Wirksame österreichische Wirtschafts- und Standortpolitik

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Politik der Angst und der Schuldzuweisungen

Statt einer Politik der Hoffnung, des positiven Denkens, der Verantwortung und der mutigen, selbstbewussten Auseinandersetzung mit einer Bedrohung für die Gesellschaft, verfolgte die Bundesregierung von Anbeginn an eine Politik der Angst, der Panikmache, der Schaffung von Abhängigkeiten und der Schuldzuweisungen. Bereits zu Beginn der Krise im März 2020 sprach Bundeskanzler Kurz von „schrecklichen Szenarien mit 100.000 Toten“, die da drohen würden, und davon, dass „bald jeder von uns jemanden kennen würde, der an Corona gestorben ist“. Aufgetauchte Protokolle einer Task-Force-Sitzung vom 12. März 2020 geben wieder: „Kurz verdeutlicht, dass die Menschen vor einer Ansteckung Angst haben sollen bzw. Angst davor, dass Eltern/Großeltern sterben. Hingegen sei die Angst vor der Lebensmittelknappheit, Stromausfälle etc. der Bevölkerung zu nehmen.“16

Auch Vizekanzler Kogler blies ins selbe Horn, als er im April 2020 daran erinnerte, dass es für den Fall unzureichender Maßnahmen Szenarios mit mehr als 100.000 Toten in Österreich gäbe. Kurz meinte noch am 6. April 2020 in der ZIB 1: „Hätten die Behörden nicht so gehandelt, wie sie es taten, hätten wir in Österreich bis zu 100.000 Tote erleben können“.

Ich will weder die Existenz des Virus in Abrede stellen, noch, dass man das Virus als Problem erkennen und darauf reagieren muss. Aber wenn man zu Beginn mit voller Absicht derartige Horrorzahlen kommuniziert und in der weiteren Kommunikation permanent Absolutzahlen an „Infizierten“ und Verstorbenen in Tausender-, Zehntausender- und Millionenhöhe nennt, anstatt diese in Relation zu stellen17, wenn man in der Kommunikation permanent von „Infizierten“ spricht und damit impliziert, positiv Getestete seien „krank“ und somit ansteckend und eine große Gefahr für die Mitmenschen18, wenn man in der Kommunikation permanent verschweigt, dass im Jahr 2020 nicht signifikant mehr Menschen gestorben sind als in den Jahren zuvor, also keine „Übersterblichkeit“ vorlag, wenn man in der Kommunikation bei Nennung der Zahl der rund 8.800 Corona-Toten, die bedauerlicherweise bis Ostern 2021 zu beklagen waren, permanent verschweigt, dass in Österreich jedes Jahr an die 85.000 Menschen sterben, wenn man eine völlig absurde Zählweise der Corona-Toten wählt, die jeden, der vor seinem Tod positiv getestet wurde, unabhängig davon, woran er dann tatsächlich gestorben ist, als „… mit oder an …“19-Corona Verstorbenen in die Statistik aufnimmt, wenn man verschweigt, dass von den rund 8.800 Corona-Toten per 31. März 2021 über 4.000 älter als 85 Jahre und rund 7.000 älter als 75 Jahre waren, das Durchschnittalter der Verstorbenen deutlich über 80 Jahre beträgt und keine 600 unter 65 Jahre alt und nur rund 150 unter 55 Jahre alt waren20, wenn man permanent das Horrorszenario der großen Gefahr zu geringer Kapazitäten der Krankenhäuser und Intensivstationen und einen damit potentiell verbundenen Erstickungstod bemüht, während die Kapazitäten der Krankenhäuser und Intensivstationen meistens nur um die 30–40 %, jedoch zu keiner Zeit mit mehr als 60 % belegt waren, wenn man Mutationen, die bei jedem Virus vorkommen, mit Namen wie „Südafrika-Mutation“, „Brasilien-Mutation“ versieht und ohne valide Evidenz betont, diese Mutationen seien viel gefährlicher und tödlicher, und dann ganze Bundesländer absperrt und mit Polizei und Bundesheer aufmarschiert – wenn man all das macht, dann macht das einen logisch denkenden Menschen nachdenklich, dann macht das einen „stutzig“, dann spricht sehr viel dafür, dass die Verantwortlichen sehr wohl eine Politik der Angst machen wollten und machten, indem sie ein Problem größer und gefährlicher darstellten, als es notwendig gewesen wäre. Dann stellt sich die Frage der Motive und vor allem der Effekte eines solchen Handelns.

