Wir brauchen andere Trainings!

Tekst
Z serii: Dein Business
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

3. Wo stehen wir? Aktuelle Trends und Herausforderungen

»Wir bilden derzeit Lernende für Arbeitsplätze aus, die noch nicht existieren, um Technologien einzusetzen, die noch nicht erfunden wurden, damit sie Probleme lösen, von denen wir noch nicht einmal wissen, dass es Probleme sein werden.«12 RICHARD RILEY

Eigentlich ist alles klar: Wir wissen um den Klimawandel und auch, wie wir ihn verlangsamen oder aufhalten können. Die Konsequenzen des demografischen Wandels sind uns ebenso klar. Und dass wir umdenken müssen, wissen wir auch. Aber Theorie und Praxis liegen – leider – oft weit auseinander. Wir wissen auch: Die Digitalisierung liegt nicht mehr vor uns, sondern quasi um uns herum und erfordert ein anderes (Weiter-)Bildungsverständnis. Die interessante Frage lautet: Wo positioniert sich hier die Trainings- und Weiterbildungsbranche?

Future Skills

Sie erinnern sich sicherlich an die vier Ks: Kreativität, kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Diese Fähigkeiten bilden die Voraussetzung für den Erwerb und die Anwendung von Wissen und das Erbringen von Leistungen, die wir zukünftig in der Arbeitswelt und im gesellschaftlichen Leben brauchen. Darüber hinaus braucht es meines Erachtens auch die Fähigkeit, sensibel und durchlässig auf Ereignisse und Nachrichten des täglichen Lebens zu reagieren, und das Feingefühl, auf die Konsequenzen unseres Handelns zu schauen. Hinzu treten Empathie, das Einfühlen in die Bedürfnisse unserer Umgebung und Mitgefühl als Auslöser helfenden Handelns.13

Das Center for Curriculum Redesign sieht folgende Charaktereigenschaften als wertvoll an und empfiehlt, deren Ausbildung bereits in den Lehrplan der Schulen einfließen zu lassen:14

Achtsamkeit – diese umfasst Aspekte wie Selbstbewusstsein, Selbstverwirklichung, Reflexion, Mitgefühl, Dankbarkeit, Einfühlungsvermögen, Wachstum, Weitsicht, Einsicht, Gelassenheit, Glück, Präsenz, Authentizität, Verbundenheit, Eins-Sein, Akzeptanz, Geduld, Spiritualität, soziales Bewusstsein, interkulturelles Bewusstsein.

Neugier – diese umfasst Aspekte wie Aufgeschlossenheit, Forschergeist, Leidenschaft, Selbststeuerung, Motivation, Initiative, Innovation, Begeisterung, Staunen, Spontaneität.

Mut – dieser umfasst Aspekte wie Tapferkeit, Entschlossenheit, Stärke, Zuversicht, Risikobereitschaft, Ausdauer, Robustheit, Schwung, Optimismus, Inspiration, Energie, Kraft, Elan, Eifer.

Resilienz – diese umfasst Aspekte wie Beharrlichkeit / Ausdauer, Durchhaltevermögen, Hartnäckigkeit, Einfallsreichtum, Mumm, Selbstdisziplin, Anstrengung, Sorgfalt, Engagement, Selbstbeherrschung, Selbstwertgefühl, Vertrauen, Stabilität, Anpassungsfähigkeit, Umgang mit Mehrdeutigkeit, Flexibilität.

Ethisches Bewusstsein – dieses umfasst Aspekte wie Wohlwollen, Menschlichkeit, Integrität, Respekt, Gerechtigkeit, Gleichheit, Fairness, Mitgefühl, Altruismus, Inklusion, Akzeptanz, Loyalität, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Anstand, Rücksichtnahme, Tugend, Liebe, Fürsorge, Hilfsbereitschaft, Großzügigkeit, Nächstenliebe, Zugehörigkeit.

