Handbuch des Strafrechts

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1. Geltung des Rückwirkungsverbots im Strafprozessrecht?

36

Nach überwiegender (wenngleich nicht unumstrittener) Ansicht in Lit. und Rspr. sollen Änderungen des Strafprozessrechts – grundsätzlich und zumindest in weiten Bereichen[116] – nicht vom straf- und verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot nach §§ 1, 2 StGB bzw. Art. 103 Abs. 2 GG erfasst sein.[117] Argumentiert wird unter anderem[118] damit, dass das Strafprozessrecht kein Element der „Strafbarkeit“ sei, auf die im Wortlaut des § 1 StGB bzw. des Art. 103 Abs. 2 GG abgestellt wird.[119] Hinter dieser Erwägung dürfte auch der Gedanke stehen, dass der Sinn und Zweck dieses Rückwirkungsverbots im Strafprozessrecht nicht zum Tragen komme. Hassemer und Kargl präzisieren dies wie folgt: „Änderungen etwa im Gang der Hauptverhandlung (§ 243 StPO) oder in der Zusammensetzung der Spruchkörper (§§ 22 ff. GVG) bestimmen nicht über Bestrafungsvoraussetzungen und Strafrechtsfolgen und können deshalb Rechtssicherheit, Vertrauensschutz und Täuschungsfreiheit, wie sie dem Rückwirkungsverbot als Prinzipien zugrunde liegen […], nicht berühren“.[120]

Diese Sichtweise mag für die gewählten Beispiele durchaus plausibel erscheinen, muss aber keineswegs für sämtliche strafverfahrensrechtliche Normen gelten. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass sie durchaus unterschiedliche Schutzrichtungen aufweisen können.[121] Gegen das strikte Ausklammern strafprozessualer Bestimmungen aus dem Schutzbereich des Rückwirkungsverbots spricht auch der Umstand, dass die Klassifikation einzelner Normen als materiell- oder prozessrechtlich keineswegs stets zweifelfrei vorzunehmen ist, sondern vielfach von Wertungen abhängt.[122] Dementsprechend wird in der Literatur zu Recht auch die Auffassung vertreten, dass das Rückwirkungsverbot im Strafprozessrecht nicht von vornherein ausgeschlossen ist, sondern in seiner Geltung und Reichweite vom „Vertrauensschutzgehalt“ der maßgeblichen Vorschrift abhängig ist, deren Änderung in Rede steht.[123]

2. Rückwirkungskonstellationen

37

Wie eingangs dargelegt wurde, hat die vorliegende Darstellung grundsätzlich das Strafprozessrecht in seiner Gesamtheit im Blick: Die Frage, welchen Vertrauensschutzgehalt einzelne prozessuale Bestimmungen haben und welche Konsequenzen hieraus für eine mögliche Geltung des Rückwirkungsverbots zu ziehen sind, ist daher hier weitgehend auszublenden.[124] Stattdessen sollen auf einer abstrakteren Ebene rechtliche Änderungen des Ablaufs des Strafprozesses beleuchtet werden.[125] Im Einzelnen stellt sich hier nämlich die Frage, in welchen Konstellationen derartige Rechtsänderungen überhaupt Rückwirkung entfalten. Diesbezüglich lassen sich prinzipiell drei Zeitpunkte (bzw. Zeiträume) unterscheiden:


Zeitpunkt (i): Lebenssachverhalt des Tatvorwurfs (Tat im prozessualen Sinne).
Zeitraum (ii): Ablauf des Strafprozesses.
Zeitpunkt (iii): Inkrafttreten der strafprozessualen Rechtsänderung.

