Reinkarnationen

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Die Brücke zur anderen Welt

Eine der besten Vermächtnisse aus schamanischen Zeiten ist die positive Einstellung zum Tod. Damals bedeutete der Tod nur, dass der Geist den Körper verlässt und in die nächste Welt übergeht. Reisen ins Reich der Toten waren ganz alltäglich. Das „Jenseits“ war nicht nur etwas Reales, sondern auch etwas Vertrautes.

Wie sehr sich diese Sichtweise doch von den etablierten Überzeugungen der westlichen Welt unterscheidet! Viele Jahrhunderte lang hat die Kirche den Menschen mit dem Höllenfeuer und der Verdammung nach dem Tod gedroht. Für viele war die einzige Alternative dazu der „rationale“ Glaube, dass wir nur Körper sind und der Tod das Ende allen Bewusstseins.

Dieser Glaube hat uns das Leben verdorben und den Tod vermiest. Ein schwieriger Tod beschwört alle möglichen Arten von Neurosen und Phobien für die nachfolgenden Leben herauf. Ein großer Teil der heutigen Regressionstherapie besteht daraus, diese Folgen rückgängig zu machen. Mit weniger Zorn wäre die Erfahrung eine weitaus friedlichere. Dann würden die Leute wissen, wie man ganz einfach aus seinem Körper schlüpft - selbst wenn der Tod plötzlich oder mit aller Wucht kommt.

Dr. Helen Wambach berichtet: „Recht häufig sagen Klienten mir nach einer Todeserfahrung in einer Regression in ein früheres Leben, dass eine Phobie oder ein Symptom, das sie vorher hatten, dadurch verschwunden ist.“

Wie kommt es, dass wir die weisen alten Wege vergessen haben? Im Jahr 2005 präsentierte Dr. Nigel Spivey eine kurze Doku-Reihe der BBC mit dem Titel Death in Art (Der Tod in der Kunst). Darin zeigte er, wie die Todesangst seit der Zeit der Azteken bis zum heutigen Tag als Kontrollmittel benutzt wird. Er erklärte, wie Bilder vom Tod die Macht haben, Menschen an eine Überzeugung zu binden. Bilder von Feinden, die von den eigenen Anführern getötet wurden, wirken einerseits wie eine Bestätigung, da sie zeigen, dass man auf der Seite der Sieger ist. Doch unterschwellig enthalten sie eine düstere Botschaft: Tanze nicht aus der Reihe, sonst kann dir dasselbe auch passieren. Wenn die Todesangst geschürt wird, macht sie die Leute kämpferischer. Dann fühlen sie sich immer mehr durch Gruppen bedroht, die anders als ihre eigene sind. Das fördert gesellschaftliche Hierarchien und stärkt die Macht des Staats. Außerdem treibt es die Menschen in den Krieg.

Im krassen Gegensatz dazu ist die schamanische Sichtweise über den Tod die, dass er ein natürlicher Vorgang ist und kein Feind, den man fürchten muss. Er kommt, wenn er kommen soll - wenn die Seele weiß, dass die Zeit gekommen ist, weiterzugehen. Er wird nicht durch Alter, Krankheiten oder Unfälle „verursacht“. Sie sind nur Tore, die er nutzt.

Für naturverbundene Menschen ist der Tod nur Teil des ständig wechselnden Lebenszyklus. Zwar mag die Sonne am Ende des Tages sterben, aber am nächsten Morgen lebt sie wieder. Die Landschaft wirkt im Winter zwar wie abgestorben, doch im Frühling kehrt das Leben zurück. Diese alltäglichen Wunder enthalten wichtige Botschaften über die wahre Natur von Leben und Tod für uns.

Das Boot über den See

Eine meiner Regressions-Klientinnen erinnerte sich an ein Leben als Indianerin. Im hohen Alter wusste sie, dass ihre Zeit hinüberzugehen bald kommen würde. Sie bereitete sich in Ruhe darauf vor.

Als sie schließlich aus ihrem Körper schwebte, sah sie einen riesigen See. Ein Boot näherte sich, um sie abzuholen. Nach einem letzten Blick auf die Berge, die sie so liebte, stieg sie in das Boot.

Sie wusste, sie würde an einen sicheren und friedlichen Ort gebracht, an dem sie sich von ihrer körperlichen Reise erholen und darüber nachdenken könnte, was sie als Nächstes tun wollte.