Führungsstärke (Leadership) – diese umfasst Aspekte wie Verantwortung, Verzicht, Verpflichtung, Zuverlässigkeit, Verlässlichkeit, Pflichtbewusstsein, Uneigennützigkeit, Demut, Bescheidenheit, Selbstreflexion, Inspiration, Organisation, Hingabe, Heldentum, Charisma, Engagement, Führung durch Vorbild, Zielorientierung, Konzentration, Ergebnisorientierung, Präzision, Effizienz, Geselligkeit, Vielfalt.

Geschäftsführerinnen und Vorstände wünschen sich Führungskräfte, die bereit sind, sich selbst hinsichtlich Einstellung, Werten, Kompetenzen und Verhalten zu reflektieren. Führungskräfte wünschen sich Mitarbeitende, die eine ebensolche Bereitschaft zeigen. Darüber hinaus wünschen sie sich von ihnen, dass sie ihre Kompetenzen, Fähigkeiten und ihr Verhalten vervollkommnen. Wachstum, persönliche Weiterentwicklung und eine bessere Performance sollen die Folge sein. Das setzt natürlich die grundsätzliche Bereitschaft zur Veränderung voraus – und damit einhergehend auch die jeweilige Ziellinie.

Tests und Analysen

Nach Walter Mischel besteht Persönlichkeit »nicht aus festen Eigenschaften, sondern aus einem Netzwerk von Interpretations-, Interaktions- und Verhaltensweisen, die miteinander interagieren.«15 Klingt komplex und ist für mich einer der Gründe, warum Unternehmen nach wie vor gerne Persönlichkeitstests und -analysen nutzen: Sie möchten die Menschen im Unternehmen besser verstehen. Diese Analysen können helfen, zu erkennen, wie ein Team tickt, welche Wertekonflikte gegebenenfalls bestehen oder wie stark der gemeinsame Flow ist. Sie nehmen den Verantwortlichen jedoch nicht die Arbeit ab, die gewünschte Veränderung selbst mit Vorbildern, Wissen und Leben zu füllen.

Für mich sind diese Analysen dann interessant, wenn sie echte Hinweise darauf geben, was die Lernenden ausmacht. Im Idealfall kann ich als Trainerin oder Trainingsdesigner die zu vermittelnden Inhalte dann so aufbereiten, dass sie für die Teilnehmenden bestmöglich nutzbar sind. Die Analysen sind darüber hinaus dann besonders wertvoll, wenn sie von den Menschen selbst verlangt werden – weil sie sich weiterentwickeln möchten und die Ergebnisse ihnen eine wertvolle Hilfe bei der notwendigen Selbstreflexion sind.

Die Ergebnisse dieser Tests und Analysen sind dennoch mit Vorsicht zu genießen. Auch wenn sie Lösungen versprechen, bleibt es die Aufgabe von Führungskräften, Personalentwicklern und Trainerinnen, für hochwertige, individuelle Lernsettings zu sorgen. Das bestätigt meine These, dass das Schaffen eines Lernraumes, in dem die Menschen ihre bisherigen Bezüge und Logiken nicht automatisch aktivieren, sondern im besten Falle aus ihrem Wenn-dann-Rhythmus gerissen werden, eine zentrale Herausforderung darstellt.

Führung neu leben

Führung war schon immer eine anspruchsvolle Aufgabe. Nun wandelt sich durch die Flexibilisierung der Arbeitsstrukturen auch die Arbeitsgestaltung; die Beschäftigten übernehmen immer mehr Verantwortung – für sich selbst und ihre Arbeitsaufgaben. Die Prozesse verändern sich und hinzu kommen starke Momente des Wandels – Stichworte VUCA-Welt, Globalisierung und Digitalisierung. All das zusammengenommen macht Führung noch anspruchsvoller.

Führungskräfte sind dann besonders gefordert, wenn es darum geht, das Unternehmen im Wandel zu begleiten. Sie sorgen dafür, dass Bildung als wertvolles Handwerkszeug für noch mehr Erfolg, die Übereinstimmung von Leitbild und Realität und mehr Wachstum begriffen wird.

