Unternehmensrecht

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2.1.6.2 Anfechtungserklärung

Da eine Anfechtung nicht automatisch erfolgt, bedarf es zunächst einer Anfechtungserklärung des Anfechtungsberechtigten gegenüber dem Anfechtungsgegner (§ 143 Abs. 1 BGB). Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil (§ 143 Abs. 2 BGB). Sollte dieser beim Vertragsschluss vertreten worden sein, so ist der Vertretene (und nicht der Vertreter) der richtige Anfechtungsgegner.

2.1.6.3 Anfechtungsgrund

Bei den Anfechtungsgründen wird zwischen der Irrtumsanfechtung (§§ 119, 120 BGB) und der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1 BGB) unterschieden.

Anfechtung wegen Irrtums

Der Erklärende kann nicht in allen Fällen seine Willenserklärung anfechten, in denen er sich bei deren Abgabe geirrt hat. Der Gesetzgeber erklärt vielmehr nur bestimmte Irrtümer – also Fehlvorstellungen über die Wirklichkeit – zu rechtlich beachtlichen Anfechtungsgründen.

 InhaltsirrtumBeim Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1, 1. Var. BGB) weiß der Erklärende, was er sagt, er irrt sich aber über den objektiven Bedeutungsgehalt seiner Erklärung.Beispiel: A bestellt bei B ein „Gros“ Toilettenpapier. A geht davon aus, dass es sich hierbei um eine große Rolle Toilettenpapier handelt, während ein Gros bei objektiv richtigem Verständnis als altertümliche Maßeinheit zwölf Dutzend (normale) Rollen Toilettenpapier bedeutet.In solchen Fällen ist jedoch zu beachten, dass die Auslegung einer Willenserklärung der Anfechtung vorgeht. Deshalb gilt bei einem beiderseitigen Inhaltsirrtum das beiderseits Gewollte als Vertragsinhalt. Dann scheidet eine Anfechtung aus.Beispiel: „Haakjöringsköd“ (siehe Abschnitt 2.1.4.2).

 ErklärungsirrtumBeim Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1, 2. Var. BGB) äußert der Erklärende etwas anderes, als er eigentlich erklären möchte. Anders als der Inhaltsirrtum vollzieht sich der Erklärungsirrtum also nicht bereits bei der Willensbildung, sondern – zeitlich später – bei der Erklärungshandlung selbst.Beispiel: Versprechen, Verschreiben (Zahlendreher).

 EigenschaftsirrtumBeim Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB) irrt der Erklärende über Eigenschaften der Person oder Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache sind alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die nach der Verkehrssitte auf deren Wert Einfluss haben (wertbildende Faktoren).Beispiel: PS-Zahl beim Pkw, Goldgehalt bei einem Ring.Nicht zu den verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Sache zählt hingegen der Wert der Sache an sich, da es sich insoweit nicht um einen wertbildenden Faktor handelt.

 ÜbermittlungsirrtumBeim Übermittlungsirrtum überbringt die zur Übermittlung einer Willenserklärung verwendete Person oder Einrichtung diese unrichtig (§ 120 BGB). Gemeint ist hier also der Fall, dass ein Bote versehentlich eine Willenserklärung falsch überbringt oder sich bei der technischen Übertragung der Erklärung ein Fehler einschleicht. Diese Fälle sind denen des Erklärungsirrtums vergleichbar mit dem Unterschied, dass dem Boten der Fehler unterläuft.Beispiel: A beauftragt B, für ihn zwei Brötchen zu kaufen. Beim Bäcker verspricht sich B und verlangt drei Brötchen.Zu beachten ist, dass § 120 BGB nur für den Boten, nicht hingegen für den Vertreter gilt. Denn der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab und überbringt nicht nur eine fremde.Bei einer absichtlichen Falschübermittlung durch den Boten gelten die §§ 177 ff BGB analog, sodass der Bote haften muss, wenn der „Hintermann“ die Genehmigung des Vertrages verweigert.

 Abgrenzung: Bloßer MotivirrtumNeben den zur Anfechtung berechtigenden Irrtümern der §§ 119, 120 BGB gibt es auch noch Irrtümer, bei denen der Erklärende kein Anfechtungsrecht hat. Diese Irrtümer werden unter dem Oberbegriff Motivirrtum zusammengefasst. Der Motivirrtum erfolgt – ähnlich wie der Inhalts- und Eigenschaftsirrtum – bereits bei der Willensbildung und nicht erst bei der Abgabe der Willenserklärung. Das Risiko der fehlerhaften Willensbildung trägt hier aber der Erklärende.Beispiel: A kauft einen Anzug, den er bei der geplanten Hochzeit seines besten Freundes anziehen möchte. Nun wird die Hochzeit abgesagt. In diesem Fall kann A seine Willenserklärung nicht anfechten, weil kein nach §§ 119, 120 BGB beachtlicher Irrtum vorliegt.Einen Grenzfall der Irrtumsanfechtung stellt schließlich der sog. Kalkulationsirrtum dar. Hierbei wird zwischen dem offenen und dem versteckten Kalkulationsirrtum unterschieden. Während beim offenen Kalkulationsirrtum ein Anfechtungsrecht bestehen kann, scheidet ein solches beim versteckten aus.Beispiel: A bietet dem B seine Handwerkerleistungen für 5.000,– € an. Soweit sich im Angebot des A ein offensichtlicher Rechenfehler verbirgt, kann A anfechten (Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1, 2. Var. BGB; offener Kalkulationsirrtum). Wenn das Angebot indes falsch ist, weil sich A bei der Bewertung der Rechenposten (etwa Höhe des Stundenlohns seiner Mitarbeiter) getäuscht hat, liegt ein unbeachtlicher Motivirrtum vor (versteckter Kalkulationsirrtum).

Schadensersatzpflicht des Anfechtenden

Soweit der Erklärende seine Willenserklärung nach §§ 119, 120 BGB anfechten kann, bevorteilt ihn dies gegenüber seinem Vertragspartner. Dies ist bedenklich, da der Vertragspartner i. d. R. für den Irrtum des Erklärenden nichts kann. Zum Ausgleich dafür hat der Gesetzgeber in § 122 Abs. 1 BGB eine Ersatzpflicht des Vertrauensschadens durch den Anfechtenden angeordnet.

Praxistipp: Vor diesem Hintergrund sollte ein Anfechtungsberechtigter vor Abgabe seiner Anfechtungserklärung (§ 143 Abs. 1 BGB) genau prüfen, ob sich eine Anfechtung wirtschaftlich auch „lohnt“.

Die Schadensersatzpflicht tritt allerdings gemäß § 122 Abs. 2 BGB nicht ein, wenn der Vertragspartner den Grund der Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste (also infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte). Denn dann ist er nicht schutzwürdig.

Beispiel: B hat den offensichtlichen Rechenfehler im Angebot des A (und damit dessen Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1, 2. Var. BGB) selbst erkannt.

Anfechtung wegen Willensbeeinflussung

Die Anfechtungsgründe des § 123 Abs. 1 dienen dem Schutz der freien Willensbildung des Erklärenden gegen eine unangemessene Beeinflussung von außen. Anders als bei der Irrtumsanfechtung nimmt hier i. d. R. der Vertragspartner in unzulässiger Weise Einfluss auf die Vorstellungen des anderen Teils, sodass das Bestehen eines Anfechtungsrechtes an sich selbstverständlich ist. Aus diesem Grund gibt es in diesen Fällen auch keine Schadensersatzpflicht nach § 122 Abs. 1 BGB, wenn der Anfechtungsberechtigte sein Anfechtungsrecht ausübt.

 Arglistige TäuschungEine Täuschung i. S. v. § 123 Abs. 1 BGB stellt das Vorspiegeln falscher Tatsachen dar. Subjektiv muss der Täuschende mit Arglist handeln. Hierunter versteht man ein Handeln mit Wissen und Wollen (Vorsatz). Arglist liegt also auf jeden Fall dann vor, wenn der Täuschende von der Unwahrheit seiner Äußerung weiß. Sie ist aber auch gegeben, wenn nur Angaben „ins Blaue“ hinein gemacht werden.Beispiel: Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens behauptet gegenüber einem Verkaufsinteressenten, das Auto sei unfallfrei – ohne dies vorher geprüft zu haben.

