Immer über die Kimm

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Der Friseur, den Bernd nicht sehen, aber verhalten hören konnte, klapperte ungeduldig mit einer wohl großen Schere, die aus Holz sein mußte und riß ein Büschel Haare aus dem Kopf. Dann setzte man Bernd ein Stück weiter auf einen Balken, um die Frisur zu waschen und zu gestalten.

Nach einem heftigen Stoß gegen die Brust klappte Bernd hinten über und verschwand rücklings unter Wasser, sofort wissend, dass dies das Taufbecken sein musste und unverzüglich in Panik ausbrechend. Zwei Leute ergriffen jeder eines seiner Beine und reckten diese in den Himmel hoch.

Bernd blubberte das bisschen Luft schwallartig aus sich heraus und versuchte krampfhaft, mit den Händen irgendwo einen Halt zu finden, fand jedoch keinen. Aber in tiefer Panik wusste er, wo er gelandet war. Im Taufbecken, in dem die Neger die Leute ertränkten. So hatte man ihm zuvor bei den Messegesprächen berichtet.

„Geh dem Tauchbecken aus dem Weg,“ hatte Norbert geraten,“ sie werden dich ertränken .Wenn du dem Tauchbecken nicht aus dem Weg gehst. Denk an meine Worte. Es ist nicht verboten, Leute im Tauchbecken zu ertränken.“

Wie hatte Bernd sich nur nicht an Norberts Rat gehalten. Wie konnte ihm das nur passiert sein. Bernd fing an Wasser zu schlucken und schlug mit den Armen und Händen wild um sich, einen der Brüder zu erwischen, an dem er sich festgebissen hätte. Sie zogen ihn an den Beinen langsam nach oben und sich zusammenkrümmend, durchbrach sein Gesicht die Wasseroberfläche. Wild schluckte er nach Luft und spuckte Wasser und den Brei im Rachen aus, der aufzuweichen begann, wie er im Unterbewußtsein registrierte.

„...mehr nicht?“ Hörte er eine Stimme und war wieder unter Wasser,

Würgend, spuckend und nach Luft schnappend, war er wieder über Wasser und keuchte, „fünf.“ Worauf Bernd erneut unter Wasser war. Allmählich schwanden ihm die Sinne. Er schluckte erneut Wasser. Dann war wieder Luft und Helligkeit und es gelang endlich einen der vier Eckpfosten zu greifen, um den er seinen Arm wickelte, spuckte, dann keuchte, und schließlich brüllte, nachdem ausreichend Luft gesaugt war: “Schwaches Herz. Ich hab ein schwaches Herz. Ich krieg einen Herzinfarkt.“

Die schwarzen Neger sahen ihn mitleidig grinsend an und zogen seine Beine höher, aber er hielt den Arm um den Balken gewickelt und hätte ihn sich ausreißen lassen, bevor es wieder Unterwasser gehen würde. Sie zogen mit aller Kraft an den Beinen, hatten aber eine ungenügende Hebelwirkung und wurden wütend. Sie waren schwarz. Überall. Sie hatten sich mit Schuhkreme eingeschmiert. Bernd erkannte einen Matrosen, der andere kam aus der Maschine. Er konnte wieder sehen. Verschwommen. Das Wasser begann die Fette zu lösen.

„Laß den Balken los,“ brüllte der Matrose wütend und stellte sich auf die Zehenspitzen um Bernds rechtes Bein weiter nach oben ziehen und damit seinen Griff zu lösen und den Kopf unter Wasser zu bringen.

„Herz,“ japste Bernd in Panik. „Herz.“ Weil ihm nichts besseres einfiel. Aber sie wollten nicht hören und kamen auf eine andere Idee. Sie griffen seinen Kopf und duckerten ihn unter. Wieder unter Wasser. Mit etwas mehr Luft. Vielleicht für dreißig Sekunden. Und mit noch größerer Panik. Bernd merkte, dass sie anfingen, seinen Arm, der sich noch festkrallte, von dem Balken abzupuhlen und hatte plötzlich ein freies Bein, mit dem er sich sofort mit voller Wucht vom Boden abstieß und kurz mit dem Kopf über Wasser kam, jedoch gleich wieder in der fettigen Brühe untergetaucht wurde. Es ging dem Ende zu. Die Kräfte ließen nach. Bernd war verloren.

Aber sie hatten ein Einsehen und ließen ihn erneut über die Oberfläche.

„Und wie viel jetzt?“ Fragte der Matrose.

„Zehn,“ keuchte Bernd. Sie sahen sich an und begannen sich gegenseitig mit den Köpfen zuzunicken.

„Zehn ist gut,“ sagte der Mann aus der Maschine und rief nach außerhalb des Taufbeckens, “holt ihn ab. Er ist gereinigt und sauber.“

Zwei der bekannten Polizisten nahmen sich seiner an, der er kaum noch zu stehen vermochte und stellten ihn in das sprudelnde Wasser des Windhosenkopfes. Und da stand Erwin, grinsend, mit einem alten Trapperhut mit herabhängender Krempe auf dem Kopf und einem dicken Tampen in der rechten Faust.

Erwin, Matrose, und Bernd konnten nicht gut. Genauer, sie konnten überhaupt nicht. Sie konnten sich gegenseitig nicht ausstehen und Erwin hatte oftmals den Wunsch geäußert, Bernd eine reinzuhauen. Jetzt hatte er die Gelegenheit.

Ein Windsack ist ein zehn bis zwölf Meter langer Schlauch mit einem Durchmesser von sechzig Zentimetern. Er besteht aus schwerer Persenning und wird durch hölzerne Ringe in Abständen von etwa hundert Zentimetern in runder Form gehalten. Unten und oben ist er offen. Oben ist er nur an einer Seite, der Seite, die in den Wind gedreht wird, offen, so dass sich hier das Wasser staut und überläuft, wenn er flach auf dem Boden liegt und der Deckschlauch mit sechs Atmosphären Druck im unteren Schlauchende festgebunden ist. Damit das Wasser nicht herausfließt und den ganzen Schlauch beständig füllt, wird das untere, offene Ende entsprechend angehoben. Windsäcke werden zur Lüftung von Laderäumen benutzt, wann immer das zweckmäßig erscheint. Und Windsäcke werden bei der deutschen Handelsmarine zur Äquatortaufe vorzugsweise verwendet.

Erwin stand in der Mitte des Schlauches breitbeinig über diesem. Er mußte Bernds Arsch durch die teilweise durchhängende Persenning erkennen, wenn Bernd unter ihm durchkrauchen würde. Es galt, den zehn Meter langen Schlauch zu durchtauchen und gegen den mit sechs Bar Druck pressenden Wasserschlauch anzukämpfen. An Luft war im Schlauch nicht zu kommen. Und es galt rasch damit fertig zu werden, bevor Erwin sich mit seinem dicken Arsch auf irgendeinen Teil von Bernds Körper setzen und mit dem Tampen durch die Persenning ihn verprügeln würde, was er zweifelsfrei vorhatte. So standen sie sich gegenüber und ließen sich Zeit. Denn Eile war nicht erforderlich. Dies hier war Neptuns letzte Prüfung. Aber durch musste man.

„Komm schon, du Arschloch,“ grinste Erwin und wirbelte spielerisch den Tampen durch die Luft. Komm schon.“ Während Bernd immer noch nach Luft schnappte und versuchte, sich von der fürchterlichen Erfahrung der Taufe zu erholen.

„Mach schon,“ sagte einer der beiden Polizisten,“ die anderen Täuflinge wollen auch noch durch.“

„Wenn du nicht machst,“ sagte der zweite Polizist prügeln wir dich durch.“Die anderen Täuflinge warten schon. Wie viele haben wir eigentlich noch Karl. Laß uns ihn da durchprügeln, damit wir uns über das Bier hermachen können.“ „Komm schon,“ grinste Erwin behaglich.

Bernd stürzte sich auf die Knie, tauchte in den Sack, stieß sich mit beiden Beinen an dem Sackende ab und begann wie ein Irrer zu krabbeln. Er kam voran. Aber dann bemerkte er einen Druck auf den Oberschenkeln und wurde flach auf den Boden des Schlauches gepresst. Erwin hatte sich auf ihn gehechtet. Bernd konnte das Helle am Ende des Schlauches sehen. Aber die Luft wurde knapp. Mit den Fingernägeln zog er sich unter Erwin weiter. Dem Lichtschein entgegen. Seine Beine begannen unter Erwin durchzurutschen. Über seinem Kopf befand sich einer der Holzringe. Erwin bemerkte, dass Bernd unter ihm unter den Holzring entglitt und sprang auf, eine bessere Position zwischen den beiden nächsten Ringen zu erreichen. Er schlug mit dem Tampen wie wild auf die Persenning, wie Bernd über das Rauschen des Wassers zu hören vermochte. Dann war er wieder auf ihm, erwischte jedoch nur die Unterschenkel. Das Licht war jetzt hell. Bernd sah den Wasserschlauch, der ihm Wasser in die Nasenlöcher trieb und er sah, dass er nur noch zwei Ringe von der Öffnung entfernt war. Aber Luft hatte er keine mehr. Offenbar unzufrieden mit seinem Halt sprang Erwin erneut hoch und gab die

