30 Minuten Kreativität im Job

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Kreativität ist mehr als ein Merkmal

Zufrieden und produktiv arbeiten Menschen, bei denen Persönlichkeitsmerkmale und erworbene Fähigkeiten kongruent sind mit den Jobanforderungen. Der sogenannte „Fit“ muss stimmen. Unternehmen nutzen Persönlichkeitsmodelle und entsprechende Tests, um die passenden Mitarbeiter zu finden. Das in Deutschland verbreitete DISG-Modell zum Beispiel kennt die vier Typen: dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft. Kreativität – im Sinne eines Persönlichkeitsmerkmals – wird hier vor allem dem initiativen Grundtyp zugeschrieben. Über kreative Fähigkeiten können jedoch alle Grundtypen verfügen, denn diese lassen sich trainieren und entwickeln.


Kreative Höchstleistungen werden häufig von Menschen erbracht, die scheinbar gegensätzliche Persönlichkeitsmerkmale in sich vereinen. Kreativität hängt jedoch nicht von angeborenen Merkmalen oder bestimmten Talenten ab. Für den Einsatz im Job können kreative Kompetenzen erworben und entwickelt werden.

1.2Kreativität im Kontext

Sehr lange hat sich die Erforschung der Kreativität im Dunstkreis der Persönlichkeitspsychologie bewegt. Kreativität galt als Merkmal oder Fähigkeit eines Individuums. Kreativität wurde erklärt durch das, was in einer Person steckt, und nicht durch das, was sie umgibt. Erst die Soziologie und die Sozialpsychologie erweiterten diese Sichtweise. Plötzlich ging es um die Gruppe, das Umfeld, den Prozess. Dieser neue Ansatz wurde befeuert durch das Buch „Creativity in Context“ der Harvard-Professorin Teresa M. Amabile, das 1983 erstmals erschien. Von diesem Buch aus lässt sich ein roter Faden spinnen bis zur heutigen Innovations- und Motivationsforschung.

Im soziokulturellen Modell der Kreativität wird eine „Dreiecksbeziehung“ beschrieben zwischen:

Person, ggf. mit Team (person)

Fachgebiet bzw. Branche (domain)

Umfeld, Akteure des Fachgebiets (field)

Die Ideen einer Person oder eines Teams (person) können nur dann als kreativ, also als neu und nützlich bezeichnet werden, wenn die Menschen im Umfeld (field) den Neuheitswert und die Nützlichkeit anerkennen. Ist dies der Fall, halten diese Ideen Einzug in die Branche oder das Fachgebiet (domain). Die intensive Aneignung eines Fachgebiets wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass eine Person überhaupt eine relevante Idee hervorbringen kann. So schließt sich der Kreis. Dieses Modell gilt für die hohe Kultur genauso wie für die Wirtschaft. Es gilt für Jazzmusik genauso wie für die Entwicklung von Software. Der US-amerikanische Psychologe R. Keith Sawyer stellt die Wechselwirkung zwischen Person, Fachgebiet und Umfeld in seinem sehr empfehlenswerten Buch „Explaining Creativity“ ausführlich dar.

Was innovativ ist, entscheidet der Kunde

Das soziokulturelle Modell der Kreativität zeigt bereits die Grundstruktur von Innovationsprozessen: Aus den vielen Ideen eines Projektteams werden diejenigen ausgewählt, die für den Kunden oder Anwender besonders nützlich erscheinen. Zusätzlich muss die Machbarkeit gewährleistet sein. Die Auswahl der Ideen erfolgt durch sogenannte „Gatekeeper“ – das sind diejenigen Akteure, die im sogenannten Stage-Gate-Modell wie eine Jury entscheiden, ob eine Idee in die nächste Runde kommt und ob sie über Prototypen zur Marktreife weiterentwickelt wird. Ob eine Idee zur Innovation wird, entscheiden final jedoch immer die Kunden oder Anwender. Denn es gilt: Erst ihr Erfolg macht die Innovation zur Innovation! Und nur dann verändert sie einen Markt, eine Branche oder ein Anwendungsfeld.

Nur wer seinen Job kann, kann kreativ sein

Das soziokulturelle Modell beinhaltet eine wichtige Erkenntnis: Kreativität im Job setzt voraus, sein Fachgebiet zu beherrschen. Aber nicht nur das. Auch die Kenntnis kreativer Methoden und Arbeitsweisen muss gegeben sein. Und natürlich ist Motivation notwendig, um überhaupt kreativ tätig zu werden. Teresa M. Amabile beschreibt diese Voraussetzungen in ihrem DreiKomponenten-Modell der kreativen Leistungsfähigkeit.