Mission vollendet

Kass, die Weise des Waldvolks, sagte, sie sei bereit, dieses Leben zu verlassen, sobald sie ihre Mission vollendet habe. Zusammen mit ihren Schwestern bildete sie eine jüngere weise Frau als Anführerin des Stammes aus. Sie hatte das Gefühl, ihr Volk in guten Händen zurückzulassen.

Die Einführung der neuen weisen Frau fand in Form eines großen Festes statt:

Wir bildeten einen großen Kreis innerhalb der Steine. Wir führten die alten Rituale aus, um unsere Götter in den Kreis aus Steinen zu holen. Und sie kamen auch.

Danach sagten wir dem Stamm, es sei Zeit, eine neue weise Frau zu haben, eine junge, die eine neue Zeit mit sich bringen würde. Dann nahmen wir ihr die Kutte ab und führten sie nach vorne.

Es war eine große Überraschung für die Leute. Keiner hatte das Geheimnis verraten. Die junge Weise sah in ihren besonderen Gewändern wunderschön aus. Der ganze Stamm sah sie mit offenem Mund an.

Sie sprach mit starker, klarer Stimme zu ihnen. Sie sagte ihnen, dass sie in einer Vision gesehen habe, wie unser Volk durch eine Landschaft aus Schlamm, Wind und Dunkelheit gewandert sei. „Aber wir gehen in ein herrliches Sommerland. Es wird ein Ort voller Wunder sein. Unsere Götter und Geister werden uns hinführen. Heute Abend ist der Anfang unserer Reise in unser Sommerland.“

Anschließend sangen und tanzten alle. Meine Schwestern und ich sahen eine Zeitlang zu. Unsere Herzen waren mit Freude erfüllt. Dann verließen wir die anderen und gingen zurück. Unsere Arbeit war getan.

Damit war mein Leben vollendet. Ich konnte nun damit aufhören, die Schatten des Todes in Schach zu halten. Ich legte mich nieder und ließ sie in meinen Körper einströmen. Bald darauf wurde ich krank. Doch es war eine sanfte Krankheit. Ich hatte kaum Schmerzen. Meine Schwestern pflegten mich liebevoll. Während ich krank auf meinem Lager lag, legten die Leute viele Geschenke vor der Tür ab.

Langsam driftete ich weg. Stück für Stück nahmen die Geister des Waldes mich mit. Eines Tages ging ich ganz mit ihnen und kehrte nicht mehr zurück.

Die Abreise geübt

In Zacks Leben als afrikanischer Schamane wurde er mit den anderen Reichen vertraut - lange bevor seine Zeit gekommen war, dorthin zu gehen. Im Folgenden beschreibt er ein solches Erlebnis:

Ich strecke die Arme nach dem Geistwesen aus, das mir den besten Rat geben wird. Dann lasse ich mich an den Ort ziehen, an dem der Geist ist. Es fühlt sich so an, als würde man in rasender Geschwindigkeit durch einen Tunnel fliegen.

Er hat mich an einen sehr großen Platz gebracht. Ich erkenne den Ort. Hier habe ich mich schon mit weisen Anführern getroffen. Ich warte auf dem großen offenen runden Platz in der Mitte. Von hier aus führen viele Passagen weg.

Jetzt kommt jemand durch eine der Passagen. Es ist eine sehr große männliche Gestalt. Sie sieht aus, als würde sie weite blaue Gewänder tragen, aber in Wahrheit sind die Gewänder ihr eigenes Licht. Die Gestalt kommt zu mir und bleibt vor mir stehen. Ich muss nichts sagen; sie kann sehen, was ich wissen will.

Als für Zack die Zeit gekommen war, aus diesem Leben zu scheiden, fiel es ihm leicht - er ging einfach nur den Weg, den er schon immer gegangen war, um sich von den Geistführern Rat zu holen.

In jenem Leben fühlte ich mich zufrieden. Aber trotzdem freute ich mich, als es Zeit war, hinüberzugehen. Ich war schon ziemlich alt - älter als die meisten meines Stammes. Ich hatte mich schon eine Weile unwohl gefühlt. Daher entschied ich, dass dies ein guter Zeitpunkt sei, dieses Leben zu verlassen. Ich wollte nicht so alt und krank werden, dass andere mich lange pflegen müssten.