Unterschenkel frei. Ein paar Zentimeter trennten noch von der Öffnung, der Rettung. Ein halber Ring. Aber der Arsch setzte sich genau auf Bernds Hinterkopf und drückte ihm die Nase auf dem Boden platt. Das wars. Hier würde Bernd endgültig ersaufen. Hier würde er elendig verenden. Der Rest Sauerstoff blubberte in kleinen Blasen an seinen Augen hoch und wurde von dem Strom fortgerissen. Er bekam rote Kreise vor dem inneren Auge. Dann war er überraschend plötzlich frei und tauchte auf.

Alle Decktäuflinge fanden sich vorn unter der Back in der Farblast wieder. Alle Decksleute. Die Maschinenleute hatten ihre eigene Farblast in den Maschinenräumen.

Die Taufe war seit einer Stunde beendet und auf dem achteren Bootsdeck grölten bereits die ersten Besoffenen und feierten die Beute. Einhundersechsundsiebzig Kästen Bier, bestes Becks Export, waren gestiftet worden. Zum Wohle und Gefallen des Herrn Neptun.

„Der Erwin hat mich gehabt,“ sagte Bernd zu Norbert,“ Ein paar Zentimeter haben noch gefehlt. Dann hat er meinen Kopf auf den Boden gepresst. Kannst du gar nichts mehr machen. Bist du fixiert. Ich dachte, es sei zu Ende.“

„Der Erwin ist ein sadistisches Arschloch.“

„Er hätte mich da und sofort ertränken können,“ sagte Bernd und kippte sich Terpentin aus dem Eimer über den Kopf, in der Hoffnung, dass all die Silberine und Schmiere sich auflösen mochten.

„Aber ich bin gut durchgekommen,“ sagte Norbert. „Er hat erst gar nicht versucht, sich auf meine Birne zu setzen.“

„Zwanzig Sekunden länger und ich wär tot.“

„Sie hätten dich an Land gegeben. Sie hätten dich nicht über Bord geschmissen, mit der Fahne. Sie hätten dich an Land gegeben. So nah am Hafen.“

Aber die Silberine und auch das Fett waren hartnäckig und klebten besonders in den Haaren. Sie alle brauchten drei Tage, einigermaßen sauber zu werden. Auf dem Bootsdeck achtern rauschte das Fest. Alle soffen, mit Ausnahme der Wachgänger. Musik dröhnte aus den ersten, getrockneten Tonbandgeräten bis nach Mittschiffs. Auch die Täuflinge waren eingeladen. Jedoch nahm keiner von den zwanzig Mann teil. Alle waren fix und fertig und krochen in ihre Kojen, an den Laken festzukleben. Am folgenden Tag durften die Täuflinge im Salon die Urkunden abholen, die vom Kapitän unterschrieben und vom Kapitän mit Handschlag überreicht wurden. Alle Täuflinge hatten Fischnamen erhalten. Norbert hieß jetzt Hering. Bernd hieß jetzt Knurrhahn.

 

Nachts erreichte das Schiff die Außenreede vor Vitoria in Brasilien. Beide Anker wurden geworfen. Abstehend lagen drei oder vier andere Schiffe und warteten auf die Genehmigung, in den Hafen einzulaufen. Als es hell wurde, hängten sie Stellagen außenbords und pönten weiß. Das Wasser war verführerisch. Die Sonne brannte vom Firmament. Schwimmen war wegen Haialarm von der Schiffsleitung verboten worden. Das Land war etwa drei Seemeilen entfernt, aber unerreichbar, da kein Launchverkehr eingerichtet wurde und die Immigration noch nicht an Bord kam, die Pässe anzuschauen. Abends vertilgten sie Teile des von den Täuflingen gespendeten Biers auf der Schanz. Beim nächsten Frühstück wurde erzählt, dass drei Macker von dem Norweger, der am nächsten lag, nachts mit dem Arbeitsfloß an Land gepaddelt waren, das sie jedoch nicht erreichen konnten. Das Floß wurde aufgefischt, aber die Leute blieben verschollen und wurden abgeschrieben und aus der Mannschaftsliste gestrichen. Dann, zwei Tage später, kam das OK der Hafenbehörde und die Clyde lief gegen Mittag ein, wo sie von zwei Schleppern erwartet wurde, die sie an die Erzpier drückten. Zwei Ruderboote paddelten im Hafenbecken zum Zorn des Alten und zum Zorn der Schlepperleute umher und die jeweils drei in den Booten sitzenden Weiber, die sich von ihren Zuhältern rudern ließen, die hin und wieder das Rudern einstellten und ein Pappschild hoben, auf dem Caramba Bar stand, lüfteten in Abständen die Hemden und zeigten die Titten, die die ganze Mannschaft stark zu interessieren begannen, so dass auch der Smutje sich nicht von der Reling fortzureißen vermochte und das Mittagessen verspätet aufgetragen werden musste, was alle ärgerte, weil alle in die Caramba Bar unverzüglich wollten.

