Unternehmensrecht

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2.3.1.5 Haftungsausschluss

Die dargestellten Rechte des Käufers bei Mängeln der Kaufsache bestehen nicht, wenn ein wirksamer Haftungsausschluss besteht. Hierbei wird zwischen einem vertraglichen und einem gesetzlichen Haftungsausschluss unterschieden.

 Vertraglicher Haftungsausschluss

Es unterliegt grundsätzlich der Vertragsfreiheit der Parteien, einen Haftungsausschluss bei etwaigen Mängeln der Kaufsache zu vereinbaren. Seine Reichweite ist Auslegungsfrage.

Beispiel: Die Klausel „unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ bedeutet, dass der Käufer keinerlei Rechte bei Mängeln der Kaufsache haben soll. Bei der Formulierung „gekauft wie besichtigt“ sollen Rechte des Käufers nur bei offenen (und nicht bei versteckten) Mängeln ausscheiden.

Ein vertraglicher Haftungsausschluss ist zum Schutz des Käufers nicht grenzenlos zulässig. Nach § 444 BGB ist er unwirksam, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Arglist des Verkäufers liegt vor, wenn er den Mangel kannte und nicht auf ihn hingewiesen hat. Ein solcher Verkäufer ist nicht schutzwürdig. Eine Garantie ist gegeben, wenn der Verkäufer eine bestimmte Eigenschaft der Kaufsache zusichert. In Betracht kommen dabei eine Beschaffenheits- sowie eine Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB). Dann haftet der Verkäufer dem Käufer, soweit die Garantie reicht. Alles andere wäre treuwidrig (§ 242 BGB).

Beachte: Bei einem Verbrauchsgüterkauf (siehe Seite 61) ist ein vertraglicher Haftungsausschluss gemäß § 475 Abs. 1 BGB generell unwirksam. Dann kommt es auch nicht auf die Arglist oder eine Garantie des Verkäufers an. Möglich bleibt hier nur ein Ausschluss von Schadensersatzansprüchen des Käufers (§ 475 Abs. 3 BGB).

Hinweis: Soweit ein Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wird, gibt es mit § 309 Nr. 7 und 8 BGB weitere Unwirksamkeitsgründe, die hier nicht näher erläutert werden.

 Gesetzlicher Haftungsausschluss

Auch wenn ein Haftungsausschluss zwischen den Vertragsparteien nicht vereinbart wurde, kann es dennoch dazu kommen, dass der Verkäufer für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache nicht einstehen muss. So sind die Rechte des Käufers nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss kennt. In diesem Fall ist der Käufer „selbst schuld“, wenn er die Sache trotzdem kauft. Möglicherweise spiegelt sich die Mangelhaftigkeit der Kaufsache dann aber auch in einem niedrigeren Kaufpreis wider. Wenn dem Käufer hingegen ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, kann der Käufer seine Mängelrechte nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Käufer seine Rechte nicht verliert, wenn er den Mangel aufgrund einfacher Fahrlässigkeit nicht erkannt hat.

Hinweis: Soweit es um einen sog. Handelskauf geht – die Vertragsparteien also Kaufleute sind –, gibt es mit § 377 Abs. 1 HGB eine besondere Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des Käufers. Wenn er einen Mangel dann nicht unverzüglich gegenüber dem Verkäufer geltend macht, verliert er seine Mängelrechte. Dazu näher Seite 136.

2.3.1.6 Verjährung von Mängelansprüchen

Nachdem geklärt ist, welche Rechte der Käufer bei einer mangelhaften Kaufsache gegen den Verkäufer hat, stellt sich nunmehr noch die Frage, wie lange er diese geltend machen kann. Es geht also um die Verjährung der Mängelansprüche.

Die kaufrechtlichen Verjährungsfristen sind in § 438 BGB geregelt (für den Rücktritt als Gestaltungsrecht gilt das Gleiche über § 218 BGB). Grundsätzlich verjähren kaufrechtliche Mängelansprüche in zwei Jahren, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Dies gilt v. a. beim Normalfall des Kaufs beweglicher Sachen. Bei Bauwerken und Baumaterialien beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB, bei dinglichen Drittrechten (z. B. Pfandrecht) und solchen, die im Grundbuch eingetragen sind (z. B. Grundschuld), sogar 30 Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Die Verjährung beginnt gemäß § 438 Abs. 2 BGB i. d. R. mit der Ablieferung der Kaufsache. Wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt, gilt hingegen die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB, die erst am Jahresende der Kenntniserlangung des Käufers vom Mangel beginnt, § 199 Abs. 1 BGB.

Beachte: Bei einem Verbrauchsgüterkauf (siehe S. 61) kann die Verjährung der Mängelansprüche gemäß § 475 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht erleichtert, also die Frist zugunsten des Unternehmer-Verkäufers im Vertrag verkürzt werden. Damit bleibt es i. d. R. bei der zweijährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Etwas anderes gilt nur bei gebrauchten Sachen; bei diesen kann die Verjährungsfrist auf ein Jahr verkürzt werden.

Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 8)

Ansprüche des H gegen M:

I. Nacherfüllung

Zunächst ist zu prüfen, ob H von M Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB verlangen kann.

Ein wirksamer Kaufvertrag zwischen H und M über das Heißluftgebläse liegt vor. Dieses ist mangelhaft, da aus Sicht des H der Ist- vom Soll-Zustand negativ abweicht. Mangels einer Beschaffenheitsvereinbarung ist für den Soll-Zustand § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB maßgeblich. Da sich das von H gekaufte Heißluftgebläse wegen des Funkenschlags nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet und von üblichen Heißluftgebläsen negativ abweicht, liegt ein Sachmangel vor.

Somit kann H von M gemäß § 437 Nr. 1 BGB Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB verlangen. Dabei kann H wählen, ob M den Mangel an dem Gebläse durch eine Reparatur beheben oder ob er ihm ein neues, mangelfreies Heißluftgebläse liefern muss. Nach Lage der Dinge wird sich H eher für eine Ersatzlieferung entscheiden.

II. Rücktritt

Es ist zu prüfen, ob H gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten und damit nach § 346 Abs. 1 BGB den Kaufpreis zurückverlangen kann.

Der Kaufvertrag zwischen H und M stellt einen gegenseitigen Vertrag i. S. v. § 323 Abs. 1 BGB dar. Durch das mangelhafte Heißluftgebläse hat M die geschuldete Leistung nicht vertragsgemäß erbracht. Damit liegt ein Rücktrittsgrund vor. Der Mangel ist auch erheblich, sodass der Rücktritt nicht nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist.

Gemäß § 323 Abs. 1 BGB kann H vom Vertrag aber grundsätzlich erst zurücktreten, wenn er dem M eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Dies ist bis dato nicht geschehen. Die Frist ist allerdings entbehrlich, wenn einer der in § 323 Abs. 2 BGB genannten Gründe greift. Hier kommen besondere Umstände i. S. v. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Betracht. Gegen besondere Umstände spricht zwar, dass eine Nacherfüllung noch möglich ist und ein funktionsfähiges Heißluftgebläse für H weiterhin Sinn macht. Auf der anderen Seite hat es M billigend in Kauf genommen, dass sich durch die defekte Steuerung ein Funkenflug entwickelt und dadurch der H zu Schaden kommt. Durch dieses arglistige Verhalten des M ist die Vertrauensgrundlage für ein Fortbestehen des Vertrags mit H entfallen. Damit liegen hier besondere Umstände i. S. v. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor.

H kann also durch Erklärung gegenüber M (§ 349 BGB) vom Vertrag zurücktreten und den Kaufpreis von M zurückverlangen. Zug um Zug ist H dann zur Rückübereignung des Heißluftgebläses an M verpflichtet (§§ 346 Abs. 1, 348 BGB).

III. Minderung

Die Kaufpreisminderung hat wegen § 441 Abs. 1 BGB („statt zurückzutreten“) die gleichen Voraussetzungen wie der Rücktritt – mit Ausnahme der Tatsache, dass eine Minderung auch bei einem unerheblichen Mangel in Betracht kommt (§§ 441 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Da hier sogar der Rücktritt möglich ist, kann H das mangelhafte Heißluftgebläse auch behalten (und evtl. selbst reparieren) und den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber M mindern. Die Höhe des Minderungsbetrags ist ggf. durch Schätzung zu ermitteln (§ 441 Abs. 3 S. 2 BGB), kann sich aber an den voraussichtlichen Reparaturkosten orientieren.

IV. Schadensersatz

Es ist überdies zu prüfen, ob H von M Schadensersatz neben der Leistung wegen der abgebrannten Vorhänge gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB verlangen kann.

Mit dem Kaufvertrag zwischen H und M ist ein Schuldverhältnis i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB entstanden. Die Pflichtverletzung des M liegt in der Lieferung eines mangelhaften Heißluftgebläses. M hat die Pflichtverletzung gemäß § 276 BGB auch zu vertreten, da er von dem Defekt des Gebläses Kenntnis hatte. Der Schaden des H liegt in den Kosten für die Neubeschaffung der abgebrannten Vorhänge.

Der Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung ist demnach gegeben.

2.3.2 Der Werkvertrag
2.3.2.1 Wesen und vertragstypische Leistungen

Ein weiterer wichtiger Vertragstyp des BGB ist der Werkvertrag nach § 631 BGB. Auch bei diesem stehen – wie beim Kaufvertrag – Leistung und Gegenleistung in einem Austauschverhältnis zueinander (gegenseitiger Vertrag). Der Werkvertrag ist die typische rechtliche Grundlage für die entgeltliche Erbringung von Handwerksleistungen.

Beim Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes. Das Werk kann dabei sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein, § 631 Abs. 2 BGB.

 

Beachte: Der Begriff des „Unternehmers“ in § 631 BGB ist nicht identisch mit dem in § 14 BGB. Werkunternehmer kann also auch eine Person sein, die nicht beruflich, sondern privat handelt.

Die Hauptleistungspflicht des Bestellers besteht in der Entrichtung der vereinbarten Vergütung (= Werklohn). Die Vergütung erfolgt grundsätzlich in Geld, es kann aber auch eine Naturalvergütung geschuldet sein (Vertragsfreiheit).

I. d. R. vereinbaren die Werkvertragsparteien die geschuldete Vergütung. Sollte dies nicht der Fall sein, führt das aber nicht automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages (wegen Dissens, § 154 Abs. 1 BGB). Vielmehr fingiert § 632 BGB die Vereinbarung eines Werklohns dem Grunde nach, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (§ 632 Abs. 1 BGB). Soweit nur die Höhe des Werklohns nicht vertraglich festgelegt ist, gilt die taxmäßige (z. B. auf Basis einer gesetzlichen Gebührenordnung) bzw. die übliche Vergütung als vereinbart (§ 632 Abs. 2 BGB).

Eine ausdrückliche Regelung für die Zahlungspflicht bei Kostenvoranschlägen enthält § 632 Abs. 3 BGB. Ein solcher ist im Zweifel nicht zu vergüten. Folglich sollte der Werkunternehmer – wenn er eine Vergütung dafür erhalten möchte –auf eine gesonderte Bezahlungsvereinbarung hinwirken.

Der Werklohnanspruch ist grundsätzlich erst mit der Abnahme des Werkes durch den Besteller fällig (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB). Unter der Abnahme versteht man die (soweit möglich) körperliche Entgegennahme des Werkes durch den Besteller und dessen Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß (§ 640 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Werkunternehmer muss also grundsätzlich vorleisten, was ihn unter Umständen erheblich finanziell belasten kann.

Der Besteller hat insofern ein Interesse, die Abnahme so lange wie möglich zu verzögern, der Unternehmer, sie so schnell wie möglich herbeizuführen. Problematisch ist dieses Spannungsfeld v. a., wenn das Werk nicht frei von Mängeln ist. Gemäß § 640 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Besteller die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigern. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass er dies bei wesentlichen Mängeln doch tun kann. Für die Frage, wann ein Mangel wesentlich ist, bedarf es einer wertenden Betrachtung im Einzelfall.

Um den Unternehmer zu schützen, falls der Besteller die Abnahme und damit den Eintritt der Fälligkeit des Werklohnanspruchs zu Unrecht verweigert, sieht § 640 Abs. 1 S. 3 BGB die Möglichkeit vor, dass der Unternehmer dem Besteller eine angemessene Abnahmefrist setzt. Wenn diese fruchtlos abgelaufen ist, steht dies der Abnahme gleich und der Unternehmer kann den Werklohn fordern.

