Zwangsvollstreckungsrecht

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

III. Ergebnis: Die Erinnerung sollte nicht eingelegt werden, da sie unbegründet ist. Dagegen hat eine Klauselgegenklage Erfolg.

Hinweis: Soweit bei § 731 ZPO eine Urkunde nach § 727 ZPO vorgelegt wird, liegen die beiden Ansichten über die Beweislast im Ergebnis nicht so weit auseinander. Meist wird die Urkunde als Beweis zunächst ausreichen, der Schuldner muss diesen Beweis erschüttern. Anders ist es aber, wenn der Gläubiger gar keinen urkundlichen Nachweis über die Rechtsnachfolge besitzt. Dann macht es einen großen Unterschied, ob der Gläubiger die Beweislast trägt oder nicht.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › V. Übersicht: Klauselrechtsbehelfe

V. Übersicht: Klauselrechtsbehelfe

186


I. Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) 1. Wichtigste Punkte der Zulässigkeit a) Statthaftigkeit: Der Gläubiger braucht eine qualifizierte Klausel nach den §§ 726 ff ZPO, kann aber die erforderlichen Nachweise nicht durch öffentliche Urkunde erbringen. b) Zuständigkeit: Zuständig ist – nach § 731 ZPO bei Urteilen und Vergleichen das Prozessgericht des ersten Rechtszuges und zwar örtlich und sachlich – bei Vollstreckungsbescheiden § 796 III ZPO; bei notariellen Urkunden § 797 V ZPO: Gericht am allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners; sachlich gelten §§ 23, 71 GVG. c) Rechtsschutzbedürfnis: Feststellungsinteresse, wenn der Urkundennachweis nicht geführt werden kann, so dass Rechtspfleger/Notar die Klausel nicht erteilen darf. 2. Typische Begründetheitsfragen Denkbar sind insbesondere materiell-rechtliche Fragen zur Rechtsnachfolge: Ist der Antragssteller wirklich Rechtsnachfolger geworden (Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Gesamtschuld, Abtretung)?
II. Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) 1. Wichtigste Punkte der Zulässigkeit a) Statthaftigkeit: Nur statthaft, wenn sich der Schuldner mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel wehrt. b) Zuständigkeit: §§ 768, 767 I ZPO (ansonsten wie Klauselerteilungsklage) c) Rechtsschutzbedürfnis: Liegt vor ab Klauselerteilung bis zur vollständigen Beendigung der Zwangsvollstreckung. 2. Typische Begründetheitsprobleme Beweislast beachten: Nach h.A. dreht die Beweislast sich nicht um, der Gläubiger (jetzt Beklagter) muss die Voraussetzungen der Klauselerteilung beweisen. Dabei hilft ihm aber in der Regel die öffentliche Urkunde, die er für die Erteilung vorgelegt hatte.
III. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) 1. Wichtigste Punkte der Zulässigkeit a) Statthaftigkeit: gegen Erteilung einer einfachen oder qualifizierten Klausel, aber nur bei formellen Fehlern bei der Erteilung (h.A.) b) Zuständigkeit: Prozessgericht, von dessen Geschäftsstelle oder Rechtspfleger die Klausel erteilt worden ist (§§ 802, 732 I ZPO). Bei notariellen Urkunden nach § 797 III ZPO das AG, in dessen Bezirk der Notar seinen allgemeinen Sitz hat. c) Rechtsschutzbedürfnis: Das Rechtsschutzbedürfnis liegt ab Klauselerteilung bis zur vollständigen Beendigung der Vollstreckung vor. 2. Typische Begründetheitsprobleme – Zuständigkeit von Urkundsbeamten oder Rechtspfleger (dahinter steht die Abgrenzung zwischen qualifizierter und einfacher Klausel) – Offenkundigkeit des Fehlens einer Erteilungsvoraussetzung. Materiell-rechtliche Probleme können nur mit der Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) oder mit der Titelgegenklage (analog § 767 ZPO) geltend gemacht werden. – Klauselerinnerung kann auf Fehlen der Nachweise für die Erteilung einer qualifizierten Klausel nach §§ 726, 727 ff ZPO gestützt werden (dann parallel zu § 768 ZPO), aber nicht auf das Fehlen der materiellen Voraussetzungen selbst.

Anmerkungen

[1]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 731 Rn. 4.

[2]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 731 Rn. 6.

[3]

Wie hier VGH Mannheim NJW 2003, 1203.

[4]

Letzteres ist wiederum umstritten; für die Antragspflicht Thomas/Putzo/Seiler, § 731 Rn. 6.

[5]

Schuschke/Walker/Schuschke, § 731 ZPO Rn. 6.