„Komm endlich nach unten,“ brüllte der dritte Ingenieur durch das Schott. “Komm endlich nach unten, Karl Heinz. Du hast Wache. Wir fahren Manöver. Du Drecksack. Schau dir die Titten ein anderes Mal an.“

Die Immigration kam an Bord und deklarierte das Schiff. Sie rissen die Patentluken zur Seite und wer wachfrei hatte, stürzte ins Wohndeck, duschen, Klamotten an. Nach Mittschiffs, wo der Erste Vorschuß in der Landeswährung, Cruzeiros, auszahlte und über die Gangway an Land und immer dem Weg nach, bis zum Taxistand, der irgendwo auftauchen würde. Wie immer.

Bernd tauschte seine acht / zwölfer Wache, zahlte, wie beharrlich verlangt, eine Stange Chesterfield obendrauf, zog sich um und rannte nach Mittschiffs, das restliche Guthaben der kargen Heuer von dem Ersten zu verlangen, der ihn weiter zum Dritten schickte, der auf die Landgänger im Lazarettraum wartete und kleine Tuben mit Paste verschenkte.

„Immer an der Seite bereithalten,“ erklärte er flüssig, da er bereits zwanzig Mal erklärt hatte. “Wenn du fertig bist und abspitzt, schiebst du das hier rein.“ „Was schieb ich rein,“ fragte Bernd verständnislos.

„Du schiebst dir diese Paste rein. Wenn du abspringst. Immer wenn du abspringst, schiebst du dir die Paste rein. Das ist was ganz Neues. Wenn du dir das reinschiebst, kannst du keinen Tripper kriegen.“

„Wo schieb ich mir das rein.“

„In die Nille.“

„In die Nille ?“

„Ganz recht. Schieb dir das in die Nille. Dann kriegst du keinen Tripper.“

„Der Bootsmann sagt, wenn ich nicht zwölf Tripper nachweisen kann, kann ich nicht Bootsmann werden.“

„Da mag er Recht haben. Aber du bist noch kein Bootsmann. Du hast noch Zeit. Hol dir den Tripper anderswo. Hol dir alle zwölf Tripper woanders. Wenn wir keine Paste haben, die wir verschenken. Wenn du auf See kommst und sagst du hast einen Tripper, geb ich dir den Esslöffel Rizinusöl. Was anderes haben wir nicht in unserer Apotheke. Außer dem Beil und die Eisensäge für Amputationen. Und die grobe Säge für die Notfälle. Dann kannst du scheißen. Aber Pissen kannst du dann nicht mehr.“ Er drückte Bernd die kleine Tube in die Hand und Bernd versprach, immer wenn er abspringen würde, das Zeug sorgfältig in die Nille zu drücken. „Wird das reichen?“ Fragte er, als er ging.

Charlie, der auch an Land wollte, rief von der Steuerbordreling, als Bernd über Backbordseite gerade die Gangway betreten wollte und meinte, dass unten ein

Kahn angelegt hatte, der sie über das Hafenbecken an die gegenüberliegende Pier bringen würde, auf der mehrere Kneipen sichtbar waren. Gemeinsam hängten sie die Jakobsleiter, die als Lotsenleiter an Deck lag, über die Seite und enterten hinunter in das Boot.