Ich zog mich in meine Hütte zurück und tauchte mehrere Tage lang immer wieder in den Traumzustand ein, in dem ich mit den Göttern und Geistern kommunizierte. Eines Tages ging ich durch den Tunnel, doch diesmal viel langsamer als sonst. Ich trieb eine Weile wie ein Blatt im Strom. Es fühlte sich herrlich an.

Nach einer Weile sah ich ein Licht und ging darauf zu. Als ich es erreicht hatte, sah ich die Vorfahren, die dort auf mich warteten. Da wusste ich, dass ich nicht mehr zurückkehren würde.

Sie brachten mich an ihren wundervollen Ort des Lernens. Dort blieb ich sehr lange und lernte noch viel mehr Dinge, bevor ich für ein weiteres irdisches Leben bereit war.

Eine neue Brücke

Unsere Kultur tut einiges, um unsere Erwartungen an den Tod zu formen. Charon brachte die Seelen der alten Griechen mit der Fähre über den Fluss Styx. Anubis brachte die alten Ägypter in die Unterwelt. Nach nordischer Tradition flogen die Alten nach Asgard - es sei denn, sie waren in der Schlacht gefallen; dann flogen die Walküren sie in die Hallen der Walhalla.

Solche Geschichten sind wie vertraute Verbindungswege zwischen dieser und der nächsten Welt; sie erleichtern es der Seele, die physische Welt zu verlassen. Manche Leute sagen, dass unsere heutige Kultur keine nützlichen symbolischen Brücken zum Jenseits mehr hat, aber das glaube ich nicht. Eine solide neue Brücke wird gerade von all den Menschen errichtet, die Nahtoderlebnisse hatten und über sie sprechen.

Viele von ihnen haben diese Erfahrungen bestätigt, indem sie Dinge, die sie gesehen und gehört haben, während sie über ihrem scheinbar toten Körper schwebten, korrekt wiedergegeben haben. Durch Massen-medien und die Macht des Internets haben sich solche Schilderungen auf der ganzen Welt verbreitet.

Sie alle beschreiben mehr oder weniger das Gleiche. Nachdem die Person ihren Körper verlassen hat, schwebt sie eine Weile über ihrem Körper und beobachtet vollkommen gelöst, was passiert. Dann öffnet sich ein Tunnel. Ein strahlendes Licht und ein wunderbares Gefühl von Liebe und Frieden zieht sie durch den Tunnel. Als sie das Licht erreichen, begegnen sie ihren Geistführern oder geliebten Angehörigen. Häufig erhalten sie inspirierende Botschaften.

 

Schließlich werden sie aufgefordert, zurückzugehen. Ihre Zeit fürs Jenseits ist noch nicht gekommen. Alle berichten, wie enttäuscht sie waren, als sie das hörten. Hinterher vollziehen viele von ihnen große positive Veränderungen in ihrem Leben, denen spirituelle Werte zugrunde liegen. Ihre Bücher, Artikel und Interviews helfen, die Sicht aller über das, was hinter dem irdischen Leben liegt, zu transformieren.

Frühere Leben zu entdecken ist eine weitere geeignete Methode. Unabhängig davon, ob wir uns an eines oder mehrere Leben erinnern, wird deutlich, dass der Geist niemals stirbt. In den letzten Jahren hat sich durch Dr. Michael Newtons bahnbrechende Arbeit eine aufregende neue Entwicklung gezeigt: Erinnerungen an die Welten zwischen den Leben. Jetzt, da dieses Tor offen ist, wird es leichter, Zugang zu solchen Erfahrungen zu bekommen. Sie sind eine weitere gute Quelle an Informationen und Bestätigungen über das Leben nach dem Tod.

Einfach nur an Wiedergeburt zu glauben macht schon einen großen Unterschied. Nach dem schrecklichen Tsunami 2004 im indischen Ozean wurden Umfragen durchgeführt, um herauszufinden, wie der Glaube den Überlebenden geholfen hatte. Wie sich herausstellte, waren die Menschen, die an Wiedergeburt glauben, widerstandsfähiger und erholten sich rascher von dem Erlebnis als die, die nicht daran glauben.

Wenn die Angst vor dem Tod nachlässt, verringern sich auch alle damit verbundenen Ängste und ungesunden Nebeneffekte.

„Das unbearbeitete Trauma des Todes ist eine der Hauptursachen für Verhaltensstörungen“, sagt Dr. Morris Netherton. „Die meisten Probleme, mit denen ich es zu tun habe, sind im Tod früherer Leben verankert. Wenn die Auswirkungen dieser Todeserlebnisse gelöscht werden, verschwinden viele Störungen wie von selbst.“

Die Rückkehr zu unserem schamanischen Wissen über das wahre Wesen des Todes fördert ein Leben voller Hoffnung und Frieden statt eines Lebens voller Angst und Schuldgefühle. Wenn sich dieses Bewusstsein ausbreitet, wird dies eine stabile Grundlage für eine glücklichere und friedlichere Welt der Zukunft werden.

Besuch im Tempel der Weisheit und Heilung

Dieser Tempel ist ein ungeheuer großer Ort auf der höheren Astralebene. Er enthält riesige Bibliotheken und viele unterschiedliche Plätze, an denen Sie Führung, Wissen oder innere Heilung erhalten können. Sie können ihn jederzeit während der Meditation oder im Traumzustand aufsuchen.

Er kann auch eine wunderbare Brücke zum Jenseits sein. Scheidenden Seelen, die sich während ihres Lebens mit ihm vertraut gemacht haben, bietet er einen klar gekennzeichneten Weg zu den höheren Ebenen und einen sicheren Hafen der Entspannung und Erholung.

 Wenn Sie den Tempel aufsuchen möchten, sollten Sie sich zuerst den Grund für Ihre Reise überlegen. Es muss kein bestimmter Zweck sein - Sie können auch einfach nur hinreisen, um die Umgebung und die erholsame Atmosphäre zu genießen.

 Bitten Sie Ihren Schutzengel oder Lieblingsgeistführer, Sie hinzubringen. Wir alle haben solche Helfer. Sie unterstützen uns immer, wenn wir sie darum bitten - selbst wenn wir es nicht merken.

 Es kann sein, dass Sie das Gefühl bekommen, als würden sich Engelsflügel um Sie legen und mit Ihnen durch einen geraden Lichttunnel direkt zu den höheren Astralebenen fliegen.

 Wenn Sie dort ankommen, sehen Sie den Tempel der Weisheit und Heilung in einer wunderschönen Umgebung. Steigen Sie die Stufen hinauf zu den weit geöffneten Türen und betreten Sie die riesige Eingangshalle. Ein Tempelführer wird Sie herzlich empfangen und Ihnen anbieten, Sie herumzuführen oder an den Ort zu bringen, der sich für den Zweck Ihres Besuches am besten eignet.

 Nach Beendigung Ihres Besuches wird Ihr Schutzengel oder Geistführer Sie sicher wieder zurückgeleiten.

 Zu Hause sollten Sie all denen, die Ihnen geholfen haben, Ihren Dank schicken.

 Sie können den Tempel besuchen, wann immer Sie wollen. Je öfter Sie hingehen, umso leichter wird der Zugang zu allem, was der Tempel zu bieten hat.


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Die Gaben der Vergangenheit

Einflüsse früherer Leben können aus jedem Zeitalter auftauchen, um uns zu helfen, ein Problem im jetzigen Leben zu bewältigen. Was unsere früheren Selbste auch immer erlebt haben mögen - durch ihre Stärken und Erfahrungen können sie zu echten Verbündeten werden. Das trifft insbesondere auf unsere vergangenen schamanischen Leben zu, die uns oft an spirituelles Schlüsselwissen und vergessene innere Stärken erinnern.

Der Wächter

Als Mel mich wegen einer Regression aufsuchte, steuerte sein Leben gerade auf eine Krise zu. Familienprobleme und finanzielle Sorgen bereiteten ihm schlaflose Nächte. Er fing an zu überlegen, ob seine Schwierigkeiten nicht in einem früheren Leben wurzelten. Zu seiner Überraschung entdeckte er ein vergangenes Leben, das nicht die Ursache seiner jetzigen Probleme war, sondern ihm half, sie zu lösen.

Die ersten Eindrücke, die er bekam, waren eine weite, raue, windige Landschaft. Er war ein Junge von ungefähr siebzehn. Der Wind war kalt, und er trug warme Kleidung aus Pelzen. Er war alleine als Wächter seines Stammes unterwegs.

