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b) Art. 159 der Verfassung: die Einrede der Rechtswidrigkeit



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In Art. 159 der Verfassung hat der Verfassunggeber einen weiteren wichtigen Mechanismus vorgesehen. Dieser verlangt, dass die ordentlichen Gerichte „die allgemeinen, provinzialen und örtlichen Erlasse und Verordnungen nur an, insoweit sie mit den Gesetzen in Übereinstimmung stehen“. Zwar wurde dieser Artikel zunächst restriktiv ausgelegt, was wohl an einem engen Verständnis des Gewaltenteilungsgrundsatzes lag, Rechtslehre und Rechtsprechung erweiterten später aber seine Tragweite. Eine dieser Erweiterungen betrifft den Maßstab für die Kontrolle von Verwaltungsakten, die gemäß französischer Tradition auch allgemeiner und abstrakter Natur sein können und daher Norm- und Verordnungscharakter haben. Denn in Art. 159 wird festgehalten, dass die Gerichte solche Rechtsakte nur insoweit anwenden, als sie gesetzeskonform sind. In der heutigen Zeit wird der Begriff „Gesetz“ dahingehend ausgelegt, dass es sich bei dem anzulegenden Kontrollmaßstab nicht nur um Normen mit Gesetzesrang handelt, sondern um jede höherrangige Norm. Diese Auslegung macht die Überprüfung eines Verwaltungsakts anhand der Verfassung möglich.



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Entsprechend sind die Gerichte verpflichtet, die Anwendung eines Verwaltungsaktes zu verweigern, wenn dieser mit einer höheren Norm unvereinbar ist. Auch wenn es sich nicht um eine wirkliche Aufhebung handelt (die Norm gilt weiter), führt diese Nichtanwendung

in casu

 zweifellos zu einer Sicherung der Verfassungsmäßigkeit.



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In Belgien wurde also von Beginn an durch den Kassationshof eine Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit gerichtlicher Entscheidungen gewährleistet. Auch kam es, in Anwendung von Art. 159 der Verfassung, schon bald zu einer entsprechenden Kontrolle von Rechtsverordnungen. Dass darüber hinaus in der Verfassung keine weitergehende Verfassungskontrolle geregelt ist, erscheint als Ausdruck der Weigerung, eine Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von

Gesetzesnormen

 einzuführen oder zu erlauben. Diese Auslegung entspricht dem Mythos des unfehlbaren Gesetzgebers als Erbe der Französischen Revolution, der zum Zeitpunkt der Gründung des belgischen Staates noch sehr verbreitet war. Der Kassationshof hat sich dieser Auffassung ausdrücklich angeschlossen, indem er in einem Entscheid vom 23. Juli 1849 festhielt, dass: „die in ihrem Bereich unabhängige gesetzgebende Gewalt alleine über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze befindet obliegt also nicht der rechtsprechenden Gewalt, die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zu untersuchen“.



§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof

 › I. Entstehung und Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Belgien › 2. Die weitere Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg






2. Die weitere Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg



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Erst ein Jahrhundert später entwickelte sich die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit einen wichtigen Schritt weiter. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schuf der Gesetzgeber ein neues, von den bisherigen Gerichten unabhängiges Gericht, den Staatsrat, der insbesondere damit betraut wurde, die gegen Regierungs- oder Verwaltungsakte eingelegten Rechtsmittel zu prüfen (a). Der Kassationshof seinerseits nahm Abstand von dem zuvor verfolgten Ansatz und vertrat von nun an einen völlig neuen Standpunkt hinsichtlich der Verfassungskontrolle von Gesetzesnormen (b).






a) Die Schaffung des Staatsrates im Jahre 1946



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Der durch Gesetz vom 23. Dezember 1946 geschaffene Staatsrat wurde am 9. Oktober 1948 feierlich eingesetzt. Seine verfassungsrechtliche Verankerung erfolgte allerdings erst 1993 mit der Einfügung eines neuen Art. 160 in die Verfassung. Der Staatsrat ist organisatorisch zweigliedrig strukturiert: in eine Gesetzgebungsabteilung und eine Abteilung für Verwaltungsstreitsachen. Erstere ist mit einer beratenden und präventiven Rolle bei der Ausarbeitung der Gesetze betraut, während die Zuständigkeit der zweiten in der Aussetzung und Aufhebung von Verwaltungsakten besteht, die den geltenden Rechtsvorschriften widersprechen (Art. 14 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat). Diese Abteilung befindet ebenfalls über Rechtsmittel, die gegen die Entscheidungen von untergeordneten Verwaltungsgerichten eingelegt werden.