 Widerrechtliche DrohungUnter einer Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels. Anfechtbar ist eine Willenserklärung aber nur dann, wenn die Drohung des anderen auch widerrechtlich ist. Dies ist der Fall, wenn sie gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt. Dafür muss entweder das eingesetzte Mittel oder der verfolgte Zweck bzw. die Verknüpfung von Mittel und Zweck widerrechtlich sein.Beispiel: A sagt dem B, dass er ihn wegen einer Trunkenheitsfahrt anzeigen werde, wenn B den Vertrag mit ihm nicht abschließt. Zwar ist weder eine Strafanzeige noch ein Vertragsschluss für sich widerrechtlich, doch verstößt die Verknüpfung beider Aspekte gegen die guten Sitten.

2.1.6.4 Anfechtungsfrist

Die Anfechtung kann von dem Berechtigten nur binnen einer bestimmten Frist erklärt werden. Dies dient dem Schutz des Vertragspartners sowie der Rechtssicherheit. Die Länge der Anfechtungsfrist ist davon abhängig, auf welchen Grund das Anfechtungsrecht gestützt werden kann.

Soweit nur eine Irrtumsanfechtung nach §§ 119, 120 BGB möglich ist, muss sich der Anfechtungsberechtigte schnell entscheiden, ob er von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch machen will oder nicht. Denn die Anfechtung kann in diesen Fällen gemäß § 121 Abs. 1 BGB nur unverzüglich nach Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund erfolgen. Zwar bedeutet unverzüglich nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ (und nicht sofort), dennoch bleiben als Überlegungsfrist i. d. R. nur ein paar Tage. Wurde der Anfechtungsberechtigte hingegen arglistig getäuscht oder widerrechtlich bedroht, beträgt die Anfechtungsfrist nach § 124 Abs. 1, 2 BGB ein Jahr ab Entdeckung der Täuschung bzw. ab Beendigung der Zwangslage. Diese deutlich längere Anfechtungsfrist nimmt Rücksicht darauf, dass das Anfechtungsrecht hier die Folge einer unzulässigen Willensbeeinflussung des Erklärenden ist.

Ausgeschlossen ist das Anfechtungsrecht in allen Fällen spätestens zehn Jahre nach Abgabe der Willenserklärung (§§ 121 Abs. 2, 124 Abs. 3 BGB). Diese Maximalfrist ist dann relevant, wenn der Berechtigte von dem Anfechtungsgrund innerhalb dieses Zeitraums keine Kenntnis erlangt.

 

2.1.6.5 Rechtsfolgen der Anfechtung

Die Ausübung des Anfechtungsrechts führt dazu, dass die Willenserklärung des Anfechtenden als von Anfang unwirksam anzusehen ist (§ 142 Abs. 1 BGB). Durch den Wegfall dieser Willenserklärung scheitert dann auch ein abgeschlossener Vertrag. Sollten also z. B. bei einem Kaufvertrag die Leistungen bereits ausgetauscht worden sein, so erfolgten diese Verfügungsgeschäfte ohne rechtlichen Grund. Sie sind dann nach § 812 Abs. 1 BGB rückabzuwickeln.

Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 4)

H könnte sich vom Vertrag mit S evtl. durch die Anfechtung seiner Willenserklärung wieder lösen (§ 142 Abs. 1 BGB). Neben einer Anfechtungserklärung (§ 143 Abs. 1, 2 BGB) und der Einhaltung der Anfechtungsfrist ist hierfür Voraussetzung, dass ein Anfechtungsgrund besteht.

Ein Anfechtungsgrund könnte zum einen sein, dass dem gekauften Wagen die Eigenschaft „unfallfrei“ fehlt. Die Unfallfreiheit ist bei einem Auto grundsätzlich ein Faktor, der auf die Wertbildung Einfluss hat und damit eine Eigenschaft i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB darstellt. Allerdings müsste H dem C dann Schadensersatz nach § 122 Abs. 1 BGB leisten. Ferner könnte dieser Anfechtungsgrund duch die vorrangigen kaufrechtlichen Mängelvorschriften (§§ 434 ff. BGB) verdrängt sein.