[6]

Brox/Walker, Rn. 133; differenzierend Schuschke/Walker/Schuschke, § 731 Rn. 6.

[7]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 731 Rn. 7.

[8]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 731 Rn. 7.

[9]

Schuschke/Walker/Schuschke, § 731 Rn. 7; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, § 731 Rn. 7.

[10]

Kaiser/Kaiser/Kaiser, Rn. 117.

[11]

Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, § 768 Rn. 1.

[12]

Schuschke/Walker/Raebel, § 768 Rn. 9 m.N.

[13]

MünchKommZPO/K. Schmidt/Brinkmann, § 768 Rn. 4.

[14]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 768 Rn. 5; zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, § 322 Rn. 41, 43.

[15]

RGZ 134, 156, 160; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 768 Rn. 8.

[16]

Näher Schwab, Rn. 293 ff.

[17]

Schuschke/Walker/Raebel, § 768 Rn. 7; offen gelassen in BGH NJW-RR 2006, 567.

[18]

 

Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, § 768 Rn. 7; Brox/Walker, Rn. 145; a.A. MünchKommZPO/K. Schmidt/Brinkmann, § 768 Rn. 10.

[19]

MünchKommZPO/Wolfsteiner, § 732 Rn. 3.

[20]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 732 Rn. 1.

[21]

Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 732 Rn. 8.

[22]

Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, § 732 Rn. 3 ff; Schuschke/Walker/Raebel, § 768 Rn. 2.

[23]

Brox/Walker, Rn. 143.

[24]

BGH NJW-RR 1987, 1149 m.N.

[25]

Schuschke/Walker/Schuschke, § 732 Rn. 2.

[26]

BGH NJW-RR 2004, 1718, 1719; NJW 2009, 1887, 1888.

[27]

BGH NJW 2012, 3518; NJW-RR 2012, 1146.

[28]

MünchKommZPO/Wolfsteiner, § 732 Rn. 4.

[29]

OLG Koblenz FamRZ 2003, 108; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 732 Rn. 1.

[30]

Wie hier Schuschke/Walker/Schuschke, § 727 Rn. 8 m.N.

[31]

So OLG Köln NJW-RR 1994, 893; Lackmann, Rn. 774.

[32]

Dafür dennoch die inzwischen wohl h.A., siehe Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, § 17 Rn. 40; MünchKommZPO/K. Schmidt/Brinkmann, § 768 Rn. 10.

§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)

Studienliteratur:

Fischer, Vollstreckungsgegenklage bei Aufrechnung mit rechtswegfremder Forderung, JuS 2007, 921; Gsell, Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage nach Abweisung einer Vollstreckungsgegenklage, ZJS 2009, 296; Kittner, § 767 ZPO – § 767 ZPO analog – Tenor im Kollisionsfall, JA 2010, 811; Leyendecker, Grundfälle zur Vollstreckungsabwehrklage, JA 2010, 631 und 803; Makowski, Die Präklusion materiell-rechtlicher Einwendungen im Zwangsvollstreckungsverfahren, JuS 2014, 901; Staufenbiel/Meurer, Vollstreckungserinnerung und Vollstreckungsabwehrklage, JA 2005, 879.

Klausuren:

Lieder, JenTranslation, Jura 2010, 926; Reiner, Vollstreckung aus einer Grundschuld, JA 2004, 617; Staudinger/Pöppelbaum, Schwerpunktbereichsklausur – Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht: Schuldanerkenntnis mit Folgen, JuS 2014, 817; Weber, Übungsfall: Immer Ärger mit dem Handy, ZJS 2009, 536; Wittschier, Die „drohende“ Zwangsvollstreckung, JuS 1999, 804.

Inhaltsverzeichnis

I. Zielrichtung

II. Zulässigkeit

III. Begründetheit

IV. Einstweilige Anordnungen

V. Sonderformen der Vollstreckungsabwehrklage

VI. Übersicht: Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)

§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › I. Zielrichtung

I. Zielrichtung

§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › I. Zielrichtung › 1. Materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung

1. Materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung

187

Im Erkenntnisverfahren kann sich der Schuldner gegen den Titel mit Rechtsmitteln (Berufung, Revision) oder Rechtsbehelfen (Einspruch) zur Wehr setzen. Am Beginn der Zwangsvollstreckung stehen dem Schuldner die Klauselrechtsbehelfe zu, mit denen er den Erlass einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verhindern kann (Rn. 154 ff).

Manchmal besteht für den Schuldner jedoch ein Bedürfnis, sich noch im laufenden Vollstreckungsverfahren gegen die Vollstreckung aus dem Titel selbst zu wenden. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Titel formell rechtskräftig ist und daher als solcher nicht mehr angefochten werden kann.

