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Prekäre Eheschließungen

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2.3.1 Hartnäckiger Eigensinn

33

StABE, B III 824, 92–99; ein ähnliches Unverständnis der Eherichter hat auch Alexandra Lutz feststellen können, die Ehescheidungen in der Frühen Neuzeit untersucht hat. Der entschiedene Scheidungswille, der einer eigenen Handlungstheorie von Frauen entsprach, konnte beim Gericht Verwunderung und Unverständnis auslösen, weil er den frühneuzeitlichen Ehenormen und zeitgenössischen Ordnungsvorstellungen widersprach. Lutz, Ehepaare, 7–8.

34

StABE, B III 824, 92–99.

35

Latour, Soziologie, 100; nicht nur der französische Soziologe kommt zu diesem Schluss, sondern auch die Historikerin Suzanne Desan und der Historiker Jeffrey Merrick haben in ihren Studien zum frühneuzeitlichen Frankreich Individuen „with complicated agendas and strategies of their own“ vor den Ehegerichten beobachtet. Desan/Merrick, Introduction, xvi.

36

Vgl. zur Funktion der Ehegerichte, Männer dem Ideal des rechten Hausvaters zu unterwerfen Heinrich Richard Schmidt, Hausväter vor Gericht. Der Patriarchalismus als zweischneidiges Schwert, in: Hausväter, Priester, Kastraten. Zur Konstruktion von Männlichkeit in Spätmittelalter und früher Neuzeit, hrsg. v. Martin Dinges, Göttingen 1998, 213–236.

37

StABE, B III 824, 92–99.

38

Dieses Minderheitenurteil stellt einen absoluten Sonderfall dar. Der Normalfall war, dass eine Frau Schwängerung unter Eheversprechung beweisen sollte. War der Mann geständiger oder überführter Vater des unehelichen Kindes, aber das Eheversprechen konnte von der Frau nicht schlüssig bewiesen werden, wurde der Mann zur Erhaltung und Auferziehung des Kindes gezwungen. Bei Anna Heller sieht man die Inversion dieses Normalfalls; ebd.

39

StABE, B III 827, 159–170.

40

StABE, B III 824, 159–170.

41

StABE, B III 827, 159–170.

42

StABE, B III 826, 394–400; vgl. zum Begriffspaar, das auch im bernischen chorgerichtlichen Kontext auftrat Ulrike Gleixner, „Das Mensch“ und „der Kerl“. Die Konstruktion von Geschlecht in Unzuchtsverfahren der Frühen Neuzeit (1700–1760), Frankfurt a.M. 1994, 9.

43

StABE, B III 826, 1–6.

44

StABE, B III 824, 432–438; ebenso StABE, B III 829, 580–583. In diesem Fall war die Rede davon, dass der Bräutigam „auf Vollziehung des geschlossenen Ehe-Bündnusses samt der Verlobtin beharret“.

45

StABE, B III 667. Chorgerichtsmanual des Oberehegerichts Bern (1751), 20–21.

46

Ebd., 35.

47

In Bezug auf den hier zitierten Fall handelte es sich um die prekäre Eheschließung von Christen Beiner und Maria Sahli, die wiederholt vor Gericht auftraten, weil sie, entgegen verschiedenen gerichtlichen Urteilen, immer wieder versuchten in ehelichen Verhältnissen zusammenzuleben. Der Fall findet sich nicht im systematisch ausgewerteten Hauptquellenkorpus, eignet sich an dieser Stelle aber ausgezeichnet, um den ehelichen Eigensinn in prekarisierten Ehebegehren zu illustrieren; ebd., 20–21; 35; 76; 137.

48

StABE, B III 826, 57–63; StABE, B III 827, 381–385.

49

Lanzinger, Verwandtschaft, 13.

50

Ebd.

51

Lanzinger, Liebe, 170.

52

Flückiger Strebel, Wohlfahrt, 49.

53

Lanzinger, Verwandtschaft, 13.

54

Lanzinger, Liebe, 170; zum Wissen rund um Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren in Bezug auf die Dispensansuchen auf lokaler Ebene vgl. ebenso Margareth Lanzinger, „… sie bitten, sie weinen, sie drohen“. Emotionen in katholischen Ehedispensverfahren vom ausgehenden 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, in: Administory 3 (2018), 48–60, 49.