Ein besserer Anfechtungsgrund könnte hier deshalb die arglistige Täuschung des S gemäß § 123 Abs. 1, 1. Var. BGB sein. Eine Täuschung setzt voraus, dass eine falsche Tatsache vorgespiegelt wird. Dies ist hier der Fall, weil S behauptet, der Wagen sei unfallfrei. Allerdings scheint fraglich, ob S auch arglistig ist. Arglistig handelt nämlich grundsätzlich nur derjenige, der Täuschungsvorsatz hat. Dabei genügt es aber, dass der Täuschende mit der Möglichkeit rechnet, dass seine Aussage falsch ist (Angabe „ins Blaue“ hinein). So liegt es hier. Folglich hat S den H arglistig getäuscht. Damit liegt der Anfechtungsgrund des § 123 Abs. 1 BGB vor. Dieser hat für H auf jeden Fall den Vorteil, dass er dem S keinen Schadensersatz zahlen muss.

Ergebnis: H kann sich vom Vertrag mit S wieder lösen.

2.2 Allgemeines Schuldrecht
2.2.1 Das Schuldverhältnis

Unter einem Schuldverhältnis versteht man ein Rechtsverhältnis, das eine Verpflichtung einer Person gegenüber einer anderen enthält. Der Anspruchsinhaber heißt Gläubiger, der Anspruchsgegner Schuldner (§ 241 Abs. 1 BGB). Bei einem gegenseitigen Vertrag ist die Gläubiger- bzw. Schuldnerstellung im Hinblick auf die jeweilige Leistungspflicht zu sehen.

Beispiel: Bei einem Kaufvertrag sind beide Vertragsparteien Gläubiger und Schuldner – der Verkäufer ist Gläubiger des Zahlungsanspruchs und Schuldner der Übereignungspflicht, der Käufer Gläubiger des Übereignungsanspruchs und Schuldner der Zahlungspflicht.

2.2.1.1 Inhalt und Pflichten beim Vertrag

Den Kern des Vertrages begründen die sog. Hauptleistungspflichten. Sie sind für die Charakterisierung des jeweiligen Vertragstyps entscheidend und bilden seinen Hauptzweck ab.

Beispiel: Beim Kaufvertrag bestehen die Hauptleistungspflichten in der Übereignung der Kaufsache und der Bezahlung des Kaufpreises.

Ein Vertrag wird grundsätzlich nicht wegen möglicher Nebenleistungspflichten abgeschlossen. Diese begleiten aber die Hauptleistungspflichten und sichern deren ordnungsgemäße Erfüllung.

Beispiel: Verpackung von Waren, Beratung über technische Details.

Die Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) resultieren aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Wer mit einem anderen einen Vertrag schließt, ist in besonderer Weise – also mehr als ein unbeteiligter Dritter – gehalten, dem Vertragspartner keinen Schaden zuzufügen. Entscheidend dafür, welche Rücksichtnahmepflichten die Vertragsparteien konkret treffen, ist das jeweilige Vertragsverhältnis.

Beispiel: Bei einem Arbeitsvertrag als Dauerschuldverhältnis mit personalem Bezug bestehen weitergehende Rücksichtnahmepflichten (etwa Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers, Arbeitsschutzpflicht des Arbeitgebers) als bei einem auf schnellen Leistungsaustausch ausgerichteten Kaufvertrag.

2.2.1.2 Die richtige Leistungserbringung

Bei einem Streit zwischen den Vertragsparteien geht es regelmäßig darum, dass eine Partei behauptet, die andere habe ihre Leistung nicht ordnungsgemäß erfüllt. Um also Ansprüche aus einer etwaigen Pflichtverletzung beurteilen zu können, ist es entscheidend, wie die jeweilige Leistung vertragsgemäß zu erbringen ist. Man unterscheidet insoweit zwischen der Leistungsart, der Leistungszeit und dem Leistungsort.