In der Gegend streunten Banden von Plünderern umher, auch wenn man sie nur selten zu Gesicht bekam. Sie schlugen unbarmherzig zu. Mels Aufgabe war, bei dem kleinsten Anzeichen von Fremden auf der weiten Ebene auf sein Pferd zu steigen und zurück zu seinem Stamm zu galoppieren, um sie zu warnen.

Es war ein wanderndes Nomadenvolk. Die Weiden waren nicht saftig, und so mussten sie immer wieder neue Stellen mit frischem Gras für ihre Pferde und Ziegen finden.

Mel arbeitete gern als Wächter:

Ich liebe es, allein hier draußen zu sein. Immer, wenn ich hier bin, reden die Geister mit mir - die Geister des Windes und der Erde. Manchmal bläst mir der Wind auf eine besondere Art ins Hirn. Wenn er das tut, kommen mir Bilder in den Sinn.

Manchmal tauchen vor meinem geistigen Auge Leute auf, die zu weit weg sind, um sie sehen zu können. Ich kann erkennen, ob sie sich nähern oder nicht. Auf diese Weise helfen mir die Geister beim Wachen. Sie beschützen uns.

Einmal zeigten sie mir ein idyllisches grünes Tal mit jeder Menge Gras für unsere Tiere. Ich erzählte den Stammesältesten davon. Wir gingen hin, und es war tatsächlich genauso.

In letzter Zeit zeigen sie mir andere Dinge - Dinge, die ich nicht sehen will. Sie sagen, dass ich bald nicht mehr herkommen und ihnen zuhören kann. Das macht mich traurig.

Jetzt geht die Sonne unter. Ich muss zurück zu meinem Volk reiten. Ich besteige mein Pferd und reite langsam zurück. Der Wind bläst mir um die Ohren. Ich spüre, dass er versucht, mir etwas zu sagen. Aber es ist etwas, was ich nicht hören will.

Mel kehrte zum Zelt der Wächter im Lager zurück. Er erzählte mir noch mehr über sein damaliges Leben:

Wenn die Jungen ungefähr 12 Jahre alt sind, müssen sie von ihrer Familie weggehen und in dieses große Zelt ziehen, um Wächter zu werden. Hier ist auch eine Frau, die für uns Essen kocht und darauf aufpasst, dass wir wirklich unsere Arbeit tun.

Sie hat einen sehr starken und weisen Geist. Wenn ein Junge weiß, welche Arbeit er machen will, geht er von hier weg und fängt seine Ausbildung an. Manche Jungen blieben nur kurz hier.

AF: Welche Arten von Arbeit suchen sie sich aus?

M: Krieger. Jäger. Handwerker. Tierpfleger.

AF: Und welche Arbeit wollen Sie machen?

M: Das ist ja das Problem: Ich weiß es nicht. Ich bin gerne Wächter, aber dafür kann ich mich nicht entscheiden.

AF: Warum nicht?

M: Weil das die Aufgabe der Jungen ist. Wenn ich mich nicht bald für eine richtige Arbeit entscheide, werden die Leute sagen, ich sei kein richtiger Mann. Sogar das Mädchen, das mir gefällt, verbringt mehr Zeit mit meinen Freunden als mit mir. Sie hat gesagt, ich würde mich langsam in ein Gespenst verwandeln. Hinter meinem Rücken lachen sie über mich. Wenn ich mich nicht bald entscheide, was ich tun soll, werden die anderen auch noch über mich lachen. Aber es gibt nun einmal nichts anderes, was ich tun will.

In der nächsten Szene fand er sich im Zelt des Häuptlings wieder. Der Schamane und andere Stammesälteste hatten sich dort versammelt. Er befand sich in einer Art Gerichtsverhandlung. Er hatte einem kleinen Mädchen ein Märchen erzählt, von dem er geglaubt hatte, dass es ihr Mut machen würde, nachdem ihre Eltern krank geworden und gestorben waren. Die Stammesältesten hatten davon gehört und wogen nun ab, ob seine Tat etwas Gutes oder etwas Schlechtes sei. Doch er hatte das Gefühl, in Wirklichkeit für sein Zögern, eine echte Männerarbeit zu wählen, verurteilt zu werden.

AF: Worum ging es in dem Märchen?

M: Um ein kleines Mädchen wie sie, das von den Geistern für eine schwierige Reise ausgewählt worden war. Ich erzählte ihr von den vielen schwierigen Dingen, die das kleine Mädchen erlebte, und wie es alle Schwierigkeiten überwand - wie sein Mut dadurch immer größer wurde. Am Ende der Reise wurde aus dem Mädchen eine Art Prinzessin, die von allen sehr verehrt wurde.