Alles strebt nach Veränderung und Weiterentwicklung. Um diesen Weg zu gehen, braucht es so etwas wie ein Fundament. Um diesen neuen Prozessen und Strömungen Raum zu geben, braucht es einen Rahmen, eine neue Ordnung, man könnte es auch Mindset nennen. All das zusammen bereitet den Weg für die Menschen in der Veränderung. Wichtige Prozessinhaber und Verantwortliche gehen voran, sie spornen durch das eigene Beispiel an, leben vor, vertrauen und schenken so etwas wie Liebe und Zuversicht.

Schlechte Noten für die Chefs

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unzufrieden an ihrem Arbeitsplatz. Nur jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland würde seinen Arbeitgeber weiterempfehlen. Damit hinkt Deutschland im Vergleich mit den skandinavischen Ländern und den USA hinterher. Als Grund für diese Unzufriedenheit gibt eine dänische Studie die Unternehmenskultur an; in Deutschland sind zum Beispiel nur knapp 40 Prozent der Mitarbeitenden mit ihrem Entscheidungsspielraum an ihrem Arbeitsplatz zufrieden. 65 Prozent fühlen sich heute gestresster als noch vor fünf Jahren. Als häufigste Stressursache nennen sie nicht die Arbeit selbst, sondern die Führungskraft – für sage und schreibe 35 Prozent der Befragten ist sie der größte Stressor.16

Eine der zentralen Fragen ist: Wie und woher bekommt eine Führungspersönlichkeit in diesen sich rasch wandelnden Zeiten Orientierung? Wie gelingt es ihr, ein fundiertes, kritisches oder auch kreatives Urteil zu komplexen Sachverhalten oder Themen zu entwickeln, in die sie womöglich nur einen Teileinblick hat? Zudem trägt sie viel Verantwortung – oder muss lernen, diese abzugeben. Das verunsichert insbesondere traditionell denkende Führungskräfte sehr, denn damit verlieren sie zunächst einen Teil der Kontrolle über die Mitarbeitenden, zum Beispiel in puncto Präsenz am Arbeitsplatz.

Eine ganz spezielle Herausforderung sind sicher auch Führungskräfte, die der sogenannten »Dunklen Triade« angehören. Der Begriff steht für eine Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen wie zum Beispiel Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Wenn es in Spitzenpositionen vorrangig um Geld, Ansehen und Einfluss geht und das Privatleben kaum noch relevant ist, dann zieht das die »raffgierigsten, rücksichtslosesten und niederträchtigsten Charaktere in diese Positionen. (…) Psychopathen werden davon magnetisch angezogen und tummeln sich überproportional häufig in Chefetagen und allerhöchsten Ämtern.«17 Dieser Typ Chef wird sicherlich jeden Führungskräfte-Trainer vor eine schwierige Aufgabe stellen – denn wer ist dem gewachsen?

 

Dieses System aus Kontrolle und Abhängigkeit kann nur mit tief gehenden Mindset-Veränderungen aufgebrochen werden, die mit dem Wandel persönlicher Werte, Prinzipien und Arbeitseinstellungen einhergehen. Ein Trainings- und Coachingkonzept für Führungskräfte muss daher am richtigen Dreh- und Angelpunkt ansetzen. Das mag der »Ruf« sein oder auch eine Situation, die tief erschüttert und der Führungskraft deutlich macht, dass eine Veränderung nötig ist.

Neue Herausforderungen

Generell sind Führungskräfte heute weniger mit den klassischen Managementaufgaben betraut als früher, sodass die eigentliche Führung mehr in den Vordergrund tritt. Damit verändern sich natürlich auch ihre Rollen oder Leader-Dimensionen. Sie fungieren nun eher als Berater, Mentor und Coach, sollen auf Augenhöhe führen und ihren Mitarbeitenden eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen. Die Führungskräfte von New Work haben den Anspruch, die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeitenden genau zu kennen und ihnen mehr Selbstverantwortung zu übertragen. Sie möchten Arbeitsbedingungen herstellen, die es ihren Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Fähigkeiten weiter zum Wohle des Unternehmens zu entwickeln.

Vielen Führungskräften fällt es schwer, die traditionellen Führungsaufgaben, Führungsstile und Erwartungen an ihre Führungsrolle aufzugeben. Dies betrifft natürlich primär die älteren Semester. Doch steckt in diesem Wandel auch eine große Chance. Es darf nach dem »Warum«, dem »Wozu«, dem »Was« und dem »Wie« gefragt werden – diese Offenheit für Fragen hat besonders für den Führungsnachwuchs einen großen Stellenwert.

73 Prozent der Führungskräfte halten agile Arbeitsmethoden für sinnvoll – sagt das Führungsbarometer von Odgers Berndtson, für das die Personalberatung rund 2460 Managerinnen und Manager in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragte. Nur zwei Prozent dieser Führungskräfte lehnen agile Managementmethoden ab.18

Neue Führungsansätze

Die Zeit der Trainings, die sich ausschließlich mit Führungsstilen beschäftigt haben, ist vorbei, denn die Konzepte verändern sich. Es gibt zahlreiche neue Ideen für Führungsmodelle. Ich möchte hier zwei Modelle vorstellen, die mich besonders faszinieren, weil in ihrem Fokus ein Menschenbild steht, das geprägt ist von Respekt gegenüber den Mitmenschen.

Beim Leipziger Führungsmodell19 geht es darum, den Menschen eine maximale Freiheit und Partizipation zu ermöglichen. Allerdings agieren die Führungskräfte dabei nicht diffus, unabhängig oder freischwebend über den Dingen, sondern handeln stets im Rahmen ihrer persönlichen Einheit im jeweiligen Unternehmen oder ihrer Organisation. Das Leipziger Führungsmodell fokussiert in der aktuellen Version mehr den Einzelnen in der Organisation. Dies mag eine Antwort auf die Diskussion sein, ob der Mensch durch selbststeuernde und selbstlernende Maschinen abgelöst werden kann; auf jeden Fall rückt der Mensch wieder in die Mitte der Wertschöpfungskette.

Die Schöpfer des Modells betrachten den Menschen als sehr unternehmens- und innovationsorientiert, sie begründen das auch damit, dass Lebenszyklen heute noch viel mehr miteinander verschmelzen als früher. Das Leipziger Führungsmodell beruht auf vier Dimensionen: Purpose – Unternehmergeist – Verantwortung – Effektivität.

Der Purpose hebt die »Zweck-Mittel-Relation in der Führungsarbeit hervor, d. h. die Frage nach dem Warum, dem Ziel und Zweck einer Arbeitsaufgabe, aber auch nach der Legitimation eines Geschäftsmodells, eines ganzen Unternehmens und letztlich der marktwirtschaftlichen Grundordnung insgesamt.«20

Den Unternehmergeist sehen die Leipziger als Basis oder Schlüssel für die Erneuerungsfähigkeit von Menschen, Organisationen und Gesellschaft, insbesondere unter dem Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung. Verantwortung gehört ebenso dazu. Sie gilt als eine grundlegende Voraussetzung guter Führung, die eng mit dem Purpose verbunden ist, denn ein Purpose, der nicht verantwortlich realisiert werden kann, kann auch kein Aspekt guter Führung sein.