 Leistungsart

Die Frage, was der Schuldner leisten muss, bereitet keine Probleme, wenn es im Vertrag z. B. um eine bestimmte Sache geht (Stückschuld). Dann ist klar, dass der Verkäufer diese eine Sache übereignen muss. Anders ist dies aber bei einer nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmten Leistung (Gattungsschuld).

Beispiel: Ein Pfund Mehl.

Im Falle einer Gattungsschuld bestimmt § 243 Abs. 1 BGB, dass die geleistete Sache von mittlerer Art und Güte sein muss. Den Schuldner trifft insoweit eine Beschaffungspflicht.

Beispiel: Der Schuldner muss das Pfund Mehl besorgen, solange es noch (irgendwo) Mehl gibt.

Diese hohen Anforderungen treffen den Schuldner allerdings nicht dauerhaft. Denn eine Gattungsschuld verwandelt sich in eine Stückschuld, sobald der Schuldner das zur Leistung seinerseits Erforderliche getan hat (§ 243 Abs. 2 BGB). Dieser Vorgang nennt sich Konkretisierung. Erforderlich ist dabei, dass die Leistung dem Gläubiger zur richtigen Zeit und am richtigen Ort angeboten wird. Ist dies der Fall, beschränkt sich die Leistungspflicht des Schuldners auf das konkrete Stück. Dies hat entscheidende Bedeutung dafür, ob sich der Schuldner bei einer Zerstörung der Sache darauf berufen kann, dass die Leistung unmöglich geworden ist und er deshalb nicht mehr zu leisten braucht (§ 275 BGB).

 Leistungszeit

Bei der richtigen Leistungszeit geht es um die Frage, wann der Schuldner seine Leistung gegenüber dem Gläubiger erbringen muss (sog. Fälligkeit). Hierzu regelt § 271 Abs. 1 BGB, dass der Schuldner grundsätzlich sofort leisten muss. Wenn ein späterer Zeitpunkt vereinbart ist, muss der Schuldner nicht vorher leisten – er darf dies aber im Zweifel tun (§ 271 Abs. 2 BGB).

 Leistungsort

Der richtige Leistungsort beantwortet schließlich die Frage, wo der Schuldner seine Leistung an den Gläubiger zu erfüllen hat. Dieser Ort liegt nach § 269 Abs. 1, 2 BGB – wenn nichts anderes vereinbart wurde – am Wohn- bzw. Gewerbesitz des Schuldners. Der Gläubiger muss also grundsätzlich den geschuldeten Gegenstand beim Schuldner abholen (Holschuld). Bei einer Holschuld besteht die Leistung des Schuldners dann darin, die Sache aus dem Bestand auszusondern und den Gläubiger zum Abholen aufzufordern.

Wenn die Vertragsparteien abweichend von § 269 Abs. 1, 2 BGB vereinbaren, dass der Schuldner die Leistung dem Gläubiger bringen muss, spricht man von einer Bringschuld. Die erforderliche Leistungshandlung des Schuldners besteht dann darin, die Sache nicht nur auszusondern, sondern sie auch beim Gläubiger anzudienen.

Zwischen Hol- und Bringschuld liegt die Schickschuld. Bei ihr fallen der Leistungsort (= Erfüllungsort), und der Ort, an dem der Erfolg des Rechtsgeschäfts eintritt (= Erfolgsort), auseinander. Die erforderliche Leistungshandlung des Schuldners besteht dann darin, die Sache ordnungsgemäß zu verpacken und einer Versandperson zu übergeben (vgl. § 447 BGB zum Versendungskauf).

Eine Sonderstellung beim Leistungsort nimmt Geld ein. Dieses ist nach § 270 Abs. 1 BGB grundsätzlich als Schickschuld ausgestaltet – der Leistungsort ist also beim Schuldner (§ 270 Abs. 4 BGB i. V. m. § 269 Abs. 1, 2 BGB). Allerdings trägt der Schuldner abweichend vom Normalfall einer Schickschuld das Risiko des zufälligen Untergangs während der Übermittlung (§ 270 Abs. 1 BGB; deshalb „qualifizierte Schickschuld“). Alle anderen Gefahren (v. a. die Verzögerung der Leistung) trägt der Gläubiger.

