Richter bzw. Spruchkörper entscheiden, der die Sache in der ersten Instanz schon vorliegen hatte. Die Zuständigkeit ist ausschließlich (§ 802 ZPO). Eine rügelose Einlassung ist daher nicht möglich (§ 39 ZPO).

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Bei Vollstreckungsbescheiden ist § 796 III ZPO zu beachten. Bei gerichtlichen und notariellen Urkunden gilt § 797 V ZPO. Danach ist das Gericht örtlich zuständig, bei dem der Vollstreckungsschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Sachlich gelten in diesem Fall §§ 23, 71 GVG.

c) Rechtsschutzbedürfnis

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Hinsichtlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses ist aufgrund der feststellenden Rechtsnatur der Klage nach § 731 ZPO auf das Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO zurückzugreifen.

Ein solches Feststellungsinteresse ist nach § 731 ZPO gegeben, wenn der für die Klausel notwendige Urkundennachweis nicht geführt werden kann. Die Klage ist deshalb unzulässig, wenn öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht erforderlich sind oder der Kläger die erforderlichen Urkunden ohne unzumutbaren Aufwand beschaffen kann[2]. Zu beachten sind diesbezüglich insbesondere § 792 ZPO, § 13 III FamFG, § 9 II HGB, § 12 II GBO, die einen Anspruch auf Ausstellung bestimmter öffentlicher Urkunden vermitteln. In Beispiel 11 könnte es dem Erben daher möglicherweise obliegen, sich zunächst einen Erbschein nach § 792 ZPO iVm. § 2353 BGB zu beschaffen, mit dem er den erforderlichen Nachweis nach § 727 ZPO erbringen kann. Das wäre dann der Fall, wenn die Beantragung eines Erbscheins deutlich einfacher wäre als die Klage nach § 731 ZPO. Die herrschende Ansicht verneint dies. Danach kann G also ohne den Versuch der Beantragung eines Erbscheins direkt nach § 731 ZPO auf Erteilung der Klausel klagen[3].

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Das Rechtsschutzbedürfnis liegt ferner nur vor, wenn der Kläger die Klauselerteilung vor Erhebung der Klage beim zuständigen Organ erfolglos beantragt hat. Dies soll nach herrschender Meinung auch dann gelten, wenn die Tatsachen nicht durch Urkunden bewiesen werden können oder der Kläger die Urkunden nicht besitzt[4]. Der Nachweis der Tatsachen durch Urkunden könnte nämlich wegen Offenkundigkeit (§ 291 ZPO analog) oder eines Zugeständnisses des Schuldners im Rahmen der Anhörung (§ 288 ZPO analog) entbehrlich sein. Dann wäre das Klauselerteilungsverfahren erfolgreich. Auch nach herrschender Ansicht ist aber der Antrag nicht erforderlich, wenn erkennbar ist, dass das Verfahren keinen Erfolg haben kann[5].

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Umstritten ist weiterhin, inwieweit der Kläger nach Ablehnung der Klauselerteilung durch den Rechtspfleger zunächst erfolglos Beschwerde nach § 567 ZPO bzw. § 54 BeurkG (für Titel nach § 794 I Nr. 5 ZPO) eingelegt haben muss. Die wohl herrschende Meinung lehnt dies ab, da weder der Wortlaut des § 731 ZPO ein solches Erfordernis erwähne, noch die Prozessökonomie ein solches rechtfertige[6].

Klausurhinweis:

Da die Klauselklage eine Feststellungsklage ist, sollte das Rechtsschutzbedürfnis in der Zulässigkeit selbst in einfach gelagerten Fällen etwa wie folgt kurz angesprochen werden:

„G benötigt die Klausel für die Vollstreckung. Da er sie nicht nach § 726 ZPO erhalten hat, weil er laut Sachverhalt den Bedingungseintritt nicht mit öffentlichen Urkunden nachweisen konnte, hat er ein Feststellungsinteresse iSd. § 731 ZPO.“

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) › 4. Begründetheit

4. Begründetheit

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Die Klage ist begründet, wenn die Voraussetzungen für die Klauselerteilung vorliegen. Das ist der Fall, wenn zum einen die formellen Voraussetzungen gegeben sind, also ein Antrag an den Rechtspfleger gestellt wurde und ein formell wirksamer vollstreckbarer Titel besteht[7]. Es müssen aber auch die speziellen materiellen Voraussetzungen der §§ 726 ff ZPO vorliegen. Diesbezüglich muss also über den Eintritt einer Tatsache (§ 726 I ZPO) oder die Rechtsnachfolge (§ 727 ZPO) Beweis erhoben werden. Als Beweismittel wird regelmäßig der Zeugen- oder aber Sachverständigenbeweis in Betracht kommen.

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Von Bedeutung ist in der Begründetheit weiterhin, dass sich der Beklagte im Rahmen des § 731 ZPO auch mit denjenigen materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den dem Titel zugrunde liegenden Anspruch verteidigen kann, zu deren Geltendmachung er ansonsten die Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 I ZPO erheben müsste[8]. Das gebietet die Prozessökonomie[9]. Allerdings gelten auch hier die Grenzen des § 767 II ZPO. Der Schuldner ist also bei der Klauselerteilungsklage mit solchen Einwendungen präkludiert, die er schon im Ausgangsrechtsstreit hätte geltend machen können (näher Rn. 219 ff). Wenn etwa der Erbe eine Klausel nach § 727 ZPO als Rechtsnachfolger des Erblassers im Wege der Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO beantragt, kann der Beklagte in diesem Prozess geltend machen, dass dem zu vollstreckenden Anspruch des Erben materielle Einwendungen (etwa Erfüllung, Aufrechnung, Stundung) entgegenstehen. Diese Einwendungen müssen sich wegen § 767 II ZPO aber neu (d.h. vereinfacht gesagt: nach dem Ende des ersten Verfahrens) ergeben haben.