38

Von vornherein keine Rückwirkung begründen diejenigen Fälle, in denen eine geänderte strafprozessuale Bestimmung in einem Strafverfahren angewendet werden soll, das einen Lebenssachverhalt zum Gegenstand hat, der erst nach der besagten Rechtsänderung stattgefunden hat. Eine Rückwirkung kommt stattdessen nur dann in Betracht, wenn zumindest die prozessuale Tat in einem Zeitpunkt verwirklicht wurde, der vor dem Inkrafttreten der jeweiligen Rechtsänderung lag. Als Unterkonstellationen sind hier etwa die Fälle denkbar, dass das betreffende Strafverfahren vor Inkrafttreten der Rechtsänderung bereits rechtskräftig abgeschlossen war (dazu Rn. 39), nach dem genannten Inkrafttreten beginnt (dazu Rn. 40) oder aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens anhängig ist (dazu Rn. 41).

a) Rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren

39

Rechtliche Änderungen des Ablaufs des Strafprozesses[126] können grundsätzlich keine Rückwirkung auf bereits rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren entfalten.[127] Dieses Ergebnis resultiert letztlich bereits aus dem Institut der Rechtskraft der betreffenden gerichtlichen Entscheidung.

b) Zukünftige Strafverfahren

40

Wird eine neue Regelung (zum Ablauf des Strafprozesses) in einem später stattfindenden Strafverfahren angewendet, das den Vorwurf einer Straftat zum Gegenstand hat, die vor Eintritt der Rechtsänderung begangen worden sein soll, so begründet dies nur hinsichtlich des Tatvorwurfs eine zeitliche Rückwirkung. Als Träger einer betroffenen Vertrauensposition kommt daher höchstens der jeweilige Täter, nicht aber der Beschuldigte des Strafverfahrens in Betracht.[128] Da ein mögliches Vertrauen des Täters in den Ablauf eines späteren Strafverfahrens jedoch grundsätzlich nicht schutzwürdig ist, können rechtliche Änderungen des Ablaufs des Strafverfahrens auch in solchen zukünftigen Verfahren gelten, die eine prozessuale Tat zum Gegenstand haben, die vor Inkrafttreten der Rechtsänderung stattgefunden haben soll.[129]

c) Anhängige Strafverfahren

41

Tritt eine neue Regelung (zum Ablauf des Strafprozesses) in einem Zeitpunkt in Kraft, in dem ein Strafverfahren bereits anhängig ist, so gilt Folgendes: Als Träger einer Vertrauensposition kommt hier neben dem Täter auch[130] der Beschuldigte in Betracht, der in dem laufenden Verfahren möglicherweise schon einzelne Dispositionen getroffen hat. Ein Vertrauen des Täters in den Verlauf des Strafverfahrens ist nach dem eben (Rn. 40) Gesagten grundsätzlich unbeachtlich. Allerdings könnte sich die Frage der Anwendbarkeit der neuen strafprozessualen Regelung auf ein anhängiges Verfahren danach richten, ob ein Vertrauen des Beschuldigten in die bestehende Rechtslage prinzipiell schutzwürdig ist. Vor diesem Hintergrund spricht einiges für den Grundsatz, dass bereits durchgeführte Prozesshandlungen durch eine später eintretende Rechtsänderung nicht rückwirkend unwirksam werden können.[131] Im Übrigen können neue strafprozessuale Regelungen (zum Ablauf des Prozesses) aber grundsätzlich auch in solchen Strafverfahren Anwendung finden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängig sind.[132]