Abb. 1: Kreative Leistungsfähigkeit nach Amabile

Voraussetzungen für kreative Leistungsfähigkeit

Fach-Skills: Wissen und Fähigkeiten in Bezug auf das jeweilige Fachgebiet

Kreativ-Skills: Fähigkeiten und Erfahrungen im Umgang mit Kreativtechniken und Innovationsmethoden

Motivation: intrinsische Motivation und positive Haltung der konkreten Herausforderung oder Aufgabe gegenüber

Dieses Modell ist ein wichtiger Kompass in Bezug auf Ihre Kreativität im Job. Sie werden feststellen: Immer wenn die Ideen sprudeln, sind alle drei Voraussetzungen in hohem Maße erfüllt. Fehlt jedoch nur eine der Voraussetzungen, ist Ihre kreative Leistungsfähigkeit ausgebremst. Reflektieren Sie also diese drei Komponenten und berücksichtigen Sie diese bei Ihrer beruflichen Entwicklung.

Ideen entstehen in mehr als einem Kopf

Eine weitere wichtige Erkenntnis verdanken wir der Sozialpsychologie: Kreativität ist nur selten die Aktivität eines Einzelnen. Die meisten Neuerungen kommen durch Aktivitäten von Teams, Gruppen oder Netzwerken zustande. Man spricht hier von Gruppenkreativität oder auch von kollaborativer Kreativität. Trotzdem werden bedeutende Erfindungen und Innovationen häufig mit nur einem einzigen Namen verbunden: die Glühbirne mit Edison, das iPhone mit Steve Jobs, die Riesterrente mit Herrn Riester. Dies hat mehr mit der Vermarktung und dem Storytelling zu tun als mit einer kreativen Einzelleistung. Denn um diese Namen herum sind viele gut vernetzte Akteure und Teams mit vielseitigen Kompetenzen notwendig, um das Neue in die Welt zu hieven.

Teamfähig statt durchgeknallt

Machen Sie sich bewusst, dass kreativ sein nicht bedeutet, dass Sie von Natur aus ein wahnsinnig kreativer Typ sind, der eine Idee nach der anderen in die Runde schmettert. Vielmehr geht es darum, dass Sie in Ihrer beruflichen Rolle gemäß Ihren Fähigkeiten und Stärken zum Gelingen eines kreativen Prozesses beitragen.

Falls Ihnen also jemand im beruflichen Kontext, zum Beispiel in einem Bewerbungsgespräch, die Frage stellt: „Halten Sie sich eigentlich für kreativ?“, dann wäre die falsche Antwort: „Ja sehr, ich habe auch privat viele Ideen und koche ohne Kochbuch.“ Besser wäre die Antwort: „Ja, ich weiß genau, wie ich in einem Team dazu beitragen kann, dass etwas Neues entsteht und dass Dinge sich verändern.“

Innovation hat viele Gesichter

Es gibt in Teams sehr unterschiedliche Möglichkeiten, zum kreativen Erfolg beizutragen, und zwar abhängig davon, welche Rolle Sie einnehmen. Der legendäre Gründer der kalifornischen Innovationsschmiede IDEO, Tom Kelley, hat in seinem Buch „The Ten Faces of Innovation“ zehn Rollen herausgearbeitet, die sich auf die drei Grundfunktionen Lernen, Organisieren und Gestalten verteilen:

Drei Rollen mit Fokus auf „Lernen“

Anthropologist – der Menschenkenner: beobachtet genau, kann sich in Team, Kunden und Anwender einfühlen, sorgt für Verständnis.

Experimenter – der Experimentierer: probiert gern aus, testet die Ideen der anderen, lernt aus Fehlern und optimiert.

Cross-Pollinator – der Querverbinder: denkt quer und kombiniert Ideen, Konzepte und Ansätze aus unterschiedlichsten Quellen.

Drei Rollen mit Fokus auf „Organisieren“

Hurdler – der Hindernisläufer: nimmt neue Probleme und Aufgaben sportlich und zeigt unermüdlich neue Wege auf.

Collaborator – der Zusammenarbeiter: sorgt für eine fruchtbare Zusammenarbeit und die gute Atmosphäre im Team.