Der Schuldner kann also noch materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung geltend machen. Insbesondere kommt in Betracht, dass er sich auf nachträglich eingetretene Umstände beruft, die eine Vollstreckung aus dem Titel unzulässig machen (§ 767 ZPO).

Es kann übrigens auch sein, dass ein Dritter materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung erhebt. Entweder weil die Vollstreckung in den konkreten Gegenstand ihn in seinen Rechten verletzt (§ 771 ZPO, Rn. 528 ff) oder aber ihm ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung zusteht (§ 805 ZPO, Rn. 604 ff).

188

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Vollstreckungsorgane aufgrund des formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens keine materiell-rechtliche Prüfungskompetenz innehaben. Sie sind vielmehr an den Titelinhalt gebunden, bis eine gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung erwirkt wurde (Rn. 172 f). Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch (z.B. Erfüllung, Aufrechnung oder nachträglich vereinbarte Stundung des Anspruchs) können somit nur durch eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden. Die Klage ist als prozessuale Gestaltungsklage darauf gerichtet, dem Titel die Vollstreckbarkeit zu entziehen[1]. Sie leitet einen neuen Rechtsstreit ein und setzt nicht lediglich den früheren, zur Erlangung des Vollstreckungstitels geführten Prozess fort[2].

189

Die Vollstreckungsabwehrklage kann nicht nur gegen Urteile, sondern auch gegen die Vollstreckung aus einem anderen der in § 794 ZPO aufgeführten Schuldtitel erhoben werden (§ 795 ZPO, Rn. 78 ff).

Hinweis:

Richtet sich die Vollstreckungsabwehrklage gegen einen rechtskräftigen Titel (besonders gegen ein Urteil), so gibt es strenge Präklusionsvorschriften in § 767 II ZPO (Rn. 219). Denn es kann nicht sein, dass der Schuldner sich gegen die Vollstreckung gegen einen rechtskräftigen Titel erneut mit den Einwendungen wehren kann, die schon Gegenstand des streitigen Verfahrens waren – oder die es hätten sein können. Die Rechtskraft würde sonst ausgehöhlt.

Diese strengen Präklusionsvorschriften gelten (natürlich) nicht, wenn der Titel, wie z.B. eine notarielle Urkunde, gar keine Rechtskraft entfaltet. Für vollstreckbare Urkunden ist dies auch ausdrücklich in § 797 IV ZPO geregelt.

§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › I. Zielrichtung › 2. Klageziel

2. Klageziel

a) Allgemeines

190

Entsprechend der vorstehenden Ausführungen kann die Klage nicht darauf gerichtet sein, die Rechtskraft des Urteils zu beseitigen. Vielmehr bleibt das Urteil bestehen, nur die Vollstreckung daraus wird (möglicherweise auch nur in bestimmtem Umfang) für unzulässig erklärt.

Grundlegend zur Dogmatik BGH NJW 1995, 3318:

„Ziel der Klage nach § 767 ZPO ist der Ausspruch, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil aufgrund von Einwendungen gegen die festgestellte Forderung fortan ganz, teil- oder zeitweise unzulässig ist, nicht dagegen die Aufhebung des Urteils oder die Feststellung, dass der Anspruch nicht oder nicht mehr bestehe. Das Urteil, das der Vollstreckungsabwehrklage stattgibt, lässt deshalb nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur die materielle Rechtskraft der Verurteilung und die Kostenentscheidung des früheren Urteils unberührt (RGZ 75, 199, 201; BGH, NJW 1975, 539, 540 …).“

191

Der Klageantrag ist darauf gerichtet, die Zwangsvollstreckung aus einem genau bestimmten Titel im Urteil für unzulässig (oder für zulässig nur Zug um Zug gegen eine Leistung) zu erklären. Bei Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des stattgebenden Urteils wird die unzulässigerweise aus dem Titel des Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung eingestellt (§ 775 Nr. 1 ZPO).

b) Abgrenzung zur Klage auf Titelherausgabe nach § 826 BGB

192

Abgrenzen muss man die Vollstreckungsabwehrklage daher gegen die äußerst umstrittene, auf eine Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete Klage wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB[3]. Will man diese Klage überhaupt anerkennen, so ist sie im Kern eine Leistungsklage, die nur unter den sehr engen Voraussetzungen des § 826 BGB zulässig ist. Sie ist nicht auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gerichtet, sondern auf Unterlassung der Vollstreckung und Herausgabe des Titels[4]. Die Klage auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung aus § 826 BGB kann auch hilfsweise neben der Vollstreckungsabwehrklage erhoben werden[5].