Hinweis:

Zu beachten ist, dass sich dies wiederum auswirkt, wenn der Schuldner später seinerseits eine Vollstreckungsabwehrklage erheben will. Die Präklusionsvorschrift des § 767 II ZPO greift nämlich dann mit einer veränderten Perspektive ein. Der relevante Zeitpunkt für die Präklusion ist nicht mehr der Ausgangsrechtsstreit, sondern nunmehr das Verfahren über die Klauselerteilungsklage. Wenn der Beklagte also bereits zurzeit des Klauselerteilungsverfahrens materielle Einwendungen gegen den Anspruch hat und es unterlässt, diese Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren geltend zu machen, dann ist er bei einer späteren Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 I ZPO mit diesen Einwendungen ausgeschlossen (§ 767 II ZPO).

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)

III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 1. Zielrichtung

1. Zielrichtung

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Die Klauselgegenklage nach § 768 ZPO stellt das prozessuale Gegenstück zur Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO dar[10]. Ist eine qualifizierte Klausel nach den in § 768 ZPO genannten Vorschriften erteilt worden, kann der Vollstreckungsschuldner den Eintritt der materiellen Voraussetzungen für die Klauselerteilung bestreiten und gegen die Klausel mit der Klage nach § 768 ZPO vorgehen.

 

Aufbau: Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)


I. Zulässigkeit 1. Zuständigkeit: Prozessgericht der ersten Instanz – § 768 iVm. § 767 I ZPO 2. Statthaftigkeit: der Kläger muss behaupten, dass die Bedingung nach § 726 ZPO oder die Rechtsnachfolge nach § 727 ZPO nicht eingetreten ist. 3. Antrag und Form nach den allgemeinen Vorschriften über die Klageerhebung, insbesondere § 253 ZPO 4. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
II. Begründetheit Fehlen der Voraussetzungen der §§ 726, 727 ff ZPO

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Im Gegensatz zur Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO ist die Klauselgegenklage eine prozessuale Gestaltungsklage[11]. Das Gericht stellt nicht deklaratorisch fest, dass die Klausel nicht erteilt werden durfte, sondern erklärt die Zwangsvollstreckung aus der Klausel rechtsgestaltend für unzulässig. Dementsprechend lautet der Antrag bzw. die Urteilsformel: „Die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger aus der (hinreichende Beschreibung mit Datum) vollstreckbaren Ausfertigung wird für unzulässig erklärt.“

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§ 768 ZPO ist auch auf die Titel nach § 794 ZPO anwendbar (vgl. § 795 ZPO). Außerdem wird § 768 ZPO dann analog angewendet, wenn sich der „richtige“ Gläubiger dagegen wehren will, dass einem anderen Gläubiger eine Klausel erteilt wurde[12].

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 2. Zulässigkeit

2. Zulässigkeit

a) Statthaftigkeit

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Die Klauselgegenklage ist nur dann statthaft, wenn sich der Vollstreckungsschuldner mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel wehrt. Etwaige formelle Fehler (wenn etwa das unzuständige Organ die Klausel erteilt hat) können mit § 768 ZPO nicht gerügt werden. Hat der Kläger nur solche vorzubringen, ist die Klauselgegenklage unstatthaft und als unzulässig abzuweisen. Der Kläger muss die Klauselerinnerung einlegen. Dem Schuldner steht die Klage nach § 768 ZPO grundsätzlich auch neben einer Klauselerinnerung nach § 732 ZPO zu (arg. ex § 768 ZPO a.E.)[13].

b) Zuständigkeit

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Ausschließlich zuständig ist wiederum das Prozessgericht erster Instanz (§§ 768, 802 ZPO). Bei notariellen und gerichtlichen Urkunden sowie bei Vollstreckungsurkunden sind die Vorschriften der §§ 796 III, 797 V ZPO zu beachten.

c) Keine entgegenstehende Rechtskraft

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Die Klage ist wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig, wenn die anzugreifende Klausel aufgrund eines nach § 731 ZPO ergangenen rechtskräftigen Urteils erteilt worden ist und die Klage nicht auf neue Tatsachen gestützt wird, die zeitlich nach Abschluss des Vorprozesses entstanden sind[14].

d) Rechtsschutzbedürfnis

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Es handelt sich um eine Gestaltungsklage und nicht um eine Feststellungsklage (Rn. 155); ein besonderes Feststellungsinteresse analog § 256 ZPO ist daher entbehrlich. Vielmehr liegt das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis vor, sobald die Klausel erteilt worden ist. Die Zwangsvollstreckung muss nicht bereits begonnen haben, sie muss nicht einmal angedroht worden sein. Das Rechtsschutzbedürfnis endet erst, wenn die Zwangsvollstreckung beendet, der Gläubiger also vollständig befriedigt worden ist.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 3. Begründetheit