Ausgewählte Literatur


Cremer, Hans-Joachim Der grenzüberschreitende Einsatz von Polizeibeamten nach dem deutsch-schweizerischen Polizeivertrag: ein Vorbild für die Kooperation der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung?, in: ZaöRV 2000, 103 ff.
Dannecker, Gerhard Das intertemporale Strafrecht, 1993.
Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste Voraussetzungen einer Verfolgung von Straftaten in Deutschland stationierter Angehöriger von Streitkräften der NATO-Mitgliedstaaten (WD 2 – 3000 – 149/11), 2011.
Ehlers, Peter Seeaufgabengesetz. NomosKommentar, 3. Aufl., 2016 (zit.: Ehlers, NK- SeeAufgG).
Esser, Robert/Fischer, Sebastian Festnahme von Piraterieverdächtigen auf Hoher See. Geltung des § 127 StPO im Rahmen der Operation Atalanta, in: ZIS 2009, 771 ff.
Fischer-Lescano, Andreas/Kreck, Lena Piraterie und Menschenrechte. Rechtsfragen der Bekämpfung der Piraterie im Rahmen der europäischen Operation Atalanta (ZERP-Diskussionspapier 2009/3).
Gleß, Sabine Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung, 2006.
Hackner, Thomas/Schierholt, Christian Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Ein Leitfaden für die Praxis, 2. Aufl., 2012.
Heinrich, Bernd Die Nacheile im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen, in: NStZ 1996, 361 ff.
Jäger, Christian Grund und Grenzen des Gesetzlichkeitsprinzips im Strafprozessrecht, in: GA 2006, 615 ff.
Jeßberger, Florian Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts. Grundlagen und Grenzen der Geltung des deutschen Strafrechts für Taten mit Auslandsberührung, 2011.
Krüßmann, Thomas M. Transnationales Strafprozessrecht, 2009.
Kudlich, Hans Das Gesetzlichkeitsprinzip im deutschen Strafprozessrecht, in: Kudlich/Montiel/Schuhr (Hrsg.), Gesetzlichkeit und Strafrecht, 2012, S. 233 ff.
Lagodny, Otto Traditionelles Auslieferungs- und Rechtshilferecht (horizontale Rechtshilfe), in: Sieber u.a. (Hrsg.), Europäisches Strafrecht, 2. Aufl., 2014, § 31 (S. 554 ff.).
Lenzen, Karl Das Mitführen von Waffen durch ausländische Sicherheitsbeamte in deutschen Luftfahrzeugen, in: JR 1983, 181 ff.
Mankowski, Peter/Bock, Stefanie Die internationale Zuständigkeit der deutschen Strafgerichte als eigene Kategorie des Internationalen Strafverfahrensrechts, in: JZ 2008, 555 ff.
Nagel, Karl-Friedrich Beweisaufnahme im Ausland. Rechtsgrundlagen und Praxis der internationalen Rechtshilfe für deutsche Strafverfahren, 1988.
Oehler, Dietrich Immunität, Exterritorialität und Asylrecht im internationalen Strafrecht, in: ZStW 91 (1979), 395 ff.
Oehler, Dierich Internationales Strafrecht. Geltungsbereich des Strafrechts, Internationales Rechtshilferecht, Recht der Gemeinschaften, Völkerstrafrecht, 2. Aufl., 1983.
Pföhler, Jürgen Zur Unanwendbarkeit des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots im Strafprozeßrecht in dogmenhistorischer Sicht, 1988 (zit.: Pföhler, Unanwendbarkeit).
Rüping, Hinrich Die völkerrechtliche Immunität im Strafverfahren, in: Festschrift für Kleinknecht, 1985, S. 397 ff.
Schnorr v. Carolsfeld, Ludwig Probleme des Internationalen Strafprozessrechts, in: Festschrift für Maurach, 1972, S. 615 ff.
Schreiber, Hans-Ludwig Zur Zulässigkeit der rückwirkenden Verlängerung von Verjährungsfristen früher begangener Delikte, in: ZStW 80 (1968), 348 ff.
Tiedemann, Klaus Privatdienstliche Ermittlungen im Ausland – strafprozessuales Verwertungsverbot?, in: Festschrift für Bockelmann, 1979, S. 819 ff.
Wille, Jörn Die Verfolgung strafbarer Handlungen an Bord von Schiffen und Luftfahrzeugen, 1974.