193

Sie hat drei wesentliche Voraussetzungen: Das angegriffene Urteil muss unrichtig sein, der Gläubiger muss die Unrichtigkeit kennen und es müssen besondere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände vorliegen. Vielfach wird die Existenz einer solchen Klage abgelehnt, obwohl sie letztlich der Durchsetzung eines Anspruchs auf Naturalrestitution dient (der „erschlichene“ Titel wird herausgegeben). Denn man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, dass die Restitutionsgründe in § 580 ZPO als lex specialis ein Eingreifen des § 826 BGB ausschließen[6].

c) Abgrenzung zur Berufung

194

Beispiel 14 (Verhältnis zur Berufung):

 

Schuldner S ist verurteilt worden, an Gläubiger G für den Guss eines großen Fundaments 100 000 Euro zu bezahlen. Eine Woche nach der letzten mündlichen Verhandlung bilden sich in dem Fundament große Risse, weil es aus ungeeignetem Beton gegossen wurde.

195

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) und die Berufung (§§ 511 ff ZPO) sind meist beide statthaft und zulässig, wenn der Schuldner nach dem Ende der letzten mündlichen Verhandlung, aber noch innerhalb der Berufungsfrist eine Einwendung gegen den Titel erhält. Der Schuldner wird dann das für ihn günstigere Rechtsmittel auswählen. Will und kann er sich gegen den Anspruch insgesamt zur Wehr setzen, so wird er Berufung einlegen[7]. Er gewinnt dann nämlich den Ausgangsrechtsstreit, braucht keinerlei Kosten zu tragen und das Rechtsverhältnis ist rechtskräftig zu seinen Gunsten geklärt. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn eine Einwendung nicht neu entstanden ist, sondern dem Schuldner neu bekannt geworden ist. In Beispiel 14 wird S also Berufung einlegen.

Dagegen wird der Schuldner anstelle einer Berufung Vollstreckungsabwehrklage erheben, wenn ein neues Ereignis ihm eine Einwendung beschert hat, die aber das erstinstanzliche Urteil nicht erschüttert. Dann würde er nämlich mit der Berufung gar nicht zum Erfolg gelangen. So ist es im folgenden Beispiel.

196

Beispiel 15 (Verhältnis zur Berufung):

Schuldner S wurde verurteilt, 12 000 Euro an Gläubiger G zu bezahlen. Kurz nach Prozessende entsteht ihm eine Gegenforderung in Höhe von 15 000 Euro und er rechnet auf.

197

In Beispiel 15 erlangt S zwar den Erlöschenseinwand (§§ 387, 389 BGB). Jedoch bleibt es dabei, dass der Anspruch des G zur Zeit der Klageerhebung begründet war. G würde im Falle einer Berufung durch S die Klage in Höhe der Gegenforderung für erledigt erklären und insoweit erfolgreich einen Kostenantrag stellen können[8] (vgl. auch Rn. 234 ff). Hier ist dem S deshalb zu raten, eine Vollstreckungsabwehrklage zu erheben, um allein die Zwangsvollstreckung des G abzuwenden.

Aufbau: Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)


I. Zulässigkeit 1. Statthaftigkeit: Kläger muss behaupten, eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch zu haben. 2. Zuständigkeit: Gericht des ersten Rechtszugs (§ 767 I ZPO); Sonderregelungen in §§ 796 III, 797 V ZPO für Vollstreckungsbescheid und notarielle Urkunde 3. Antrag und Form: Es gelten die allgemeinen Regeln für Klagen, also insbesondere § 253 ZPO. Beantragt wird, die Zwangsvollstreckung aus dem Titel für unzulässig zu erklären (§ 775 Nr. 1 ZPO ermöglicht dann die sofortige Umsetzung der Einstellung im Vollstreckungsverfahren). 4. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis: Besteht sobald die Vollstreckung droht, also wenn ein Titel vorliegt, bis zur endgültigen Beendigung der Zwangsvollstreckung.
II. Begründetheit 1. Bestehen einer Einwendung: Hier erfolgt die Prüfung des materiellen Zivilrechts (z.B. Aufrechnung, Rücktritt, Minderung, Anfechtung, Kündigung, Widerruf). 2. Keine Präklusion nach § 767 II ZPO 3. Keine Präklusion nach § 767 III ZPO

§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › II. Zulässigkeit

II. Zulässigkeit

198

Auch bei der Vollstreckungsabwehrklage darf bei der Zulässigkeit nichts Überflüssiges geprüft werden! Erforderlich ist immer die präzise Prüfung der Statthaftigkeit der Klage. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis sollten in der Regel ebenfalls – allerdings in unproblematischen Fällen ganz knapp – geprüft werden. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen werden nur dann erwähnt, wenn hier Probleme liegen[9].

§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › II. Zulässigkeit › 1. Statthaftigkeit