Das war das Märchen. Ich dachte nur, es würde der Kleinen helfen. Jetzt wünsche ich mir, ich hätte es nicht erzählt. Ich habe schon genug Schwierigkeiten, auch ohne dieses neue Problem.

Die Stammesältesten unterhalten sich leise. Ab und zu stellen sie dem Mädchen eine Frage. Der Schamane sagt nicht viel. Er sieht mich immer wieder an.

Nun sagen sie, ich solle reden. Der Schamane sagt, ich solle nichts zurückhalten - ich muss alles sagen, was ich auf dem Herzen habe.

Also sage ich ihnen, dass mir das Kind leidgetan hat und warum ich dachte, dass das Märchen ihm helfen würde. Ich sage ihnen, dass ich gern Wächter bin, weil ich die Geschichten hören kann, die die Geister mir erzählen. Dass das der Grund ist, woher ich weiß, dass Geschichten weiße Magie sind.

Nachdem ich ihnen alles gesagt habe, was ich auf dem Herzen habe, verstumme ich.

Alle sehen mich schweigend an. Keiner sagt ein Wort. Ich weiß nicht, was ich tun soll.

Jetzt erinnert der Schamane die Stammesältesten an die Botschaft, die ich erhalten hatte und die uns in das saftige Tal geführt hatte. Wir hatten dort einige gute Sommer, bis die Plünderer uns verjagten und sich in dem Tal breitmachten. Die Stammesältesten nicken. Es hat ihnen dort gut gefallen.

Der Schamane sagt, ich müsse hinausgehen, damit sie die Angelegenheit besprechen könnten. Ich verbeuge mich vor ihnen und verlasse das Zelt. Ich bin froh, draußen zu sein. Wegen der Verhandlung habe ich heute keine Pflichten, und deswegen wandere ich ziellos umher.

Ich gehe an die Stelle, an der ein paar Jungen, die früher auch Wächter waren, zu Kriegern ausgebildet werden. Sie lernen, wie man auf dem Pferd kämpft. Ich spüre, wie aufgeregt sie sind. Ich wünschte, mir würde es auch so gehen. Aber auch wenn ich es nicht will, muss ich vielleicht ein Krieger werden, wenn ich mir meinen Berufsweg nicht bald selber aussuche. Der Stamm kann immer neue Krieger gebrauchen.

Jetzt kommt der Schamane zu mir. Die Versammlung scheint vorbei zu sein. Er ruft mich zu sich. Er sagt, ich soll in sein Zelt kommen. Er hat mir eine Menge zu sagen. Ich bin schrecklich nervös.

In seinem Zelt sagt er mir, sie hätten entschieden, dass das Märchenerzählen dem Kind gutgetan habe. Deswegen würde ich nicht bestraft werden. Doch ich dürfe nicht mehr umhergehen und Geschichten erzählen. Dasselbe gelte für meine Botschaften von den Geistern und meine Träume. Von nun an darf ich diese Dinge nur noch dem Schamanen erzählen, und der entscheidet dann, was damit gemacht wird. Aus diesem Grund muss ich sein Lehrling werden. Wenn ich das nicht will, darf ich nie wieder über Geschichten oder Visionen oder Träume reden. Zu diesem Urteil sind sie gekommen.

 

Der Schamane sagt, er nehme mich nur als Lehrling, wenn ich diese Arbeit auch wirklich wolle, weil ich mich ihr völlig verschreiben müsse. Er sagt, es sei nicht alles so angenehm, wie den Geistern zuzuhören. Ich würde eine Menge lernen müssen. Manches davon sei ziemlich schwierig.

Er sagt, ich solle jetzt weggehen und darüber nachdenken und ihm vor der Dämmerung mitteilen, wie ich mich entschieden hätte.

AF: Wie fühlen Sie sich jetzt?

M: Verwirrt. Überwältigt. Als Lehrling des Schamanen ausgewählt zu werden - wenn auch unter diesen merkwürdigen Umständen - ist eine große Ehre.

AF: Haben Sie diese Tätigkeit denn noch nie als Arbeit in Erwägung gezogen?