 

Anmerkungen

[1]

Insbesondere lassen sich solche Überschneidungen beim sachlichen und institutionellen Geltungsbereich aufzeigen (vgl. hierzu Abschnitt D, Rn. 23 ff.).

[2]

S. dazu Rn. 21 f.

[3]

S. dazu Rn. 35 ff.

[4]

S. dazu Rn. 29 f.

[5]

Vgl. hierzu Schnorr v. Carolsfeld, Maurach-FS, S. 615, 620.

[6]

Vgl. etwa Nr. 193 bis 199 RiStBV.

[7]

Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz wird in § 3 Abs. 3 EGStPO normiert, wonach durch Landesgesetz angeordnet werden kann, dass Forst- und Feldrügesachen durch Amtsgerichte in einem besonderen Verfahren verhandelt und entschieden werden können.

[8]

Im Hinblick auf solche Strafsachen, für die zwar besondere Gerichte zugelassen sind, jedoch die Gerichtsbarkeit durch Landesgesetz den ordentlichen Gerichten übertragen ist, findet die StPO nur insoweit Anwendung, als nicht durch Landesgesetz ein abweichendes Verfahren normiert ist (§ 3 Abs. 2 EGStPO). Die Vorschrift knüpft an § 3 Abs. 1 EGGVG an (vgl. Löwe/Rosenberg-Hilger, 26. Aufl., § 3 EGStPO Rn. 9), wonach unter anderem die Gerichtsbarkeit in Strafsachen, für welche besondere Gerichte zugelassen sind, durch Landesgesetzgebung den ordentlichen Landesgerichten übertragen werden kann.

[9]

Vgl. Löwe/Rosenberg-Hilger, 26. Aufl., § 3 EGStPO Rn. 1.

[10]

Peters, Strafprozeß, § 15 IV (S. 98).

[11]

Löwe/Rosenberg-Hilger, 26. Aufl., § 3 EGStPO Rn. 2.

[12]

Vgl. hierzu und zu weiteren Fällen ausführlich: Löwe/Rosenberg-Hilger, 26. Aufl., § 3 EGStPO Rn. 3–7.

[13]

Hierdurch wird die sinngemäße Geltung der Strafprozessordnung angeordnet.

[14]

Diese Regelung erklärt die Vorschriften des Abschnitts 9a der Strafprozessordnung für entsprechend anwendbar.

[15]

S. dazu Rn. 26 f.

[16]

Grundlegend zur Geltung des deutschen Strafrechts bei Auslandskonstellationen: Jeßberger, Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, passim.

[17]

Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts stellt eine Verfahrensvoraussetzung dar (OLG Saarbrücken NJW 1975, 506 [Ls. 2]; Kühne, Strafprozessrecht, Rn. 45; Sch/Sch-Eser, Vor §§ 3–9 Rn. 7; MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 29), deren Fehlen zu einem Verfahrenshindernis führt (BGH NJW 1986, 2895, 2895; Mankowski/Bock, JZ 2008, 555, 556; Jeßberger, Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, S. 16); besteht ein solches Verfahrenshindernis dauerhaft, so führt dies zur Einstellung des Verfahrens (Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 5 Rn. 2; Sch/Sch-Eser, Vor §§ 3–9 Rn. 7); vgl. demgegenüber zu einem behebbaren Verfahrenshindernis: BGH NJW 1995, 1844, 1845.

[18]

Kudlich betont allerdings zu Recht die strafprozessualen Implikationen des Strafanwendungsrechts, da sich aus dieser Materie „die Befugnis [ergibt], entsprechende Auslandstaten im Inland zu verfolgen“ (MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 656).

[19]

§ 1 EGStPO wurde durch Gesetz vom 19.4.2006 („Erstes Gesetz über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz“) mit Wirkung vom 25.4.2006 aufgehoben (BGBl. I S. 866, 876); in der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Die Regelung in § 1 des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung setzte dieselbe ‚im ganzen Umfang des Reichs gleichzeitig mit dem Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft‘; diese Regelung ist vollzogen“ (BT-Drs. 16/47, S. 63).