55

StABE, B III 829, 272–277.

56

Ebd., 378–381.

57

Ebd., 67–70.

58

Ebd., 580–583.

59

StABE, B III 827, 298–303.

60

StABE, B III 826, 394–400.

61

Ebd.

62

Ebd.

63

Certeau, Kunst, 90.

64

StABE, B III 830, 106–107.

65

Im Ancien Régime wurden in sehr vielen Rekursurkunden, die prekäre Eheaspiration betrafen, das Verb ‚begehren‘, das Adjektiv ‚begehrt‘ oder das Substantiv ‚Begehren‘ in der einen oder anderen Form verwendet.

66

StABE, B III 826, 246.

67

Certeau, Kunst, 89.

68

Ebd., 13.

69

StABE, B III 830, 83–86.

Minderjährig und ‚leichtsinnig‘

1

StABE, B III 824, 12–19.

2

Ebd., 432–438.

3

StABE, B III 826, 1–6.

4

StABE, B III 830, 106–107.

5

Ebd., 586–592.

6

StABE, B III 827, 29–35.

7

Anne-Lise Head-König, Art. Ehe 2013. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7975.php?topdf=1 (26.08.2021); Holenstein, Beschleunigung, 314. Holenstein und Head-König veranschlagen das Heiratsalter in Gebirgsregionen für das 17. Jahrhundert in der Eidgenossenschaft für Frauen bei 28 Jahren und für Männer bei 31 Jahren. In Regionen, die Heimindustrie kannten, lag der Durchschnitt bei 25–26 Jahren für Frauen, bei 27–28 Jahren für Männer. Das hatte sich im 18. Jahrhundert nur geringfügig verändert. So geht Pfister für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts von einem mittleren Heiratsalter von 24 (Frauen) und 28 Jahren (Männer) für ländliche Gebiete wie den Kanton Bern aus; Pfister, Strom, FN 15; 369.

8

Josef Ehmer/Wilko Schröter, Art. Heiratsmuster, europäisches, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, hrsg. v. Friedrich Jaeger, 16 Bde., Stuttgart, Weimar 2005–2012, 354–359.

9

StABE, B III 830, 586–592.

 

10

StABE, B III 826, 606.

11

StABE, B III 824, 432–438.

12

StABE, B III 826, 175–184.

13

Ebd., 1–6.

14

Auch Lüdtke macht in Zusammenhang mit dem Arbeiteralltag auf die Zuschreibung von ‚Leichtsinn‘ im Zusammenhang mit eigensinnigen Verhaltensweisen aufmerksam. Allerdings sind diese Aktionen bei ihm nicht sexueller Natur, sondern zeugen eher vom großen Mut und erzeugten Spektakel. Vgl. Alf Lüdtke, Arbeit, Arbeitserfahrungen und Arbeiterpolitik. Zum Perspektivenwandel in der historischen Forschung, in: Eigen-Sinn. Fabrikalltag, Arbeitererfahrungen und Politik vom Kaiserreich bis in den Faschismus, hrsg. v. Alf Lüdtke, Hamburg 1993, 351–440, 378.

15

StABE, B III 826, 1–6.

16

Breit, Leichtfertigkeit, 5.

17

StABE, B III 824, 12–19.

18

Chorgerichtssatzung 1743, 763; Ehegerichtssatzung 1787, 795–796.

19

StABE, B III 824, 12–19.

20

Ebd.

21

Vgl. zur Funktion der Wiederholung des Eheversprechens Lischka, Liebe, 205–208. Sie hat gezeigt, dass es durch die Wiederholung der Ehezusage im zeitgenössischen Verständnis zu einer Art Akkumulation der Verlässlichkeit und Sicherheit kam. Dabei hat sie verwiesen auf die Studie von Michael Schröter, „Wo zwei zusammenkommen in rechter Ehe …“. Sozio- und psychogenetische Studien über Eheschließungsvorgänge vom 12. bis 15. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1985, 224. Schröter hat davon gesprochen, dass es durch die Wiederholung des Eheversprechens jeweils zu einer „kumulativen Verstärkung“ der Zusage kam.

22

StABE, B III 824, 12–19.

23

Ebd.

24

Ebd.

25

Ebd.

