Unternehmensrecht

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2.2.3.4 Verletzung von Rücksichtnahmepflichten

Bei der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB ist nicht die Hauptleistungspflicht gestört. Vielmehr werden Nebenpflichten verletzt, die die Rechtsgüter der Vertragsparteien vor Schädigungen durch den jeweils anderen Teil schützen sollen. Kommt es gleichwohl zu einer Schutzpflichtverletzung, ist zwischen einem eingetretenen Verletzungsschaden und einem möglichen Schadensersatz statt der Leistung zu unterscheiden.

Handlungssituation (Fallbeispiel 7)

Heinrich (H) hat von Erwin (E) einen lukrativen Auftrag erhalten: Er soll in der Wohnung des E eine neue Küche einbauen. Voller Elan schreitet H zur Tat. Beim Sägen einer Holzplatte vergisst er dann allerdings, die Tür zur Küche zu schließen, und auch, die Absaugvorrichtung für die Holzspäne anzuschalten. Als E in die Küche kommt, um dem H etwas zu trinken zu bringen, trifft den E ein Holzspan direkt ins Auge. E verlangt deshalb von H Schadensersatz wegen der Arztkosten.

Zu Recht? (Lösung Seite 57)

 Ersatz des Verletzungsschadens

Ein Verletzungsschaden ist der Schaden, der sich unmittelbar aus der verletzten Rücksichtnahmepflicht ergibt. Es handelt sich hierbei also um einen Schadensersatz neben der Leistung, da dieser Schaden unabhängig von der eventuell mangelfrei erbrachten Hauptleistung eingetreten ist.

Beispiel: Der Mechaniker, der das Auto des Kunden reparieren soll, setzt sich mit seinem ölverschmierten Blaumann auf die weißen Ledersitze des Wagens. Die Reinigungskosten sind dann ein Verletzungsschaden.

Die Voraussetzungen für den Ersatz von Verletzungsschäden regelt allein § 280 Abs. 1 BGB (die §§ 281 bis 283 BGB sind nicht zusätzlich zu prüfen, da es sich beim Verletzungsschaden nicht um einen Schadensersatz statt, sondern neben der Leistung handelt). Zu den Voraussetzungen dieser zentralen Anspruchsgrundlage bei vertraglichen Pflichtverletzungen siehe Seite 47.

Problematisch bei der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten ist jedoch häufig, dass zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung des Schuldners noch gar kein Vertrag abgeschlossen wurde. Dann liegt ein Schuldverhältnis als erster Voraussetzung von § 280 Abs. 1 BGB an sich nicht vor.

Beispiel: A betritt einen Supermarkt in der Absicht, dort einzukaufen. Beim Durchlaufen der Gänge fällt ihm von einer hochgestapelten Palette eine Konservendose auf den Kopf, die vom Inhaber des Supermarktes nicht ordnungsgemäß abgesichert worden ist.

In diesen Fällen darf es letztlich keinen Unterschied machen, ob die Pflichtverletzung schon vor Vertragsschluss (an der Kasse) oder erst danach erfolgte. Folglich ordnet § 311 Abs. 2 BGB an, dass ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch schon durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung eines Vertrages oder durch ähnliche geschäftliche Kontakte entsteht. Demnach wird das Tatbestandsmerkmal „Schuldverhältnis“ aus § 280 Abs. 1 BGB durch eine solche vorvertragliche Sonderverbindung ersetzt. Im Ergebnis ist der Schuldner dem Gläubiger dann vertragsrechtlich zum Ersatz des Verletzungsschadens verpflichtet, wenn auch die weiteren Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB erfüllt sind.

Beachte: Mindestvoraussetzung für eine Vorverlagerung der vertraglichen Haftung sind nach § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB „geschäftliche“ Kontakte. Betritt also z. B. ein Obdachloser einen Supermarkt, um sich aufzuwärmen (und nicht um einzukaufen), fehlt es an einem geschäftlichen Kontakt. Dann scheidet eine Haftung des Inhabers des Supermarktes nach § 280 Abs. 1 BGB aus.