[20]

S. Rn. 4.

[21]

So auch Esser/Fischer, ZIS 2009, 771, 777.

[22]

Ansonsten wären keine außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der StPO begangenen Straftaten denkbar; vgl. in dieser Hinsicht zum Verhältnis zwischen § 10 StPO und § 4 SeeAufgG unten Rn. 19.

[23]

Andernfalls gäbe es keine auf einem solchen Fahrzeug begangenen Straftaten, die außerhalb des Geltungsbereichs der StPO verübt werden.

[24]

In diesen Fällen würde die Tatbegehung auf dem Schiff nämlich nichts daran ändern, dass die Tat „außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes“ (i.S.d. § 10 StPO) begangen wurde.

[25]

BGH NStZ 2009, 464, 465; KK-StPO-Scheuten, § 10 Rn. 1; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, § 10 Rn. 1.

[26]

Da die eben genannte zweite Voraussetzung aus zwei alternativen Unterbedingungen besteht, muss die hier zitierte überwiegende Ansicht keinesfalls alle eben genannten Voraussetzungen bejahen; dementsprechend konnte der BGH in der zuvor zitierten Entscheidung die Frage offen lassen, ob „ein Schiff nach dem Flaggenprinzip […] ‚schwimmendes Territorium‘ des Flaggenstaates ist […] oder ob die Flaggenzugehörigkeit weder der Personalhoheit noch der Territorialhoheit eines Staates zuzurechnen ist, sondern eine eigenständige Form der Anknüpfung staatlicher Hoheitsgewalt darstellt, die gleichberechtigt neben den beiden genannten Formen steht […]“ (BGH NStZ 2009, 464, 465 m.w.N.); vgl. zu dieser Frage auch Lenzen, JR 1983, 181 ff.

 

[27]

Vgl. hierzu unten Fn. 68.

[28]

Vgl. zu dieser Klassifikation aber auch: Nagel, Beweisaufnahme im Ausland, S. 20 f.

[29]

Ihre Grundlage findet diese Pflicht unter anderem in Art. 2 Nr. 1 UN-Charta (vgl. Krüßmann, Transnationales Strafprozessrecht, S. 223).

[30]

Vgl. zum Erfordernis der innerstaatlichen Berücksichtigung dieser Pflicht nach Art. 25 GG: Krüßmann, Transnationales Strafprozessrecht, S. 223; Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 25 GG Rn. 47.

[31]

Vgl. hierzu unten Rn. 14.

[32]

Jeßberger, Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, S. 138, 194 f.; Hackner/Schierholt, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rn. 35; Nagel, Beweisaufnahme im Ausland, S. 2; vgl. Gleß, Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung, S. 121; vgl. (zur Tätigkeit der deutschen Strafgerichtsbarkeit): Sch/Sch-Eser, Vor §§ 3-9 Rn. 2; vgl. (zur Durchführung gerichtlicher Verfahren): NK-Böse, Vor § 3 Rn. 12.

[33]

Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 25 GG Rn. 47; vgl. auch Tiedemann, in: Bockelmann-FS, S. 819, 821, 825.

[34]

S. dazu Kapitel D.

[35]

Vgl. zur StPO: Esser/Fischer, ZIS 2009, 771, 777.

[36]

Hierzu: BGH NStZ 2009, 464, 464 f.

[37]

Vgl. darüber hinaus zur Behandlung ausländischer Schiffe und Flugzeuge, die sich innerhalb des deutschen Hoheitsgebiets befinden: Wille, Die Verfolgung strafbarer Handlungen an Bord von Schiffen und Luftfahrzeugen, S. 52 ff., 74 ff., 189 ff. (allerdings teilweise nach alter Rechtslage); vgl. auch (in Bezug auf die genannten Schiffe): Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 15.