Angst ist immer ein schlechter Ratgeber, Angst macht die Seele tot, Angst ist der Nährboden für Egoismus, Angst ist der Nährboden für die Spaltung der Gesellschaft, Angst verleitet die Menschen, ihre Umwelt, ihre Mitmenschen in „die Guten“ und „die Bösen“ einzuteilen und einen Hass der Guten auf die Bösen zu entwickeln, jene Bösen, die sich nicht an die von der Obrigkeit verordneten Maßnahmen halten und „das Leben aller gefährden“. Angst weckt die schlechten Charakterzüge im Menschen, weckt die schlummernden „Blockwarte“, die schlummernden Vernaderer. In Kombination mit einer von der Obrigkeit erlangten Herrschaft über die Begriffe werden dann Menschen, die sich nicht an die „Befehle“ der Obrigkeit halten, als unsolidarisch gebrandmarkt. Eine zynische Verhöhnung des Begriffes „Solidarität“ und ein schwerer Angriff auf die Freiheit, wenn die Nichtbefolgung von – oft völlig unsinnigen – Befehlen als mangelnde Solidarität bezeichnet wird21. Menschen mit abweichender Meinung werden als „Gefährder“, „Leugner“22, „Rechtsextreme“ de facto kriminalisiert. Diese Politik der türkis-grünen Bundesregierung richtet neben den großen wirtschaftlichen Schäden noch viel größere Schäden an, indem sie es billigend in Kauf nimmt, dass unsere ehemals gut funktionierende, freie Solidargemeinschaft tatsächlich zu einer „gespaltenen Gesellschaft“ wird und zu einer Ansammlung individualisierter, angstgetriebener Befehlsempfänger degeneriert. Ein Schelm, wer denkt, dass dies beabsichtigt ist.

Politik für die Eigenen und die Freunde

Im Schritt 2 des 7-stufigen Entscheidungsfindungsprozesses, der Spezifikation der Anforderungen, die eine Entscheidung erfüllen muss, geht es vor allem darum, dass sich der Entscheidungsträger selbst die richtige Frage stellt. Eine wirksame Bundesregierung darf und muss sich in einer derartigen Krisensituation einzig und allein folgende Frage stellen:

Was ist für die Republik Österreich und ihre Bürger das Beste?

Bei genauerer Betrachtung des Umgangs der türkis-grünen Bundesregierung mit der Krise und deren Entscheidungen und Maßnahmen greift in mir die Vermutung Platz, dass diese Frage niemals ernsthaft gestellt wurde. Vielmehr sind offenbar folgende Fragen entscheidungsrelevant gewesen:

•Was ist für mich – Bundeskanzler Kurz – das Beste?

•Was ist für meine Partei – die ÖVP – das Beste? Wie kann ich meine Umfragewerte und die meiner Partei in die Höhe treiben?

•Was ist für meine Freunde und Spender das Beste? Wie kann ich diese in der Krise am besten versorgen?

•Wie kann ich am besten der Bevölkerung eine EU-kritische Haltung verkaufen und gleichzeitig meine Freunde in der EU nicht verärgern?

•Was ist für meine befreundeten Parallelorganisationen wie etwa die Wirtschaftskammer das Beste?

•Was ist die beste Vorgehensweise, um mir die mächtigsten Medien im Land gefügig zu machen?

