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Prekäre Eheschließungen

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1.1 Die revidierte Ehegerichtssatzung von 1743: ‚Heyl und Wolfahrt‘ unter ‚abgeänderte[r] lebens-manier der menschen‘

1

Chorgerichtssatzung 1743, 762.

2

Ebd.

3

Ebd.

4

Susanna Burghartz, Wandel durch Kontinuität? Zur Moralpolitik von Reformation und Konfessionalisierung, in: traverse. Zeitschrift für Geschichte 7 (2000), 23–35, 24–25.

5

Chorgerichtssatzung 1743, 762.

6

Joachim Eibach, Der Staat vor Ort. Amtmänner und Bürger im 19. Jahrhundert am Beispiel Badens, Frankfurt a.M., New York 1994, 24; vgl. auch Martin Dinges, Frühneuzeitliche Armenfürsorge als Sozialdisziplinierung? Probleme mit einem Konzept, in: Geschichte und Gesellschaft 17 (1991), 5–29, 28.

7

Schlumbohm, Gesetze, 661–662.

8

Burghartz, Wandel, 23–24.

9

Chorgerichtssatzung 1743, 762.

10

Ebd.

11

Heinrich Richard Schmidt, Über die Tätigkeit von Berner Chorgerichten 1540–1800, in: Konfessionalisierung und Region, hrsg. v. Peer Frieß/Rolf Kießling, Konstanz 1999, 275–316, 292.

12

Vgl. zur Form und Funktion des Zugrechts im Allgemeinen Roth, Civil-Gesetzbuch, 181–185.

13

Chorgerichtssatzung 1743, 763.

14

Schmidt, Dorf, 195–197.

15

Eibach, Gleichheit, 529.

16

Schmidt, Dorf, 254.

17

Diese obrigkeitliche Furcht begründend schreibt Joachim Eibach: „Das säkulare Bevölkerungswachstum sorgte für eine Überbelastung der traditionalen Ökonomie in Stadt und Land mit dem Effekt einer Zunahme entwurzelter mobiler Unterschichten auf der verzweifelten Suche nach einem Lebensunterhalt.“ Eibach, Gleichheit, 527–528.

18

Isabelle Lorey schreibt: „Das Begriffsgefüge des Prekären lässt sich im weitesten Sinne als Unsicherheit und Verletzbarkeit, als Verunsicherung und Gefährdung beschreiben.“ Hier zeigt sich deutlich, dass der Begriff der Prekarisierung in Bezug auf die Eheschließungen im 18. Jahrhundert berechtigterweise verwendet wird. Isabell Lorey (Hrsg.), Die Regierung der Prekären. Mit einem Vorwort von Judith Butler, Wien 2012, 22.

19

Eibach, Gleichheit, 526–532.

20

Vgl. Burghartz, Art. Unzucht.

21

Hier äußerte sich der bereits zuvor zitierte Dekan in einer Kommission, die vom Rat dazu eingesetzt war, den „Verfall der Religion“ aufzuhalten. StABE, B III 179, fol. 39.

22

Daniel Schläppi, Wohltätigkeit zwischen republikanischem Gemeinsinn und rechenhaftem Haushalten. Funktionsweise, Struktur und Bedeutung der Wohlfahrtseinrichtungen der bernischen Burgerschaft im Sog der Ökonomisierung, in: Reichtum und Armut in den schweizerischen Republiken des 18. Jahrhunderts. Akten des Kolloquiums vom 23.–25. November 2006 in Lausanne, hrsg. v. André Holenstein/Béla Kapossy/Danièle Tosato-Rigo/Simone Zurbuchen, Genève 2010, 75–91; auch Justus Nipperdey weist darauf hin, dass bereits gegen Ende des 17. Jahrhunderts eine ökonomische Perspektive die Bevölkerungstheorie dominierte. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfuhr diese Perspektive eine zusätzliche ökonomistische Akzentuierung; Justus Nipperdey, Die Erfindung der Bevölkerungspolitik. Staat, politische Theorie und Population in der Frühen Neuzeit, Göttingen 2012, 365–376.