 Rücktritt vom Vertrag

Neben dem Ersatz des Verletzungsschadens stellt sich dem Gläubiger evtl. die Frage, ob er infolge einer Rücksichtnahmepflichtverletzung des Schuldners vom Vertrag zurücktreten kann. Die Voraussetzungen hierfür regelt § 324 BGB. Demnach ist ein Rücktritt nur möglich, wenn dem Gläubiger ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Bei der Prüfung der „Unzumutbarkeit“ sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Schwere und Häufigkeit der Rücksichtnahmepflichtverletzung. Vor dem Hintergrund des Prinzips „pacta sunt servanda“ dürfen an die Unzumutbarkeit jedenfalls nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Oftmals wird deshalb vor dem Rücktritt eine Abmahnung durch den Gläubiger erforderlich sein (vgl. § 314 Abs. 2 BGB).

Beispiel: Frau F beauftragt einen Handwerker damit, ihre Wohnung zu renovieren. Verstößt der Handwerker gegen ein von F ausgesprochenes Rauchverbot in ihrer Wohnung, kann sie nicht gleich vom Vertrag zurücktreten. Anders verhält es sich aber bei einer gravierenden Rücksichtnahmepflichtverletzung des Handwerkers, etwa einer sexuellen Belästigung der F.

Soweit der Gläubiger vom Vertrag mit dem Schuldner nach § 324 BGB zurücktreten kann, führt dies zur Rückabwicklung bereits ausgetauschter Leistungen nach §§ 346 ff. BGB.

 Schadensersatz statt der Leistung

Auch bei einer Rücksichtnahmepflichtverletzung durch den Schuldner kann dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zustehen. Dieser ergibt sich auch in diesem Fall aus § 280 Abs. 1, 3 BGB. Als Zusatznorm ist hier § 282 BGB einschlägig, der von einer Pflichtverletzung des Schuldners nach § 241 Abs. 2 BGB ausgeht. Für den Schadensersatz statt der Leistung bedarf es damit auch hier der Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung für den Gläubiger. Insofern sind die Voraussetzungen die gleichen wie für den Rücktritt. Im Unterschied zum Rücktritt bedarf es beim Schadensersatz statt der Leistung aber eines Verschuldens des Schuldners, wie sich aus dem Rückverweis in § 282 BGB auf die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB ergibt.

Merke: Schadensersatz ist grundsätzlich verschuldensabhängig, der Rücktritt nicht.

Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 7)

Zu prüfen ist der Anspruch des E gegen H auf Zahlung von Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB.

Voraussetzung für eine Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB ist zunächst eine schuldhafte Pflichtverletzung des H aus einem Schuldverhältnis. Das Schuldverhältnis zwischen E und H ist hier ein Werkvertrag (§ 631 BGB). Eine Hauptleistungspflicht hat H nicht verletzt. Denn dass die Arbeit des H mangelhaft oder verspätet ist, wird von E nicht behauptet. H hat allerdings die allgemeinen Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt. Danach muss der Schuldner auf Eigentum und Gesundheit des Vertragspartners Rücksicht nehmen. Dies hat H hier nicht getan, weil er vor dem Sägen der Holzplatte die Küchentür nicht geschlossen und seine Absaugvorrichtung nicht eingeschaltet hat. Das Unterlassen des H ist schuldhaft i. S. d. § 276 BGB, nämlich zumindest fahrlässig. Die angefallenen Arztkosten stellen schließlich einen ersatzfähigen Verletzungsschaden des E dar.

Ergebnis: E kann von H Schadensersatz (neben der Leistung) verlangen.

2.3 Verschiedene Vertragsarten
2.3.1 Der Kaufvertrag
2.3.1.1 Wesen und vertragstypische Leistungen

Der wichtigste Vertragstyp des BGB ist der Kaufvertrag gemäß § 433 BGB. Er ist die rechtliche Grundlage für den entgeltlichen Warenaustausch sowohl zwischen Privaten als auch im Geschäftsverkehr. Das Kaufrecht befasst sich mit den Rechten und Pflichten der Parteien aus diesem Vertragsverhältnis.

Die Hauptleistungspflicht des Verkäufers besteht in der – mangelfreien – Übereignung der Kaufsache, die des Käufers in der Bezahlung des Kaufpreises. Diese vertraglichen Pflichten werden bei beweglichen Sachen nach §§ 929 ff. BGB, also durch Einigung und Übergabe, bei Grundstücken gemäß §§ 873, 925 BGB, also durch Auflassung und Eintragung in das Grundbuch, erfüllt.

2.3.1.2 Vertrag über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen

Einen Spezialfall des Kaufrechts stellt gemäß § 651 BGB ein Vertrag dar, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat. Auf ihn sind gemäß § 651 S. 1 BGB die Vorschriften über den Kauf anwendbar, obwohl es sich bei einem solchen Vertrag seinem Gepräge nach eher um einen Werkvertrag i. S. v. § 631 BGB handelt. Denn bei diesem schuldet der Werkunternehmer die Herstellung des versprochenen Werks (§ 631 Abs. 2 BGB) und damit einen Erfolg (in Abgrenzung zum Dienstvertrag nach § 611 BGB, bei dem lediglich die Tätigkeit geschuldet wird).

Die Folge des § 651 BGB ist eine Aufwertung des Kaufrechts gegenüber dem Werkvertrag. Letztlich gilt Werkvertragsrecht im Wesentlichen nur bei der Errichtung von Bauwerken (dann keine „bewegliche“ Sache), bei der Herstellung nicht körperlicher Werke wie z. B. Planungen von Architekten (dann auch keine „bewegliche“ Sache) sowie bei Reparaturarbeiten (dann keine „Herstellung“ bzw. „Erzeugung“) – in allen anderen Fällen gilt Kaufrecht.

2.3.1.3 Mängel der Kaufsache

Handlungssituation (Fallbeispiel 8)

Heinrich (H) erwirbt für seinen kleinen Handwerksbetrieb im Fachgeschäft des Mies (M) ein fabrikneues Heißluftgebläse. Obwohl H das Gebläse bei einem Testlauf in seiner Werkstatt ordnungsgemäß bedient, erhitzt es sich aufgrund eines internen Steuerungsfehlers so stark, dass es Funken schlägt und dadurch die Vorhänge in der Werkstatt Feuer fangen. Auf Anfrage bei M stellt sich heraus, dass der Hersteller des Gebläses alle Fachgeschäfte auf den vereinzelt auftretenden Defekt des Modells aufmerksam gemacht hatte. M hielt diesen Hinweis aber für nicht so wichtig, da er der Meinung war, ein solch kleiner Fehler werde schon nichts ausmachen.

 

Welche Ansprüche bzw. Rechte hat H gegen M? (Lösung Seiten 68–70)

 Eingliederung in das allgemeine Leistungsstörungsrecht

Im Kaufrecht erfolgt eine Verknüpfung bei Mägeln der Kaufsache mit dem allgemeinen Schuldrecht über § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. Demgemäß hat der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Die Mangelfreiheit der Kaufsache ist demnach eine Hauptleistungspflicht des Verkäufers; ein Mangel also eine Pflichtverletzung. Dadurch wird der Bogen zur zentralen Haftungsnorm des allgemeinen Schuldrechts – § 280 BGB („Pflichtverletzung aus einem Schuldverhältnis“) – geschlagen. Daneben enthält das Kaufrecht aber auch einige Sondervorschriften, die über die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts hinausgehen.

 Der Sachmangel

Unter einem Sachmangel versteht man die für den Käufer negative Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit der Kaufsache bei Gefahrübergang. Zur Feststellung eines Sachmangels bedarf es mithin eines Vergleichs zwischen der Ist-Beschaffenheit der Kaufsache und ihrer Soll-Beschaffenheit. Wenn aus Sicht des Käufers die erste schlechter als die zweite ist, liegt ein Sachmangel vor. Während der Ist-Zustand einer Kaufsache leicht feststellbar ist, bedarf es zur Festlegung der Soll-Beschaffenheit einer wertenden Betrachtung. Insofern hilft § 434 BGB weiter.

Nach § 434 Abs. 1 S.1 BGB liegt ein Sachmangel dann vor, wenn die Kaufsache nicht die zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit hat. Maßgeblich ist also, was Verkäufer und Käufer ausgemacht haben. Hierin zeigt sich die Vertragsfreiheit im Kaufrecht.

Beispiel: Ein Auto mit einem Unfallschaden ist nicht mangelhaft, wenn das Kfz als „Unfallwagen“ verkauft worden ist. Ein (voll funktionsfähiges) Auto ohne elektrische Fensterheber ist hingegen ein mangelhafter Wagen, wenn das Kfz mit elektrischen Fensterhebern verkauft wurde.