„Sparen wir einen Haufen Zeit,“ meinte Charlie der Leichtmatrose, er war während der Fahrt vom Jungmann zum Leichtmatrosen befördert worden , weil seine Dienstzeit dies erforderte. “Ansonsten müssten wir auf dem Weg um das ganze Hafenbecken herum.“

Sie kehrten in der Birras Bar auf der Pier ein und bestellten Bier. Anschließend nahmen sie ein Taxi, das sie geradewegs zur Casa da Casanova brachte, die ein Freudenhaus war und sich über einen ganzen Berg erstreckte. Unten gab es eine Kneipe mit Tresen und oben auf der Kuppe gab es auch eine Kneipe mit Tresen. Dazwischen verlief ein gewundener Pfad mit Stufen im Fels durch die Büsche und in Abständen standen kleine Hütten mit roten Funzeln an der Tür und geilen Weibern vor der Tür, die nach einem haschten und jeden, der nicht flink genug war, in die Bretterbude zerrten, ihn auf der Stelle zu vernaschen. Hier hatten sie das Paradies entdeckt. Und, als es gelungen war, den steilen Felsen zu erklimmen, es war noch nicht Nacht und die Weiber hatten ihre Betriebstemperatur noch nicht erreicht, setzten sie sich an die Theke des Pavillons auf der Kuppe und begannen in Ruhe zu zechen und sich je ein Weib zu erwählen, mit dem Bernd dann in einer der Buden verschwand, in dem ein breites Bett und etwas Wandschmuck das einzige Inventar darstellten. Sie fickte sehr gut und engagiert und da sie Bernd fickte, vermochte Bernd nicht unmittelbar nach dem Abgang abzuspringen, wie dem Dritten hatte versprochen werden müssen. Er rollte sich jedoch unter ihr fort und fiel auf den Boden, die Tube zu ergreifen und die Nille zurechtzurücken. „Halt mal,“ sagte er zu ihr, die fasziniert zusah und grinste. „Halt das Ding mal. Ich muß die Kappe von der Tube schrauben.“

Sie verstand nicht, griff den Schwanz und begann eifrig zu wichsen.

„Nein, nein,“ sagte Bernd ärgerlich und zog den Schwanz fort.

„Ah,“ meinte sie und verstand ,“ah.“ Sie rief einen Namen durch die offene Tür der Bretterbude, die wegen der Hitze nicht geschlossen wurde und ihre Freundin erschien, grinste, und griff nach Bernds Schwanz.

„So ist das gut,“ sagte Bernd, die geöffnete Tube in der rechten Hand.“ Halt das Ding gerade, damit ich die Creme reintun kann.“ Sie sprach auch kein englisch und sie verstand auch nicht, erwies sich aber als gelehriger und beobachtete aufmerksam, wie Bernd das Zeug in die Nille drückte, was sehr unangenehm war und sagte dann, mit einem Gesichtsausdruck, der Verstehen spiegelte. „Good. Very good?“ „Yes,“ sagte Bernd, “very good.“

Als Bernd zurück an die Bar im Pavillon kam, stand Norbert mit Timmy neben Charlie an der Bar. An den Tischen saßen einige Leute aus der Maschine.

„Du bist schon zurück ?“ Fragte Bernd Charlie,“ war das Weib nichts?“

„Oh doch. Die war Spitze. Das sind alles Spitze Weiber hier.“

„Nicht sehr praktisch, das Zeug aus der Tube. Man braucht Hilfe.“

„Ich hab das nicht gemacht,“ sagte Charlie.“ Der hat doch einen Knall. Ficken und dann das Zeug reindrücken. In die Nille. Der spinnt doch.“

„Der wird dir den Esslöffel Rizinusöl einführen. Wenn du Tripper hast.“

„Ich hab schon mal Tripper gehabt. Ist nicht schlimm. Ich schluck kein Abführmittel.“

Die Stimmung hob sich. Es wurde dunkel. Die Heizer und Öler zechten wild und fickten wenig. Und fingen an, schmutzige Lieder zu singen und dann zu grölen. Norbert bekam bereits glasige Augen und begann zu nuscheln. Mehr Mädchen strömten herein und zwei von ihnen schlossen sich Norbert und Bernd an und wollten sie mitnehmen, anderswo zu bumsen und Party zu machen.

„Gehen wir anderswo bumsen,“ nuschelte Norbert,“ ich kann das Gegröle der Bilgenkrebse nicht länger ertragen. Und Partymachen.“