1.2 Entvölkerungsdebatte, Volkszählung und Populationismus: Berner Biopolitik

1

Wilhelm Bickel, Bevölkerungsgeschichte und Bevölkerungspolitik der Schweiz seit dem Ausgang des Mittelalters, Zürich 1947, 30.

2

Vgl. zur Entstehung der bürgerlichen Öffentlichkeit Reinhart Koselleck, Kritik und Krise. Ein Beitrag zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Freiburg i. Br., München 1959; Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft ; mit einem Vorwort zur Neuauflage 1990, 14. Aufl., Frankfurt am Main 2015; konkret zur Schweiz vgl. Albert Tanner, Bürgertum und Bürgerlichkeit in der Schweiz. Die ‚Mittelklassen‘ an der Macht, in: Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, Bd. 1; Einheit und Vielfalt, hrsg. v. Jürgen Kocka, 3 Bde., Göttingen 1995, 199–229; Justus Nipperdey spricht in Bezug auf die bevölkerungspolitische Phase nach 1750 vom „Hoch-Populationismus“. Nipperdey, Erfindung, 421–430; Rudolf Braun bezeichnet diesen mit dem zeitgenössischen Begriff der „Peuplierungspolitik“. Rudolf Braun, Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz. Aufriss einer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des 18. Jahrhunderts, Göttingen, Zürich 1984, 56.

3

Zitiert nach: Bickel, Bevölkerungsgeschichte, 11.

4

Nipperdey, Erfindung, 412–421.

5

Bickel, Bevölkerungsgeschichte, 11–12.

6

Behrisch, Berechnung, 18; Wyss, Reformprogramm, 148.

7

Pfister, Strom, 158.

8

Ebd.

9

Ebd., 158–159.

10

In Anlehnung an Michel Foucault wird in dieser Arbeit unter dem Begriff der Gouvernementalität eine „spezifische Regierungskunst, eine Kunst, die ihre eigene Vernunft hatte, ihre eigene Rationalität, ihre eigene ratio“ und zeitlich kontingent war, verstanden. Mit jeder spezifischen ‚Regierungsvernunft‘ verband sich eine je spezifische „Art und Weise des Regierens“ sowie eine einzigartige „Art und Weise des Zur-Regierung-in-Beziehung-Stehens“. Foucault, Sicherheit, zuerst 414, dann 400; eine spezifische gouvernementale Logik umschreibt eine spezifische politische Rationalität. Thomas Lemke, Die politische Theorie der Gouvernementalität. Michel Foucault, in: Politische Theorien der Gegenwart, Bd. 1, hrsg. v. André Brodocz/Gary S. Schaal, 4. Aufl., 3 Bde., Opladen 2016, 479–500, 486–495.

11

Foucault, Biopolitik, 30.

12

Hull, Sexuality, 172–197.

13

Diese ‚Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen‘ (Ernst Bloch), den Übergang von einer ständisch-patriarchalen zu einer paternalistischen Regierungsweise und seine Effekte, beschreibt Sandro Guzzi-Heeb im Protoskript seiner voraussichtlich 2021 erscheinenden Publikation in Kapitel VIII: L’amour de l’Etat pour le corps social exemplarisch. Ich möchte ihm an dieser Stelle ganz herzlich dafür danken, dass er mir dieses Skript so großzügig zur Verfügung gestellt hat. Sandro Guzzi-Heeb, Le sexe, l’impôt, les cousins. Une histoire sociale et politique de la sexualité moderne (1450–1830 ca.). Version provisoire. Publication prévue en 2022, 19–20.

14

Christian Pfister, Warum Pfarrer Jean-Louis Murets Abhandlung über die Bevölkerung der Waadt Anstoss erregte, in: Kartoffeln, Klee und kluge Köpfe. Die Oekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern OGG (1759–2009), hrsg. v. Martin Stuber/Peter Moser/Gerrendina Gerber-Visser/Christian Pfister, Bern, Stuttgart, Wien 2009, 95–98, 95; Wyss, Reformprogramm, 139–145.

 

15

Christian Pfister, Entvölkerung. Genese, handlungsleitende Bedeutung und Realitätsgehalt eines politischen Erklärungsmodells am Beispiel des alten Bern in der Epoche der Spätaufklärung, in: Nürnberg und Bern. Zwei Reichsstädte und ihre Landgebiete: neun Beiträge, hrsg. v. Urs Martin Zahnd/Rudolf Endres, Erlangen 1990, 283–313, 301.

16

Christian Simon, Hintergründe bevölkerungsstatistischer Erhebungen in Schweizer Städteorten des 18. Jahrhunderts. Zur Geschichte des demographischen Interesses, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 34 (1984), 186–205, 198.

17

Pfister, Strom, 116–119; Pfister, Entvölkerung, 301.

18

Pfister, Entvölkerung, 307–308.

19

Pfister, Strom, 157–159.

20

Simon, Hintergründe, 195–201. An dieser Stelle lässt sich jener Bruch, den Foucault als Übergang von der Macht des Fürsten zur Macht des Souveräns charakterisiert, festmachen. Während der Fürst die Gesetze kennen und sie handhaben können muss, zeichnet sich der Souverän durch die Kenntnis der Dinge aus; „die Dinge, welche eben die Realität des Staates sind, das ist genau das was man damals ‚Statistik‘ nennt. Die Statistik ist etymologisch die Kenntnis des Staates, die Kenntnis der Kräfte und der Ressourcen, die einen Staat in einem gegebenen Moment charakterisieren. […] Also nicht mehr der Korpus der Gesetze oder die Geschicklichkeit, sie dann, wenn es sein muss, anzuwenden, sondern das Ensemble technischer Kenntnisse charakterisieren die Realität des Staates selbst.“ Foucault, Sicherheit, 396–397.

21

Pfister, Pfarrer, 97–98.

22

Behrisch, Berechnung, 17.

23

Ebd.

24

Vgl. zur Entwicklung der Demographie als eigenständige Disziplin und der wichtigen Rolle von Johann Peter Süßmilch Nipperdey, Erfindung, 412–421; zur Entwicklung und Übernahme statistischer Methoden in Bern vgl. Pfister, Pfarrer, 95–96; Gerrendina Gerber-Visser, Die Erfassung des Territoriums mittels Enquêten und beschreibender Statistik, in: Berns goldene Zeit. Das 18. Jahrhundert neu entdeckt, hrsg. v. André Holenstein, Bern 2008, 41–45, 41; André Holenstein, „Gute Policey“ und lokale Gesellschaft im Staat des Ancien Régime. Das Fallbeispiel der Markgrafschaft Baden(-Durlach), Bd. 1, 2 Bde., Tübingen 2003, 101–106.

25

André Holenstein, Die Helvetik als reformabsolutistische Republik, in: Umbruch und Beständigkeit. Kontinuitäten in der Helvetischen Revolution von 1798, hrsg. v. Daniel Schläppi, Basel 2009, 82–104, 103.

26

Behrisch, Berechnung, 17.

27

Gerber-Visser, Erfassung, 41.

28

Pfister, Entvölkerung, 284–285.

29

Wyss schreibt: „Obwohl die Zahlen dieser Pfarrerenquête den befürchteten Rückgang der Bevölkerung nicht bestätigten, blieb die Angst vor einer Entvölkerung sowohl bei der Regierung als auch in der Oekonomischen Gesellschaft bestehen. Die aus der Pfarrerenquête gewonnenen Bevölkerungszahlen wurden von der Obrigkeit im Interesse der ‚nationalen Sicherheit‘ nicht veröffentlicht und die vorherrschenden Befürchtungen damit auch nicht entkräftet.“ Wyss, Reformprogramm, 141; siehe auch Gerber-Visser, Erfassung, 44.

Die Oekonomische Gesellschaft von Bern und die Furcht vor der Entvölkerung

1

Martin Stuber, Die Oekonomische Gesellschaft Bern, in: Berns goldene Zeit. Das 18. Jahrhundert neu entdeckt, hrsg. v. André Holenstein, Bern 2008, 36–40, 38; Wyss, Reformprogramm, 139–148.

2

Wyss, Reformprogramm, 145–147; ebenso Gerrendina Gerber-Visser, Kindsmord, Kindsaussetzung, „Ammkinder“, in: Berns mächtige Zeit. Das 16. und 17. Jahrhundert neu entdeckt, hrsg. v. André Holenstein, Bern 2006, 395, 41.

3

Bickel, Bevölkerungsgeschichte, 31.

Die Oekonomische Gesellschaft von Bern und die Furcht vor der Entvölkerung

4

Vinzenz Bernhard Tscharner zitiert nach: Stuber, Gesellschaft, 36.

5

Pfister, Strom, 338; Hans Rudolf Rytz, Geistliche des alten Bern zwischen Merkantilismus und Physiokratie. Ein Beitrag zur Schweizer Sozialgeschichte des 18. Jahrhunderts, Basel, Stuttgart 1971, 3.

6

Bickel, Bevölkerungsgeschichte, 30–31; Stuber, Gesellschaft, 36–40.

7

Vgl. Braun, Ancien Régime, 56.

8

Vinzenz Bernhard Tscharner, Vorrede, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 4 (1763), III–XI, VII–VIII.

9

In Bezug auf die fiskalische Belastung der Untertanen stellte Bern im 18. Jahrhundert allerdings einen europäischen Sonderfall dar. Aufgrund der Investition von staatlichen Überschüssen auf dem europäischen Kapitalmarkt konnten hier die Steuern pro Kopf tief gehalten werden. Altorfer-Ong, Staatsbildung.

10

Foucault, gewissermaßen der Übervater des Konzepts der Biopolitik, beschreibt deren Kern wie folgt: „Eine der großen Neuerungen in den Machttechniken des 18. Jahrhunderts bestand im Auftreten der ‚Bevölkerung‘ als ökonomisches und politisches Problem: die Bevölkerung als Reichtum, die Bevölkerung als Arbeitskraft oder Arbeitsfähigkeit, die Bevölkerung im Gleichgewicht zwischen ihrem eigenen Wachstum und dem ihrer Ressourcen. Die Regierungen entdecken, dass sie es nicht nur mit Untertanen, auch nicht bloß mit dem ‚Volk‘, sondern mit einer ‚Bevölkerung‘ mit spezifischen Problemen und eigenen Variablen zu tun haben wie Geburtenrate, Sterblichkeit, Lebensdauer, Fruchtbarkeit, Gesundheitszustand, Krankheitshäufigkeit, Ernährungsweise und Wohnverhältnissen.“ Foucault, Wille, 31; vgl. auch Foucault, Sicherheit, 87.

11

Wyss, Reformprogramm, 145–146; Simon, Hintergründe, 201.

12

Foucault, Wille, 142.

13

Wyss, Reformprogramm, 148.

14

Für eine ausführliche Verortung Carrards bevölkerungspolitischer Position, die der Physiokratie nahe stand, und seiner natürlichen Theologie vgl. Rytz, Geistliche, 58–93; ebenso Hans Rudolf Rytz-Preiswerk, Art. Benjamin Samuel Carrard 2005. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D25872.php (26.08.2021).

15

Als Accessit werden kleinere Preise für weitere gute Zuschriften bezeichnet, die aber in den Augen der Jury nicht den Siegerpreis, meistens eine Goldmedaille, verdienten. Keller, Preisfragen.

16

Elie Bertrand, Wettschriften, welche die löb. öconomische Gesellschaft zum Druk erkennt hat, über des Herrn Grafen Michael Mniszechs, Starosts von Ivanow, Preisfrage: welches ist der wahre Geist der Gesezgebung, der zum endzweke hat den Feldbau, und in absicht auf diesen höchstwichtigen gegenstand die Bevölkerung, die Künste, und die Handlung in Aufnahme zu bringen, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 6 (1765), 13–40, 17.

17

Rytz, Geistliche, 1–19.

18

Benjamin Carrard, Fortsezung der Wettschrift, welche wegen ihres vortreflichen Inhalts um den Vorzug gestritten. Zweyter Theil. In welchem der Geist der Gesezgebung, in absicht auf die Bevölkerung, entwikelt wird, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 6 (1765), 3–138, 5.

19

Ebd., 36.

