Handbuch des Strafrechts

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

[186]

Vgl. im Einzelnen zu den Rechtswirkungen von Rahmenbeschlüssen: Lorenzmeier, ZIS 2006, 576, 577 ff.

[187]

Abl. EU Nr. C 83/325 vom 30.3.2010.

[188]

Rahmenbeschluss 2008/978/JI des Rates vom 18.12.2008 über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafsachen (Abl. EU Nr. L 350/72 vom 30.12.2008).

[189]

Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.4.2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (Abl. EU Nr. L 130 vom 1.5.2014); vgl. hierzu: Böse, ZIS 2014, 152; Adick/Bülte/Rathgeber, Fiskalstrafrecht, Kap. 6 Rn. 97 ff.

[190]

Böse, ZIS 2014, 152.

[191]

Vgl. Callies/Ruffert/Kingreen, EUV/AEUV, Art. 6 EUV Rn. 6 f., Art. 52 EUGrCh Rn. 21; Jarass, EUGrCh, Art. 52 Rn. 64.

[192]

Art. 6 Abs. 2 EUV normiert einen entsprechenden „Beitrittsimperativ“ (GHN/Schorkopf, EU-Recht, Bd. I, Art. 6 EUV Rn. 37). Allerdings wurde die Übereinkunft vom 5.4.2013 über den Beitritt der EU zur EMRK in einem Gutachten des EuGH vom 18.12.2014 (Gutachten 2/13) für unionsrechtswidrig erklärt (EuGH DÖV 2016, 36); vgl. hierzu Wendel, NJW 2015, 921; Streinz, JuS 2015, 567.

[193]

Voßkuhle/Kaufhold, JuS 2016, 314.

[194]

Vgl. auch Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. C Rn. 29, dem zufolge Verwaltungsvorschriften „keine Rechtsnormenqualität“ aufweisen.

[195]

Letzte Änderung durch Bekanntmachung vom 26.11.2018 (BAnz AT 30.11.2018 B3).

[196]

Heghmanns, Strafverfahren, Rn. 29; Kühne, Strafprozessrecht, Rn. 22.

[197]

S. RiStBV, Einführung; vgl. auch BeckOK-StPO-Graf, RiStBV, Einführung Rn. 8.

[198]

So etwa Nr. 110 RiStBV, die in Konkretisierung zu § 200 StPO die formale und inhaltliche Ausgestaltung einer Anklageschrift darlegt.

[199]

Vgl. Kühne, Strafprozessrecht, Rn. 22.

[200]

So heißt es: „Die Richtlinien können wegen der Mannigfaltigkeit des Lebens nur Anleitung für den Regelfall geben. Der Staatsanwalt hat daher in jeder Strafsache selbstständig […] zu prüfen, welche Maßnahmen geboten sind. Er kann wegen der Besonderheit des Einzelfalles von den Richtlinien abweichen“ (RiStBV, Einführung).

[201]

Geltung in der Neufassung vom 27.3.2019 (BAnz AT 8.4.2019 B1).

[202]

Heghmanns, Strafverfahren, Rn. 29.

[203]

Nr. 1 Abs. 1 MiStra.

[204]

Vgl. Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 3 Rn. 9.

[205]

RiJGG, Einführung.

[206]

RiStBV, Einführung.

[207]

Laubenthal/Nestler, Strafvollstreckung, Rn. 11.

[208]

Vgl. hierzu Hackner/Schierholt, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rn. 8.

[209]

Vgl. Bruns, Lent-FS, S. 107, 115.

[210]

Weitergehend normiert § 31 Abs. 2 BVerfGG, dass bestimmten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft zukommt.

[211]

Vgl. hierzu Bruns, Lent-FS, S. 107, 115; Schaller, EuR 2006, 657, 659 f.; Haaf, Fernwirkungen, S. 23-25, 28; Christensen/Kudlich, Theorie richterlichen Begründens, S. 413 ff.; HK-StPO-Julius, § 262 Rn. 3.

[212]

Vgl. MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 578, der als Beispiel den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nennt.

[213]

Vgl. zur Entstehung von Gewohnheitsrecht im Richterrecht: Kuhli, Das Völkerstrafgesetzbuch und das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht, 2010, S. 97 ff.

[214]

Vgl. Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. C Rn. 2.

[215]

MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 578; vgl. auch Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 3 Vor Rn. 1.

[216]

Vgl. hierzu und zum Folgenden: Kuhli, Normative Tatbestandsmerkmale in der strafrichterlichen Rechtsanwendung. Institutionelle, rechtsverweisende und dichte Elemente im Strafrecht, 2018, S. 321 ff.

[217]

Vgl. Haaf, Fernwirkungen, S. 41, 46.

[218]

Kuhli, in: Effer-Uhe/Hoven/Kempny/Rösinger, Einheit der Prozessrechtswissenschaft, S. 189, 200.

[219]

Hassemer, Tatbestand und Typus, S. 57 f.; vgl. diesbezüglich auch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2002, in dem ausgeführt wird, aus dem Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG ergebe sich „kein Anspruch darauf, dass alle Gerichte gleich und zu Gunsten des Verurteilten entscheiden. Die Gerichte dürfen nur nicht objektiv willkürlich entscheiden“ (BVerfG NJW 2002, 2308, 2309); vgl. hierzu auch Maatz, StraFo 2002, 373, 378.

[220]

Vgl. Kuhli, Normative Tatbestandsmerkmale in der strafrichterlichen Rechtsanwendung. Institutionelle, rechtsverweisende und dichte Elemente im Strafrecht, 2018, S. 321 ff.; vgl. auch Haaf, Fernwirkungen, S. 41; Schmitz, Die strafrichterliche Beweiswürdigung außerstrafrechtlicher Vorfragen, 2011, S. 106.

[221]

Vgl. Kudlich/Christensen, Die Methodik des BGH in Strafsachen, S. 37 ff., 56 ff.; MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 578.

[222]

Vgl. auch Christensen/Kudlich, Theorie richterlichen Begründens, S. 411 f.; Kudlich/Christensen, Die Methodik des BGH in Strafsachen, S. 38.

[223]

Kudlich, in: ders./Montiel/Schuhr, Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 233, 244; MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 98 (jeweils m.w.N.).

[224]

Einschränkend jedoch: Jäger GA 2006, 615, 623.

3. Abschnitt: Quellen und Geltung › § 8 Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts

Milan Kuhli

§ 8 Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts

A.Einleitung1 – 3

I.Dimensionen des Geltungsbereichs1

II.Strafprozessrecht per se2, 3

B.Sachlicher Geltungsbereich4, 5

C.Räumlicher Geltungsbereich6 – 22

 

I.Territoriale Anforderungen an deutsche Strafverfolgungsmaßnahmen7 – 20

1.Rechtliche Herleitung7 – 10

a)Deutsche Rechtsordnung7, 8

b)Allgemeine Regeln des Völkerrechts9, 10

2.Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland11, 12

3.Hoheitsgebiet anderer Staaten13 – 17

a)Grenzüberschreitende Strafverfolgungstätigkeit13 – 16

aa)Grundsatz des Zustimmungserfordernisses13

bb)Völkerrechtliche Übereinkünfte und unionsrechtliche Regelungen14

cc)Zur Frage des anwendbaren Strafprozessrechts15

dd)Im Besonderen: Computerdaten auf Auslandsservern16

b)Rechtshilfe für die Bundesrepublik Deutschland17

4.Territorium seewärts des deutschen Küstenmeeres18 – 20

a)Allgemeine Rechtsgrundlagen19

b)Besondere Vorschriften zum Gerichtsstand20

II.Innerdeutsche Rechtsunterschiede21, 22

D.Institutioneller Geltungsbereich23 – 27

I.Deutsche Strafverfolgungsorgane24, 25

1.Selbstständige Tätigkeit24

2.Rechtshilfe für ausländische Verfahren25

II.Ausländische Strafverfolgungsorgane26, 27

1.Selbstständige Tätigkeit26

2.Rechtshilfe zugunsten der Bundesrepublik Deutschland27

E.Persönlicher Geltungsbereich28 – 33

I.Mitglieder diplomatischer Missionen, konsularischer Vertretungen etc.29

II.Angehörige fremder Streitkräfte30, 31

III.Parlamentarische Abgeordnete32

IV.Bundespräsident33

F.Zeitlicher Geltungsbereich34 – 41

I.Inkraftsetzung strafprozessualer Gesetze34

II.Zeitliche Wirkung gesetzlicher Änderungen35 – 41

1.Geltung des Rückwirkungsverbots im Strafprozessrecht?36

2.Rückwirkungskonstellationen37 – 41

a)Rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren39

b)Zukünftige Strafverfahren40

c)Anhängige Strafverfahren41

Ausgewählte Literatur

A. Einleitung

I. Dimensionen des Geltungsbereichs

1

Die Frage nach dem Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts lässt sich unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten: So kann man zwischen einem sachlichen (dazu B, Rn. 4 f.), einem räumlichen (dazu C, Rn. 6 ff.), einem institutionellen (dazu D, Rn. 23 ff.), einem persönlichen (dazu E, Rn. 28 ff.) und einem zeitlichen Geltungsbereich (dazu F, Rn. 34 ff.) differenzieren. Grundsätzlich ist der Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts nur dann eröffnet, wenn sämtliche der genannten Bereiche einschlägig sind. Allerdings ist die hier vorgenommene Klassifizierung keineswegs zwingend, da es durchaus Überschneidungen und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Dimensionen des Geltungsbereichs gibt.[1]

II. Strafprozessrecht per se

2

Diese Darstellung bezieht sich prinzipiell auf das deutsche Strafprozessrecht in seiner Gesamtheit. Die Geltungsbereiche einzelner strafverfahrensrechtlicher Bestimmungen können daher weitgehend ausgeblendet bleiben. Allerdings gebietet es der Sachzusammenhang, in zwei Fällen auch auf solche Geltungsfragen einzugehen, die nicht das Strafprozessrecht als Ganzes betreffen: erstens hinsichtlich der Frage, inwieweit im strafprozessualen Bereich mit landesrechtlichen Unterschieden umzugehen ist – ein Aspekt, der an eine beschränkte räumlichen Geltung des betreffenden Regelungsbereichs anknüpft[2]; zweitens hinsichtlich der Frage, inwieweit Änderungen im Bereich des Strafprozessrechts Rückwirkung entfalten können.[3]

3

Losgelöst von dem eben Gesagten ist noch auf einen gesonderten Aspekt hinzuweisen: Wenn in einem konkreten Einzelfall festzustellen ist, dass der Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts nicht eröffnet ist, so führt dies keineswegs zwingend dazu, dass keinerlei Regelung aus dieser Materie Anwendung findet. Soweit beispielsweise ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, obwohl der persönliche Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts aufgrund völkerrechtlicher Immunität des Beschuldigten nicht eröffnet ist[4], so ist das Verfahren grundsätzlich einzustellen[5] – ein Verfahrensvorgang, der sich durchaus nach deutschem Recht richtet.[6]

B. Sachlicher Geltungsbereich

4

§ 3 Abs. 1 EGStPO normiert, dass die StPO – also die maßgebliche Rechtsmaterie des deutschen Strafprozessrechts – grundsätzlich[7] auf all jene Strafsachen Anwendung findet, die vor die ordentlichen Gerichte gehören.[8] Die genannte Vorschrift steht im Kontext[9] mit § 2 EGGVG, dem zufolge das GVG auf die ordentliche Gerichtsbarkeit und deren Ausübung Anwendung findet. Die ordentliche Gerichtsbarkeit im Sinne beider Bestimmungen wird in Deutschland durch Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und durch den Bundesgerichtshof ausgeübt (§ 12 GVG).

5

Strafsachen i.S.d. § 3 Abs. 1 EGStPO sind solche Verfahren, die die Entscheidung über das Vorliegen einer vom materiellen Strafrecht erfassten tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Handlung betreffen.[10] § 3 Abs. 1 EGStPO ist unabhängig davon einschlägig, ob die Entscheidung über die in Betracht kommende Rechtsfolge eine Kriminalstrafe zum Gegenstand hat oder aber eine Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 61 StGB).[11] Aus dem Gesagten ergibt sich, dass unter anderem[12] folgende Verfahrensarten keine Strafsachen i.S.d. § 3 Abs. 1 EGStPO bilden:


Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem OWiG.
Disziplinarangelegenheiten und berufsgerichtliche Verfahren, die wegen Verstoßes gegen Berufs- und Standespflichten durchgeführt werden.
Verfahren über die Frage einer Bewilligung der Beschuldigtenauslieferung nach § 12 IRG.

In diesen Fällen wird die Strafprozessordnung nicht über § 3 Abs. 1 EGStPO in Geltung gesetzt, sondern kann nur über spezielle Regelungen Anwendung finden. Beispiele für derartige Vorschriften sind etwa § 46 Abs. 1 OWiG[13] und § 18 S. 4 IRG.[14]

C. Räumlicher Geltungsbereich

6

Die Frage des räumlichen Geltungsbereichs verweist auf unterschiedliche Problemkreise:


Zum anderen kann sich die Frage stellen, in welcher Weise mit landesrechtlichen Unterschieden im Strafprozessrecht umzugehen ist (dazu Rn. 21 f.) – ein Sonderproblem, das zwar grundsätzlich nichts an der Eröffnung des räumlichen Geltungsbereichs deutschen Strafprozessrechts ändert, das jedoch den lokalen Geltungsbereich bestimmter (landesrechtlicher) Bestimmungen des Strafprozessrechts betrifft.

I. Territoriale Anforderungen an deutsche Strafverfolgungsmaßnahmen
1. Rechtliche Herleitung

a) Deutsche Rechtsordnung

7

In der deutschen Rechtsordnung befindet sich keine ausdrückliche Vorschrift zur Frage, auf welchem Territorium solche Strafverfolgungsmaßnahmen durchgeführt werden dürfen, die auf deutsches Recht gestützt werden. Insbesondere lässt sich diese Frage auch nicht unter Rückgriff auf §§ 3 bis 7 StGB[16] beantworten, da diese Regelungen grundsätzlich nur die Anwendbarkeit des materiellen deutschen Strafrechts[17] betreffen.[18] Jenseits der §§ 3 ff. StGB gibt es zwar durchaus Vorschriften, die die Frage der Geltung der StPO zum Gegenstand haben, allerdings lassen auch sie letztlich keine gesicherten Aussagen zur Frage der räumlichen Reichweite der StPO (oder gar des Strafprozessrechts im Ganzen) zu:

 

Ebenso wenig bestimmt die Regelung des § 10 StPO den räumlichen Geltungsbereich, sondern setzt einen solchen (bezogen auf die Strafprozessordnung) höchstens voraus. Die Vorschrift regelt den Gerichtsstand, und zwar für solche Konstellationen, in denen die betreffende „Straftat auf einem Schiff, das berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen, außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen“ worden sein soll (§ 10 Abs. 1 StPO); Entsprechendes gilt nach § 10 Abs. 2 StPO für Luftfahrzeuge.

8

Allerdings lässt die zuletzt genannte Bestimmung zumindest einige Erwägungen zur Frage des in Betracht kommenden räumlichen Geltungsbereichs zu. Soweit man nämlich das in § 10 StPO enthaltene Tatbestandsmerkmal des Geltungsbereichs in räumlicher Hinsicht versteht[21], kann diese Regelung von vornherein nur dann einen praktischen Anwendungsbereich besitzen, wenn – erstens – der räumliche Geltungsbereich der Strafprozessordnung nicht grenzenlos ist[22] und wenn – zweitens – mindestens eine der beiden folgenden Voraussetzungen bejaht werden kann: Entweder dürfen die von § 10 StPO genannten Schiffe und Luftfahrzeuge nicht per se in den räumlichen Geltungsbereich der StPO fallen[23] oder aber das Tatbestandsmerkmal des Geltungsbereichs nach § 10 StPO müsste dahin gehend ausgelegt werden, dass es nicht auf das betreffende Fahrzeug an sich abstellt, sondern auf dasjenige Territorium, in dem es sich im Zeitpunkt der Tat befindet.[24] Im Ergebnis geht die überwiegende Ansicht restriktiv davon aus, dass der Begriff des StPO-Geltungsbereichs i.S.d. § 10 StPO folgendes Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland umfasst: „an Land das Gebiet innerhalb der Bundesgrenzen, an der deutschen Küste die Eigengewässer und das Küstenmeer sowie allgemein den über den vorgenannten Bereichen liegenden Luftraum“[25] – eine Ansicht, die mit den eben genannten Voraussetzungen durchaus kompatibel ist.[26] Mit dem zuletzt Gesagten ist allerdings noch nicht die Frage geklärt, ob das Tatbestandsmerkmal des StPO-Geltungsbereichs i.S.d. § 10 StPO mit dem generellen räumlichen Geltungsbereich der Strafprozessordnung oder gar des deutschen Strafprozessrechts übereinstimmt. Die Beantwortung dieser – letztlich zu verneinenden[27] – Frage macht es notwendig, im Folgenden die normativen Grenzen in den Blick zu nehmen, die sich aus den allgemeinen Regeln des Völkerrechts ergeben, die nach Art. 25 S. 1 GG auch als Bestandteil des Bundesrechts zu berücksichtigen sind.

b) Allgemeine Regeln des Völkerrechts

9

Ausgangspunkt ist der Umstand, dass Strafverfolgungshandlungen deutscher Behörden grundsätzlich Akte hoheitlicher Gewalt darstellen.[28] Aus der völkerrechtlichen Pflicht zur Wahrung fremder Gebietshoheit[29] folgt daher, dass eine deutsche Strafverfolgungstätigkeit, die ohne Einverständnis eines fremden Staates auf dessen Territorium vorgenommen wird, grundsätzlich völkerrechtswidrig ist.[30] Solange eine solche Zustimmung fehlt bzw. solange sonstige völkerrechtliche Zulässigkeitsgründe oder Ermächtigungen[31] ausscheiden, darf im Hoheitsgebiet eines fremden Staates also grundsätzlich keine deutsche Strafverfolgungsmaßnahme (z.B. Festnahme oder Vernehmung) durchgeführt werden.[32]

10

Diese völkerrechtliche Begrenzung, die nach Art. 25 S. 1 GG letztlich auch Bestandteil des deutschen Rechts ist[33], legt es nahe, für die Frage des räumlichen Geltungsbereichs deutschen Strafprozessrechts zwischen dem Staatsgebiet der Bundesrepublik (dazu Rn. 11 f.) und sonstigen Territorien (dazu Rn. 13 ff.) zu unterscheiden. Generell beziehen sich die entsprechenden Darlegungen dabei auf die Strafverfolgungstätigkeiten, die von deutschen Organen im In- und Ausland vorgenommen werden, wohingegen Strafverfolgungstätigkeiten ausländischer Organe an späterer Stelle behandelt werden.[34]

2. Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland

11

Die eben genannten völkerrechtlichen Beschränkungen gelten innerhalb des deutschen Hoheitsgebiets grundsätzlich nicht. Unproblematischer Gegenstand des räumlichen Geltungsbereichs des deutschen Strafprozessrechts dürften daher zumindest das Landgebiet innerhalb der Bundesgrenzen, die sogenannten Eigengewässer, das Küstenmeer (im völkerrechtlichen Sinne) und der über den genannten Gebieten liegende Luftraum sein[35] – ein Verständnis, das insoweit auch dem in § 10 StPO enthaltenen Tatbestandsmerkmal des StPO-Geltungsbereichs entspricht.[36] Soweit sich eine Strafverfolgungshandlung innerhalb[37] des genannten Territoriums abspielt, ist der räumliche Geltungsbereich des deutschen Strafprozessrechts daher in jedem Fall eröffnet. Dies gilt auch in (resp. auf) solchen Schiffen und Luftfahrzeugen[38], die sich innerhalb des genannten deutschen Gebiets oder Luftraums befinden und die zugleich berechtigt sind, die Bundesflagge bzw. das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.[39]

12

An der Eröffnung des räumlichen Geltungsbereichs des deutschen Strafprozessrechts ändert sich grundsätzlich auch nichts dadurch, dass der betreffende Beschuldigte während des Strafverfahrens im Ausland weilt. Zu beachten sind in diesen Fällen jedoch die strafprozessualen Bestimmungen, die eine Anwesenheit des Beschuldigten verlangen (z.B. §§ 230 ff. StPO).[40] Für die Frage, inwieweit in derartigen Konstellationen eine Kontaktaufnahme mit dem sich im Ausland aufhaltenden Beschuldigten zulässig ist, wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen.