Unternehmensrecht

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2.1.4.4 Formerfordernisse

Im Zivilrecht gilt infolge der Privatautonomie der Grundsatz der Formfreiheit. Daher können Willenserklärungen i. d. R. auch mündlich bzw. sogar nur konkludent wirksam und rechtsverbindlich abgegeben werden. Dies dient der Leichtigkeit des Vertragsschlusses. Allerdings enthält das BGB vom Grundsatz der Formfreiheit einige Ausnahmen.

Nach § 126 Abs. 1 BGB kann durch Gesetz Schriftform vorgeschrieben werden. Diese hat Warnfunktion und soll vor übereilten Vertragsschlüssen schützen. Damit gilt die Schriftform v. a. bei risikoreichen Verträgen.

Beispiel: Gemäß § 766 S. 1 BGB ist zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich.

Schriftform bedeutet, dass die Urkunde von dem Aussteller grundsätzlich eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss. Erforderlich ist demnach ein persönlicher Namensschriftzug am Ende des Dokuments, der zwar nicht leserlich sein muss, aber doch den Aussteller zu erkennen gibt (Echtheitsgewähr). Der Text der Urkunde darf freilich in Computerschrift erfolgen.

Von der Schriftform zu unterscheiden ist die Textform nach § 126b BGB. Diese dient v. a. Nachweiszwecken.

Beispiel: Gemäß § 613a Abs. 5 BGB muss bei einem Betriebsübergang der bisherige Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Übergang in Textform unterrichten.

Bei der Textform muss die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. einer Festplatte oder einem USB-Stick) abgegeben werden und die Person des Erklärenden genannt sein. Damit genügt zur Wahrung der Textform auch eine E-Mail oder SMS, da eine eigenhändige Unterschrift nicht erforderlich ist.

Bei der öffentlichen Beglaubigung muss die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden (§ 129 Abs. 1 BGB BGB). Öffentliche Beglaubigungen kommen häufig im Rechtsverkehr mit öffentlichen Registern vor.

Beispiel: Nach § 77 BGB sind Anmeldungen zum Vereinsregister mittels öffentlich beglaubigter Erklärungen abzugeben.

Die strengste gesetzliche Form ist die notarielle Beurkundung gemäß § 128 BGB. Bei dieser tritt neben einer Nachweis- und Warnfunktion der Beratungszweck in den Vordergrund. Damit ordnet der Gesetzgeber diese (aufwendige und kostspielige) Form v. a. bei besonders werthaltigen Vertragsgegenständen an.

Beispiel: Nach § 311b BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung.

Bei der notariellen Beurkundung klärt der Notar die Vertragsparteien über den Inhalt des Vertrages auf (§ 17 BeurkG). Ferner liest der Notar den Parteien die Niederschrift vor, bevor diese das Schriftstück eigenhändig unterschreiben (§ 13 BeurkG).

Wenn die Vertragsparteien eine gesetzlich vorgeschriebene Form nicht beachten, hat dies grundsätzlich die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses zur Folge (sog. Formnichtigkeit, § 125 S. 1 BGB). Das Gleiche gilt i. d. R., wenn eine vertraglich vereinbarte Form (§ 127 Abs. 1 BGB) außer Acht gelassen wird (§ 125 S. 2 BGB). Allerdings kann der Parteiwille hier auch ein anderes Ergebnis ergeben, da es sich insoweit nur um eine Auslegungsregel handelt („im Zweifel“).

Soweit sich eine Partei auf die Formnichtigkeit eines Vertrages beruft, verstößt sie in aller Regel auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Denn für den Gesetzgeber sind die Formvorschriften als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht nur reiner Formalismus. Vielmehr verfolgen sie die oben genannten Schutzzwecke.

Beispiel: Selbst wenn der Verkäufer den Käufer von der notariellen Beurkundung eines Grundstückkaufvertrags mit den Worten abhält, dieser bedürfe es nicht, weil es sich beim Verkäufer um einen Ehrenmann handele, auf dessen Wort sich der Käufer verlassen könne, ist der Vertrag ohne notarielle Beurkundung formnichtig und die Geltendmachung dieser Rechtsfolge durch den Verkäufer auch nicht treuwidrig.

Nur ausnahmsweise kommt eine Heilung eines formnichtigen Vertrages in Betracht. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Parteien den Vertrag trotz seiner Formnichtigkeit erfüllen. Denn dann dokumentieren sie, dass für sie die Einhaltung der Form keine Bedeutung (mehr) hat und damit auch eine Rückabwicklung des Vertrages wegen Formunwirksamkeit über § 812 Abs. 1 BGB unangemessen wäre.