M: Nein. Daran habe ich nie gedacht, weil der Schamane sich seinen Lehrling selbst aussucht. Das kann man nicht von alleine. Und ich weiß nicht, ob ich das, was er macht, je tun kann.

AF: Was macht er denn?

M: Er heilt alle möglichen Krankheiten, Wunden und Knochenbrüche. Außerdem singt er für den ganzen Stamm sehr wirksame magische Formeln. Ich glaube nicht, dass ich diese Fähigkeit jemals haben werde. Ich werde mich nur zum Narren machen. Dann werden mich die Leute erst recht auslachen.

Ich ging also zum Zelt der Wächter zurück. Die Frau, die uns versorgte, hatte einen großen Topf Suppe für uns gekocht. Ich nahm mir eine Schüssel Eintopf und ging zum Essen wieder nach draußen.

Mein Freund Alu kam vorbei. Er war kein Wächter mehr und sah nun auf mich herunter, weil wir gleichzeitig mit der Aufgabe des Wächters begonnen hatten und ich noch nicht weitergekommen war.

Er fragte mich sarkastisch, warum ich nicht draußen für den Stamm Wache schob. Deshalb erzählte ich ihm, was vorgefallen war. Er fing an zu lachen. Er sagte, ich würde auch als Lehrling des Schamanen versagen.

Ich ging zurück ins Zelt der Wächter und legte mich auf das Bettlager. Die Frau, die für uns kochte, fragte mich, warum ich da war. Ich erzählte ihr alles, was geschehen war - wie Alu gesagt hatte, dass ich als Lehrling des Schamanen versagen würde, und dass ich glaubte, er könnte recht haben.

Plötzlich wurde sie sehr zornig. Sie schrie so laut, dass sie die anderen Jungen aufweckte.

Sie schrie mich an, ich solle aufstehen. Sie sagte, dies sei das letzte Mal, dass ich je in diesem Zelt geschlafen hätte. Ich müsse es jetzt für immer verlassen, weil ich der nächste Schamane des Stammes sein würde. Ich müsse noch an diesem Tag mit meiner neuen Arbeit beginnen.

Dann stieß sie mich aus dem Zelt und sagte, ich solle ja nie wiederkommen.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Daher ging ich wieder zum Zelt des Schamanen. Er saß in der Sonne und mischte irgendetwas in einer Schüssel. Ich blieb stehen, ohne etwas zu sagen.

Er wies mich an, sich neben ihn zu setzen. Dann erklärte er mir, was er in der Schüssel mischte. Es war eine Medizin. Er brauchte irgendeine Zutat dafür, und so bat er mich, sie ihm aus seinem Zelt zu holen. Das tat ich.

Dann forderte er mich auf, die Zutat für ihn zu zerkleinern. Das tat ich auch. Anschließend sagte er, er müsse hinausgehen, um etwas anderes zu tun. Unterdessen solle ich die Zutat mit der Mischung verrühren. Also tat ich es.

Als er zurückkam, sah er sich die Mischung an und sagte, ich hätte gerade meine erste Aufgabe als sein neuer Lehrling ausgeführt.

Dann gab er mir weitere kleine Aufgaben für den Rest des Tages.

Als es dämmerig wurde, fragte er mich, wie ich mich entschieden hätte. Ich sagte, ich würde die Stelle als Lehrling annehmen, wenn er sie mir anböte. Ich würde aber sicher niemals seine Fähigkeiten besitzen.

Er lachte nur und sagte: „Jetzt hast du deine wahre Berufung gefunden.“

Die nächste Schlüsselepisode in diesem früheren Leben ereignete sich einige Jahre später, als Mel um die 30 war.

Ich bin sehr nervös. Eine wichtige Versammlung des ganzen Stammes steht bevor. Das hat mir der Schamane nach seinem Gesang mitgeteilt. Ich muss mich erheben und vor allen Leuten meines Stammes sprechen. Das habe ich noch nie getan. Er sagt, ich solle allen den Traum erzählen, den ich gehabt hätte.

AF: Und warum sollen Sie das tun?

M: Weil wir ein großes Problem haben. Darum geht es bei der Versammlung. Es geht um unsere Pferde. Wir haben mittlerweile viel zu viele. Pferde sind uns heilig. Wir wollen kein einziges wegjagen. Es ist nicht dasselbe wie mit den Ziegen - wir würden unsere Pferde nie essen oder ihre Milch oder ihr Fell verwenden - und daher wissen wir nicht, was wir mit ihnen tun sollen. Und weil sie zu viel Gras fressen, müssen wir öfter weiterziehen, als uns lieb ist.