Einen weiteren Schutz erhält der Unternehmer durch § 632a Abs. 1 S. 1 BGB. Demnach kann er von dem Besteller für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat.

2.3.2.2 Mängel des Werkes

Der Mangel ist im Werkvertragsrecht nahezu identisch wie im Kaufrecht geregelt. Es gibt hier nach § 633 BGB ebenso die Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmängeln sowie die Regelung, dass primär die vertragliche Vereinbarung und dannach objektive Kriterien für den Mangelbegriff relevant sind. Wegen der Details wird insoweit auf die Ausführungen zum Kaufrecht verwiesen (siehe Abschnitt 2.3.1).

Handlungssituation (Fallbeispiel 9)

Heinrich (H) ist in der Baubranche tätig. Für den Brummig (B) hat er kürzlich ein schlüsselfertiges Haus errichtet. Bei der Besichtigung des Hauses stellt B fest, dass der Parkettboden im Erdgeschoss zahlreiche große und tiefe Risse aufweist. H verlangt von B dennoch die Bezahlung des Werklohns.

Zu Recht? Macht es hierfür einen Unterschied, ob B in das Haus einzieht oder nicht? (Lösung Seite 74)

2.3.2.3 Rechte des Bestellers

 Werklohnverweigerung

Ebenso wie im Kaufrecht stellt sich beim Werkvertrag die Frage, welche Rechte der Besteller gegen den Unternehmer hat, wenn das Werk mangelhaft ist. Zunächst kommen Rechte des Bestellers im Hinblick auf einen evtl. noch ausstehenden Werklohn für den Unternehmer in Betracht.

Wie bereits dargestellt, kann der Besteller – wenn es sich um einen wesentlichen Mangel handelt – die Abnahme des Werkes verweigern und damit den Eintritt der Fälligkeit des Werklohnanspruchs verhindern (§§ 640 Abs. 1 S. 2, 641 Abs.1 S. 1 BGB). Darüber hinaus kann der Besteller – wenn er das Werk bereits abgenommen, aber noch nicht den gesamten Werklohn geleistet hat – die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern, wobei i. d. R. das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten angemessen ist (sog. Druckzuschlag, § 641 Abs. 3 BGB).

 Nacherfüllung

Die gegenleistungsbezogenen Rechte bringen dem Besteller jedoch nichts mehr, wenn er das Werk bereits abgenommen und den Werklohn vollständig an den Unternehmer bezahlt hat. Dann ist er auf die Mängelrechte des § 634 BGB beschränkt.

Wie im Kaufrecht ist das primäre Mängelrecht des Bestellers die Nacherfüllung (§§ 634 Nr. 1, 635 BGB). Diese kann durch die Reparatur des bestehenden oder durch die Herstellung eines neuen Werkes erfolgen. Anders als im Kaufrecht hat bei der werkvertraglichen Nacherfüllung aber der Unternehmer die Wahl, auf welche Art und Weise der Anspruch erfüllt wird (§ 635 Abs. 1 BGB). Grund hierfür ist, dass der Werkunternehmer für den Produktionsprozess verantwortlich und es dem Besteller i. d. R. egal ist, wie das Werk entsteht – solange es vertragsgemäß hergestellt wird. Wie im Kaufrecht hat der Unternehmer allerdings die Möglichkeit, die Nacherfüllung zu verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 635 Abs. 3 BGB).

 Selbstvornahme

Als sekundäres Recht kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen vom Unternehmer verlangen (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB). Bei der Selbstvornahme handelt es sich um ein besonderes Werkvertragsrecht, das es im Kaufrecht nicht gibt. Dies ist Folge der Tatsache, dass dem Entstehen des Werkes ein Produktionsprozess vorausgeht.

Bevor der Besteller zur Selbstvornahme schreiten darf, muss er dem Unternehmer grundsätzlich eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen, die fruchtlos verstreichen muss. So wird der Vorrang der Nacherfüllung auch beim Werkvertrag gesichert. Das Recht auf Selbstvornahme besteht aber nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu Recht verweigert (§ 637 Abs. 1 BGB).