So fuhren sie mit einem Auto, das am Fuße des Berges bereits wartete und keine Taxe war, aus der Stadt heraus, auf dem Lande eine Party zu veranstalten. Über eine alte Brücke ging es direkt in die Vegetation hinein, die wie ein Urwald im Scheinwerferlicht auftauchte. Vor der Ruine eines gemauerten Hauses hielt der Wagen und die Weiber, wie der Fahrer, meinten auf Portugiesisch, das Bernd und Norbert nicht verstanden, dass man das Ziel erreicht haben würde, worauf alle ausstiegen, um drei Macker und mehrere alte Omas, die mit einer Petroleumfunzel aus dem Loch traten, das die Tür gewesen sein musste, zu begrüßen. Die beiden mitgebrachten Weiber wollten nunmehr ein erhöhtes Honorar, das immer noch vernachlässigbar billig war und Norbert zahlte bereitwillig, weil er noch nicht gefickt hatte und jetzt unbedingt ficken wollte, während Bernd zu feilschen begann, weil er schon gefickt hatte und jetzt nicht unbedingt erneut ficken musste. Ein Rabatt wurde Bernd eingeräumt, der Sack, der vor der Tür hing, beiseite gehoben und sie betraten ein Zimmer, in dem ein großes Bett, mit einigen Wolldecken abgedeckt, von einer weiteren Petroleumfunzel erhellt wurde. Hier entledigten sie sich der überflüssigen Kleidung und begannen sie abzulecken, die Weiber, nachdem sie sich auf die Einteilung des Bettes zu verständigen vermocht hatten. Nachdem zuerst Norbert abgespritzt hatte, während Bernd noch bei der Sache war, konnte Bernd irritiert beobachten, wie Norbert auf dem Bett saß und versuchte, die Tube fachgerecht zu handhaben, was ihn arg verwirrte, so dass er die erforderliche Konzentration einbüsste.

„Was ist das für ein Scheiß,“ fluchte Norbert, “wie soll das gehen. Wie soll ich das Zeug in die Nille kriegen.“

„Halt die Fresse,“ keuchte Bernd,“ ich bin noch bei der Sache. Siehst du das nicht?“

„Mach hinne,“ meinte er und fummelte mit der Tube herum, “wenn ich abgespritzt habe, hab ich keinen mehr hoch. Wenn ich keinen mehr hoch habe, finde ich das Ding nicht so recht. Wie soll ich mir da das Zeug einführen. Das ist alles sehr unpraktisch. Ich werde die Tube dem Dritten zurückgeben. Wie wollen wir hier eigentlich wieder weg kommen. Das Auto ist abgefahren. Gibt das für diesen Scheiß eigentlich eine Gebrauchsanweisung?“

„Wenn du die Fresse halten würdest, würde ich fertig machen können.“

„Was ist mit den drei Mackern die vor dem Haus lungern. Sehen mir aus, als ob sie uns ausrauben wollen.“ Er steckte die Tube zwischen seine Klamotten und begann sich anzuziehen, um zuzuschauen und in Ruhe eine Zigarette zu rauchen.

„Du machst das falsch. Du musst den Schwanz nicht so tief reinstecken.“

„Halt die Fresse.“

„Die Weiber haben im Eingangsbereich einen Ring aus Muskeln. Wenn sie sich erschrecken klemmen sie dir das Ding ab. Bis es abstirbt.“

„Verschwinde. Laß mich in Ruhe weitermachen.“

„Wenn du nur die Nille reinschiebst, kommst du schneller. Sag ihr, dass sie drücken soll. Wie bei der Geburt.“

„Wenn du nicht deine Fresse hältst, helf ich dir nicht, wenn die Mackers dich ausrauben und schlachten wollen.“

Norbert hielt die Fresse und begann Rauchringe in den Raum zu blasen. „Fertig,“ sagte Bernd nach endloser Konzentration, sprang ab und griff nach der Tube.

„Laß das. Das ist Quatsch,“ meinte Norbert,“ denk daran, dass du zwölf Tripper brauchst. Wo willst du die alle herkriegen, wenn du nicht bald anfängst. Als ich so alt war wie du, hatte ich schon zwei oder drei. Jetzt fehlen mir nur noch vier. Dann bin ich Bootsmann.“

„Ich bin siebzehn. Ich hab noch Zeit. Sagt der Dritte. Du bist Leichtmatrose. Und du wirst nie Bootsmann. Du säufst zuviel und fickst zu schnell. Laß uns hier verschwinden. Bevor wir ausgeraubt werden“

Die drei Mackers vor der Ruine, die sie überfallen hätten können, waren verschwunden und hatten die Oma und die Petroleumfunzel mitgenommen. Die beiden Weiber wollten verbleiben und schoben sie in die Finsternis, in der sie die Strasse vermuteten und mühsam auffanden.

„Von dort sind wir gekommen,“ sagte Norbert, zunehmend nüchterner.

 

„Ich weiß,“ entgegnete Bernd leise, “wo ist dort. Laß uns leise sein. Im Falle, dass man uns auflauert. In den Büschen.“

„Wir tasten uns an den Büschen entlang. Dann können wir den Weg nicht verfehlen. Dann erreichen wir die Stadt vor Sonnenaufgang.“

„Wir müssen diese Brücke finden.“

Der Weg hatte einen kleinen Entwässerungsgraben, wie Bernd wenig später feststellte, als er mit einem Bein hineintrat und strauchelte.