26

StABE, B III 826, 175–184.

27

Ebd.

28

Ebd.

29

Ebd., 614–627.

30

Ebd; vgl. zum Stellenwert gemeinsamer Übernachtungen unter demselben Dach für die Gültigkeit von Verlöbnissen im Rahmen von Eheklagen Lischka, Liebe, 316–325.

31

Vgl. zur Funktion der Öffentlichkeit in Bezug auf die Gültigkeit von Eheschliessungen seit der Reformation Roper, Church.

32

StABE, B III 826, 614–627.

33

Cecilia Cristellon weist darauf hin, dass in ganz Europa Eheschliessungen dokumentiert sind, „die voll gültig, wenn auch im Grund verboten waren“, weil sie im Haus der Braut vor dem Pfarrer ausgesprochen wurden. Dafür konnte der Pfarrer in katholischen Regionen von der Braut sogar unter dem Vorwand des Bedürfnisses nach der Beichte ins eigene Haus gelockt werden. Cristellon, Haus, 317.

34

StABE, B III 826, 614–627.

35

Ebd., 614–627.

36

Lanzinger, Liebe, 171.

37

StABE, B III 824, 432–438.

38

Ebd.

39

Alle Zitate bei Certeau, Kunst, 89.

40

Bezüglich derselben Beobachtung für Schaffhausen vgl. Roland E. Hofer, „Üppiges, unzüchtiges Lebwesen“. Schaffhauser Ehegerichtsbarkeit von der Reformation bis zum Ende des Ancien Régime (1529–1798), Bern, Berlin 1993, 354. Hofer hat das Verhalten des Ehegrichts als „scheidungsfeindliche Haltung“ interpretiert. Gleichzeitig hat er bemerkt, dass die reuigen Akteure im 18. Jahrhundert leichter zu einer Verlöbnisannullierung kamen als in den beiden Jahrhunderten davor. Das wiederum hat er als Ausdruck grösserer Freiheit bei der Partnerwahl und als zunehmende Bedeutung der Trauung auf Kosten der Verlobung gedeutet.

41

Jeffrey R. Watt, The Making of Modern Marriage. Matrimonial Control and the Rise of Sentiment in Neuchtâtel, 1550–1800, Ithaca, New York, London 1992, 204; 206; vgl. auch Coontz, Marriage, 147–148.

42

StABE, B III 830, 106–107.

43

StABE, B III 826, 552–557.

44

StABE, B III 827, 29–35.

45

StABE, B III 829, 645–647.

Alte, ‚blödsinnige‘ Körper

1

StABE, B III 824, 334–338.

2

StABE, B III 830, 483–491.

3

Joris, Familie, 251.

4

Chorgerichtssatzung 1743, 763.

5

StABE, B III 826, 591–598.

6

StABE, B III 829, 595–597.

7

StABE, B III 826, 57–63.

8

Ebd., 142–145.

9

StABE, B III 829, 595–597.

10

Wiederum läuft diese Beobachtung parallel zu Erkenntnissen von Lüdtke in Bezug auf den Eigensinn im Arbeiteralltag des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Er hat festgestellt, dass der Eigensinn oft in Zusammenhang mit den „‚Blöden‘“ und deren „‚Blödigkeit‘“ gebracht wurde. Dabei legte er Nachdruck darauf, dass diese ‚Blödheit‘ vielfach mit dem Körper, dessen Zustand und dessen Leistungsfähigkeit in Zusammenhang gesehen wurde. Lüdtke, Arbeit, 379.

11

StABE, B III 824, 334–338.

12

StABE, B III 829, 595–597.

13

StABE, B III 827, 298–302.

14

Ebd., 298–302.

15

StABE, B III 829, 580–583.

16

Ebd.

17

Ebd., 450–452.

18

Ebd., 524–526.

Alte, ‚blödsinnige‘ Körper

19

StABE, B III 827, 29–35.

20

StABE, B III 826, 394–400.

21

StABE, B III 827, 159–170.

22

Ebd.

23

StABE, B III 829, 265–269.

24

Ebd.

25

StABE, B III 827, 159–170.

26

Burghartz, Art. Unzucht.

27

Hardwick, Business, 2–22.

28

Anne-Lise Head-König, Art. Witwenschaft 2015. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16589.php (26.08.2021).