Unternehmen, Organisationen und andere Institutionen stehen meist vor der Herausforderung, dass »Entscheidungen und Handlungen zur Erzielung eines Beitrages zum Großen aufgrund knapper Ressourcen und Wettbewerbsbedingungen wohl überlegt sein müssen«.21

Es stellt sich also die Frage, »was der richtige Weg ist (Effektivität) und wie dann ein ausgewählter Weg beschritten (Effizienz) werden kann, um mit knappen Mitteln und im Wettbewerb ein definiertes Ziel zu erreichen. Die Effektivitätsdimension bildet deshalb eine Kerndimension (…). Sie übersetzt verantwortliche und unternehmerische Entscheidungen in zielgerichtete Strategien, Strukturen und Prozesse, damit ein wettbewerbsfähiger Beitrag zum großen Ganzen erreicht wird.«22

Gute Führung sollte sowohl die eigenen Potenziale als auch die der Mitarbeitenden, der Organisation und des gesellschaftlichen Umfelds erkennen – und diese weitgehend realisieren. Um das zu erreichen, brauchen Führungskräfte aus meiner Sicht eine wertebasierte Weiterentwicklung, die sie auf diesem Weg begleitet. Und sie benötigen eine Weiterentwicklung, bei der sie ihre persönliche Selbstführungskompetenz und ihre Reflexionsfähigkeit stärken können. In diesem Zusammenhang sind Werte immens wichtig – doch was kann das bedeuten? Hier ein Beispiel:

Die Geschichte des Upstalsboom Wegs berührt mich persönlich sehr, da ich mit 17 Jahren im Hotel Upstalsboom auf der Insel Langeoog einen Sommer lang gejobbt habe. Das war an sich schon eine ganz besondere Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Doch Jahre später bin ich in einem ganz anderen Zusammenhang wieder auf das Unternehmen und seinen Chef Bodo Janssen gestoßen.

Das Unternehmen Upstalsboom ist einer der führenden Ferienanbieter an Nord- und Ostsee. Die Unternehmensgruppe hat sich seit der Gründung 1976 dynamisch weiterentwickelt, heute gibt es rund 650 Mitarbeiter. 2010 führte das Unternehmen eine Mitarbeiterbefragung durch, die für den Inhaber mit einem niederschmetternden Ergebnis endete: »Wir brauchen einen anderen Chef als Bodo Janssen.« Die Mitarbeiterschaft fühlte sich schlecht geführt. Statt zu schmollen oder mit Trotz zu reagieren, wurde Bodo Janssen aktiv. Er ging für einige Zeit ins Kloster, um aus dieser Erfahrung zu lernen. Regelmäßig suchte Janssen Pater Anselm Grün auf, von dessen »Team Benedikt« er viel lernte. Daraus entwickelte sich schließlich der Upstalsboom Weg, der mittlerweile zu einem Synonym für eine Unternehmenskultur geworden ist, die der Freiheit eine zentrale Rolle zukommen lässt. Jeder soll bei seiner Arbeit die Möglichkeit haben, sich persönlich weiterzuentwickeln und sich für das einzusetzen, was ihm oder ihr wichtig ist.

Die Upstalsboomer sagen selbst, dass ihr Weg auch für sie immer eine Art Reise ins Unbekannte ist. Das schmälere jedoch nicht ihre Freude daran, da der Weg ihre Arbeitswelt komplett und offenbar zum Guten hin wandele. Er fordere sie aber auch immer wieder heraus, die gewohnten Abläufe und Denkweisen zu hinterfragen. Dafür müsse man auch immer wieder einmal die persönliche Komfortzone verlassen und Risiken eingehen.23 Die veröffentlichten Geschäftszahlen belegen diesen Erfolg, der viel mit einem modernen Führungsverständnis zu tun hat.

Führungsqualitäten

Führung bedeutet heute in erster Linie, Macht abzugeben. Es geht darum, Menschen zu vernetzen, ihnen Selbstbestimmung zu ermöglichen, die Kommunikation untereinander zu fördern und darüber hinaus individuelle Talente, einzelne Expertisen und Wissensquellen zu koordinieren. Die moderne Führungskraft bringt anderen ein tiefes Verständnis entgegen und kann sie zu Höchstleistungen bringen.