20

Damit verweist Samuel Carrard auf exakt jenes Moment, das Michel Foucault in der Analyse der Physiokratie wie folgt beschreibt: „Man beginnt sie [die Bevölkerung] als eine Gesamtheit von Vorgängen zu betrachten, die man in ihrer Natürlichkeit und ausgehend von ihrer Natürlichkeit verwalten muss.“ Foucault, Sicherheit, 108.

21

Carrard, Fortsetzung, 37.

22

Ebd.

23

Ebd., 37–38.

24

Ebd., 42; der Terminus ‚Demokratisierung‘ in diesem Kontext ist bei Margreth Lanzinger entliehen. Sie weist in Hinblick auf die Verwandtenheiraten in Österreich im 19. Jahrhundert auf diese hin. Lanzinger, Verwandtschaft, 25.

25

Carrard, Fortsetzung, 39.

26

Ebd.

27

Ebd., 40.

28

Ebd.

29

Ebd., 46.

30

Ebd., 43–49.

31

Ebd., 47–48.

32

Ebd., 47.

 

33

Auf ähnliche Kritik an der Handhabung der Gesetze durch die Chorgerichte sind wir bereits weiter oben im Zitat aus den Akten der Kommission über den Verfall der Religion gestoßen. Vgl. StABE, B III 179, fol. 39.

34

Carrard, Fortsetzung, 47–48.

35

Ebd., 50.

36

Ebd., 53.

37

Carrards Auffassung des Eigensinns als elterlicher Egoismus entspricht der Inversion jenes Eigensinns, den das Oberehegericht gewissen ehewilligen Akteuren zuschrieb und der weiter unten thematisiert wird. Während vor dem Oberehegericht vor allem die opponierenden Parteien den Heiratswilligen Eigensinn unterstellten, verurteilte Carrard hier gerade umgekehrt den elterlichen Widerstand gegen gewisse Ehen als eigensinnig, womit er seine reformorientierte bevölkerungspolitische Haltung gegenüber einer patriarchalen Ehepolitik verdeutlichte.

38

Carrard, Fortsetzung, 53.

39

Ebd., 52–54.

40

Karin Marti-Weissenbach, Art. Jean Bertrand 2002. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D49502.php (26.08.2021).

41

Jean Bertrand, Wettschrift, welche den Preis erhalten: quid verum atque decens curo & roto, & omnis in hoc fum, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 6 (1765), 41–132, 75.

42

Gerrendina Gerber-Visser, Art. Pagan, Abraham 2009. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D49502.php (26.08.2021).

43

Abraham Pagan, Versuch über die Aufgabe: welches ist der wahre Geist der Gesezgebung, die zum Endzweke hat, den Feldbau, und in Absicht auf diesen höchstwichtigen Gegenstand, die Bevölkerung, die Künste und die Handlung in Aufnahme zu bringen. Eine Wettschrift, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 6 (1765), 139–250.

44

Es geht hier um jene Abgrenzung, die Michel Foucault zwischen den Regierungsweisen des Fürsten und des Souveräns gemacht hat. Während der Fürst ein Territorium regiert und von seinen Untertanen Gehorsam verlangt hatte, sollte in der neu entstehenden Regierungskunst die Bevölkerung umsorgt und regiert werden.

45

Foucault, Sicherheit, 157.

46

Foucault, Biopolitik, 33.

47

Carrard, Fortsetzung, 39.

48

Ebd.

49

Guzzi-Heeb, Sexe.

1.3 Die politische Sprengkraft des Populationismus bei Jean-Louis Muret

1

Jean-Louis Muret, Abhandlung über die Bevölkerung der Waadt. Eine Preisschrift von Hrn. Muret Oberstpfarrherrn, und der Oekonomis. Gesellschaft Sekretär, zu Vivis, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 7 (1766), 1–140, 105.

2

Ebd., 7.

3

Malthus thematisiert Muret, dessen Daten und Methode in seinem Essay on the Principle of Population eingehend. Thomas Robert Malthus, Eine Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz. Eine Untersuchung seiner Bedeutung für die menschliche Wohlfahrt in Vergangenheit und Zukunft, nebst einer Prüfung unserer Aussichten auf eine künftige Beseitigung oder Linderung der Übel, die es verursacht, Nachdr. der 6. Aufl. von 1826, Jena 1905, 307–329; Cem L. Behar, Le pasteur Jean-Louis Muret (1715–1796). De la controverse sur la dépopulation à l’analyse démographique, in: Population (French Edition) 51 (1996), 609–644; Gerber-Visser, Erfassung, 45.