2.2.2 Einwendungen und Einreden

Bei Einwendungen und Einreden handelt es sich um Gegenrechte des Schuldners. Auch wenn der Anspruch des Gläubigers zunächst besteht, kann es Geschehnisse geben, wegen derer der Schuldner nicht mehr leisten muss. Der Unterschied zwischen Einwendungen und Einreden besteht dann darin, dass Einwendungen automatisch wirken, während Einreden vom Schuldner geltend gemacht werden müssen.

Eine zentrale Einwendung des Schuldners ist das Bewirken – also das ordnungsgemäße Erfüllen – der geschuldeten Leistung (§ 362 Abs. 1 BGB). Hierdurch erlischt das Schuldverhältnis und damit auch der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung. Erfüllen kann der Schuldner seine Leistungspflicht aber auch durch Aufrechnung (§ 387 BGB). Hat der Schuldner einen gleichartigen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er durch Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) die Leistungswege abkürzen und sich auch gegen einen leistungsunwilligen Schuldner Befriedigung verschaffen (sog. Privatvollstreckung). Dies kommt v. a. bei gegenseitigen Geldforderungen in Betracht. Die Aufrechnung bewirkt dann ebenfalls, dass die gegenseitigen Forderungen erlöschen (§ 389 BGB).

Ein Schuldverhältnis kann ferner durch Rücktritt vom Vertrag beendet werden (wobei bei Dauerschuldverhältnissen an die Stelle des Rücktritts die Kündigung tritt). Durch den Rücktritt wird der Vertrag durch einseitige Erklärung eines Vertragspartners mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst. Ein Rücktritt ist aber nur rechtswirksam, wenn ein vertraglicher oder gesetzlicher Grund hierfür vorliegt, § 346 Abs. 1 BGB.

Neben diesen Beendigungstatbeständen für das Schuldverhältnis gibt es auch Situationen, in denen der Schuldner die Leistung durch Einreden verweigern kann. Der Schuldner kann also – obwohl der Anspruch des Gläubigers noch besteht – seine Leistung zurückbehalten.

Relevant ist in diesem Zusammenhang die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§§ 320, 322 BGB). Grundgedanke dieser Regelungen ist, dass nicht eine Partei zur Vorleistung gezwungen sein soll, wenn eine solche Vorleistung nicht vertraglich vereinbart ist. Erhebt der Schuldner diese Einrede, kommt es in einem Gerichtsprozess ggf. zu einer Verurteilung des Schuldners Zug um Zug gegen Erfüllung der Gegenleistungspflicht durch den Gläubiger.

Eine weitere wichtige Einrede des Schuldners ist die Verjährung (§ 194 Abs. 1 BGB). Aus Gründen des Rechtsfriedens ordnet das BGB nach Ablauf einer bestimmten Frist an, dass ein Anspruch vom Gläubiger nicht mehr durchgesetzt werden kann, wenn der Schuldner sich auf Verjährung beruft (§ 214 Abs. 1 BGB).

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). In manchen Fällen gilt allerdings eine längere Verjährungsfrist, so etwa bei rechtskräftig festgestellten Ansprüchen aus Gerichtsurteilen (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB: 30 Jahre).

Durch bestimmte Maßnahmen kann der Gläubiger eine Hemmung der Verjährung herbeiführen. Dies hat zur Folge, dass die Verjährungsuhr zwar nicht zurückgedreht, der gehemmte Zeitraum in die Verjährungsfrist aber nicht eingerechnet wird, § 209 BGB (die Uhr kommt also zum Stillstand). Wichtige Fälle der Verjährungshemmung sind die Klageerhebung nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB sowie die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

Praxistipp: Erforderlich zur Verjährungshemmung ist grundsätzlich die Einleitung gerichtlicher Schritte. Eine bloße Mahnung des Schuldners durch den Gläubiger reicht hierfür nicht.