Bundeskanzler Kurz und seine Bundesregierung sind zweifellos bis dato erfolgreich gewesen, allerdings nicht im Umgang mit der Corona-Krise und deren Bewältigung als solche, sondern beim Treffen von Entscheidungen und Umsetzen von Maßnahmen, die sich an den oben angeführten falschen Fragen orientiert haben.

Das Beste für die Republik Österreich und ihre Bürger konnte sicher nicht erreicht werden, im Gegenteil, das Land wurde, nicht nur wenn man die reinen wirtschaftlichen Parameter betrachtet, in die tiefste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg gestürzt – und nicht das Virus oder die Pandemie ist ursächlich schuld daran, sondern – das ergibt sich aus den Gesetzen der Logik – ausschließlich die Entscheidungen und Maßnahmen der politischen Verantwortungsträger, der türkis-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Kurz.

Sehr erfolgreich war die Bundesregierung jedoch bis dato, wenn man sich die Zielerreichung hinsichtlich der oben angeführten falschen Fragen ansieht. Mit der COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) wurde ein Vehikel geschaffen, über das 15 Milliarden Euro völlig an der Kontrolle durch das Parlament vorbei de facto von zwei Vorständen vergeben werden können. Die Einsetzung eines COFAG-Unterausschusses zur parlamentarischen Kontrolle der Vergabe von 15 Milliarden Euro an Steuergeldern wurde von den Regierungsparteien stets abgelehnt mit dem wenig überzeugenden Hinweis, jede der drei Oppositionsparteien könne doch ein Mitglied des 9-köpfigen Beirats der Gesellschaft nominieren.

Im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses kamen die vielfachen finanziellen Zuwendungen mancher Unternehmen an diverse Vereine und Organisationen mit einem Naheverhältnis zur ÖVP in Diskussion. Die Spenden in Millionenhöhe zur Finanzierung von Wahlkämpfen der ÖVP werden vermutlich ebenso Gegenstand zukünftiger parlamentarischer Untersuchungen sein wie die weitgehend freihändig ohne Ausschreibung vergebenen Aufträge zur Beschaffung von Schutzmasken, Corona-Tests und Impfstoffen und zahlreiche unmittelbare persönliche Naheverhältnisse zwischen Mitarbeitern aus den Regierungskabinetten und Managern diverser profitierender Unternehmen.

In der Migrationspolitik kommen von Bundeskanzler Kurz Allgemeinplätze zur Stärkung des Außengrenzschutzes im Wissen, dass dieser de facto nicht besteht, Beteuerungen, dass die Balkanroute geschlossen sei, im Wissen, dass dies nicht der Fall ist. Ein starkes „Sprücherl“ zur Nichtaufnahme von 100 Kindern aus Moria, ein gesetzeskonformes „hartes“ Vorgehen bei der Abschiebung abgelehnter Minderjähriger nach Georgien soll Wählerstimmen in Österreich bringen, das gleichzeitige unverminderte Anströmen von großteils Wirtschaftsmigranten im Jahr 2020 erfreut die Freunde auf EU-Ebene, die eine weitere intensive Migration von Menschen aus Asien und Afrika nach Europa mit Nachdruck befürworten, diese nur „besser managen“ wollen. Im Jahr 2020 gab es in Österreich trotz geschlossener Grenzen – diese waren aber offensichtlich nur für die einheimische Bevölkerung geschlossen – mit 14.192 Asylanträgen sogar eine Steigerung gegenüber 2018 und 2019.23

 