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Mit der Einrichtung des Staatsrates (Abteilung für Verwaltungsstreitsachen) wurde also die in Art. 159 der Verfassung vorgesehene Gesetzmäßigkeitskontrolle ergänzt. Verwaltungsakte, die gegen eine übergeordnete Norm verstoßen, werden nunmehr vom Staatsrat mit Erga-omnes-Wirkung annulliert. Allerdings ist bei der durch den Staatsrat erfolgten Annullierung der Norm die Einhaltung einer Frist zu beachten.



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Die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dieser Verwaltungsakte wird somit zwischen der rechtsprechenden Gewalt und dem Staatsrat aufgeteilt: Eine dezentrale Kontrolle erfolgt durch die rechtsprechende Gewalt anhand von Art. 159 der Verfassung, eine konzentrierte Kontrolle durch den Staatsrat auf der Grundlage von Art. 14 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat. Eine solche prozedurale und institutionelle Zweiteilung zieht notwendigerweise unterschiedliche Sichtweisen nach sich.






b) Der Waleffe-Entscheid des Kassationshofes vom 20. April 1950



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Der Kassationshof hatte im Jahre 1849 die grundsätzliche Aussage getroffen, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze obliege nicht der rechtsprechenden Gewalt. Dieser Ansatz wurde im Laufe der Zeit schrittweise aufgeweicht.



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Mit dem berühmten

Waleffe

-Entscheid vom 20. April 1950 leitete der Kassationshof eine Rechtsprechung ein, die auf dem Postulat gründet, der Gesetzgeber nehme grundsätzlich immer eine verfassungskonforme Haltung ein und gestatte der Exekutive daher nicht, eine verfassungswidrige Maßnahme zu erlassen. Mit anderen Worten: Wenn eine gesetzesausführende Verwaltungsmaßnahme verfassungswidrig erscheint, so ist diese Verfassungswidrigkeit grundsätzlich in der Verwaltungsmaßnahme selbst und nicht im Gesetz zu verorten. Gesetze werden also als a priori verfassungs

konform

 angesehen. Insofern begründet der Kassationshof mit seinem

Waleffe

-Entscheid die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze. Aber hinter dieser weiterhin bestehenden Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber verbirgt sich natürlich Potential für eine ganz neue Entwicklung der Rechtsprechung. Da juristische Vermutungen in der Regel widerlegbar sind, hat der Kassationshof mit seiner Aussage indirekt die Tür dafür geöffnet, eines Tages ein Gesetz für

nicht

 verfassungskonform zu erklären.



§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof

 › I. Entstehung und Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Belgien › 3. Die vom Kassationshof entfachte Debatte der siebziger Jahre






3. Die vom Kassationshof entfachte Debatte der siebziger Jahre



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Der Kassationshof verfolgte diese Richtung weiter und 20 Jahre später war es dann so weit: Am 3. Mai 1974 erließ er den umstrittenen Entscheid

Le Compte

. Auch wenn diese Entscheidung zu vielen, oft sogar gegensätzlichen Interpretationen Anlass gegeben hat, lässt sich nur schwer bestreiten, dass der Kassationshof sich tatsächlich zum ersten Mal in seiner Geschichte über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes geäußert hat. Der Gerichtshof begründet diese Kontrolle mit äußerster Vorsicht, aber – und dies ist wesentlich – er behauptet nicht mehr wie in der Vergangenheit, dass die Gerichte nicht zur Verfassungskontrolle von Gesetzen befugt sind. Diese über viele Jahrzehnte in den Entscheidungen des Kassationshofes wiederholte Formel fehlt nun – und es handelt sich hierbei natürlich nicht um ein Versehen bei der Abfassung dieses Urteils. Gleichwohl folgt der Gerichtshof aber auch nicht den Schlussanträgen des Generalprokurators Ganshof van der Meersch, der den Hof ermutigt hatte, explizit in seinem Urteil zu erklären, dass die Gerichte zur Verfassungskontrolle von Gesetzen befugt seien.



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Diese Entscheidung rief im Parlament heftige Reaktionen hervor. Am 7. Mai 1975 wurde auf Initiative der Senatoren Pierson und De Stexhe ein Gesetzesvorschlag über „die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und Dekrete“ im Senat eingebracht. Der Senat verabschiedete am 27. Juni 1975 den einzigen Artikel: „ie Gerichtshöfe und Gerichte sind nicht Richter über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und Dekrete.“ Alsbald wurde die Abgeordnetenkammer mit dem vom Senat verabschiedeten Entwurf befasst; dieser wurde hier jedoch nicht behandelt, sodass die Gesetzesinitiative im Sande verlief.



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Der gleichwohl deutliche Widerstand des Parlaments gegen die gerichtliche Verfassungskontrolle stellte jedoch eine Tatsache dar, die von niemandem, auch nicht vom Kassationshof, ignoriert werden konnte. Dieser hat daher auch davon abgesehen, sich weiter vorzuwagen, als er es in dem Entscheid

Le Compte

getan hatte.



§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof

 › I. Entstehung und Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Belgien › 4. Die Schaffung des Schiedshofes 1983

 






4. Die Schaffung des Schiedshofes 1983



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In diesen Konflikt zwischen Kassationshof und Parlament tritt die Schaffung des Schiedshofes, der später die Bezeichnung Verfassungsgerichtshof erhält. Auch wenn die Behauptung, die Einrichtung eines Verfassungsgerichtshofes sei motiviert durch das Bemühen um eine Lösung dieses Konfliktes, nicht völlig unzutreffend ist, so besteht doch der wichtigste Grund in der Umwandlung des Einheitsstaats in einen Föderalstaat. Die Verteilung der gesetzgebenden Kompetenzen auf die Föderalbehörde (also den Bund) , die Gemeinschaften und die Regionen geht unweigerlich mit der Möglichkeit einher, dass die Normen der verschiedenen Rechtsetzer miteinander in Konflikt geraten. Im Übrigen ist die eher ungewöhnliche Bezeichnung, mit der dieser Gerichtshof bei seiner Schaffung bedacht wurde, in Bezug auf den ursprünglichen Auftrag, mit dem er betraut wurde, aussagekräftig. Denn seine Aufgabe bestand ausschließlich darin, Kompetenzkonflikte zwischen den verschiedenen Ebenen des Föderalstaates als Schiedsrichter zu schlichten.



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Der Schiedshof wurde 1980 in Art. 142 (dem früheren Art. 107

ter

) der Verfassung festgeschrieben. Demnach gibt es für ganz Belgien einen Verfassungsgerichtshof, dessen Zusammensetzung, Zuständigkeit und Arbeitsweise durch Gesetz bestimmt werden. Die Umsetzung von Art. 142 erfolgte zunächst durch das Gesetz vom 28. Juni 1983 über die Organisation, Zuständigkeit und Arbeitsweise des Schiedshofes. Einige Jahre später wurde dieses Gesetz durch das mit Zweidrittelmehrheit verabschiedete Sondergesetz vom 6. Januar 1989 (SGVerfGH) ersetzt, das Organisation, Zuständigkeit, Arbeitsweise, Verfahren und Wirkung der Entscheidungen des Gerichtshofes regelt.



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Der Schiedshof wurde am 1. Oktober 1984 offiziell eingesetzt und erließ sein erstes Urteil am 5. April 1985.






a) Misstrauen als Geburtshelfer



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Eine ganze Reihe von Indizien lässt darauf schließen, dass die Schaffung des Schiedshofes in einem gewissen Klima des Misstrauens erfolgte. Davon zeugt vor allem der Umstand, dass die Zuständigkeiten des Gerichtshofes zu Beginn auf ein Mindestmaß beschränkt waren. Zudem war dessen gemischte Zusammensetzung – bei den zwölf Richtern des Gerichtshofes handelt es sich zur Hälfte um Juristen und zur Hälfte um ehemalige Parlamentarier – ebenfalls eine

conditio sine qua non

 für die Schaffung des Gerichtshofes. Auf diese Weise setzte das Föderalparlament, dessen Entscheidungen von nun an einer Kontrolle durch den Gerichtshof unterworfen sein würden, im Gegenzug die Anwesenheit ehemaliger Mitglieder aus den eigenen Reihen innerhalb dieser Institution durch. Nicht zuletzt belegt auch die sprachliche Parität in der Zusammensetzung des Gerichtshofes, die Französisch- und Niederländischsprachigen eine gleiche Vertretung zusichert, dieses Klima des Misstrauens.



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Die ersten Schritte des Gerichtshofes wurden aber nicht nur von der Politik (und insbesondere vom Parlament) mit Argwohn beäugt. Die Vertreter des Justizwesens zeigten ebenfalls „wenig Interesse daran, sich die Aufgabe des Hüters der Grundrechte entziehen zu lassen“. Diesen Vorbehalten wurde entgegengewirkt, indem man der rechtsprechenden Gewalt garantierte, dass die Schaffung dieses Gerichtshofes die Zuständigkeiten der bestehenden Gerichte (einschließlich des Kassationshofes und des Staatsrates) keineswegs beeinträchtigen werde. In der Tat erfolgt die Aufteilung der Rechtssachen nach der Art der streitgegenständlichen Norm: „Die gerichtliche Kontrolle, mit der

a posteriori

 die Beachtung der Kompetenznormen gewährleistet werden soll, (…) erfolgt entsprechend der streitgegenständlichen Norm zwischen drei Richtern, wobei der Schiedshof für die Normen mit legislativem Rang, der Staatsrat und die Gerichtshöfe und Gerichte für die anderen Normen zuständig sind“.



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Der neue Gerichtshof ergänzte also die bestehenden Gerichtsbarkeiten, ohne dass dabei deren Zuständigkeiten angetastet wurden.






b) Die Erweiterung der Zuständigkeiten des Gerichtshofes



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Diese eher feindselige Grundstimmung verhinderte jedoch nicht die Entwicklung des Gerichtshofes. Seine Zuständigkeiten erfuhren teils aus eigener Initiative, teils auf Initiative des Parlaments eine Erweiterung. So wurde seine ursprüngliche Schlichtungskompetenz zwischen den verschiedenen Ebenen des Föderalstaates im Jahre 1988 um die Kontrolle der Konformität der Gesetze, Dekrete und Ordonnanzen mit den Art. 10, 11 und 24 der Verfassung und im Jahre 2003 mit dem gesamten Titel II der Verfassung sowie den Art. 170, 172 und 191 der Verfassung ergänzt.



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Angesichts dieser Entwicklungen wird deutlich, dass die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesnormen in Belgien erst in jüngerer Zeit – mit ihrer Einführung im Jahre 1983 – verankert wurde, während die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Administrativakte und des Richterrechts

(normes juridictionnelles)

 bereits seit der Schaffung des Königreichs besteht.



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Zudem ist anzumerken, dass die Einsetzung eines Verfassungsgerichtshofes in Belgien nicht im Rahmen der Wiedereinführung der Demokratie oder der Stärkung des Grundrechtsschutzes erfolgte, wie dies in zahlreichen europäischen Ländern der Fall war (Deutschland, Italien, Spanien oder Portugal). In Belgien lag der Grund für die Einführung der Verfassungskontrolle vor allem in den Schwierigkeiten struktureller Art, mit denen der Staat seit den 1970er-Jahren zu kämpfen hatte, nämlich dem progressiven Herausbilden des Föderalismus und der sich daraus ergebenden Koexistenz unterschiedlicher Gesetzgeber. Daher ist es nicht abwegig zu behaupten, dass der belgische Verfassungsgerichtshof ohne die Umwandlung Belgiens in einen Föderalstaat vielleicht nie entstanden wäre.



§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof

 › II. Der belgische Verfassungsgerichtshof





II. Der belgische Verfassungsgerichtshof



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Auch wenn es sich bei dem Verfassungsgerichtshof um ein ständiges und unabhängiges Gericht handelt, wie dies für die meisten sogenannten ordentlichen Gerichte der Fall ist (1.), zeichnen sich das Statut, die Zuständigkeiten und das anwendbare Verfahren doch durch Besonderheiten aus. Dieser Teil des Beitrags ist daher der Zusammensetzung und der Organisation des Gerichtshofes (2.), seinen besonderen Zuständigkeiten (3.), und den Besonderheiten des Verfahrens gewidmet (4.). Hier bietet sich auch die Gelegenheit zu einer kurzen Analyse der Natur der vom Gerichtshof getroffenen Entscheidungen und ihrer Wirkungen (5.).



§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof

 › II. Der belgische Verfassungsgerichtshof › 1. Ein ständiges und unabhängiges Gericht






1. Ein ständiges und unabhängiges Gericht



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Der Verfassungsgerichtshof ist ein unabhängiges Gericht. Da er wesentlich später als die entsprechenden Einrichtungen in den anderen westeuropäischen Ländern, mit der bemerkenswerten Ausnahme der Niederlande und des Vereinigten Königreichs, entstand, musste er sich in eine bereits bestehende Struktur aus verschiedenen, auf ihre Kompetenzen pochenden Einrichtungen einfügen. Die ihm anvertrauten Aufgaben ermöglichten es ihm jedoch, eine besondere Stellung einzunehmen, durch die ihm schließlich eine große Unabhängigkeit zuteilwurde, und zwar sowohl gegenüber der rechtsprechenden als auch gegenüber der legislativen und exekutiven Gewalt. Insofern steht der Gerichtshof außerhalb des bedeutsamen Triptychons von Montesquieu.



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Die örtliche Ansiedlung des Gerichtshofes auf halbem Weg zwischen dem Palast der Nation, Sitz des Föderalparlaments, und dem Justizpalast bestätigt sozusagen symbolhaft seinen dualen Charakter. Denn er vollendet das Werk der Gesetzesentstehung im Gewand der Rechtsprechung.



§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof

 › II. Der belgische Verfassungsgerichtshof › 2. Die Zusammensetzung und die Organisation des Gerichtshofes






2. Die Zusammensetzung und die Organisation des Gerichtshofes



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Gegenstand dieses Abschnitts ist zunächst die Zusammensetzung (a) und sodann die Organisation (b) des Gerichtshofes.






a) Die Zusammensetzung des Gerichtshofes



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Der Verfassungsgerichtshof handelt unter Mitwirkung verschiedener Akteure