 

Director – der Regisseur: hat den Blick fürs Ganze, setzt Ressourcen richtig ein und spricht für die Gruppe.

Vier Rollen mit Fokus auf „Gestalten“

Experience Architect – der Erlebnisdesigner: schafft Erlebnisse und Emotionen für Kunden und Anwender, sucht das Besondere.

Set-Designer – der Raumgestalter: hat ein besonderes Auge für inspirierende Umgebungen und Räume.

Caregiver – der Fürsorger: kümmert sich um einzelne Teammitglieder, gestaltet Beziehungen, agiert als Vertrauensperson.

Storyteller – der Geschichtenerzähler: denkt und kommuniziert in Bildern und Geschichten, sorgt für Action.

Die zehn Rollen sind nicht trennscharf voneinander abgegrenzt, und ein Einzelner kann durchaus mehrere und wechselnde Rollen einnehmen. Die kreative Arbeit verläuft umso fruchtbarer, je mehr der zehn Rollen im Team vertreten sind.


Kreativität im Job ist eingebettet im soziokulturellen Kontext: Kunden, Anwender und Experten entscheiden darüber, was als „neu und nützlich“ gilt und als Innovation eine Branche verändern kann. Im Team ist entscheidend, ob Fach-Skills, Kreativ-Skills und Motivation vorhanden sind, welche Rollen eingenommen werden und wie der kreative Prozess gestaltet wird.

1.3Kreativität als Prozess

Kreativität bedeutet, dass etwas Neues und Nützliches entsteht. Also ist Kreativität auch als Prozess beschreibbar: Ein Zustand A wird in einem zeitlichen Verlauf so verändert, dass ein neuer und nützlicherer Zustand B eintritt. Dies kann die Entwicklung eines Produkts betreffen, die Neugestaltung eines Online-Auftritts, die Reparatur eines Deiches bei Hochwasser und vieles mehr.

Die Initialzündung

Am Anfang eines kreativen Prozesses steht entweder ein Problem oder eine Chance. Denn die Grundmotivation für eine Veränderung ist entweder Schmerzvermeidung (durch kreatives Beheben eines Problems) oder Lustgewinn (durch das Nutzen einer Chance). Zufriedenheit mit dem Status quo kann Kreativität verhindern, weil die Motivation fehlt, sich auf Ideensuche zu begeben – und hierfür Aufmerksamkeit, Zeit und Geld zu investieren. Die Saturiertheit mancher großer Unternehmen ist diesen zum Verhängnis geworden. Zukunftsdenken und Chancenerkennung sind im Wettbewerb unabdingbar.

Dauer und Phasen des Prozesses

Ein kreativer Prozess kann Monate dauern: zum Beispiel wenn es um die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle geht. Er kann Wochen dauern: zum Beispiel bei der Entwurfsplanung für ein Mehrfamilienhaus. Er kann aber auch in wenigen Minuten durchlaufen werden: zum Beispiel in einem Projektmeeting bei der Suche nach einem Eventmotto.

Der kreative Prozess durchläuft dabei immer sehr ähnliche Phasen. Die Erforschung der Kreativität wurde begleitet von Modellen, die diese Phasen definieren und beschreiben. Für Ihre Kreativität im Job ist es ausgesprochen hilfreich, diese Phasen und ihre Erfordernisse zu kennen. Denn in jeder Phase sind andere Arbeitstechniken und andere Verhaltensweisen gefragt. In einem Meeting zum Beispiel muss klar sein, ob Sie noch in der Phase der Problemdefinition oder schon in der Ideenfindung sind. Oder vielleicht sogar schon in der Bewertung. In jeder Phase sind unterschiedliche Teammitglieder und unterschiedliche Kompetenzen gefragt.

Die Grundlage für die Beschreibung kreativer Prozesse legte bereits 1926 der britische Psychologe und Ökonom Graham Wallas in seinem Werk „The Art of Thought“. Er beschreibt den Prozess in vier Phasen, die in ihren Grundzügen noch heute Gültigkeit besitzen:

Das „klassische“ Vier-Phasen-Modell nach Wallas

1. Präparation – Definition und Analyse des Problems

2. Inkubation – vielfältige (unbewusste) Lösungssuche

3. Illumination – Sichtbarwerden von Ideen

4. Verifikation – Bewerten und Testen der Ideen

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