Ich habe um eine Lösung im Traum gebeten. Als er kam, erzählte ich ihn dem Schamanen. Jetzt sagt er, ich müsse ihn dem ganzen Stamm erzählen.

Bei Dämmerung versammeln sich alle in einem großen Kreis. In der Mitte lodert ein großes wärmendes Feuer. Wir haben die Pferde hergebracht, weil es um sie geht. Sie stehen um den äußeren Rand des Kreises herum. Ihre Augen glänzen im Feuerschein. Ich glaube, ihre Seelen verstehen, was vor sich geht.

Die Feierlichkeiten beginnen. Der Schamane singt seine Sprüche. Ich trommle wie immer für ihn. Als er fertig ist, sagt er, ich müsse aufstehen und reden.

Mir zittern die Knie. Ich erhebe mich und bitte im Stillen die Geister, mir beizustehen. Dann fange ich an zu reden. Die Menge verstummt.

Ich sage ihnen, dass ich die Geister gebeten hätte, mir eine Lösung unseres Problems zu schicken, und dass der Große Pferdegeist im Traum zu mir gesprochen habe. Er hat gesagt, wenn wir die Pferde den Weg weisen lassen, werden sie uns zur Lösung des Problems führen.

Die Leute fragen: „Was ist das für eine Lösung? Wohin werden die Pferde uns führen?“ Aber ich habe keine Antworten auf ihre Fragen. Ich setze mich wieder. Ich bin sicher, sie halten es für keine besonders gute Botschaft.

Am nächsten Tag besprechen die Stammesältesten dieses mit dem Schamanen und beschließen, es zu ausprobieren. Sie werden tun, was der Traum mir gesagt hat: uns von den Pferden führen zu lassen. Das bedeutet, sie loszubinden und ihnen zu folgen.

Bevor wir losziehen, gibt es noch eine Feier. Der Schamane bittet den Großen Pferdegeist, uns zu lenken und zu helfen. Dann binden wir die Pferde los ...

Für eine ganze Weile bleiben sie in der Nähe und grasen. Doch dann fangen sie an, Schritt für Schritt weiterzugehen. Wir gehen langsam hinterher.

Das dauert viele Tage. Die Pferde bewegen sich zwar in einer allgemeinen Richtung, jedoch nur ganz langsam. Sie bleiben oft stehen und grasen viel. Die Leute werden allmählich ungeduldig. Sie wenden sich gegen mich und brummen, dass es eine blöde Idee war.

Ich wünschte, der Schamane würde den Versuch einfach abblasen. Ich wünschte, ich hätte ihm nie diesen Traum erzählt. Doch er sagt, wir müssten weitermachen und Geduld haben.

(Pause)

Die Lage hat sich verschlechtert. Gestern kam einer der Wachjungen voller Panik zurück. Er hatte in der Ferne eine fremde Siedlung gesehen - und meldete, dass die Pferde direkt darauf zugehen.

Was für eine Aufregung das war! Alle sagen, die Pferde würden uns in Gefahr bringen, böse Geister hätten mir meinen Traum geschickt, man könnte mir nicht vertrauen.

Die Stammesältestens kamen zu mir. Sie fragten, ob das in meinem Traum vorgekommen sei. Nein, war es nicht. Sie sagten, da ich die Sache angefangen hätte, müsste ich jetzt etwas unternehmen.

Also tat ich das Einzige, was mir einfiel: Ich ging wie früher als Wächter hinaus auf die Ebene. Ich bat den Wind um eine Antwort. Sollten wir den Pferden weiterhin folgen? Und eine Schlacht mit den Fremden riskieren?

Die Antwort kam: „Geht weiter. Alles wird gut werden.“

Ich ging zurück und berichtete dem Schamanen, was ich empfangen hatte. Er ging weg, um es den Stammesältesten mitzuteilen. Jetzt stehe ich allein da und warte auf die Entscheidung der Stammesältesten. Alle Leute starren mich wütend an.

(Pause)

Die Besprechung ist vorbei. Der Schamane kommt zurück. Er weicht meinem Blick aus. Ich habe ihn noch nie so nervös erlebt. Es fühlt sich gar nicht gut an.

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