Eines der zentralen Felder, das Führungskräfte wirklich gut kennen und beherrschen sollten, ist die Kommunikation. Die Führungskraft muss wissen, wie man die vielfältigen Kommunikationsformen einsetzt und bestmöglich anwendet; die flexiblen Arbeitszeiten und das Homeoffice ermöglichen neue Wege der Kommunikation, die dank elektronischer Boards und virtueller Tools nicht mehr ausschließlich am Telefon oder via Meeting stattfinden muss. Die Kommunikation nach außen bekommt ebenfalls einen neuen Stellenwert: Ein Manager kann auch in sozialen Netzwerken, online und offline, zum Influencer und Ideengeber werden. Das sind neue Skills, Haltungen und Einstellungen, die Führungskräfte jetzt und in Zukunft brauchen.

Empathie und emotionale Intelligenz sind weitere Schlüsselkompetenzen fähiger Führungskräfte. Nichts geht ohne gute Beziehungen – und auch diese müssen sensibel gemanagt werden. Die Führungskraft muss lernen loszulassen und zu vertrauen, das Wissen der Teams steht weitaus deutlicher im Fokus und gute Führung umfasst mehr als nur das Delegieren von Aufgaben. Zuhören und persönliches Coaching werden immer wichtiger. Es ist Aufgabe der Führungskraft, die Mitarbeiter bestmöglich zu fördern, damit deren Fähigkeiten sich optimal entwickeln und sie das Beste zum Erfolg des Teams beitragen können. All das macht die Rolle der Führungskraft sehr viel persönlicher, es gilt also auch, Nähe zu zeigen und auszuhalten.

Kreativität als Quelle für Weiterentwicklung, Inspiration und Produktivität ist eine weitere wichtige Führungsfähigkeit. So wie sich die Zusammenarbeit und die Arbeitsorganisation wandeln, verändern sich auch Geschäftsmodelle immer schneller. Oft braucht es neue Lösungen, mehr Flexibilität und Anpassungsvermögen – um das zu erreichen, ist eine gute Portion Kreativität unabdinglich. Sie ermöglicht die interne Innovation und Weiterentwicklung, die Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig hält.

Was braucht es noch? Eine wertebasierte Haltung, Herzensbildung und tiefe Freude an der Arbeit mit Menschen. Menschen sind nun einmal soziale Wesen, gemeinsames Agieren, Gruppenformate, Teamwork, Partnerarbeit und all die anderen Formen der Zusammenarbeit liegen in ihren Genen. Menschen sind dann bereit, die berühmte Extrameile zu gehen, wenn sie sich wohl und gefördert fühlen. Dafür ist maßgeblich die Führungskraft verantwortlich.

Das alles lässt sich nicht ohne eine gewisse persönliche Resilienz bewerkstelligen – wie sollten wir sonst gestärkt aus Krisen hervorgehen? Fehlt die Resilienz, wird die Führungskraft während dieser gewaltigen Change-Prozesse mehr straucheln als andere. Wir alle brauchen Resilienz, um aufrecht in die Zukunft gehen zu können. Das setzt jedoch eine gute Kenntnis der eigenen Persönlichkeit voraus. Eine Führungskraft, die sich selbst gut kennt, bietet sich und anderen Sicherheit. Doch dafür braucht es etwas Zeit. Persönliche Weiterentwicklung vollzieht sich oft nur in kleinen Schritten.

Um sich Resilienz und andere wertvolle Führungsqualitäten innerhalb der betrieblichen Weiterbildung anzueignen – zum Beispiel im Coaching oder in speziellen Leadership-Trainings – und diese auch anzuwenden, braucht es psychologische Sicherheit. Solch ein Klima erleichtert es Menschen, ihre Gedanken zu äußern. Das Psychological-Safety-Konzept ist für die Führungskräfte, die sich selbst weiterentwickeln, ebenso wichtig wie für die Mitarbeitenden und Teams. Es besagt, dass Menschen sich in der Gruppe angenommen fühlen müssen, wenn sie Feedback geben bzw. Strukturen infrage stellen.24

All diese Fähigkeiten erlernen Führungskräfte nicht mehr nur in Standard-Präsenztrainings, hier braucht es individuelle Lernkonzepte, die auf jede Führungskraft zugeschnitten sind.