Dieser subjektive Mangelbegriff ist gerechtfertigt, da sich erfahrungsgemäß entsprechende Vereinbarungen in einem niedrigeren Kaufpreis widerspiegeln. Auf der anderen Seite hat es der Verkäufer durch negative Produktangaben grundsätzlich in der Hand, seiner Mängelhaftung zu entgehen.

Häufig werden die Vertragsparteien über die Beschaffenheit der Kaufsache allerdings nichts vereinbaren. Möglicherweise haben sie dann aber eine bestimmte Verwendung – zumindest konkludent – vertraglich vorausgesetzt. Gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB liegt ein Sachmangel dann vor, wenn sich die Kaufsache nicht für diese Verwendung eignet.

Beispiel: Handelsübliche Wanderschuhe sind mangelhaft, wenn der Käufer den Verkäufer darauf hinweist, dass er die Schuhe für eine Besteigung des Mount Everest benötigt.

In den Alltagsfällen des täglichen Lebens vereinbaren die Parteien hinsichtlich der Kaufsache grundsätzlich nichts. Dann ist die Kaufsache nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Maßgeblich ist insoweit der Erwartungshorizont eines „Durchschnittskäufers“.

Beispiel: Verschimmelte Orangen sind mangelhaft, da Obst üblicherweise zum Verzehr geeignet ist.

Die übliche Beschaffenheit der Kaufsache kann auch durch Werbeaussagen geprägt werden, § 434 Abs. 1 S. 3 BGB. Hierbei muss sich der Verkäufer Anpreisungen des Herstellers der Kaufsache zurechnen lassen, außer er berichtigt sie selbst oder sie sind offensichtlich nur marktschreierisch.

Beispiel: Eine Werbung, nach der beim Genuss eines Lebensmittels der Konsument fliegen kann, ist rechtlich ohne Bedeutung.

Ein Sachmangel ist nach § 434 Abs. 2 BGB auch die unsachgemäße Montage der Kaufsache bzw. eine mangelhafte Montageanleitung. Dies ist sachgerecht, da es für den Käufer unerheblich ist, ob bereits der Gegenstand selbst mangelhaft ist oder sich die Unbrauchbarkeit erst aus der fehlgeschlagenen Montage ergibt. Einer mangelhaften Montageanleitung stehen ihr Fehlen sowie eine allein fremdsprachige gleich. Im Übrigen richten sich die Anforderungen an die Montageanleitung nach dem jeweiligen Adressatenkreis. Sollte die Sache trotz mangelhafter Montageanleitung fehlerfrei montiert worden sein, liegt allerdings kein Mangel vor (§ 434 Abs. 2 S. 2 BGB).

Einem Sachmangel gleichgestellt werden gemäß § 434 Abs. 3 BGB die Falsch- sowie die Zuweniglieferung. Auch dies ist sachgerecht, da der Käufer in diesen Fällen die gleichen Interessen verfolgt wie bei einem „echten“ Mangel der Kaufsache.

Beispiel: Eine Falschlieferung liegt vor, wenn eine „Dallas“-DVD bestellt, aber eine „Denver-Clan“-DVD geliefert wird. Eine Zuweniglieferung ist gegeben, wenn 20 Flaschen Wein bestellt, aber nur 17 geliefert wurden.

Wichtig ist schließlich, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang – also grundsätzlich bei Übergabe der Kaufsache (§ 446 BGB) – vorliegen muss (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Nachträglicher Verschleiß ist deshalb kein Sachmangel! Es genügt allerdings, dass die Ursache für den späteren Auftritt des Mangels schon bei Gefahrübergang vorhanden war.

Beachte: Bei einem Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Abs. 1 S. 1 BGB, bei dem der Verkäufer Unternehmer (§ 14 BGB), der Käufer Verbraucher (§ 13 BGB) und der Kaufgegenstand eine bewegliche Sache ist, wird gemäß § 476 BGB vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt. Damit muss nicht der Käufer den Beweis führen, dass die gekaufte Sache bereits bei Gefahr­übergang mangelhaft war; vielmehr muss der Verkäufer nachweisen, dass die Sache erst später „mangelhaft“ wurde. Etwas anderes gilt nur, wenn die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Dies ist z. B. der Fall beim Kauf von Pflanzen, da bei diesen ein „Mangel“ typischerweise erst im Laufe der Zeit eintritt.