29

StABE, B III 829, 83–85.

30

StABE, B III 826, 57–63.

31

Ebd.

32

Ebd., 591–598.

33

Eva Labouvie, Einleitung, in: Ungleiche Paare. Zur Kulturgeschichte menschlicher Beziehungen, hrsg. v. Eva Labouvie, München 1997, 7–10; auch das Paar auf dem Bild des Buchumschlags, das dem Trachtenzyklus des Berner Künstlers Joseph Reinhart entstammt, entspricht dem Stereotyp des ‚ungleichen Paars‘. Es zeigt den verhältnismäßig älteren Hans Mast und die fünfzehnjährige Liesabett Zbinden in Guggisberg. Das Gemälde ist von 1791 und befindet sich im Besitz des Historischen Museums Bern.

34

Daran wird der multinormative Charakter des frühneuzeitlichen Aushandlungsprozesses rund um die Eheschließung sichtbar. Das rechtsanthropologisch informierte Konzept der Multinormativität wurde maßgeblich am Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie am Exzellenzcluster Die Herausbildung normativer Ordnungen unter der Leitung von Thomas Duve entwickelt. Dabei ist Multinormativität nicht mit Rechtspluralismus zu verwechseln. Während das rechtshistorische Konzept des Pluralismus von ausdifferenzierten und nebeneinander bestehender Rechtssystemen, die sich überlagern und/oder konkurrieren, ausgeht, legt der Ansatz der Multinormativität den Akzent auf informelle Normvorstellungen und deren praxeologische „Koexistenz, Kooperation und Kollision“. Zum Konzept siehe die folgende Internetseite des Max-Planck-Instituts für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, Multinormativität. www.rg.mpg.de/1767517/multinormativitaet (26.08.2021). Duve erklärt die multinormative rechtsgeschichtliche Perspektive in seinem konzeptionellen Aufsatz wie folgt: Sie fasst Normativität in den Blick, die über den Bestand der traditionellen Rechtsquellen hinausweist und schließt „die juridischen Praktiken und die Normen hinter der Praxis“ mit in ihre Analysen ein; Duve, Multinormativität, 91.

 

35

Vgl. Thompson, Moralische Ökonomie.

36

StABE, B III 830, 483–491.

37

Ebd.

38

StABE, B III 829, 485–487.

39

Die Forschenden aus dem Projekt Gender and Work (GaW) rund um die Historikerin Maria Ågren an der Universität Uppsala sprechen vom Two-Supporter Model. Anhand der negativ konnotierten Verwendung der schwedischen Wörter ensörjare und ensörjande, die männliche und weibliche Bezeichnung für Menschen, die einen Haushalt allein zu versorgen hatten, zeigen sie auf, wie schwierig und unerschwinglich es für Alleinunterhalter in der Frühen Neuzeit war, eine Familie durchzubringen. Familien, so die empirisch erhärtete These, erforderten zwei erwachsene Familienvorsteher. Verheiratete hatten Zugang zu Ressourcen, über die Alleinversorger nicht verfügten, weshalb die meisten frühneuzeitlichen Menschen dieses Modell lebten. Darin erscheint die Frau nicht als untätige Unterstützungsempfängerin männlicher Arbeit, sondern als gleichwertig arbeitende, aber nicht gleichberechtigte Akteurin. Ling/Hassan Jansson/Lennersand/Pihl/Ågren, Marriage, 80–88; das Modell erinnert stark an das Konzept des Arbeitspaares, das von Heide Wunder in den 1990er Jahren entwickelt wurde. Darin erscheinen die Ehepaare als sich im frühneuzeitlichen Arbeitskontext notwendigerweise ergänzende Partnerschaften. Wunder, Sonn‘, 57–153; vgl. auch Ågren, State, 115–138.

40

Vgl. zur Konzeption des Ehepaars als Arbeitspaar außerdem Wunder, Arbeit, 25.

41

Maria Ågren hat in Bezug auf die Rolle der Frauen in schwedischen Haushaltungen in der Frühen Neuzeit den englischen Ausdruck „helpmates“ (Gehilfin) verwendet. Der Begriff trifft im hier untersuchten Kontext sehr gut zu, weil er mit der Akzentuierung der Hilfe nicht nur die Arbeit, sondern auch Bereiche der Gesundheit, Pflege, Versorgung und der leiblichen sowie emotionalen Fürsorge miteinschließt. Ågren, State, 115.

42

Für die Inspiration im Umgang mit dem Konzept der Selbsthilfe und den wertvollen Hinweis darauf sei an dieser Stelle Carolina Menker (Uppsala Universitet) herzlich gedankt. Dinges, Armenfürsorge, 9–10; vgl. auch Martin Dinges, Self-Help and Reciprocity in Parish Assistance. Bordeaux in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, in: The Locus of Care. Families, Communities, Institutions, and the Provision of Welfare since Antiquity, hrsg. v. Peregrine Horden/Richard Smith, London, New York 1998, 111–125; zum Streben alter Menschen nach Unabhängigkeit durch Selbsthilfe außerdem Susannah R. Ottaway, The Decline of Life. Old Age in Eighteenth-Century England, Cambridge 2004, 1; 4; 8–9; 12; 66. Sie alle thematisieren die Heirat als Form der Selbsthilfe von Alten und Gebrechlichen jedoch nicht eingehend.

43

StABE, B III 667, 151–152.

44

Ebd.

45

Vgl. Erik Lindberg/Benny Jacobsson/Sofia Ling, The Dark Side of the Ubiquity of Work. Vulnerability and Destitution among the Elderly, in: Making a Living, Making a Difference. Gender and Work in Early Modern European Society, hrsg. v. Maria Ågren, New York 2017, 159–177.

46

Dadurch offenbart sich jene „hohe Bedeutung des wirtschaftlichen und sozialen Überlebens“, die der Institution Ehe mit Blick sowohl auf die materielle als auch die emotionale Ebene in historischer Perspektive zukam. Claudia Jarzebowski, Art. Liebe, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 7, hrsg. v. Friedrich Jaeger, 16 Bde., Stuttgart, Weimar 2005–2012, 896–905; vgl. zudem Hans Medick/David Warren Sabean, Emotionen und materielle Interessen in Familie und Verwandtschaft. Überlegungen zu neuen Wegen und Bereichen einer historischen und sozialanthropologischen Familienforschung, in: Emotionen und materielle Interessen. Sozialanthropologische und historische Beiträge zur Familienforschung, hrsg. v. Hans Medick/David Warren Sabean, Göttingen 1984, 27–54.

47

StABE, B III 830, 627–634.

48

Vgl. Medick/Sabean, Emotionen, 27–54; ebenso Claudia Jarzebowski, The Meaning of Love. Emotion and Kinship in Sixteenth-Century Incest Discourses, in: Mixed Matches. Transgressive Unions in Germany from the Reformation to the Enlightenment, hrsg. v. David Martin Luebke/Mary Lindemann, New York 2014, 166–183, 170; Jarzebowski, Art. Liebe.

49

StABE, B III 826, 591–598.

50

Ebd.

51

Ebd.

52

StABE, B III 824, 527–539.

53

Ebd.

54

StABE, B III 826, 394–400.

55

Ebd., 143–144.

56

Ebd., 57–63.

2.3.3 Sexualität

1

Ebd., 74–75.

2

Ebd., 39.

3

Ebd., 74–75.

4

StABE, B III 824, 202–206; StABE, B III 824, 390–391.

5

Michel Foucault, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt a.M. 1994, 368.

6

Vgl. Ludi, Frauenarmut, 32.

7

Vgl. zum Verhältnis von Ehre und materieller Ökonomie in historischen Ehrgesellschaften Schreiner/Schwerhoff, Ehre, 10–11.

8

StABE, B III 824, 92–99.

9

Vgl. zur starken Verbindung von weiblicher Ehre und Sexualität in der Frühen Neuzeit Cohen, Honor; vgl. auch Burghartz, Geschlecht; ebenso Lischka, Liebe, 254–272; zu Lebenswandel und Ehewürdigkeit in Bezug auf die katholische Dispenspraxis vgl. Lanzinger, Verwandtschaft, 216–217.

10

StABE, B III 824, 316–321.

11

Ebd.

12

StABE, B III 829, 378–381.