Die auf Zwangsmitgliedschaften beruhende Wirtschaftskammer wurde mit der Abwicklung des Härtefallfonds beauftragt, obwohl alle Ressourcen dafür im BMF zur Verfügung gestanden wären, neben den ökonomischen Vorteilen ein gewaltiger Vorteil an Gewinnung von werthaltigen Informationen und Daten für die WKO. Jene WKO, die im Rahmen der Krise, auf 1,7 Milliarden Rücklagen sitzend, zu keinerlei pekuniärer Hilfestellung für die Unternehmen bereit war, im Gegenteil, die Grundumlagen für 2020 wurden in voller Höhe abkassiert bzw. sogar aus Steuergeldern bezahlt, da die Unternehmer diese Grundumlagen im Rahmen des Fixkostenersatzes einreichen konnten. Die Medien im Land wurden durch üppige Sonderförderungen und noch üppigere Inserateschaltungen mit Millionen Euro an Steuergeldern „freundlich gestimmt“, weniger diplomatische Zeitgenossen würden sagen „gekauft“.

Im März 2021 erschütterte ein riesiger Skandal rund um die „Hygiene Austria“ das Land. Das Unternehmen hatte FFP-2-Schutzmasken aus China einfach umgepackt und umetikettiert und als Schutzmasken „Made in Austria“ verkauft. Einer der Geschäftsführer des Unternehmens ist der Ehemann der Büroleiterin von Bundeskanzler Kurz, Zufälle gibt’s!

Ebenfalls im März 2021 wurden SMS-Protokolle zwischen Bundekanzler Kurz, Finanzminister Blümel und dem Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG Thomas Schmid bekannt, die tiefe Einblicke in die Art und Weise der Bestellung von „Mitgliedern der Familie“ in höchste, bestbezahlte Positionen eröffneten.

Auch im „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ des Parlaments wurden immer mehr die Querverbindungen zwischen der ÖVP und einflussreichen „Stakeholdern“ in der Republik untersucht. Es wäre dringend angebracht, auch sämtliche Beschaffungsvorgänge im Rahmen der Corona-Krise durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und den Rechnungshof zeitnah zu überprüfen.

In Summe bislang eine hervorragende Bilanz für Bundeskanzler Kurz, die ÖVP und seine „Freunde“, aber um welchen Preis – den Preis einer desaströsen Bilanz für die Republik Österreich, ihre Wirtschaft und die Freiheit ihrer Menschen.

Entscheidungen auf Basis untauglicher Kennzahlen

Es ist mehr als bedenklich, wenn die türkis-grüne Bundesregierung im Umgang mit dem Virus und als Entscheidungsgrundlage für weitreichende Maßnahmen mit enormen negativen Kollateraleffekten für die Bevölkerung als alles determinierende Spitzenkennzahl offensichtlich die Absolutzahl der täglichen „Neuinfektionen“ bzw. die daraus abgeleitete „7-Tage-Inzidenz“24 verwendet und kommuniziert.

Wenn es Ziel sein soll, die Zahl der Ansteckungen mit dem Virus und daraus folgende Erkrankungen und Todesfälle so klein wie möglich zu halten, dann ist die Absolutzahl der täglichen „Neuinfektionen“ als alleiniger Indikator und Steuerungsgröße für allfällige dann zu verordnende „Verhinderungsmaßnahmen“ gänzlich ungeeignet:

•weil die absolute Anzahl der täglichen „Neuinfektionen“ natürlich sehr stark korreliert mit der Anzahl der täglich durchgeführten Testungen, daher auch über die Anzahl der täglichen Testungen beeinflussbar und „steuerbar“ ist.

•weil die absolute Anzahl der täglichen „Neuinfektionen“ immer durch Meldeverzögerungen, teilweise sogar stark, verzerrt wird. Dieses Manko kann mit Verwendung der „7-Tage-Inzidenz“ jedoch abgeschwächt werden.

•weil die Tests an sich – verwendet wurden Antigentests und PCR-Tests – in der Lage sein sollten, das zu messen, was man messen will. Festgestellt werden sollte doch sinnvollerweise das Vorliegen einer Erkrankung mit dem SARS-CoV-2-Virus und die Tatsache, dass der Erkrankte ansteckend ist. Zu beidem waren und sind die verwendeten Tests nicht in der Lage25.