 Der Rechtsmangel

Gekaufte Sachen können nicht nur einen Sach-, sondern auch einen Rechtsmangel aufweisen, § 435 BGB. Rechtsmängel sind in der Praxis aber seltener als Sachmängel.

Beispiel: Das verkaufte Haus ist mit einer nicht vereinbarten Grundschuld belastet.

2.3.1.4 Rechte des Käufers, § 437 BGB

Wenn die Kaufsache einen Mangel hat, stehen dem Käufer eine Vielzahl an Rechten gegen den Verkäufer zu.

Beachte: Ein dem Käufer eingeräumtes „Umtauschrecht“ bei mangelfreien Sachen ist reine Kulanz des Verkäufers. Hierauf hat der Käufer keinen Rechtsanspruch. Folglich kann der Verkäufer auch die Umtauschmodalitäten – z. B. Umtausch nur gegen Gutschein – bestimmen.

Sämtliche Käuferrechte sind in § 437 BGB geregelt. Dabei stehen die Rechte Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadens- bzw. Aufwendungsersatz zum Teil in einem Rangverhältnis zueinander. Primär ist das Recht auf Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1 BGB); die weiteren Käuferrechte Rücktritt, Minderung und Schadens- bzw. Aufwendungsersatz (§ 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB) sind erst – dann aber gleichrangig – einschlägig, wenn das vorrangige Recht auf Nacherfüllung scheitert.

 NacherfüllungÜberblickDie Nacherfüllung ist in §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB geregelt. Demnach hat der Käufer die Wahl, ob er vom Verkäufer die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt.Wie bereits ausgeführt, geht die Nacherfüllung den weiteren Käuferrechten vor. Dies ergibt sich z. B. daraus, dass der Rücktritt gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich erst in Betracht kommt, wenn der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.Die Nacherfüllung ist in kostenrechtlicher Hinsicht käuferfreundlich ausgestaltet, da der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen (= freiwillige Vermögensopfer) wie Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten selbst zu tragen hat (§ 439 Abs. 2 BGB). Dies ist aber nur konsequent, weil er mit der Übereignung einer mangelhaften Kaufsache eine Pflichtverletzung begangen hat.Arten der NacherfüllungAls Arten der Nacherfüllung kommen nach § 439 Abs. 1 BGB entweder die Beseitigung des Mangels (= Reparatur) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (= Ersatzlieferung) in Betracht. Grundsätzlich kann sich der Käufer frei entscheiden, auf welche Art und Weise der Verkäufer nacherfüllen muss.Das Wahlrecht des Käufers entfällt allerdings, wennbeide Arten der Nacherfüllung i. S. v. § 275 BGB unmöglich sind.die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung i. S. v. § 275 BGB unmöglich ist.die Kosten der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung unverhältnismäßig hoch sind, § 439 Abs. 3 S. 1, 2 BGB.Da Unmögliches generell nicht geschuldet sein kann, gilt im Kaufrecht, dass eine Nacherfüllung ausscheidet, wenn sie in beiden Erscheinungsformen unmöglich ist. Dann kann der Käufer sofort auf seine weiteren Rechte nach § 437 Nr. 2, 3 BGB – Rücktritt, Minderung, Schadens- bzw. Aufwendungsersatz – übergehen.Beispiel: Verkauf eines Gebrauchtwagens als „unfallfrei“, obwohl Unfallwagen. Hier ist die Ersatzlieferung unmöglich, weil der Wagen ein Unikat ist. Die Reparatur ist unmöglich, da sie den Wagen nicht unfallfrei macht.Wenn nur eine Art der Nacherfüllung unmöglich ist, entfällt das Wahlrecht des Käufers und sein Anspruch auf Nacherfüllung reduziert sich auf die noch mögliche andere Art. Hier kann der Käufer also nicht gleich seine weiteren Rechte nach § 437 Nr. 2, 3 BGB geltend machen.Beispiel: Verkauf eines Gebrauchtwagens mit behebbarem Getriebeschaden. Hier ist die Ersatzlieferung unmöglich, da der Wagen ein Unikat ist. Die Reparatur des Getriebes ist aber möglich.Neben den Fällen der Unmöglichkeit erweitert § 439 Abs. 3 S. 1 BGB die Abwehrmöglichkeiten des Verkäufers für Fälle, in denen die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Hierbei muss jedoch ein eher strenger Maßstab angelegt werden, da andernfalls das grundsätzliche Wahlrecht des Käufers unterlaufen würde. Es sind deshalb die in § 439 Abs. 3 S. 2 BGB genannten Kriterien in Betracht zu ziehen. Dabei gilt: Je höher der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, je größer die Bedeutung des Mangels und je weniger gleichwertig die andere Art der Nacherfüllung für den Käufer ist, desto weniger kann sich der Verkäufer auf unverhältnismäßige Kosten berufen.Beispiel: Bei einer Armbanduhr im Wert von nur 10,– € ist eine Reparatur grundsätzlich unverhältnismäßig teuer. Bei einem hochwertigen Waschtrockner, bei dem nur eine kleine Schraube ausgewechselt werden muss, ist grundsätzlich eine Ersatzlieferung mit unangemessenen Kosten verbunden.