13

Außerdem hat Marion Lischka zurecht auf den Umstand hingewiesen, „dass im Zentrum der Auseinandersetzungen um sexuelle Aktivitäten stets die weibliche Ehre stand, während männliche Ehre in diesem Zusammenhang nicht im selben Masse und nicht auf dieselbe Art und Weise thematisiert wurde“. Dadurch bestand in Bezug auf den vorehelichen Geschlechtsverkehr stets eine „Asymmetrie“ zwischen den Geschlechtern. In Anlehnung an Rainer Beck kommt Lischka zum Schluss, dass die Frauen mit diesem stets ein ungleich größeres Risiko eingingen. Zum einen mussten sie dem Mann einen Vertrauensvorschuss geben. Sie mussten darauf hoffen, dass sich das männliche Gegenüber auch nach dem Geschlechtsverkehr an das Versprechen halten würde. Zum andern bestand auch im Fall, dass er das wollte, immer noch die Gefahr, dass dagegen Einsprachen aus dem sozialen Nahraum gemacht wurden. Lischka, Liebe, 254–255; vgl. auch Joachim Eibach, Männer vor Gericht – Frauen vor Gericht, in: Grenzen und Grenzüberschreitungen. Bilanz und Perspektiven der Frühneuzeitforschung, hrsg. v. Christine Roll, Köln 2010, 559–572, 566. Er erwähnt, dass Frauen in Bezug auf vorehelichen Beischlaf vor allem über ihren Körper, der auf das Engste mit weiblicher Ehre verbunden war, definiert wurden. Dagegen standen bei Männern vor allem materielle Schadensersatzforderungen im Raum, die ihre männliche Ehre weitaus weniger tangierten; vgl. auch Martin Dinges, Ehre und Geschlecht in der Frühen Neuzeit, in: Ehrkonzepte in der frühen Neuzeit. Identitäten und Abgrenzungen, hrsg. v. Sibylle Backmann/Ute Ecker-Offenhäusser, Berlin 1998, 123–147.

14

StABE, B III 826, 1–6.

15

StABE, B III 830, 83–86.

16

Mottu-Weber, Paillardises, 437.

17

Margareth Lanzinger hat den besagten Druck, der durch eine voreheliche Schwangerschaft ausgelöst werden konnte, in Bezug auf katholische Dispensansuchen bei Ehebegehren in verbotenen Verwandtschaftsgraden und deren Erfolg beobachtet. Auch hier konnten aus der Perspektive vom lokalen Seelsorger nur durch eine Dispens wieder „‚geordnete‘ Verhältnisse“ in der Gemeinde hergestellt werden. Lanzinger, Verwandtschaft, 216.

18

Vgl. Sutter, Act, 196–197; Ling/Hassan Jansson/Lennersand/Pihl/Ågren, Marriage.

19

Anne-Lise Head-König, La politique différenciée des villes et des campagnes à l’égard des pauvres. L’influence des facteurs structurels, in: Armut in der Schweiz (17.–20. Jh.). La pauvreté en Suisse (17e–20e s.), hrsg. v. Anne-Lise Head-König/Brigitte Schnegg, Zürich 1989, 73–78. Die Autorin hat gezeigt, dass zwischen der Ehepolitik der verschiedenen Stände innerhalb der Eidgenossenschaft große Unterschiede bestanden. Während in einigen Kantonen die Vergabe von Ehebewilligungen zum Teil sogar zur Integration armer Menschen in die Gemeinschaft genutzt wurde, agierte Bern in der Beurteilung von Anne-Lise Head-König im Vergleich tendenziell exklusiv.

20

Vgl. Duve, Multinormativität.

21

Vgl. zu Schwangerschaft als Druckmittel in den Dispensgesuchen bei prekären Ehevorhaben im katholischen Kontext von Österreich Margareth Lanzinger, „Neigung, Liebe, leider Leidenschaft war es …“. Kirchliche Heiratsverbote im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Moral und Inzest – eine Fallgeschichte, in: Liebe und Widerstand. Ambivalenzen historischer Geschlechterbeziehungen, hrsg. v. Ingrid Bauer/Christa Hämmerle/Gabriella Hauch, Wien 2005, 257–273, 269.

22

StABE, B III 826, 582–590.

23

Sandro Guzzi-Heeb schreibt im Französischen von „des comportements sexuels non-conformistes“. Sandro Guzzi-Heeb, Passions alpines. Sexualité et pouvoir dans les montagnes suisses (1700–1900), Rennes 2014, 14.