Beispiel: Der formnichtige Kaufvertrag über ein Grundstück wird gemäß § 311b Abs. 1 S. 2 BGB dadurch geheilt, dass die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

2.1.4.5 Abstraktionsprinzip

Zum Verständnis des deutschen Privatrechts ist ferner die Beherrschung des Abstraktionsprinzips erforderlich. Demnach unterscheidet das BGB zwischen dem Schuldrecht (2. Buch) und dem Sachenrecht (3. Buch). Während im Schuldrecht die Verpflichtungsgeschäfte geregelt sind, geht es im Sachenrecht um die Verfügungsgeschäfte. Auch wenn diese Aspekte in den Alltagsgeschäften des täglichen Lebens zeitlich zusammenfallen, sind sie in rechtlicher Hinsicht streng zu trennen und in ihren Rechtswirkungen voneinander zu unterscheiden.

Beispiel: Beim täglichen Brötchenkauf werden i. d. R. drei Verträge (und nicht nur einer) abgeschlossen: ein Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag, § 433 BGB) sowie zwei Verfügungsgeschäfte (Übereignung von Brötchen und Geld, § 929 BGB).

Bei einem Verpflichtungsgeschäft verpflichtet sich der eine Teil zur Erbringung einer Leistung, während der andere Teil einen Anspruch hierauf erhält. Die Verpflichtungsgeschäfte bilden damit die Grundlage für die spätere Erfüllung, also den Austausch der Leistungen. Man nennt sie daher auch „Kausalgeschäfte“ (causa = Grund).

Ein Verfügungsgeschäft ist ebenfalls ein Rechtsgeschäft und erfolgt auch durch Abschluss eines Vertrags. Bei einer sachenrechtlichen Verfügung heißt dieser Vertrag „Einigung“. Durch das Verfügungsgeschäft wird unmittelbar auf ein Recht (z. B. das Eigentum) eingewirkt. Das Verfügungsgeschäft erfolgt i. d. R. auf eine Leistungsverpflichtung hin, stellt also die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäftes dar.

Da Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft voneinander unabhängig sind, führt ein Mangel des Verpflichtungsgeschäfts nicht notwendig zur rechtlichen Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts.

Beispiel: Der Kaufvertrag zwischen A und B ist nichtig, weil A seine Willenserklärung erfolgreich angefochten hat. Dies führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Übereignung der Kaufsache bzw. der Zahlung des Kaufpreises, weil es sich um getrennte und voneinander unabhängige Rechtsgeschäfte handelt.

Allerdings kann das BGB die Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes nicht ohne Konsequenzen für das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft lassen. In einem solchen Fall besteht dann für beide Vertragsparteien ein Anspruch auf Herausgabe – also auf Rückübereignung – bereits ausgetauschter Leistungen nach § 812 Abs. 1 BGB, da beide Vertragsparteien die Leistung des jeweils anderen ohne rechtlichen Grund erhalten haben.

2.1.5 Die Stellvertretung
2.1.5.1 Überblick

Die Stellvertretung bietet die Möglichkeit, beim Abschluss von Verträgen arbeitsteilig vorzugehen, da so auch durch eine andere Person rechtsgeschäftlich gehandelt werden kann. Sie ist demnach Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Wirtschaftsleben.

Stellvertretung ist die Abgabe einer Willenserklärung für einen anderen in dessen Namen mit Vertretungsmacht, was zur Folge hat, dass die Wirkungen des Rechtsgeschäfts nicht den Vertreter, sondern den Vertretenen treffen (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Demnach wird nicht der Handelnde, sondern der „Hintermann“ aus einem solchen Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet.

Eine wirksame Stellvertretung hat drei Voraussetzungen:

 Abgabe einer eigenen Willenserklärung

 Handeln im Namen des Vertretenen

 Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht.

Handlungssituation (Fallbeispiel 3)

Heinrich (H) benötigt zur Finanzierung seiner Fortbildung zum „Geprüften Betriebswirt nach der Handwerksordnung“ dringend Bargeld. Da er die Kurse gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, beschließt er, sein Auto zu verkaufen. Weil sich H allerdings gerade auf die Recht-Klausur vorbereitet und deshalb keine Zeit hat, sich selbst nach Interessenten umzusehen, erteilt er seinem Freund Bernd (B) eine schriftliche Vollmacht: „Hiermit bevollmächtige ich B zum Verkauf meines Pkw …, Fahrgestellnummer 15151515“. Dabei sagt H dem B, dass der Verkauf „bestmöglich“ erfolgen, mindestens jedoch 3.000,– € erlösen soll. B lässt sich am Folgetag auf einer Gebrauchtwagenmesse allerdings von der charmanten Carla (C) bezirzen und verkauft ihr das Auto im Namen des H für 2.500,– €.