 Rücktritt

Als weiteres und der Nacherfüllung nachrangiges Käuferrecht sehen §§ 437 Nr. 2, 323, 440 und 326 Abs. 5 BGB den Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag vor. Gemäß § 346 Abs. 1 BGB erhält der Käufer nach seiner Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) den Kaufpreis vom Verkäufer zurück und muss diesem die mangelhafte Kaufsache Zug um Zug zurückübereignen, §§ 348, 320, 322 BGB.

Neben einem Mangel bedarf es für den Rücktritt gemäß § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung, die fruchtlos abgelaufen sein muss.

Die Fristsetzung ist allerdings in manchen Fällen entbehrlich, sodass ein sofortiger Rücktritt seitens des Käufers möglich ist. Zum einen bedarf es keiner Fristsetzung, wenn beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind (§ 326 Abs. 5 BGB); ferner nicht in den bereits angesprochenen Fälle des § 323 Abs. 2 BGB (z. B. Nacherfüllungsverweigerung durch den Verkäufer).

Über diese Fälle hinaus regelt § 440 S. 1 BGB weitere Situationen, in denen es keiner Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf. Dazu zählt, dass der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten nach § 439 Abs. 3 BGB zu Recht verweigert, sowie der Fall, dass die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Gemäß § 440 S. 2 BGB gilt die Nachbesserung grundsätzlich aber erst nach dem zweiten erfolglosen Versuch durch den Verkäufer als fehlgeschlagen.

 

Letztlich kommt das „große“ Recht des Käufers auf Rücktritt – in dessen Konsequenz der gesamte Kaufvertrag rückabgewickelt wird – nur in Betracht, wenn der Mangel erheblich ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Dies dient dem Schutz des Verkäufers. Die Erheblichkeit des Mangels wird wegen der Negativformulierung („nicht zurücktreten, wenn … unerheblich“) allerdings vermutet, sodass der Verkäufer den Gegenbeweis führen muss, dass der Mangel unerheblich ist.

Beachte: Eines mangelbezogenen Verschuldens seitens des Verkäufers bedarf es für den Rücktritt – ebenso wie im allgemeinen Schuldrecht – nicht.

 Minderung

Als spezielles Käuferrecht sehen die §§ 437 Nr. 2, 441 BGB die Minderung des Kaufpreises durch den Käufer vor.

Da es nach § 441 Abs. 1 BGB das Recht auf Minderung statt des Rücktritts gibt, müssen hierfür grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie für den Rücktritt – also Mangel und fruchtlose Fristsetzung zur Nacherfüllung (außer ausnahmsweise entbehrlich) – gegeben sein. Anders als der Rücktritt ist das „kleine“ Recht der Minderung, bei dem es zu keiner vollständigen Rückabwicklung des Vertrages kommt, auch bei einem nur unerheblichen Mangel möglich, § 441 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Höhe des Minderungsbetrages ist nach einer (schwierigen) Formel i. S. v. § 441 Abs. 3 S. 1 BGB zu berechnen bzw. schlicht zu schätzen (§ 441 Abs. 3 S. 2 BGB). Als Anhaltspunkt für die Schätzung kann der Käufer z. B. die fiktiven Kosten für die Reparatur der mangelhaften Sache vom Kaufpreis abziehen. Soweit der Käufer den Kaufpreis bereits gezahlt hat, besteht gegen den Verkäufer ein Rückzahlungsanspruch aus § 441 Abs. 4 BGB i. V. m. § 346 Abs. 1 BGB.