24

StABE, B III 824, 527–539.

25

Guzzi-Heeb, Passions, 14; vgl. auch Sandro Guzzi-Heeb, What Has the ‚First Sexual Revolution‘ to do with Kinship Transition? ‚Kin Marriages‘ and Illicit Sexuality in Nineteenth-Century Alpine Switzerland, in: The History of the Family 23 (2018), 388–407. Hier hat der Lausanner Historiker erneut auf das transformative und somit politische Potenzial der Sexualität hingewiesen. Er hat aufgezeigt, dass im Entremont einige wenige Familien gewissermaßen eine ‚sexuelle Revolution‘ anzettelten, indem sie innerhalb naher Verwandtschaftsgrade zu heiraten begannen und dadurch neue Zusammengehörigkeiten zu bilden begannen. Die Zunahme von Verwandtenehen widerspiegelte in der untersuchten Bergregion im Wallis, so seine These, eine Ausdifferenzierung sexueller Milieus, die parallel zu politischen Werten, Idealen und Einstellungen verliefen. Vgl. zu dieser These auch Sandro Guzzi-Heeb, Verwandtschaft, politische Netzwerke und soziale Milieus. Walliser Gemeinden des 18. Jahrhunderts im Vergleich, in: Beziehungen, Vernetzungen, Konflikte. Perspektiven historischer Verwandtschaftsforschung, hrsg. v. Christine Fertig/Margareth Lanzinger, Köln 2016, 111–141, insbesondere 126–141.

26

Aline Johner/Chiara Mascitti, Identité politique et comportements sexuels. Une étude comparative du radicalisme vaudois et valaisan durant la première moitié du XIXe siècle, in: Berner Zeitschrift für Geschichte 77 (2015), 96–107.

27

Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, 17. Aufl., Frankfurt a.M. 2014, 142; 145.

28

Schmidt, Dorf, 210–213; 236–240; Schmidt, Tätigkeit, 296.

29

Edward Shorter, Die Geburt der modernen Familie, Reinbek bei Hamburg 1977, 99–119.

30

StABE, B III 826, 394–400.

31

Der Vorname der Frau wurde vom Gerichtsschreiber als „Madle“ notiert.

32

StABE, B III 824, 432–438.

33

Ebd.

34

Schmidt, Tätigkeit, 298.

35

Ebd.

36

Sutter, Act, 196–197.

37

Ebd., 216–217.

38

StABE, B III 827, 381–385.

39

StABE, B III 829, 183–185.

40

StABE, B III 826, 97–98.

41

StABE, B III 824, 432–438.

42

Ebd; ebenso StABE, B III 829, 67–70.

43

StABE, B III 829, 36–38.

44

Ebd.

45

Ebd; vgl. Lischka, Liebe, 287–290.

46

StABE, B III 826, 614–627.

47

StABE, B III 829, 124–129.

48

Ebd., 67–70.

49

StABE, B III 824, 527–539.

50

Cristellon, Haus; Roper, Church.

51

StABE, B III 829, 67–70.

52

StABE, B III 826, 582–590.

53

Es ist auch davon auszugehen, dass Brautschwangerschaften im ländlichen Kontext nicht zwingend als Schande gesehen wurden. Schmidt formuliert sogar, dass es im agrarischen Kontext von Bern „die Sünde’ vorehelicher Geschlechtsverkehr“ gar nicht gegeben hätte. Schmidt, Dorf, 179.

54

Schmidt hat geschrieben, dass für den Berner Rat das konsensuale Eheversprechen und die Kopulation für die Konstitution der Ehe maßgeblich waren. Zwar wurden Brautschwangerschaften während rund 70 Jahren zwischen 1690 und 1760 inkriminiert, doch dieses Unterfangen wurde dann mangels Erfolg wieder abgebrochen. Schmidt, Tätigkeit, 292; ebenso Schmidt, Dorf, 230. Die hier untersuchten Gerichtsurteile zeigen außerdem, dass Brautschwangerschaften im Fall der Heirat aus der Perspektive des Oberehegerichts im gesamten Untersuchungszeitraum von den Paaren nicht mehr abgebüßt werden mussten.

55

StABE, B III 826, 74–75.