„Ich bin gestrauchelt.“ flüsterte er in die Finsternis.“ Bist du noch da? Hier ist ein Rinnsal.“

Norbert war noch da und Bernd konnte seinen Atem in seinem Nacken spüren. So krochen sie wohl zwei Stunden hintereinander mit einem Fuß in dem flachen Graben dahin und fanden schließlich die alte Brücke, jenseits der sie, hinter einer Kurve, die Lichter der Stadt Vitoria erblickten.

„Wir haben es geschafft,“ sagte Norbert erleichtert,“ laß uns nach einer Taxe Ausschau halten.

„Ich hab es geschafft. Ich bin voraus gegangen.“

Aber eine Taxe oder ein sonstiges Zeichen der Zivilisation war nicht zu entdecken und sie brauchten weitere eineinhalb Stunden Fußmarsches, der jetzt forciert abgehalten werden konnte, bis sie zwischen Häuser und dann auf eine Straße kamen, auf der Autos fahren konnten. Um drei Uhr morgens, kurz vor Sonnenaufgang, kam eine Taxe daher und erklärte sich bereit, sie mit zur Birras Bar an der Pier zu nehmen, wo sie den sternhagelvollen Timmy an der Theke hängend vorfanden. Der Wirt war begeistert, noch mehr Deutsche in seinen Laden eintreten zu sehen und präsentierte eine Rechnung auf einem schmutzigen Zettel, die andere Deutsche nicht bezahlt hätten, bevor sie sich betrunken empfahlen. Eine Horde von Negern betrat hinter Bernd und Norbert den Laden und bestätigte vorurteilsfrei den Anspruch des Wirtes mit Gesten und Drohungen. Nach den Negern kam der Assi aus der Maschine über die Schwelle dahergestolpert, wurde von allen Anwesenden freudig begrüßt und wollte gleich kehrt machen, wurde aber ergriffen und zahlte schließlich alle

Zechen, weil alle anderen behaupteten, dass er der einzige sei, der noch über Cruzeiros verfügte, womit alle anderen Recht hatten und die Neger das Lokal räumten, da sie sich einen Verbleib nicht leisten konnten und der Wirt ihren Anblick nicht ertragen mochte, jetzt, da sie nutzlos geworden waren. Ein Ruderboot brachte alle viere über das Hafenbecken und die Hafenwache, der Matrose Erwin, musste anpacken, Timmy und den Assi über die Jakobsleiter an Bord zu zerren, bevor sie beide ins Wasser fallen und versinken konnten.

Am zweiten Tag der Liegezeit begann die Eisenerzladung über ein Förderband in die Räume zu brechen. Da die Anlagen nicht so schnell wie die in Puerto Ordaz waren und immer wieder Stillstand eintrat, während auf der anderen Seite Nachschub herangekarrt wurde, konnte die Mannschaft erfreut mit weiteren zwei bis drei Tagen Liegezeit rechnen und hatte mithin zwei Nächte, die zu nutzen waren. Das Messegespräch konzentrierte sich auf das Hauptthema, wie stets, und ein Streit entstand, in dem jemand allen Ernstes behauptete, dass der Mann nur sechs Mal in der Nacht abspritzen könne und jemand anders behauptete, dass der Mann zehn Mal in der Nacht abspritzen könne, wenn man ihm eine Kiste Bier spendieren würde.

„Ich mach das,“ sagte Bernd. “Ich mach das, wenn der, der die Kiste Bier wettet, die Nutten bezahlt, wenn er verliert.“

„Zehn Mal,“ sagte Timmy, der wieder gehen konnte. „Du musst zehn Mal abspritzen. Unter Zeugen. Dann zahl ich die Nutten und die Kiste Bier. Zehn Mal.“

„Ich beteilige mich an den Kosten,“ sagte der Dritte, der gerade die Mannschaftsmesse betreten und alles überhört hatte.

„Hats schon gegeben.“ Äußerte sich der Bootsmann.“ Auf meinem letzten Schlurren hat einer elf Mal gefickt. In einer Nacht. Unter Zeugen und beeidigt. Hats alles schon gegeben. Ist nichts Neues. Zehn Mal. Ich wette zwanzig Mark, dass er keine zehn schafft.“

„Ich bin dabei, mit zwanzig Mark.“ Rief einer.

