Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden

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d) Schuldunfähigkeit

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Nach § 7 Abs. 1 StVG haftet der Halter, wenn der Fahrer plötzlich bewusstlos wird und dann ein Sach- oder Personenschaden eintritt. Im Rahmen der Verschuldenshaftung entfällt bei „Schuldlosigkeit“ die Haftung des Fahrers. Dies aber nur dann, wenn die Bewusstlosigkeit oder der Anfall für den Fahrer unvorhersehbar war. Hatte er Anlass, an seiner Fahrtüchtigkeit zu zweifeln (Krankheit, Alter, Witterung usw.), so durfte er die Fahrt nicht antreten. Er muss, wenn er bei gewissenhafter Prüfung seine Fahruntüchtigkeit erkennen konnte, die Fahrt abbrechen. Für eine plötzliche und unvorhersehbare Bewusstlosigkeit (Anfall) ist er beweispflichtig.[7] Gelingt ihm dieser Beweis, so haftet er u.U. nach § 829 BGB.

e) Ersatzberechtigte

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Ersatzberechtigte sind unmittelbar geschädigte natürliche und juristische Personen. Ferner Anspruchsberechtigte nach §§ 844, 845 BGB. Auch nahe Angehörige, die einen Schockschaden erlitten haben (s. Rn. 122 f.). Eine Mutter, die zur Rettung ihres Kindes eine Niere spendet, hat einen direkten Anspruch gegen den Arzt als Schädiger, der schuldhaft die einzige Niere des Kindes entfernt hat.[8]

Anspruchsberechtigt ist auch ein Kind, welches infolge eines von der Mutter während der Schwangerschaft erlittenen Unfalls geschädigt zur Welt kommt.[9]

f) Mittelbar Geschädigte/Vermögensschaden

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Mittelbar geschädigt ist, wer weder körperlich verletzt, noch dessen Sachen beschädigt worden sind, aber dennoch durch das Schadensereignis einen Vermögensschaden davongetragen hat. Diesem „Geschädigten“ steht kein Ersatzanspruch zu.[10]

Durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (s. Kap. 4 Rn. 241) wird der Betrieb in seinem Bestand geschützt. Ein betriebsbezogener, ersatzpflichtiger Eingriff liegt nicht vor, wenn ein Betriebsangehöriger verletzt wird und eine Hilfskraft angestellt werden muss.[11]

Ebenso nicht, wenn außerhalb des Betriebes die Stromleitung mit der Folge einer zeitweiligen Betriebsunterbrechung beschädigt wird.[12]

Kein Ersatzanspruch besteht bei Unterbrechung des Fernsprechanschlusses.[13]

Tritt jedoch durch Stromausfall ein Sachschaden ein, z.B. durch Schädigung von Bruteiern in einer Geflügelfarm, so ist dieser zu erstatten.[14]

Wird ein Grundstück, welches mit einem dinglichen Recht belastet ist, dort eine unterirdische Ferngasleitung zu betreiben, mit einem Bagger befahren, kann dies zu einem Schadensersatzanspruch (z.B. Leitungsüberprüfungskosten) wegen Verletzung eines sonstigen Rechts i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB führen.[15]

Auch der berechtigte Besitz an einer Sache ist von § 823 Abs. 1 BGB als sonstiges Recht geschützt. In Bezug auf Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit der Sache ist er jedoch deliktsrechtlich nicht weitergehend geschützt als der Eigentümer.[16]

g) Verkehrssicherungspflicht

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Ein Verstoß gegen diese Pflicht liegt vor, wenn der Fahrer einen Schaden verursacht, den er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt und bei zumutbarer Rücksichtnahme auf die Interessen anderer hätte vermeiden können.[17] Für den Straßenverkehr ist dieser Grundsatz in § 1 StVO festgeschrieben.

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › II. Verschuldenshaftung › 2. Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB

2. Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB

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Ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die dazu dient, den Einzelnen, bzw. einen Personenkreis, vor einer bestimmten Schädigung zu bewahren. Bei Verletzung einer als Schutzgesetz dienenden Norm kann nur derjenige Ersatzansprüche geltend machen, zu dessen Schutz sie erlassen wurde, und auch nur wegen des Schadens, den sie verhüten soll.[18] Für den Verkehr enthalten insbesondere die StVO und StVZO und das StGB eine Anzahl von Schutzvorschriften. So dient z.B. § 2 StVO nur dem Schutz der in Längsrichtung die Straße befahrenden Teilnehmer, nicht aber derjenigen, die diese überqueren oder in diese einbiegen.[19]

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Im Gegensatz zu § 823 Abs. 1 BGB muss der Geschädigte nicht ein Verschulden des Inanspruchgenommenen beweisen. Er muss nur den objektiven Verstoß gegen ein Schutzgesetz dartun. Es tritt eine allgemeine Beweislastumkehr ein, der Inanspruchgenommene muss sich entlasten.[20]

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › II. Verschuldenshaftung › 3. Haftung des Halters für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB

3. Haftung des Halters für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB

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Die Haftung des Halters/Eigentümers nach § 831 BGB setzt eine objektive und widerrechtliche Handlung des Verrichtungsgehilfen (Fahrer, Beifahrer, Schaffner) voraus. Verrichtungsgehilfe ist, wem vom Halter (oder dessen Beauftragten) Tätigkeiten übertragen worden sind, die er weisungsgemäß auszuführen hat.[21]

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Rechtswidrigkeit liegt bei Verletzung eines geschützten Rechtsgutes (s. Rn. 78) oder eines Schutzgesetzes (s. Rn. 85 f.) vor. Der Geschädigte hat die Verletzungshandlung und ihre Folgen, der Halter das verkehrsrichtige (ordnungsgemäße) Verhalten des Verrichtungsgehilfen zu beweisen.[22] Gelingt dem Halter dieser Beweis, so entfällt seine Haftung nach § 831 BGB (s. Rn. 326 f.).

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Ist der Schadenfall durch eine widerrechtliche Handlung des Verrichtungsgehilfen in Ausübung der Verrichtung[23] verursacht worden, so haftet der Halter für seinen Fahrer, wenn er nicht nachweist, dass er den Fahrer bei Einstellung sorgfältig ausgewählt, also durch Vorlage der Zeugnisse, der Fahrerlaubnis[24] und Einholung von Auskünften sich von der Befähigung überzeugt und ihn während seiner Tätigkeit gut überwacht hat. An die Auswahl- und Überwachungspflicht des Halters werden hohe Ansprüche gestellt. Eine Auswertung des Fahrtenschreibers ist nicht ausreichend. Vielmehr muss der Lkw-Halter/Arbeitgeber die Fahrweise seines angestellten Fahrers überwachen. Kontrollfahrten könnten geboten sein, bei denen er die Fahrweise von einem anderen Kfz aus beobachtet.[25] Dies insbesondere bei Gefahrguttransporten.[26]

90

Der Halter kann sich auch durch den Nachweis entlasten, dass er die Auswahl und Überwachung einem bewährten und zuverlässigen höheren Angestellten übertragen hat (dezentralisierter Entlastungsbeweis); jedoch hat er dann für allgemeine Sicherheits- und Aufsichtsanordnungen zu sorgen, nach denen sich der Angestellte richten muss, und sich von Zeit zu Zeit davon zu überzeugen, dass die Anweisungen auch durchgeführt werden.[27]

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Der mitfahrende Eigentümer/Halter braucht einen zuverlässigen Fahrer während der Fahrt nicht ständig zu überwachen.[28]

Anders ist es, wenn er eine unvorsichtige Fahrweise bemerkt. Er muss z.B. auf die Fahrweise Einfluss nehmen, wenn die Fahrt über eine besonders glatte und enge Straße ungewöhnliche Gefahrenmomente bietet und sie an die Fahrkunst des Fahrers, der noch nicht lange einen Führerschein besitzt, hohe Anforderungen stellt.[29]

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › II. Verschuldenshaftung › 4. Kinder (§ 828 BGB)

4. Kinder[30] (§ 828 BGB)

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Kinder bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres haften nicht für durch sie verursachte Schäden, weil sie gemäß § 828 Abs. 1 BGB nicht deliktsfähig sind. Mangels Zurechnungsfähigkeit trifft diese Personen auch kein Mitverschulden nach §§ 254 BGB, 9 StVG. Weil auch ältere Kinder im Straßenverkehr aufgrund ihrer Entwicklung überfordert sind, hat der Gesetzgeber in § 828 Abs. 2 BGB Kinder vom vollendeten siebenten Lebensjahr bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres den deliktsunfähigen Personen gleichgesetzt, sofern es sich um Unfälle mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn handelt (s.o. Rn. 42 ff.). Dies bedeutet, dass Kinder bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres für jede Form von Fahrlässigkeit im Straßenverkehr nicht haften und sie hinsichtlich eigener Ansprüche auch kein Mitverschulden trifft. Haftet weder der Halter noch eine andere (versicherte) Person, bleibt das Kind ungeschützt. Zur regelmäßig nicht gegebenen Haftung des Halters eines ordnungsgemäß geparkten Kfz bei fehlender Überforderungssituation des Kindes, vgl. Rn. 42 ff.

 

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In Ausnahmefällen kann zugunsten des durch ein Kind Geschädigten die Billigkeitshaftung des § 829 BGB eingreifen. Auch kann die Haftung des Aufsichtspflichtigen aus § 832 BGB gegeben sein. Die Haftungsprivilegierung des § 828 Abs. 2 BGB darf jedoch nicht durch eine Verschärfung der Aufsichtspflicht unterlaufen werden.[31]

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Hat ein Fahrer einen Unfall mit einem Kind bis zum vollendeten 10. Lebensjahr „mitverschuldet“, so haftet er für den materiellen und immateriellen Schaden voll; trifft ihn kein Verschulden, kann er jedoch nicht den Nachweis höherer Gewalt führen, so haftet er im Rahmen des § 12 StVG. Auch wenn ein Kind den Unfall überwiegend verursacht hat, sind seine Ansprüche nicht aus „Billigkeitsgründen“ zu kürzen.[32] Der Halter wird sich gegenüber Kindern bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres praktisch nie entlasten können, d.h. er haftet im Rahmen des § 12 StVG auch für Schmerzensgeldansprüche des Kindes. Zur existenzgefährdenden Haftung Minderjähriger s. BVerfG NZV 1999, 39.

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Kinder nach Vollendung des 10. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres haften gemäß § 828 Abs. 3 BGB. Danach ist entscheidend, ob ein Kind der genannten Altersgruppe bei Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Ist dies nicht der Fall, haftet der beschränkt Deliktsfähige nicht. Zurechnungsfähigkeit ist gegeben, solange das Kind nicht die gesetzliche Vermutung widerlegt, dass es die Fähigkeit besitzt, seine Verantwortung als Folge der Gefährlichkeit seines Tuns oder Unterlassens zu erkennen.[33] Eine Haftung des Kindes setzt auch Verschulden voraus. Ein solches liegt nur vor, wenn der Geschädigte beweist, dass das Kind die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat. Hierbei ist darauf abzustellen, ob das Kind nach dem allgemeinen Stand der Entwicklung seiner Altersgruppe die zur Bejahung seiner Fahrlässigkeit erforderliche Reife hatte.[34] Hierbei sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, wie z.B. Spieltrieb, Impulsivität und Affektionen.[35]

96

Wird das Kind verletzt, ist zur Prüfung seines Mitverschuldens entsprechend zu verfahren.

Auch wenn ein Kind erst wenige Tage das 10. Lebensjahr vollendet hat, kann eine Alleinhaftung des Minderjährigen gegeben sein, wenn ein objektiv und altersspezifisch subjektiv besonders schweres Verschulden vorliegt.[36]

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Wird ein Fahrer aufgrund Fehlverhalten eines Kindes zum Ausweichen gezwungen und hierbei verletzt oder sein Fahrzeug beschädigt, so stehen ihm Ansprüche nach §§ 677 ff. BGB nur dann zu, wenn er den Beweis höherer Gewalt[37] (s. Rn. 34 ff.) erbringt. Den Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hinsichtlich der Geschäftsführung ohne Auftrag hat der BGH hälftig gekürzt.[38]

Zu den Sorgfaltspflichten des Fahrers gegenüber Kindern s. Rn. 279 ff.

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › II. Verschuldenshaftung › 5. Billigkeitshaftung nach § 829 BGB

5. Billigkeitshaftung nach § 829 BGB

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Nach § 827 BGB ist für einen Schaden nicht verantwortlich, wer im Zustand der Bewusstlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen einen „Schaden“ zufügt. Er hat jedoch nach § 829 BGB den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalt sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

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Wird ein Fahrer bewusstlos oder bricht er infolge Erkrankung zusammen und tritt dadurch ein Sach- oder Personenschaden ein, so haftet der Halter und dessen KH-Versicherer nach § 7 Abs. 1 StVG für den eingetretenen Schaden (s. Rn. 332 u. 81).

Erhält der Geschädigte bereits vollen Ersatz seiner materiellen Schäden nach dem StVG, so kommt ein Schmerzensgeld nach §§ 829, 847 BGB a.F. nur in Betracht, wenn aufgrund seiner schweren Verletzungen es die Billigkeit erfordert, ihm über den materiellen Schaden hinaus ein Schmerzensgeld zukommen zu lassen. Für Schadenfälle ab dem 1.8.2002 umfasst der Anspruch gegen den Halter aus § 7 Abs. 1 StVG bereits ein angemessenes Schmerzensgeld, sodass hier zusätzliche Ansprüche aus § 829 BGB grundsätzlich nicht bestehen dürften. Hierbei kann der Umstand berücksichtigt werden, dass für den schuldlos handelnden Schädiger Versicherungsschutz aufgrund einer Kfz-Pflichtversicherung besteht.[39]

Eine „Billigkeitshaftung“ könnte in Betracht kommen, wenn das Kind im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung Versicherungsschutz genießt.

Anmerkungen

[1]

Palandt Rn. 13 zu § 823 BGB.

[2]

Palandt Rn. 20 und Rn. 133 ff. zu § 823 BGB.

[3]

BGH VersR 1954, 591; 1971, 239 u. 806; 1972, 1039; 1973, 145.

[4]

BGH VersR 1958, 268.

[5]

BGH VersR 1986, 766.

[6]

BGH VersR 1958, 361 (Handeln muss objektiv rechtswidrig sein).

[7]

BGH VersR 1995, 430 = NJW 1995, 795 (zur Verantwortlichkeit eines an einem Anfallsleiden Erkrankten); NJW 1988, 909 = VersR 1988, 388 (zum „altersbedingten Ausfall“);VersR 1986, 1241 = NJW 1987, 121 (zur Beweislast).

[8]

BGH VersR 1987, 1040.

[9]

BGH NJW 1985, 1390.

[10]

BGH VersR 2008, 1697, im Fall eines Arbeitgebers, der wegen der unfallbedingten Verletzung eines Arbeitnehmers nicht einen Anspruch auf fortgezahlten Lohn nach § 6 EFZG (also aus gesetzlich übergegangenem Recht), sondern entgangenen Gewinn geltend macht.

[11]

BGH VersR 2017, 304; VersR 2008, 1697; OLG Stuttgart NJW 1984, 1904; LG Berlin SP 2013, 12.

[12]

BGHZ 29, 65; OLG Hamm NJW 1990, 1487.

[13]

OLG Oldenburg VersR 1975, 866.

[14]

BGHZ 41, 123.

[15]

BGH RuS 2012, 200 f.

[16]

BGH VersR 2015, 250.

[17]

S. Palandt Rn. 45 ff., 186 ff. und 232 ff. zu § 823 BGB.

[18]

BGH NJW 1989, 2616; OLG Celle SP 2011, 287, beide Urteile auch zu § 7 StVG; Palandt Rn. 56 ff. zu § 823 BGB.

[19]

BGH VersR 1963, 163; 1964, 1069; 1975, 37; 1977, 524; 1981, 837 s. Rn. 146 (Halteverbot).

[20]

BGH VersR 1961, 231.

[21]

BGH VersR 1960, 354.

[22]

BGH NJW 1957, 785 = VersR 1957, 288; NJW-RR 1987, 1048 = VersR 1987, 906; kritische Anm. Weber DAR 1988, 190.

[23]

BGH VersR 1966, 1074; VersR 1969, 1025 (nicht bei Privatfahrten des Angestellten); DB 1970, 2314 (nicht bei Schwarzfahrt).

[24]

BGH VersR 1988, 1017 = RuS 1988, 251; VersR 1957, 463 (Omnibusfahrer); OLG Karlsruhe RuS 1987, 302; OLG Köln VersR 1969, 741.

[25]

BGH VersR 1984, 67;1983, 668; 1970 1157; 1967, 53; 1966, 364, 490 u. 929; DAR 1997, 399.

[26]

BGH RuS 1996, 136 = VersR 1996, 469.

[27]

BGH VersR 1964, 1081 = NJW 1964 2401.

[28]

BGH DAR 1953, 94; VersR 1955, 745.

[29]

BGH VersR 1955, 693.

[30]

Hierzu generell Pardey Verkehrsunfall mit Beteiligung von Kindern, zfs 2002, 264 ff.

[31]

OLG Oldenburg VersR 2005, 807.

[32]

BGH VersR 1990, 535 = NJW 1990, 1483, keine Freistellung von der Gefährdungshaftung bei grob fahrlässigem Verhalten einer Achtjährigen; zur spiegelbildlichen Anwendung des § 829 BGB.

[33]

BGH VersR 1990, 535 = NJW 1990, 1483; keine Freistellung von der Gefährdungshaftung bei grob fahrlässigem Verhalten eines Achtjährigen; zur spiegelbildlichen Anwendung des § 829 BGB – nach dem 1.8.2002 – ergibt sich die Haftung des Halters aus § 828 Abs. 2 BGB, § 7 Abs. 1 StVG.

[34]

BGH VersR 2004, 392.

[35]

BGHZ 39, 281 st. Rspr.; Scheffen DAR 1991, 121.

[36]

So OLG Hamm RuS 2010, 299 – 7 Tage nach Vollendung des 10. Lebensjahres überquerte ein Schüler hinter einem vor einer Rotlicht zeigenden Ampel in einer Schlange von Fahrzeugen stehenden LKW eine Straße. Dabei kam es zur Kollision mit einem aus der Gegenrichtung kommenden Fahrzeug, für dessen Fahrer der Unfall unvermeidbar war. Nach Ansicht des OLG war das Verschulden des Kindes hier so schwerwiegend, dass die Betriebsgefahr des Kfz zurücktritt.

[37]

OLG Oldenburg VersR 2005, 807.

[38]

BGHZ 38, 270; OLG Hamm VersR 2002, 1254; OLG Celle VersR 1976, 448; OLG Hamm VersR 1976, 393.

[39]

v. Gerlach DAR 1995, 221 (233); BGH VersR 1995, 96 = NJW 1995, 452.

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › III. Der gestellte sowie der provozierte Unfall

 

III. Der gestellte sowie der provozierte Unfall

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › III. Der gestellte sowie der provozierte Unfall › 1. Der „gestellte“ Unfall

1. Der „gestellte“ Unfall[1]

100

Führen Schädiger und Geschädigter abredegemäß („in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken“) einen Schadenfall herbei – oder täuschen diesen vor –, so steht dem „Geschädigten“ kein Schadensersatzanspruch zu, da er in die Rechtsgutverletzung eingewilligt hat.[2]

Der Versicherer ist für das Vorliegen eines gestellten, manipulierten Unfalls beweispflichtig. An diesen Beweis sind keine überzogenen Ansprüche zu stellen; es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der sich aus der Gesamtwürdigung von Indizien und aus der Häufung von ungeklärten, für einen fingierten Unfall typischen Umständen ergeben kann; ein mathematischer lückenloser Grad an Gewissheit ist nicht erforderlich.[3]

Für einen manipulierten Unfall sind z.B. folgende Umstände typisch: Das Schadensbild passt nicht in allen Bereichen zum geschilderten Unfall; der Unfall, insbesondere die Endstellung der Kfz, wurde nicht polizeilich aufgenommen; Unfallverursachung durch ein „schweres“ Mietfahrzeug; Geschädigter und Schädiger sind gute Bekannte; es sind keine Zeugen vorhanden; objektive Unfallspuren fehlen.[4] Gegen einen gestellten Unfall können hingegen bspw. die Uhrzeit und Örtlichkeit des Geschehens sowie insbes. das Einnehmen einer aktiven Prozessrolle eines Unfallverursachers sprechen.[5]

101

Es bleibt allerdings bei dem allgemeinen Grundsatz, dass der Geschädigte den Beweis für den Eintritt des Unfallgeschehens zu führen hat, wenn der Versicherer des angeblichen Schädigers das behauptete Unfallgeschehen bestreitet.[6] Wird die gegen den Versicherer gerichtete Klage des Geschädigten abgewiesen, weil der Geschädigte den Eintritt des Unfallgeschehens nicht nachweisen konnte, steht auf Grund der Bindungswirkung des § 124 VVG auch im Verhältnis zum mitverklagten Fahrer fest, dass dem Geschädigten auch dem Fahrer gegenüber ein Ersatzanspruch nicht zusteht. Dies gilt sogar dann, wenn der Fahrer den Unfall zugestanden hat.[7]

102

Dem an der Manipulation unbeteiligten Halter kann gegen den KH-Versicherer ein Haftpflichtanspruch in Höhe von 50 %[8] zustehen. Dieser Versicherer ist aber nur dann eintrittspflichtig, wenn auch sein VN an der Manipulation unbeteiligt war.

Behauptet der mitverklagte Versicherer eine Manipulation, kann er dem mitverklagten VN und dessen Fahrer als Streithelfer beitreten und für sie Berufung einlegen.[9] Bestätigt sich der Verdacht der Unfallmanipulation gegen den mitversicherten und mitverklagten Fahrer nicht, hat der KH-Versicherer den Fahrer von den Kosten für die Vertretung durch einen eigenen Rechtsanwalt freizustellen, obwohl er ihm als Streithelfer beigetreten ist und sein Prozessbevollmächtigter auf diesem Wege für beide Klageabweisung beantragt hat.[10]

Hat der Versicherer geleistet, so steht ihm ein Rückforderungsrecht nach § 812 BGB zu.[11]

Er kann Ersatz der zur Aufklärung der Manipulation entstandenen und erforderlichen Kosten verlangen.[12]

1. Kapitel Die Haftung des Kraftfahrzeughalters und -führers › III. Der gestellte sowie der provozierte Unfall › 2. Der provozierte Unfall