4

Muret, Abhandlung, 60–62.

5

Ebd., 7; 9.

6

Ebd., 16; Pfister, Pfarrer, 96.

7

Muret, Abhandlung, 7.

8

Pfister, Pfarrer, 97; Foucault schreibt über die „Notwendigkeit der Geheimhaltung“ von statistischem Datenmaterial in seiner Analyse der Gouvernementalitäten außerdem Folgendes: „[…] das Wissen, das der Staat von sich selbst und aus sich heraus formen muss, dieses Wissen riskiert, eine gewisse Anzahl seiner Effekte einzubüßen und nicht die Folgen zu haben, die man von ihm erwartet, wenn im Grunde alle Welt wüsste, was geschieht, und besonders die Feinde des Staates, die Rivalen des Staates durften nicht wissen, welches die wirklichen Reserven an Menschen, an Reichtümern usw. sind, über die er verfügt.“ Deswegen wurden solche Daten vom Souverän als „Geheimnisse der Macht“ behandelt. Foucault, Sicherheit, 397–398; zur Arkanpolitik: Andreas Würgler, Unruhen und Öffentlichkeit. Städtische und ländliche Protestbewegungen im 18. Jahrhundert, Tübingen 1995, 13; 34.

9

Anonym, Vorrede, in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 7 (1766), I–IV, II.

10

Hans Rudolf Rytz-Preiswerk, Art. Jean Louis Muret 2009. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26080.php (26.08.2021).

11

Regula Wyss/Gerrendina Gerber-Visser, Formen der Generierung und Verbreitung nützlichen Wissens. Pfarrherren als lokale Mitarbeiter der Oekonomischen Gesellschaft Bern, in: Nützliche Wissenschaft und Ökonomie im Ancien Régime. Akteure, Themen, Kommunikationsformen, hrsg. v. André Holenstein/Martin Stuber/Gerrendina Gerber-Visser, Heidelberg 2007, 41–64, 42; Wyss, Reformprogramm, 146.

12

Muret, Abhandlung, 68–69.

13

Ebd., 70.

14

Vgl. Martin Stuber, „Vous ignorez que je suis cultivateur“. Albrecht von Hallers Korrespondenz zu Themen der Ökonomischen Gesellschaft Bern, in: Hallers Netz. Ein europäischer Gelehrtenbriefwechsel zur Zeit der Aufklärung, hrsg. v. Martin Stuber/Stefan Hächler/Luc Lienhard, Basel 2005, 505–541, 533.

15

Emil Erne, Art. Helvetische Gesellschaft 2007. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16429.php (26.08.2021); die 1761/62 von einem aufklärerisch gesinnten Freundeskreis gegründete Sozietät vereinigte in sich die prominentesten eidgenössischen Aufklärer dieser Zeit. Ihre reformerischen Vertreter waren bestrebt, die aufklärerischen Denker und Theoretiker in einer gesamteidgenössischen Gesellschaft zusammenzuführen. Die Helvetische Gesellschaft war ein Forum für die Diskussion von Reformen in den Alten Orten der Eidgenossenschaft, deren politische Systeme zunehmend zu Abschließung und Stagnation führten. Gleichzeitig wurde hier so etwas wie ein gesamtschweizerischer Patriotismus entwickelt und eingeübt. Erne, Sozietäten, 35–40.

16

Wyss, Reformprogramm, 143; Pfister, Pfarrer; Braun, Ancien Régime, 55–57.

17

Maria-Cristina Pitassi, Art. Charles-Louis Loy de Cheseaux 2008. www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D31227.php (26.08.2021).

18

Charles-Louis Loys de Cheseaux, Versuch über die Preis-Frage von der Bevölkerung oder Entvölkerung des Kantons, ihren Ursachen, Wirkungen und Mitteln etc., in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die Oekonomische Gesellschaft zu Bern gesammelt 7 (1766), 3–107, 21.