Hat C gegen H einen Anspruch auf Übereignung des Pkw? (Lösung Seiten 33, 34)

2.1.5.2 Eigene Willenserklärung

Der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Das unterscheidet ihn vom Boten. Dieser transportiert nämlich nur eine fremde Willenserklärung. Ob eine Person Vertreter oder Bote ist, hängt davon ab, ob der Erklärende über einen gewissen – nicht notwendig großen – Entscheidungsspielraum verfügt. Ist dies der Fall, ist er Vertreter, wenn nicht, dann Bote.

 

Beispiel: Ein Verkäufer im Supermarkt ist Vertreter und nicht Bote, da er hinreichenden Entscheidungsspielraum hat (Auswahl des Vertragspartners, Umtausch mangelhafter Ware etc.).

2.1.5.3 Handeln in fremdem Namen

Das Vertreterhandeln muss der Erklärende dem Dritten gegenüber offenlegen (Offenkundigkeitsprinzip). Dieser muss nämlich wissen, mit wem der Vertrag zustande kommt. Hierbei genügt es aber, wenn sich nur aus den Umständen ergibt, dass man nicht für sich, sondern für einen anderen handelt, § 164 Abs. 1 S. 2 BGB (z. B. Verkäufer an der Kasse). Wird das Offenkundigkeitsprinzip nicht gewahrt, so wird der Vertreter behandelt, als hätte er das Rechtsgeschäft im eigenen Namen getätigt (§ 164 Abs. 2 BGB). Dann wird er aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet.

Eine (ungeschriebene) Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip besteht bei den sog. Bargeschäften des täglichen Lebens. In diesen Fällen, in denen die geschuldeten Leistungen sofort ausgetauscht werden, ist es dem Vertragspartner nämlich gleichgültig, mit wem der Vertrag zustande kommt. Deshalb wird hier der Vertretene auch dann Vertragspartner, wenn der Vertreter nicht in fremdem Namen handelt („Geschäft für den, den es angeht“).

Beispiel: Eine Haushälterin kauft für ihren Arbeitgeber Lebensmittel ein und bezahlt sie sogleich. Hier wird der Arbeitgeber auch dann Vertragspartner des Supermarktes, wenn die Haushälterin nicht offenlegt, dass der Einkauf nicht für sie, sondern für ihren Arbeitgeber ist.

2.1.5.4 Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht

Die letzte Voraussetzung für ein wirksames Vertreterhandeln ist das Vorhandensein einer Vertretungsmacht, in deren Rahmen sich der Vertreter bewegen muss. Eine Vertretungsmacht besteht entweder aufgrund Gesetz (z. B. Eltern für ihre Kinder, §§ 1629, 1626 BGB) oder aufgrund eines Rechtsgeschäfts (dann heißt sie Vollmacht, § 166 Abs. 2 BGB). Die Erteilung einer Vollmacht erfolgt entweder gegenüber dem zu Bevollmächtigenden (dann Innenvollmacht, § 167 Abs. 1, 1. Var. BGB) oder gegenüber dem Dritten, demgegenüber die Vertretung stattfinden soll (dann Außenvollmacht, § 167 Abs. 1, 2. Var. BGB).

Die Erteilung der Vollmacht unterliegt keinem Formzwang. Sie kann also auch mündlich erfolgen. Dies gilt grundsätzlich sogar dann, wenn das Rechtsgeschäft, für das die Vollmacht erteilt wird, seinerseits formbedürftig ist (§ 167 Abs. 2 BGB).

Ferner muss die Vollmacht nicht ausdrücklich erteilt werden, so dass auch im bloßen Dulden des Vertreterhandelns eines anderen die konkludente Bevollmächtigung durch den Vertretenen gesehen werden kann (sog. Duldungsvollmacht). Sogar dann, wenn der Vertretene das Vertreterhandeln eines anderen nicht erkannt hat, bei Wahrung der verkehrsüblichen Sorgfalt jedoch hätte erkennen können, kann eine Vollmacht vorliegen (sog. Anscheinsvollmacht).