•weil es grundsätzlich falsch ist, den eine tatsächliche Erkrankung und damit Gefährdung für die Mitmenschen implizierenden Begriff „Neuinfektionen“ für lediglich positiv auf das Virus Getestete zu verwenden:

-Erstens liefern die Tests „Falsch-Positive“ in erschreckend hoher Anzahl.

-Zweitens bedeutet ein positives Testergebnis noch lange nicht, dass diese Person andere Personen anstecken kann. Im Gegenteil, es ist stark anzunehmen, dass symptomlos positiv Getestete andere Menschen nicht anstecken können, für diese also grundsätzlich keine Gefahr darstellen.

Sieht man von der Verwendung dieser mit untauglichen Tests und Methoden ermittelten untauglichen Steuerungskennzahl ab, gab es seitens der türkis-grünen Bundesregierung nicht einmal verlässliche Vorgaben, die Planungssicherheit gegeben hätten, also Vorgaben, wonach bei Überschreiten eines bestimmten Wertes gewisse vorher überlegte und durchdachte Maßnahmen zur Anwendung kommen bzw. bei Unterschreiten eines bestimmten Wertes Befreiungen von den Maßnahmen erfolgen würden.

Die „7-Tage-Inzidenz“ bezeichnet die Zahl der positiv Getesteten in den abgelaufenen sieben Tagen je 100.000 Einwohner. Diese betrug zur Zeit des 1. Lockdowns im März 2020 in Österreich im Spitzenwert 58, zur Zeit des 2. Lockdowns im November 2020 in der Spitze 565, zum Beginn des 3. Lockdowns Dezember 2020 nur mehr 148 und hielt sich dann bis Mitte März 2021 zwischen 150 und 200 und stieg bis Ostern wieder auf rund 250. An diese eine Zahl werden nun weitreichende Konsequenzen geknüpft, Lockdowns verlängert, gelockert oder verschärft. Dabei ist es offensichtlich, dass diese eine Zahl durch die Anzahl der überhaupt durchgeführten Tests massiv beeinflusst wird und „gesteuert“ werden kann, weil insgesamt steigende Testzahlen ceteris paribus auch die Anzahl der positiv Getesteten ansteigen lassen. Die Anzahl der positiv Getesteten fließt dann direkt in die Berechnung der „7-Tage-Inzidenz“ ein. Man vergleicht also Äpfel mit Birnen, wenn man Inzidenzen verschiedener Monate vergleicht, ohne die Anzahl der durchgeführten Tests mitzuberücksichtigen.


Quelle: AGES/EMS (15.03.2021)


Quelle: AGES/EMS (15.03.2021)

Während es Anfang November 2020 offenbar zu einem Anstieg der positiv Getesteten kam, dessen Ursachen man sich genauer anschauen müsste,26 sind die aus der Anzahl der positiv Getesteten pro Tag abgeleiteten Zahlen für die „7-Tage-Inzidenzen“ seit Anfang Jänner 2021 offensichtlich nur deshalb auf einem Niveau über 150 gehalten worden, weil die Anzahl der Tests vervielfacht wurde. Lockdowns deshalb verlängern, weil die Inzidenzen sich nicht verringern, und gleichzeitig die Anzahl der Tests vervielfachen, damit die Inzidenzen hoch bleiben – so kann nur jemand handeln, dessen Ziel es ist, Lockdowns zu verlängern.

Im März 2021 wurde der Anstieg der „7-Tage-Inzidenz“ auf Werte von rund 250 als Argument dafür verwendet, um die weitere Verlängerung und sogar Verschärfung des Lockdowns zu rechtfertigen. Bewusst hat man nur die undifferenzierte Inzidenz über die gesamte Bevölkerung kommuniziert. Maßgeblich für den Anstieg war jedoch eine deutlich gestiegene Anzahl an positiv Getesteten in den jüngeren Alterskohorten zwischen 5 und 55 Jahren und eine weitere Ausdehnung der Anzahl der Testungen.

Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ist selbst eine Zahl von rund 200 in ihrer verschwindend kleinen Dimension offenzulegen. Eine „7-Tage-Inzidenz“ von 200 heißt, dass 200 von 100.000 Menschen, also 0,2 % der Bevölkerung oder 2 Menschen von 1000, positive PCR-Testergebnisse aufweisen.

Positiv getestet heißt aber noch lange nicht, dass es sich dabei um „Erkrankte“ handelt. Eine erhebliche Anzahl von positiv Getesteten ist weder erkrankt noch infektiös. Es wird auch nicht bestritten, dass ein positiver PCR-Test keinen Aufschluss darüber gibt, ob jemand an COVID-19 erkranken wird und ob es, falls er erkrankt, überhaupt zu Symptomen kommt. Es ist auch anzunehmen, dass symptomlos Erkrankte überwiegend nicht ansteckend sind, also keine Gefahr darstellen, weder für sich selbst noch für die Umwelt. Exakte Zahlen dazu sind sehr schwer zu bekommen.

Erkrankt heißt noch lange nicht, dass die Krankheit einen schweren Verlauf hat oder gar tödlich ist. Das gilt insbesondere für Menschen unter 65 Jahren, die rund 81 % der Bevölkerung ausmachen. Von den rund 7,2 Millionen Menschen in Österreich unter 65 sind bis 31.03.2021 genau 575 leider verstorben, das entspricht einem Anteil von 0,008 % oder 8 Menschen von 100.000. Und es ist davon auszugehen, dass der überwiegende Anteil dieser Verstorbenen eine oder mehrere schwere relevante Vorerkrankungen hatte.27

Es gibt angesichts dieser Zahlen meines Erachtens überhaupt keinen Grund, der es rechtfertigen würde, die gesamte Gesellschaft der gesunden Menschen unter 65 mit derartig drastischen Maßnahmen „einzusperren“, wie es die Regierung aber weiterhin getan hat. Hinsichtlich der Verwendung der „7-Tage-Inzidenz“ bzw. der Anzahl täglicher „Neuinfektionen“ als alles entscheidende Kennzahlen für derart drastische Maßnahmen ist dem ehemaligen deutschen Verteidigungsminister und Staatsrechtler Prof. Rupert Scholz recht zu geben, wenn er sagt: „Die Inzidenzwerte, ob nun 100, 35 oder 50, sind im Grunde nichts anderes als Fiktionen und damit im Verhältnis zu den Freiheitsrechten der Bürger blanke Willkür“.28

Folgende Kennzahlen als Grundlage für Entscheidungen wären jedenfalls zielführender gewesen: Die relevante Kennzahl für die Gefährlichkeit des Virus ist die Infection Fatality Rate (IFR), auf Deutsch die Infektionssterblichkeitsrate, also der Prozentsatz an Infizierten, die sterben. Diese Kennzahl ist jedoch nicht undifferenziert quer über die gesamte Bevölkerung zu betrachten, sondern differenziert hinsichtlich der Alterskohorten und hinsichtlich des Vorliegens relevanter Vorerkrankungen. Hätte man dies gemacht, wäre man auch zu einer differenzierten und richtigen Beurteilung der Gefährlichkeit gekommen und hätte das Ziel, Menschenleben zu retten, auch mit differenzierten Maßnahmen zu erreichen versucht.

Für den Fall, dass man auf jeden Fall eine Überlastung der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems verhindern will, ist eine weitere Kennzahl zum Umgang mit der Krise durch die politischen Entscheidungsträger von Bedeutung, nämlich die Relation zwischen absolut in einem Land verfügbaren Krankenhausbetten und Intensivbetten und den tatsächlich in Krankenhausbehandlung oder Intensivbehandlung befindlichen COVID-19-Patienten. Diese ist mit einem Prozentsatz anzugeben, wobei natürlich auch der tatsächliche Bedarf an Krankenhausbetten und Intensivbetten für die Behandlung aller übrigen Krankheitsformen zu berücksichtigen ist.