 Schadensersatz

Das komplizierteste Käuferrecht ist der Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 283, 311a BGB. Bereits die Vielzahl der Normen, auf die § 437 Nr. 3 BGB verweist, lässt erkennen, dass es im Folgenden einer genauen Unterscheidung der verschiedenen Formen von Schadensersatz bedarf.

1. Form: Schadensersatz statt der Leistung

Beim Schadensersatz statt der Leistung will der Käufer die mangelhafte Kaufsache nicht behalten und stattdessen Ersatz für den eingetretenen Schaden. Beim Ermitteln der passenden Anspruchsgrundlage ist maßgeblich, ob es sich um einen behebbaren oder unbehebbaren Mangel handelt.

 Behebbarer MangelBei einem behebbaren Mangel – bei dem also die Nacherfüllung dem Schadensersatz grundsätzlich vorgeht – ist die richtige Anspruchsgrundlage §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB.Die Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB liegt in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache. Ferner bedarf es – wie stets bei § 281 Abs. 1 BGB – einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung, wenn keiner der Ausnahmefälle nach § 281 Abs. 2 BGB bzw. § 440 S. 1 BGB gegeben ist. Des Weiteren muss der Verkäufer – anders als bei Rücktritt und Minderung – die Pflichtverletzung zu vertreten haben (§ 276 BGB). Dies wird wegen der Negativformulierung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB allerdings vermutet. Schließlich muss dem Käufer ein ersatzfähiger Schaden entstanden sein.

 Unbehebbarer MangelBei einem unbehebbaren Mangel – bei dem also eine Nacherfüllung ausscheidet – ist die Anspruchsgrundlage auf Schadensersatz statt der Leistung davon abhängig, ob der Mangel schon bei Vertragsschluss vorlag oder erst später auftrat. Im ersten Fall richtet sich der Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 311a BGB, im zweiten nach §§ 437 Nr. 3, 280, 283 BGB. In allen Fällen einer Unmöglichkeit der Nacherfüllung bedarf es – anders als bei behebbaren Mängeln – keiner Fristsetzung zur Durchführung derselben.Bei einem unbehebbaren Mangel, der schon bei Vertragsschluss vorlag, richtet sich der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung nach der Vorschrift über die anfängliche Unmöglichkeit, also § 311a BGB. Entscheidend ist demnach, ob den Verkäufer ein Informationsverschulden trifft (§ 311a Abs. 2 S. 1 BGB). Dies ist der Fall, wenn der Verkäufer von dem unbehebbaren Mangel der Kaufsache bei Vertragsschluss wusste oder davon zumindest hätte Kenntnis haben müssen. Nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB wird das Informationsverschulden des Verkäufers allerdings vermutet, sodass der Verkäufer den Gegenbeweis führen muss, dass ihn kein derartiges Verschulden trifft.Bei einem unbehebbaren Mangel, der erst nach Vertragsschluss auftrat, richtet sich der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung nach den Vorschriften über die nachträgliche Unmöglichkeit, also §§ 280, 283 BGB. Maßgeblich ist demnach, ob der Verkäufer den zwar nach Vertragsschluss, aber noch vor der Übergabe der Kaufsache (sonst wäre es kein Mangel, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB) aufgetretenen Mangel zu vertreten hat.

2. Form: Schadensersatz neben der Leistung

Infolge der mangelhaften Kaufsache kann es auch sein, dass andere Rechtsgüter des Käufers verletzt werden. Dann spricht man von einem Mangelfolgeschaden. Beispiel: K kauft von V ein krankes Pferd, das die bis dahin gesunden Pferde im Stall des K ansteckt. Der Schadensersatz bei Mangelfolgeschäden ist ein Schadensersatz neben der Leistung. Deshalb ist die richtige Anspruchsgrundlage § 437 Nr. 3 BGB i. V. m. (allein) § 280 Abs. 1 BGB.

In solchen Fällen besteht die Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache. Ferner muss der Verkäufer den Mangel zu vertreten haben (§ 276 BGB), was allerdings vermutet wird (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist hier im Umkehrschluss zu § 280 Abs. 3 BGB aber selbst dann entbehrlich, wenn der Mangel behebbar ist. Dies ist konsequent, da die Behebung des Mangels der Kaufsache bereits eingetretene Mangelfolgeschäden nicht mehr rückgängig machen kann.