[38]

Für Handlungen außerhalb des Bereichs staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen existieren gesetzliche Regelungen, die beispielsweise den Kommandanten eines Luftfahrzeugs mit bestimmten Zwangsbefugnissen ausstatten (vgl. hierzu Lenzen, JR 1983, 181, 184; Wille, Die Verfolgung strafbarer Handlungen an Bord von Schiffen und Luftfahrzeugen, S. 178 ff.); zu nennen ist etwa Artikel 6 des Tokioter Abkommens über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen (Zustimmungsgesetz vom 4.2.1969 [BGBl. II S. 121]).

[39]

Vgl. Meyer-Goßner/Schnmitt, Einl. Rn. 209.

[40]

Vgl. Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 4.

[41]

MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 655; Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn. 210; Hackner/Schierholt, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rn. 35.

[42]

Hackner/Schierholt, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rn. 36; Nagel, Beweisaufnahme im Ausland, S. 4 f.

[43]

Eine Richtlinie hierzu befindet sich in Nr. 130 Abs. 2 RiVASt. Eine Länderübersicht zur Frage der Zulässigkeit von Vernehmungen durch Konsularbeamte befindet sich im Anhang II zur RiVASt.

[44]

Vgl. BGH NJW 1975, 1612, 1613; Nagel, Beweisaufnahme im Ausland, S. 7.

[45]

Vgl. hierzu → StPO Bd. 7: Milan Kuhli, Rechtsquellen des Strafverfahrensrechts, § 7 Rn. 48.

[46]

In diesen Fällen wird eine Bindung an das lokale Recht angenommen (Gleß, Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung, S. 126).

[47]

Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die grenzüberschreitende polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit vom 27.4.1999; Zustimmungsgesetz vom 25.9.2001 (BGBl. II S. 946); vgl. zum Inhalt: Cremer, ZaöRV 2000, 103 ff.

[48]

Zu den Voraussetzungen und Modalitäten vgl. Heinrich, NStZ 1996, 361, 365 f.

[49]

Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die grenzüberschreitende polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit vom 27.4.1999; Zustimmungsgesetz vom 25.9.2001 (BGBl. II S. 946); vgl. zum Inhalt: Cremer, ZaöRV 2000, 103 ff.

[50]

Vgl. Heinrich, NStZ 1996, 361, 366; Cremer, ZaöRV 2000, 103, 119.

[51]

Übereinkommen vom 29.5.2000; Zustimmungsgesetz vom 22.7.2005 (BGBl. II S. 650).

[52]

Vgl. hierzu → StPO Bd. 7: Kuhli, § 7 Rn. 64.

[53]

So bestimmt Art. 86 S. 1 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (Zustimmungsgesetz vom 2.9.1994 [BGBl. II S. 1798]), dass der für den Bereich der Hohen See geltende Teil VII dieses Abkommens für diejenigen Bereiche des Meeres gilt, „die nicht zur ausschließlichen Wirtschaftszone, zum Küstenmeer oder zu den inneren Gewässern eines Staates oder zu den Archipelgewässern eines Archipelstaats gehören“.

[54]

Ehlers, NK-SeeAufgG, § 1 Rn. 23.

[55]

Möglich sind aber auch solche Vereinbarungen, nach denen das Recht des ausländischen Staates zugrunde gelegt wird (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn. 209; Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. D Rn. 118 [„üblicherweise“]; Gleß, Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung, S. 122 [„regelmäßig“]).

[56]

Diese Feststellung gilt insbesondere auch für § 10 StPO (vgl. hierzu unten Rn. 19).

[57]

Gemeint sind etwa E-Mails, in einer Cloud gespeicherte Daten oder Nachrichten in Sozialen Netzwerken.

[58]

So auch die wohl überwiegende Ansicht (Neuhöfer, JR 2015, 21, 28; BeckOK-StPO/Graf, § 100a Rn. 243); vgl. aber auch Wicker, MMR 2013, 765, 768 f., die zumindest dann auf den Ort der Ermittlungshandlung abstellt, wenn die deutschen Strafverfolgungsbehörden innerhalb der Bundesrepublik Deutschland „über den PC oder zumindest über den Account des verdächtigen Cloud-Nutzers“ auf die Daten zugreifen. Ob dies auch dann gilt, wenn bewusst auf ausländische Server zugegriffen wird, oder nur dann, wenn der Standort des Servers im Zeitpunkt der Ermittlung unbekannt ist, bleibt hierbei offen.

[59]

MK-StPO-Günther, § 100a Rn. 231.

[60]

Zustimmungsgesetz vom 5.11.2008 (BGBl. II S. 1242).

[61]

Vgl. hierzu BeckOK-StPO/Graf, § 100a Rn. 244.

[62]

Singelnstein, NStZ 2012, 593, 597; Neuhöfer, JR 2015, 21, 28; MK-StPO-Günther, § 100a Rn. 230 f.

[63]

Jeßberger, Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, S. 138.

[64]

Vgl. die Umschreibung nach Art. 86 S. 1 SRÜ.

[65]

So zur Aufgabenzuweisung nach § 1 Nr. 3 Buchst. d SeeAufgG: Ehlers, NK-SeeAufgG, § 1 Rn. 23.

[66]

Ein Beispiel für derartiges Völkerrecht bildet das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) vom 10.12.1982 (Zustimmungsgesetz vom 2.9.1994 [BGBl. II S. 1798]) (vgl. BT-Drs. 18/5269, S. 33; Ehlers, NK-SeeAufgG, § 1 Rn. 27); vgl. zu Art. 100 i.V.m. Art. 105 SRÜ im Zusammenhang mit dem Verdacht der Seeräuberei: Esser/Fischer, ZIS 2009, 771, 778; vgl. auch Art. 111 SRÜ, der für den Bereich der Hohen See ein Recht der Nacheile normiert; darüber hinaus wird für den Bereich der Hohen See eine allgemeine völkerrechtliche Befugnis bejaht, Schiffe im Wege der Nacheile zu verfolgen (vgl. Heinrich, NStZ 1996, 361, 366 m.w.N.); vgl. demgegenüber zum Bereich fremder Hoheitsgebiete oben Rn. 13 ff.

[67]

Vgl. Ehlers, NK-SeeAufgG, § 4 Rn. 1.

[68]

Esser/Fischer (ZIS 2009, 771, 777) legen in diesem Zusammenhang überzeugend dar, dass die Geltung der StPO auf Hoher See auch nicht durch die Regelung des § 10 Abs. 1 StPO ausgeschlossen wird: Diese Vorschrift spricht zwar nach ihrem Wortlaut von einem Tatort „außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes [scil. der StPO]“, allerdings wird der Begriff des StPO-Geltungsbereichs i.S.d. § 10 StPO nach überwiegender Ansicht enger verstanden als der Bereich, in dem die StPO Anwendung finden kann: Während Letzterer nach § 4 SeeAufgG auch die Hohe See beinhaltet, umfasst der Begriff des StPO-Geltungsbereichs i.S.d. § 10 StPO nach überwiegender Ansicht nur „an Land das Gebiet innerhalb der Bundesgrenzen, an der deutschen Küste die Eigengewässer und das Küstenmeer sowie allgemein den über den vorgenannten Bereichen liegenden Luftraum“ (BGH NStZ 2009, 464, 465; KK-StPO-Scheuten, § 10 Rn. 1; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, § 10 Rn. 1); es bedeutet demnach also keineswegs einen Widerspruch, wenn die StPO über § 4 SeeAufgG im Bereich der Hohen See zur Geltung kommt, gleichzeitig jedoch angenommen wird, dass derselbe Bereich „außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes [scil. der StPO]“ (i.S.d. § 10 Abs. 1 StPO) liegt (vgl. auch Esser/Fischer, ZIS 2009, 771, 777 [Fn. 85]).

[69]

So auch Esser/Fischer, ZIS 2009, 771, 778; a.A. Fischer-Lescano/Kreck, ZERP-Diskussionspapier 2009/3, 20 f. (Soweit Fischer-Lescano/Kreck hier allerdings mit einem Umkehrschluss zu § 10a StPO argumentieren, ist dieses Argument keineswegs zwingend, da das Tatbestandsmerkmal „außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes [scil. der StPO]“ durchaus auch in einer Weise ausgelegt werden kann, wie es nach überwiegender Ansicht bei § 10 StPO der Fall ist; legt man ein solches Verständnis zugrunde, so muss der Begriff des StPO-Geltungsbereichs i.S.d. § 10a StPO keineswegs mit dem tatsächlichen räumlichen Geltungsbereich der StPO einhergehen, sodass sich ein Umkehrschluss insoweit verbietet).

[70]

Vgl. BGH NStZ 2009, 464, 465; KK-StPO-Scheuten, § 10 Rn. 1; Meyer-Goßner/Schmitt, § 10 Rn. 1.

[71]

Das deutsche materielle Strafrecht gilt bei derartigen Taten nach § 4 StGB grundsätzlich uneingeschränkt.

[72]

Meyer-Goßner/Schmitt, § 10 Rn. 1.

[73]

KK-StPO-Scheuten, § 10a Rn. 1-2; Meyer-Goßner/Schmitt, § 10a Rn. 2.

[74]

Zwar ist die Rechtsnatur der Strafverfolgungsverjährung (§§ 78 ff. StGB) umstritten (vgl. hierzu [jeweils m.w.N.]: Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 912 f.; MR/Dietmeier, § 78 Rn. 2; NK-Saliger, Vor §§ 78 ff. Rn. 3 ff.; MK-StGB/Mitsch, § 78 Rn. 1), allerdings sollen die Folgen des Eintritts dieser Verjährungsart nach überwiegender Ansicht prozessualer Art sein: Soweit Verfolgungsverjährung vorliegt, wird üblicherweise ein Prozess- bzw. Verfahrenshindernis angenommen (Jakobs, Strafrecht AT, 10. Abschnitt Rn. 22; Roxin, Strafrecht AT I, § 23 Rn. 52; Beulke, Strafprozessrecht, Rn. 281; Ostendorf, Strafprozessrecht, Rn. 93); in der Konsequenz ist das Verfahren in diesen Fällen grundsätzlich einzustellen (vgl. hierzu und zum ausnahmsweise gegebenen Erfordernis eines Freispruchs: Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 912 f. [Fn. 12]; NK-Saliger, Vor §§ 78 ff. Rn. 11; abweichend: Asholt, Verjährung im Strafrecht, 2016, S. 337, 706).

[75]

Meyer-Goßner, Einl. Rn. 205.

[76]

Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 11.

[77]

BGHSt 2, 300, 308; Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 11.

[78]

Meyer-Goßner, Einl. Rn. 205; MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 617.

[79]

Diese Vorschrift gilt für die Strafverfolgung von Abgeordneten und ordnet die deutschlandweite Wirkung bestimmter landesgesetzlicher Vorschriften an.

[80]

MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 617.

[81]

Vgl. hierzu oben Rn. 4.

[82]

§ 3 Abs. 3 EGStPO enthält eine Ausnahme zu diesem Grundsatz.

[83]

Im Hinblick auf solche Strafsachen, für welche zwar besondere Gerichte zugelassen sind, jedoch die Gerichtsbarkeit durch Landesgesetz den ordentlichen Gerichten übertragen ist, findet die StPO nur insoweit Anwendung, als nicht durch Landesgesetz ein abweichendes Verfahren normiert ist (§ 3 Abs. 2 EGStPO).