„Wer hält hier eigentlich die Wette. Ich meine, wer zahlt eigentlich, wenn Blacky verliert. Und wie sind die Quoten. Zu einer Wette gehören immer Quoten.“ Sagte der Dritte.

„Gute Idee,“ sagte der Bootsmann. Der Verlierer zahlt. Blacky zahlt.“

„Blacky hat kein Geld,“ warf Norbert ein. Dem habt ihr bei der Taufe alles abgepresst.“

„Ich zahl eins zu drei,“ rief der Bootsmann, “gebt her. Ich zahl aus, eins zu drei, wenn Blacky gewinnt. Und behalte alles, wenn er verliert. Gebt mir eure Knete. Norbert latsch rüber zu den Heizern und schließ in meinem Namen Wetten ab. Du hast jetzt Vollmacht. Kassier gleich ab. Und komm nicht mit leeren Händen zurück.“

„Ich ficke nicht,“ sagte ich,“ wenn zwanzig Mann zusehen.“

„Zugesehen werden muß,“ sagte der Bootsmann.

„Wählen wir zwei Adjutanten,“ riet Timmy, “zwei verlässliche Adjutanten. Die wenig saufen und alles protokollieren. Weib, Uhrzeit, Nummer.“

Das war eine gute Idee und alle machten Vorschläge, wer als Adjutant verlässlich und wählbar sein würde. Sie wählten den Dritten, der sich feierlich einverstanden erklärte und Objektivität versprach und die Heizermesse wählte den Assi, der nicht wetten wollte und schwor, Neutralität zu wahren und darauf zu achten, dass der Dritte sich nicht besoff, was er immer gern tat und gar an

Objektivität verlor, zumal er als Wetter Partei war, worauf der Dritte ebenfalls Neutralität beschwor und erklärte, dass er nicht auf zwanzig Mark angewiesen wäre, obwohl er gern sechzig Mark verdienen würde, weil er auch nicht mehr so flüssig sei. Man einigte sich auf acht Uhr abends als Startbeginn und wählte die Casa da Casanova, weil dort ausreichend Weiberangebot verfügbar sein würde und Bernd nicht zugemutet werden könne, immer die Gleiche Nutte zu ficken, was alle einsahen. Schluß sollte zehn Uhr am folgenden Morgen sein, nachdem der Bootsmann in der Mannschaftsmesse auszuzahlen hatte und so gingen alle zufrieden ihrer Wege. Der Dritte schlug standesgemäße Kleiderordnung für die Adjutanten vor und fragte den Bootsmann, ob er seine Wette erhöhen könne, was dieser bejahte und unverzüglich die Hand ausstreckte.

Norbert kam aus der Heizermesse zurück und gab dem Bootsmann einige Scheine und die dazugehörigen Namen. „Vier Mann a zwanzig. Ich geh aber nachher noch Mal rüber. Hier sind meine zwanzig.“

„Hast du gut gemacht,“ sagte der Bootsmann,“ geh nachher noch mal rüber.“ Er ging in seine Kammer, die Buchführung zu machen und eine Flasche zu öffnen.

„Du bist bescheuert,“ sagte Norbert zu Bernd. „Das kannst du nicht gewinnen. Die Adjutanten werden dich nicht in Ruhe lassen. Wenn du gewinnst, wird der Bootsmann dich nicht in Ruhe lassen. Du wirst den Rest deiner Tage auf den Knien Rost klopfen.“

„Wir haben keinen Rost. Das ist ein neues Schiff.“

„Er wird sich Rost beschaffen.“

„Geh meine Wache. Ich muß pennen. Dann bin ich frisch, heut Abend. Ich fang mit der an, die geile Titten und blauschwarzes Haar hat.“

Alle kamen pünktlich. Um acht saßen die Wetter, so sie Freiwache hatten, und Abgesandte derer, die Wache schieben mussten, an der Bar und an den Tischen. Die Weiber waren freudig erregt, da sie auf ein gutes Geschäft hoffen konnten. Bernd trank in Ruhe ein Bier am Tresen. Norbert flüsterte :

“Der Bootsmann hat mir vorhin gesagt, dass er sich nach passender Arbeit für dich umsehen wird. Verlier mal lieber.“

„Ich weiß, dass du gegen mich gesetzt hast und reich wirst, wenn ich verlier. Ich habs genau gesehen, wie du dem Bootsmann den Zwanziger zugesteckt hast.“

Und der Assi und der Dritte kamen den Berg heraufgestiegen und hatten sich fein eingekleidet, jeder einen Schreibblock in der Hand und der Dritte, trotz der Hitze, mit geschmackvollem Schlips angetan. „Wann geht das los?“