Die Vollmacht ist von dem der Vollmachterteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft im Innenverhältnis – z. B. einen Arbeitsvertrag (§ 611 BGB) – strikt zu trennen. Folglich können sich das rechtliche Können des Bevollmächtigten im Außenverhältnis und das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis, etwa infolge einer Weisung aus dem Arbeitsverhältnis, unterscheiden (auch im Vollmachtrecht gibt es also ein Abstraktionsprinzip).

Beispiel: Ein Kaufmann erteilt seinem Mitarbeiter Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB), sagt ihm aber, bei Vertragsschlüssen über 10.000,– € müsse er zunächst die Zustimmung der Geschäftsleitung einholen. Hier reicht das rechtliche Können weiter als das rechtliche Dürfen, weil die Prokura zu fast allen betrieblichen Geschäften ermächtigt. Intern ist der Mitarbeiter jedoch an die Weisung seines Arbeitgebers gebunden, sodass bei einem Verstoß Schadensersatzansprüche oder eine Abmahnung in Betracht kommen.

Die Vollmacht erlischt durch jederzeit möglichen Widerruf des Vollmachtgebers. Der Widerruf kann infolge des Abstraktionsprinzips auch erfolgen, wenn das der Vollmachterteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis fortbesteht (z. B. weil der Arbeitsvertrag des bevollmächtigten Arbeitnehmers nicht wirksam gekündigt werden kann), § 168 S. 2 BGB. Die Vollmacht erlischt aber dann automatisch, wenn das ihrer Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis endet (insoweit wird das Abstraktionsprinzip durchbrochen), § 168 S. 1 BGB.

Der Widerruf der Vollmacht erfolgt nach §§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 BGB durch Erklärung des Vollmachtgebers entweder gegenüber dem Bevollmächtigten oder gegenüber dem Dritten. Wenn die Vollmacht allerdings als Außenvollmacht erteilt oder eine Innenvollmacht nach außen kundgetan wurde, bleibt sie dem Dritten gegenüber so lange in Kraft, bis dieser über das Erlöschen der Vollmacht in Kenntnis gesetzt wird (§§ 170, 171 BGB). Dies gebietet hier der Vertrauensschutz, da in einem solchen Fall der Dritte vom Widerruf der Vollmacht nichts wissen kann und deshalb schutzwürdig ist (vgl. § 173 BGB).

Beispiel: Teilt der Inhaber eines Supermarktes seinen Geschäftspartnern mit, dass er einen seiner Mitarbeiter zum Ankauf von Waren bevollmächtigt hat, und widerruft er später die Vollmacht, so gilt die Vertretungsmacht des Mitarbeiters den Geschäftspartnern gegenüber so lange fort, bis diese vom Widerruf der Vollmacht unterrichtet werden.

2.1.5.5 Vertretung ohne Vertretungsmacht

Handelt der Vertreter ohne oder außerhalb seiner Vertretungsmacht, so wird der Vertretene durch die Willenserklärung des Vertreters nicht gebunden. Dieser Vertreter ist ein Vertreter ohne Vertretungsmacht (sog. falsus procurator).

Wenn der Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen einen Vertrag abgeschlossen hat, hängt dessen Wirksamkeit nach § 177 Abs. 1 BGB von der Genehmigung (also der nachträglichen Zustimmung, § 184 Abs. 1 BGB) des Vertretenen ab. Ob der Vertretene die Genehmigung erteilt, entscheidet er allein; der Vertragspartner kann lediglich eine Entscheidung von ihm verlangen, wobei sein Schweigen als Verweigerung der Genehmigung gilt (§ 177 Abs. 2 BGB). Bis zur Genehmigung kann aber auch der Vertragspartner seine Willenserklärung ausnahmsweise widerrufen und so den Schwebezustand beenden, es sei denn, er kannte bei Vertragsschluss den Mangel der Vertretungsmacht (§ 178 S. 1 BGB). Demnach ist der Vertrag zwischen dem Vertretenen und dem Vertragspartner zunächst schwebend unwirksam.

Wenn der Vertretene seine Genehmigung verweigert, kommt der Vertrag zwischen dem Vertretenen und dem Dritten endgültig nicht zustande. Dann haftet der Vertreter ohne Vertretungsmacht dem Vertragspartner gemäß § 179 Abs. 1 BGB nach dessen Wahl und unabhängig von einem Verschulden auf Erfüllung oder Schadensersatz (sog. Garantiehaftung).

Der Umfang der Haftung richtet sich danach, ob der Vertreter ohne Vertretungsmacht den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder nicht. Hat er den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so schuldet er dem Vertragspartner nur einen eingeschränkten Schadensersatz – den sog. Vertrauensschaden.

Beispiel: Fahrtkosten zum Ort des Vertragsschlusses.

Die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht entfällt nach § 179 Abs. 3 S. 1 BGB sogar ganz, wenn der Vertragspartner den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder zumindest kennen musste (d. h. infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte, § 122 Abs. 2 BGB). Denn dann ist dieser nicht schutzwürdig.

Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 3)

Zu prüfen ist der Anspruch der C gegen H auf Übereignung des Pkws gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

Voraussetzung für den Übereignungsanspruch der C gegen H ist ein wirksamer Kaufvertrag. Dieser benötigt zwei übereinstimmende Willenserklärungen.

C hat eine Willenserklärung, gerichtet auf den Kauf des Pkws des H abgegeben. H hingegen hat selbst keine Willenserklärung abgegeben. Er könnte indes wirksam von B vertreten worden sein (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). B hat eine eigene Willenserklärung, gerichtet auf den Verkauf des Wagens des H, abgegeben. Dabei hat B auch kundgetan, dass er für den H agiert. Fraglich ist aber, ob B innerhalb seiner Vertretungsmacht agiert hat.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass B von H eine schriftliche Vollmacht zum Verkauf des Pkw erhalten hat (§ 167 Abs. 1 BGB). Diese war inhaltlich nicht beschränkt. Zwar sollte B möglichst viel (mindestens 3.000,– €) für das Auto erlösen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine interne Weisung, die lediglich das Auftragsverhältnis zwischen H und B und nicht das Außenverhältnis zu C berührt (anders wäre es, wenn auf der Vollmacht stünde, dass sie nur für einen Verkauf ab 3.000,– € gilt). Folglich handelte B mit Vertretungsmacht und seine Willenserklärung entfaltet Rechtswirkung gegenüber H (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Damit liegt ein wirksamer Kaufvertrag zwischen H und C vor.

Ergebnis: C hat gegen H einen Anspruch auf Übereignung des Pkw.

Anmerkung: Evtl. hat H gegen B im Innenverhältnis einen Anspruch auf Schadensersatz (§ 280 Abs. 1 BGB).

2.1.6. Anfechtung von Willenserklärungen
2.1.6.1 Überblick

Grundsätzlich soll der Erklärende an seiner abgegebenen Willenserklärung festgehalten werden. Dies verlangt der Schutz des Rechtsverkehrs, der auf die Gültigkeit von Willenserklärungen und die Bindungswirkung von Verträgen vertrauen darf. Daher ist es nur in Ausnahmefällen möglich, dass eine Willenserklärung von dem Erklärenden rückwirkend – durch Anfechtung – beseitigt werden kann. Voraussetzung hierfür ist ein rechtlich relevanter Willensmangel des Erklärenden. In einem solchen Fall steht der subjektive Wille des Erklärenden über dem Schutz des Rechtsverkehrs an der Verbindlichkeit der Erklärung.

Auch anfechtbare Willenserklärungen sind zunächst rechtsgültig, jedoch kann sich der Anfechtungsberechtigte durch eine Erklärung innerhalb einer bestimmten Frist von seiner Willenserklärung wieder lösen (sog. Gestaltungsrecht). Den Interessen des Rechtsverkehrs wird in manchen Fällen durch eine Schadensersatzpflicht des Anfechtenden Rechnung getragen.

Für eine wirksame Anfechtung müssen drei Voraussetzungen gegeben sein:

 Anfechtungserklärung

 Anfechtungsgrund

 Anfechtungsfrist.

Handlungssituation (Fallbeispiel 4)

Nachdem H seine Prüfung zum „Geprüfte/r Betriebswirt/in nach der Handwerksordnung“ erfolgreich absolviert hat, möchte er sich nun wieder ein Auto anschaffen. Er geht deshalb zum Autohaus des Schlau (S). Als H den S wegen eines schicken Gebrauchtwagens anspricht, erzählt ihm S, das Auto sei unfallfrei – ohne dass er dies geprüft hat. H kauft daraufhin den Pkw. Später stellt sich heraus, dass der Wagen vor zwei Jahren einen schweren Unfall hatte.

Kann sich H vom Vertrag mit S wieder lösen?

(Lösung Seiten 39, 40)