Genau das hat man aber nicht getan. Stattdessen begann man im Dezember 2020 unter riesigem Aufwand und Kosten mit freiwilligen Massentestungen gesunder, meist junger Menschen. Den Nachweis des Nutzens der Testung einer großen Anzahl gesunder Menschen zur Erlangung einer punktuellen Momentaufnahme, die nur zum Zeitpunkt des Tests Relevanz hat, ist die Regierung bis heute schuldig geblieben29.

Die Beteiligung der dazu aufgerufenen Bevölkerung ab 6 Jahren war dann freilich mit 25 % sehr gering30. Viele dürften erkannt haben, dass das einmalige Testen von gesunden Menschen wohl besser in Schilda als in Österreich aufgehoben ist. Der Anteil der positiv Getesteten betrug im Übrigen erfreulicherweise mickrige 4.200 von 2,1 Millionen Getesteten oder 0,2 %. Gleichzeitig hat es die Regierung über Monate verabsäumt, dass jene Personen, die täglich mit besonders gefährdeten Gruppen zu tun haben – etwa Altenpfleger, Personal der Alten- und Pflegeheime, Krankenhauspersonal –, regelmäßig getestet wurden31.

 

Ab Jänner 2021, wohl auch aufgrund der zu geringen freiwilligen Beteiligung, erfand die türkis-grüne Bundesregierung das „Freitesten“, indem zunächst massiv freiheitseinschränkende Verordnungen erlassen wurden, den Menschen also Freiheitsrechte genommen wurden, die sie dann zurückgewinnen durften, wenn sie sich testen ließen. Bei negativem Testergebnis durfte man wieder reisen, zum Friseur gehen oder am Präsenzunterricht in der Schule teilnehmen. Es sind derzeit einige Verfahren beim VfGH anhängig, in welchen die Beschwerdeführer diese Verordnungen als klar verfassungswidrig, weil unverhältnismäßig, ansehen.

Selbst der Entwickler der PCR-Tests, Herr Dr. Drosten, hat darauf hingewiesen, dass dieser nicht als Massentest an gesunden Menschen geeignet ist. Das Ergebnis dieser Fehlnutzung ist eine sehr hohe Fehlerquote. Bei einer Trefferquote zur Identifikation des Virus von 99 % und einem Anteil von 0,2 % tatsächlich Positiven heißt das, dass bei 100.000 Tests damit zu rechnen ist, dass durchschnittlich 998 Testergebnisse falsch positiv sind. Die einzige valide Aussage, die man treffen kann, ist die, dass zumindest der Hersteller der Test Kits sehr gut daran verdient hat.

Im März 2021 wurden dann verpflichtende Massentestungen für unsere Schulkinder angeordnet – ohne Test gab es keine Teilnahme am Präsenzunterricht, der ohnehin auf zwei Tage pro Woche reduziert war. In der Woche vom 15. bis 19. März 2021 führten 1,6 Millionen Corona-Schnelltests zu ganzen 1.325 positiven Testergebnissen, das sind 0,083 %. Mit der Zahl von 1.325 wurde Angstpropaganda gemacht, die Anzahl der positiv Getesteten steige alarmierend. Die Schlagzeilen aller Zeitungen berichteten, dass eine Volksschule in Wien-Favoriten sofort geschlossen werden musste, nachdem ein alarmierender „Cluster“ von 62 positiv Getesteten festgestellt wurde. Dass sich bei Nachtestungen mit dem weitaus aussagekräftigeren PRC-Test kein einziger Verdachtsfall bestätigt hatte, las man dann eher im Kleingedruckten32.