Entbehrlich ist die Fristsetzung zur Nacherfüllung in den Fällen des § 323 Abs. 2 BGB (i. V. m. § 637 Abs. 2 S. 1 BGB) sowie des § 637 Abs. 2 S. 2 BGB. Letztlich bedarf es also beim Werkvertrag wie im Kaufrecht keiner Fristsetzung, wenn der Schuldner die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert, ein Fixgeschäft bzw. besondere Umstände vorliegen oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen bzw. dem Besteller unzumutbar ist.

Das Recht auf Selbstvornahme erlaubt es dem Besteller, den Mangel entweder selbst zu beseitigen (was i. d. R. handwerkliche Fähigkeiten voraussetzt) oder einen Drittunternehmer mit der Mängelbeseitigung zu beauftragen und dessen Kosten dem ursprünglichen Werkunternehmer in Rechnung zu stellen (Aufwendungsersatz), § 637 Abs. 1 BGB.

Bei der Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 637 Abs. 1 BGB trägt der Besteller freilich das Insolvenzrisiko des Werkunternehmers, wobei er gleichzeitig dem Drittunternehmer als Vertragspartner verpflichtet bleibt. Diesem Risiko trägt § 637 Abs. 3 BGB Rechnung. Demnach kann der Besteller von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen einen Kostenvorschuss verlangen. Diesen Anspruch kann der Besteller ggf. auch gegen einen noch offenen Restwerklohnanspruch des Unternehmers aufrechnen, §§ 387 ff. BGB.

Merke: Das Recht zur Selbstvornahme setzt einen Anspruch auf Nacherfüllung, der Kostenvorschussanspruch wiederum ein Recht zur Selbstvornahme voraus.

 Rücktritt, Minderung, Schadensersatz

Die weiteren Mängelrechte des Bestellers aus § 634 Nr. 3 und 4 BGB – Rücktritt, Minderung und Schadens- bzw. Aufwendungsersatz entsprechen in ihrer Ausgestaltung den kaufrechtlichen Vorschriften des § 437 Nr. 2 und 3 BGB (siehe oben).

Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 9)

Zu prüfen ist der Anspruch des H gegen B auf Bezahlung des Werklohns gemäß § 631 Abs. 1 BGB.

Zwischen H und B ist ein wirksamer Werkvertrag zustande gekommen. Der Werklohnanspruch des H wird grundsätzlich jedoch erst mit Abnahme des Werkes durch B fällig (§§ 641 Abs. 1 S. 1, 640 Abs. 1 S. 1 BGB). Fraglich ist demnach, ob B die Abnahme des Hauses verweigern darf.

Die Risse im Boden stellen einen Sachmangel dar, weil sie bei einem schlüsselfertigen Neubau zumindest nicht der üblichen Beschaffenheit entsprechen (§ 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB). Da es sich angesichts der Anzahl, Größe und Tiefe der Risse auch um einen wesentlichen Mangel handelt, darf B gemäß § 640 Abs. 1 S. 2 BGB die Abnahme des Hauses verweigern. Damit wird der Werklohnanspruch des H nicht fällig und B muss nicht zahlen (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB).

Wenn B trotz der Risse im Boden bereits jetzt in das Haus einzieht und damit das Werk abnimmt (§ 640 Abs. 1 S. 1 BGB: körperliche Entgegennahme und Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß), kann er trotzdem noch einen erheblichen Teil des Werklohns zurückbehalten. Da B von H die Beseitigung eines Mangels verlangen kann, berechtigt ihn § 641 Abs. 3 BGB zur Geltendmachung eines „Druckzuschlages“ in Höhe des Doppelten der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten. Insoweit kann B die Bezahlung des Werklohns an H auch noch nach seinem Einzug in das Haus verweigern.

2.4 Gesetzliche Schuldverhältnisse
2.4.1 Überblick

Neben den rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen regelt das BGB auch eine Reihe gesetzlicher Schuldverhältnisse. Diese unterscheiden sich von den rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen dadurch, dass sie nicht durch die Abgabe von Willenserklärungen entstehen, sondern deshalb, weil ein gesetzlicher Tatbestand wegen des Vorliegens bestimmter Fakten erfüllt ist. Zu den wichtigsten gesetzlichen Schuldverhältnissen zählen die unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB) und die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB).