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KAPITEL VIER

Nachdem Alec Mark abgesetzt hatte, fuhr er direkt nach Hause. Er hatte nur noch ein paar Stunden bis zum Treffen mit Cam und den anderen Betas. Tatsächlich schaffte er es, noch zwei Stunden zu schlafen, bevor sein Wecker klingelte. Besser als nichts.

Eine zweite Dusche ließ Marks Geruch zwar schwächer werden, aber Alec wusste genau, dass es beim Meeting trotzdem jemandem auffallen würde. Besser, er erzählte gleich davon.

Um kurz nach halb neun stand er vor dem Konferenzraum. Schon bevor er die Tür öffnete, witterte er Cams Geruch von drinnen.

»Hast du mir etwas mitzuteilen?«, fragte Cam sofort, noch bevor Alec die Tür ganz geöffnet hatte.

»Das kann man so sagen.« Alec betrat den Raum und ging zu Cam, der am Fenster stand und hinausblickte. Seine schlanke Silhouette bildete einen effektvollen Kontrast zum Himmel und die Morgensonne ließ sein rabenschwarzes Haar glänzen.

Cam drehte sich um, schnupperte und hob eine Augenbraue. Seine Lippen zuckten. Amüsiert? Alec hoffte es. »Ich verstehe«, sagte er leise.

Alec setzte sich neben ihn auf einen Tisch, verschränkte die Hände und ließ sie auf seine Oberschenkel sinken. »Ich musste einfach mal raus, ein bisschen Druck abbauen.« Er musste Cam nicht erzählen, warum. Cam wusste genauso gut wie Alec, was für ein Tag stetig näher rückte.

»Und du konntest nicht mit irgendeinem anderen Druck abbauen?« Ja, er war eindeutig amüsiert.

Alec zuckte mit den Schultern und grinste. »Du kennst mich doch. Ich gehe niemals den leichten Weg.«

Cam lachte. »Gott bewahre.« Dann wurde er wieder ernst und sah Alec in die Augen. »Ich vertraue deinem Urteil. Du glaubst also, dass Mark Appleton nichts mit Newells Plänen zu tun hat?«

»Ja.«

»Newell wird denken, dass wir an Informationen gelangen wollten.«

»Ich weiß.« Deshalb hatte Alec ja darauf bestanden, keine Rudelangelegenheiten zu besprechen. »Wir haben über nichts Wichtiges geredet.«

»Das habe ich mir schon gedacht.« Cam wandte sich wieder zum Fenster. »Wirst du ihn wiedersehen?«

Alec schüttelte den Kopf. »Nein. Denkst du, wir könnten deshalb Probleme mit dem Rat der Alphas bekommen?« Soweit Alec wusste, sollte das eigentlich nicht der Fall sein, aber er wollte sichergehen. Auch, wenn es jetzt zu spät war.

Cam blickte rasch zur Tür. Eine Sekunde später hörte Alec, dass sich Schritte näherten. »Der Rat interessiert sich nur für die Vorwürfe, die ich gegen Newell vorzubringen habe. Und für die Leute, die in die Sache involviert sind. Es wird sie nicht interessieren, mit wem du schläfst. Das hat ja keinen Einfluss auf die Geschehnisse der Vergangenheit.«

Die Tür schwang auf und Cams drei anderen Betas betraten den Raum. Dann folgten Nathan Kohl und Tim Walters; er war der Rudelarzt und Alecs bester Freund.

Alec sah sofort zu Cam. Er hatte gedacht, dass nur Betas an dem Meeting teilnahmen.

»Ich dachte, es sei gut, wenn Tim und Nathan auch hier sind. Immerhin sind sie in die Sache involviert.«

Alec lächelte Tim zum Gruß an und schickte ein kurzes Nicken in Nathans Richtung. »Warum sind Sebastian und Jared nicht auch hier?«

»Jared muss arbeiten«, sagte Cam, als Nathan nicht antwortete.

Tim hüstelte. Seine Wangen waren ein wenig rot geworden. »Seb muss sich noch daran gewöhnen, dass er jetzt ein Wandler ist.«

Aaah.

Alec grinste. »Dann legen wir besser mal los. Ich bin mir sicher, du willst so schnell wie möglich zu ihm zurück.«

Tim funkelte Alec an und nahm an dem ovalen Tisch in der Mitte des Raumes Platz. Nathan, der ungewöhnlich still war, setzte sich neben ihn. Alec musste nicht fragen, was mit ihm los war. Egal wie scheiße er sich fühlte, weil das Datum näher rückte, Nathan ging es sicher noch viel schlechter. Seine Eltern waren unter denjenigen gewesen, die in jener Nacht gestorben waren. Heute würde Alec sich bemühen, ihn mit Nachsicht zu behandeln. Auch wenn das bei Nathan nicht immer so einfach war.

Wenig überraschend nahm Gareth neben Nathan Platz und strich ihm rasch über den Rücken, als er sich setzte. Nathans verkrampfte Schultern schienen sich etwas zu entspannen.

»Habt ihr unser Gespräch gehört?«, fragte Cam an Daryl und Mike gewandt, als sie sich ebenfalls setzten.

»Genug davon.« Daryl warf Alec einen raschen Blick zu. »Und ich habe vor einer Minute das Überwachungsvideo gesehen.« Er schüttelte den Kopf und schnaubte. »Hast du wirklich niemand anderes gefunden, mit dem du hättest ins Bett gehen können?«

Alec zuckte mit den Schultern. »Ich fand ihn eben interessant.«

»Könnte es eventuell damit zu tun haben, dass du ihm das Leben gerettet hast?«

Tim zuckte zusammen. Natürlich erwartete niemand eine Entschuldigung dafür, dass er Mark attackiert hatte. Seinen Gefährten zu beschützen, war ein Instinkt. Aber Alec wusste, dass er nicht gerne daran erinnert wurde.

Cam räusperte sich und bedeutete Alec, sich zu den anderen zu setzen. Dann ging er zum Kopfende des Tisches. »Ich habe gestern mit jemandem vom Rat der Alphas gesprochen«, begann er. Alec setzte sich alarmiert auf. »Es sieht so aus, als habe Alpha Newell seine Drohung wahr gemacht. Er hat unser Rudel und somit mich beschuldigt. Seine Anklage lautet, dass wir bewusst einen illegalen Biss geplant haben. Des Weiteren wirft er uns Vertuschung vor, weil wir vorsätzlich den gebissenen Menschen entführt und schließlich die Papiere gefälscht haben.«

»Fuck.« Alec konnte nicht anders, er sah zu Nathan. Alle anderen am Tisch taten es ihm gleich.

Nathan ignorierte jeden außer Cam. Er zog den Kopf ein und rieb sich die Augen. »Es tut mir so leid. Ich wollte weder euch noch unser Rudel in diese Situation bringen …«

Er sah müde aus und war für Alecs Geschmack viel zu still. Das hier war nicht der Nathan, den Alec mühelos verabscheuen konnte. Wieder stieg die Erinnerung an dieses eine Rudeltreffen in ihm auf. Die Geschehnisse hatten sich für immer in seinem Kopf gebrannt. Damals in den ersten Monaten hatte er sich fast daran geklammert; immer wenn das Gefühl der erdrückenden Schuld zu allgegenwärtig geworden war. Doch der Nathan, der jetzt am Tisch saß, wirkte einfach nur traurig und gebrochen. Wie ein Mann, für den sich bald ein schreckliches Datum jähren würde: der Todestag seiner Eltern. Fast wirkte er immer noch wie der achtzehnjährige Junge, der er damals gewesen war: außer sich vor Wut, Angst und Trauer.

Die Schuld begann in Alecs Brust zu brennen und er wandte den Blick ab, als Cam auf Nathan zuging und ihm eine Hand auf den Nacken legte. Er beugte sich zu ihm hinunter, und obwohl er flüsterte, konnte jedes seiner Worte verstehen.

»Es ist egal, wie es angefangen hat, Nathan. Jared hat aus freiem Willen beschlossen, dich nicht anzuzeigen. Ich war derjenige, der beschlossen hat, ihn ins Rudel aufzunehmen und die Papiere zu organisieren. Das war mein Entschluss, nicht deiner. Als dein Alpha übernehme ich die volle Verantwortung, egal was passieren wird.« Er legte die Nase gegen Nathans Hals und atmete seinen Geruch tief ein. Nathan entspannte sich sichtlich und sackte zusammen. »Danke für deine Entschuldigung«, fügte Cam hinzu. »Aber die ist nicht nötig. Wir haben dir schon längst verziehen und du musst dir deshalb keine Sorgen mehr machen.«

Nathan stieß ein erleichtertes, zittriges Seufzen aus. »Danke.«

Cam erhob sich und kehrte zu seinem Platz zurück. »Ich habe nur eine Anweisung für euch: Wenn ihr vom Rat befragt werdet, sagt die Wahrheit. Egal wie diese lautet.«

Nathan hob rasch den Kopf. »Aber …«

»Nathan, eine Falschaussage vor dem Rat kann mit dem Tod bestraft werden. Nichts kann das wert sein, niemals.«

Gareth legte Nathan eine Hand auf den Arm. Schließlich nickte Nathan. »Und was passiert jetzt?«

Cam setzte sich auf und sah nacheinander all seine Betas an. »Der Rat hat ein Treffen einberufen. Wir müssen alle teilnehmen. Dort werden wir Näheres erfahren, zum Beispiel, wie es weitergeht.«

»Wann?« Alec wurde normalerweise nicht schnell nervös, aber wenn er sich vorstellte, wie Cam vor dem Rat der Alphas stand … Ein kaltes Kribbeln lief ihm den Nacken hinunter.

»Morgen Nachmittag. Fünfzehn Uhr.«

»So bald schon?«

Cam lächelte schief. »Der Rat der Alphas will um jeden Preis einen neuen Rudelkrieg verhindern. Sie müssen schnell handeln, damit die Situation nicht eskaliert.«

Daryl sah zur Tür. »Und damit keine Beweise verschwinden.«

Cam nickte. »Auch das, ja.«

Ihr Beweis wurde einen Stock unter ihnen in einer Wohnung gefangen gehalten, die von Alecs Einheit bewacht wurde.

»Apropos: Wie geht es unserem … ähm … Gast?« Cam sah zu Alec, doch es war Tim, der antwortete.

»Er kann froh sein, dass er noch lebt«, knurrte Tim. Niemand im Raum war überrascht, wie rau seine Stimme klang. Wenn Alec an Tims Stelle gewesen wäre … Es wäre ihm schwergefallen, nicht nach unten zu marschieren und sich zu rächen. Der abtrünnige Wandler und sein Rudel hatten versucht, Seb zu töten, Tims Gefährten. Sie hatten ihn schwer genug verletzt, sodass er sich dazu entschieden hatte, gebissen zu werden. Im Endeffekt war also alles glimpflich ausgegangen, aber Tims Beschützerinstinkt hatte ihn sicher immer noch fest im Griff. Nicht einmal der sanftmütige Arzt war immun dagegen. Immerhin war sein Gefährte in Lebensgefahr gewesen.

»Es geht ihm den Umständen entsprechend«, erklärte Alec. »Er hat Angst vor dem, was ihn erwartet. Das sollte er auch.«

»Das kann ich mir vorstellen.« Cam trommelte auf dem Tisch herum. »Na ja, das ist eigentlich nicht mehr unsere Angelegenheit. Er wird genauso wie wir morgen erfahren, wie es weitergeht.«

 

»Wo ist die Jacke, die du Appleton weggenommen hast?«, fragte Daryl. »Nehmen wir die morgen mit?«

Cam deutete auf die Schrankwand hinter ihm. »Da drin. Und, nein, wir nehmen morgen gar nichts mit. Wenn der Rat beschließt, der Sache weiter nachzugehen, werden sie ihre Leute herschicken.« Er wandte sich an Alec. »Eigentlich sollten wir die Jacke an einem noch sichereren Ort aufbewahren.«

»Ich kümmere mich darum, sobald wir hier fertig sind.«

»Danke.« Cam lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Die Anhörung morgen findet im Hauptquartier des Rats statt. In der Nähe von Ashcombe.« Erneut sah er nacheinander all seine Betas an. »Bringt jeweils zwei Leute aus eurer Einheit mit, aus Sicherheitsgründen. Newell mag jetzt zwar auf dem Radar des Rats sein, aber ich vertraue ihm nicht.«

Alle nahmen es als Signal, dass das Meeting beendet war. Sie erhoben sich und verließen stumm den Raum, bis nur noch Cam und Alec übrig waren.

Alec ging zum Schrank und öffnete ihn. Die Plastikfolie, in die die Jacke eingewickelt war, stand leicht offen. Marks nun vertrauter Geruch schlug ihm so überraschend entgegen, dass er erstarrte. Die Erinnerungen an den Morgen brachen über ihn hinein. Sofort erwachte sein Wolf. Es dauerte einen Moment, bis er ihn wieder unter Kontrolle hatte.

Cam trat neben ihn. Er hatte Alecs Reaktion eindeutig bemerkt. »Und du willst ihn sicher nicht wiedersehen?«

»Nein.« Wenn er nach nur einer Nacht mit Mark so reagierte, hatte er einen weiteren guten Grund dafür. »Mein Leben ist schon kompliziert genug.«

»Meinst du im Moment oder prinzipiell?«

Alec sah ihn von der Seite an. »Es war nur eine Nacht. Sie hat nicht mehr oder weniger bedeutet als andere One-Night-Stands.«

Cam brummte. »Bist du dir sicher?«

Alec wandte sich zu ihm um und versuchte, die Jacke zu ignorieren. »Willst du etwa, dass ich mich mit jemandem aus dem Primrose-Rudel einlasse? Und das, während der Rat Nachforschungen über unsere Rudel anstellt?«

»Gut, es ist nicht ideal, aber …«

»Nichts aber. Ich werde ihn nicht wiedersehen, es gibt nichts zu bereden.«

Cam seufzte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Alec, ich sorge mich um alle Mitglieder meines Rudels. Auch um dich. Manchmal ganz besonders um dich.«

Alec musterte eingehend seine Schuhe und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie unangenehm ihm dieses Gespräch war. »Es geht mir gut. Du musst dir keine Sorgen machen.«

»Du bist ein wundervoller Beta. Durch und durch loyal. Ich würde dir mein Leben anvertrauen und auch das jedes anderen Rudelmitglieds. Aber es geht dir nicht gut. Du bestrafst dich immer noch für etwas, das nicht deine Schuld war.«

»Ich bestrafe mich nicht.«

»Bist du dir sicher?«, fragte Cam sanft. »Ich kann mich noch daran erinnern, wie du früher warst, Alec. Damals hattest du nicht diese kühle, undurchdringliche Fassade, die jetzt jeder für dein wahres Ich hält. Du hast nicht jeden auf Abstand gehalten. Der Alec von früher hätte jede Chance wahrgenommen, einen Gefährten zu finden. Der Gedanke, dass vielleicht eine Möglichkeit besteht, hätte dich zum Lächeln gebracht.«

»Menschen ändern sich. Das kann passieren.«

Ich habe mich verändert.

»Ich weiß das. Glaub mir, ich weiß es.« Ein Schatten fiel über sein Gesicht. Sofort verfluchte Alec seine Worte. Wie hatte er nur so unsensibel sein können? Cam wusste das genauso gut wie er, besser sogar. Er hatte seine Frau verloren. »Aber es ist zehn Jahre her, Alec. Vielleicht ist es an der Zeit, die Vergangenheit loszulassen. Ich sage ja nicht, dass es ausgerechnet Mark sein muss, aber … Du könntest ja mal versuchen, jemanden an dich heranzulassen.«

Alec musterte die Jacke, dann Cam. Er konnte seinen Alpha nicht anlügen. »Ich weiß nicht.«

»Denk doch zumindest darüber nach, endlich reinen Tisch mit Nathan zu machen. Kostet es euch beide nicht viel zu viel Energie, einander ständig aus dem Weg zu gehen?« Das leise Lachen hatte er wohl nicht unterdrücken können.

Alec schüttelte den Kopf. »Jetzt mach aber mal halblang.« Er griff in den Schrank und nahm die Jacke an sich, hielt sie aber ein Stück von seinem Körper weg. Der Geruch des feindlichen Wandlers haftete noch immer daran. Alec konzentrierte sich lieber darauf, statt auf Marks Duft. »Ich verpacke die hier lieber noch besser und bringe sie an einen sicheren Ort.«

»Danke. Und denk darüber nach, was ich gesagt habe, Alec. Bitte.«

Alec nickte. »Mache ich.« Er verließ den Raum und schlug den Weg zu seiner Wohnung ein, wobei er peinlich genau darauf achtete, die Jacke nicht zu berühren.

Tim lehnte an der Wand neben seiner Wohnungstür. Er sah auf und lächelte. »Hey. Ich dachte schon, du kommst nie.«

Alec hielt die Jacke hoch. »Ich muss mich noch um das hier kümmern.«

»Ist das alles?« Er deutete auf Alecs Gesicht. »Du siehst irgendwie ein bisschen fertig aus.«

»Tue ich das?« Alec zog mit einer Hand die Schlüssel aus der Tasche, sperrte die Tür auf und betrat seine Wohnung. Tim folgte ihm.

»Ja. Aber keine Sorge, ich will dich nicht ausfragen. Deshalb bin ich nicht hier.«

Alec ging in sein Schlafzimmer und blieb vor dem Kleiderschrank stehen.

Tim wartete im Türrahmen. »Was wirst du damit machen?«

»Ich weiß nicht genau. Kannst du mal schauen? Vielleicht fällt dir etwas ein.«

Tim kam auf ihn zu, öffnete den Schrank und besah sich den Inhalt. Schließlich deutete er auf einen Kleidersack. »Was ist da drin?«

»Einer meiner Anzüge, den habe ich letzte Woche aus der Reinigung geholt.«

»Hattest du ihn seither an?«

»Nein.«

Tim grinste. »Dann ist das wahrscheinlich das geruchloseste Objekt, das du besitzt.«

»Stimmt.«

Sie tauschten den Anzug gegen Marks Jacke aus und hängten beides zurück in den Schrank. Alecs Wohnung war sicherer als der Konferenzraum und sie hatten keinen Safe, der groß genug war, also musste das hier genügen.

Alec führte Tim zurück ins Wohnzimmer und ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen. »Also, warum bist du hier? Ich schätze, nicht beruflich?«

Tim setzte sich aufs Sofa. »Nein. Außer, du verbirgst eine lebensbedrohliche Verletzung vor mir?«

»Nein.«

»Ich wollte nur sehen, wie es dir geht. Vorhin habe ich ein bisschen von dem Gespräch zwischen Cam und dir mitbekommen. Ich habe mir Sorgen gemacht.«

Alec seufzte und schloss die Augen. »Fuck, nicht du auch noch. Es geht mir gut, wirklich.«

»Ich weiß, dass das Datum wieder näher rückt. Aber normalerweise bist du nicht so leichtsinnig … Also zumindest nicht, wenn der Tag noch nicht da ist. Ich will dir nicht zu nahetreten, aber … Mark Appleton? Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?«

Bis auf Cam und die anderen Betas war Tim der Einzige, der so mit ihm reden durfte, ohne gegen die nächstbeste Wand geklatscht zu werden. Trotzdem, sein Tonfall gefiel Alec nicht. »Wenn du uns belauscht hast, dann hast du ja auch gehört, was Cam gesagt hat: Es ist nicht so tragisch.«

»Ich weiß, aber …«

»Lass es, Tim. Bitte.«

Das Schweigen währte so lange, dass es schon fast unerträglich wurde. Endlich sagte Tim: »Okay. Es tut mir leid, ich wollte dich nicht wütend machen. Ich mache mir nur Sorgen.«

Alec rieb sich über die Augen. Er war so müde. »Ich weiß. Und danke, aber das musst du nicht. Gestern war einfach ein beschissener Tag, der viele alte Wunden wieder aufgerissen hat. Ich musste etwas Druck loswerden. Jetzt geht es wieder.«

Ein leichtes Lächeln zerrte an Tims Mundwinkeln. »Ich würde es so gerne mitkriegen, wenn Newell es herausfindet. Er wird so was von stinksauer sein.«

Ein ungutes Gefühl breitete sich in Alecs Magengegend aus. »Oh, ganz sicher.« Alpha Stephen Newell hatte willentlich das Leben eines seiner Rudelmitglieder aufs Spiel gesetzt. Und das nur, um Cam in Schwierigkeiten zu bringen.

»Und es reicht schon, wenn er hört, dass ihr gestern im Club miteinander gesehen wurdet. Stell dir mal vor, er kriegt raus, dass ihr Sex hattet.«

Alec sagte nichts.

Tim verengte die Augen. »Bitte sag mir, dass er nicht am ganzen Körper nach dir gerochen hat. Du hast doch darauf geachtet, dass Mark nicht zu stark nach eurer wilden Nacht riecht?«

Alec zuckte mit den Schultern.

»Verdammt noch mal, Alec!«

»Ich habe ihm gesagt, er solle vorsichtig sein.«

Tim starrte ihn ungläubig an. »Oh, na ja, dann ist ja gut. Solange du ihm gesagt hast, dass er vorsichtig sein solle.«

Alec seufzte und erwiderte Tims Blick. »Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Er ist alt genug, um seine eigenen Entscheidungen zu treffen.«

»Das ist totaler Blödsinn und das weißt du auch. Wie alt ist er? Dreiundzwanzig, vierundzwanzig?«

Alec nickte.

Tim fluchte leise. »Fuck. Du hättest dafür sorgen sollen, dass er erst nach Hause geht, wenn dein Geruch verflogen ist.«

»Und wie genau hätte ich das machen sollen?«

»Keine Ahnung. Aber du kannst ihn doch nicht einfach so zurück in die Höhle des Löwen schicken, nachdem du deinen Spaß mit ihm hattest.« Tim seufzte, als Alec nicht antwortete. Aber was hätte er schon sagen sollen? Sie wussten beide, dass Tim recht hatte. »Denkst du, Newell wird Mark bestrafen? Ich meine, Cam schien wegen der Sache nicht sonderlich besorgt.«

Alec lachte hohl. »Newell ist nicht Cam.«

»Nein, das ist er nicht. Denkst du, er wird glauben, dass es nur Sex war? Kein ausgeklügelter Plan deinerseits?« Als Alec eine Augenbraue hob, schluckte Tim. »Nicht wirklich, oder?«

Das war noch ein Grund dafür, Mark nicht wiederzusehen. »Hoffen wir einfach, dass er schlau genug ist, seinem Alpha aus dem Weg zu gehen, bis mein Geruch verflogen ist.«

Tim starrte ihn an. Er wirkte immer noch wütend. »Ja«, sagte er düster. »Lass uns das hoffen.«

KAPITEL FÜNF

»Hey, Mark?«

Mark schreckte aus dem Schlaf auf. Als er die Augen öffnete, erblickte er Will, der in sein Schlafzimmer spähte. Er gähnte, setzte sich auf und ächzte. »Ich bin total kaputt. Wie spät ist es?«

»Zehn nach zwölf«, sagte Will, betrat das Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. »Jason ist hier.«

»Shit.« Mark hob eine Schulter und versuchte, an sich zu schnuppern. »Rieche ich noch nach Alec?«

Will kam kopfschüttelnd näher. »Was ich nicht alles für dich tue.« Er blieb neben dem Bett stehen, beugte sich über Mark und beschnupperte ihn. Sofort verzog er das Gesicht. »Ja. Du riechst immer noch nach der wilden Nacht, die du gestern hattest.«

Mark lächelte, als die Erinnerung in ihm hochstieg. Doch dann sah er zur Tür. »Ist er im Wohnzimmer?«

»Ja. Er hat mich gebeten, dich aufzuwecken. Anscheinend muss er etwas Wichtiges mit dir besprechen.«

»Verdammte Scheiße.« Rasch griff Mark nach seiner Jeans, die auf dem Boden lag. »Na ja, ich habe sowieso überlegt, ob ich es ihm erzählen soll. Sieht so aus, als habe ich nicht wirklich eine andere Wahl.« Er schlüpfte in die Jeans und erwiderte Wills Blick. »Was denkst du, wie wird er es aufnehmen?«

»Ich weiß nicht. Aber ich halte es für die richtige Entscheidung.«

Im Grunde genommen gab Mark ihm recht. Er wollte keine Geheimnisse vor seinem Beta haben. Aber trotzdem freute er sich nicht unbedingt darauf, es ihm zu erzählen. »Komm, lass uns gehen, ich will das hinter mich bringen.«

Jason sah auf, als sie ins Wohnzimmer kamen. Will ließ Mark den Vortritt und Mark erkannte ganz genau den Moment, in dem Jason sein Geruch auffiel. Jasons Nasenflügel weiteten sich und er zog die Augenbrauen so weit nach oben, dass es schon fast witzig aussah. »Gibt es vielleicht etwas, das du mir sagen solltest?«

Mark ließ sich mit einem Seufzen auf einen Stuhl fallen. »Ja.« Will setzte sich neben Jason und schenkte Mark ein aufmunterndes Lächeln. Je schneller er es aussprach, desto schneller wäre es vorbei. So, als würde man ein Pflaster abreißen … »Ich hatte Sex mit Alec Knight.«

»Aha.« Jason wirkte kein bisschen überrascht.

Verdammt, rieche ich wirklich noch so stark nach ihm?

»Und, hast du vor, ihn wiederzusehen?«

»Nein. Ich denke, das war nur eine einmalige Sache.«

Jason hielt inne und musterte Mark neugierig. »Aber du wünschst dir, es wäre anders?«

»Nein, ich …«

Was? Will ich ihn etwa wiedersehen?

Alec erschien vor seinem inneren Auge. Die dunklen Augen, die breiten, muskulösen Schultern … Die Antwort lautete eindeutig ja. Will schnaubte und Mark warf ihm einen wütenden Blick zu, bevor er sich wieder an Jason wandte. »Wenn die Situation eine andere wäre, ja, dann würde ich ihn gerne wiedersehen. Aber er ist Beta in einem Rudel, das Newell hasst. Ich schätze, es wäre keine gute Idee.«

 

»Hmmm«, äußerte Jason. »Aber es war eine gute Idee, mit ihm ins Bett zu gehen?« Er sah nicht wütend aus, eigentlich eher amüsiert.

»Na ja, ich war möglicherweise ein bisschen betrunken. Und wütend.« Er sagte nichts mehr. Will wusste ja noch gar nicht, was gestern Morgen geschehen war …

Jason warf Will einen kurzen Seitenblick zu, dann widmete er sich wieder Mark. »Das ist nachvollziehbar. Ich hätte mich unter diesen Umständen wahrscheinlich ähnlich gefühlt.«

»Wirst du es Newell sagen?«, fragte Mark, knabberte nervös auf seiner Unterlippe herum und wartete auf Jasons Antwort.

»Nein. Und ich denke, du solltest das auch nicht tun.« Jason schickte Will einen weiteren dieser nicht sonderlich subtilen Blicke. Diesmal fiel es ihm auf. »Soll ich etwa rausgehen?«, fragte er und schaffte es, nicht die Augen zu verdrehen.

Jason hob den Arm und legte Will die Hand auf den Nacken. »Nein, das wird nicht nötig sein. Entschuldige, dass ich dir nicht mehr über die ganze Sache erzählen kann. Es ist zu deiner eigenen Sicherheit, du musst mir da einfach vertrauen.«

»Okay.« Will ließ sich wieder in die Sofakissen sinken.

Jason ließ ihn los und verschränkte die Hände in seinem Schoß. »Alpha Newell steht in letzter Zeit sehr unter Druck. Er ist … In letzter Zeit ist er nicht ganz er selbst.« Jason seufzte und Mark hatte den Eindruck, dass Newell nicht der Einzige war, der unter Druck stand. »Deshalb solltet ihr die Sache mit den Jacken für euch behalten. Sagt niemandem, von wem ihr sie bekommen habt oder warum.«

Will zog die Stirn in Falten. »Aber ich habe es schon meiner Schwester erzählt.«

»Scheiße.« Jason vergrub den Kopf in den Händen. »Okay, erzähl es einfach sonst niemandem, solange die ganze Sache noch nicht vorbei ist.«

Will sah von Jason zu Mark, dann wieder zu Jason. »Welche Sache?«

»Ich kann es dir noch nicht sagen, aber du wirst es bald herausfinden.« Er stand auf und glättete die Falten seiner Jeans, dann sah er Mark an. Es gibt morgen ein Treffen außerhalb unseres Reviers. Ich komme um neun Uhr fünfzehn und hole dich ab. Versuch bis dahin, deine Wohnung nicht zu verlassen, und dusch noch ein paarmal. Wenn wir Glück haben, ist der Geruch morgen verflogen.« Bevor er zur Tür ging, musterte er sie beide eingehend. »Seid einfach vorsichtig in den nächsten Tagen, ja?«

Sie nickten beide.

Mark begleitete ihn zur Tür. »Wir sehen uns dann morgen.«

Jason kam näher und legte die Nase an Marks Hals. Die Geste beruhigte ihn sofort. Schließlich lachte Jason leise. »Fuck, Mark, du hast wirklich ein verdammt schlechtes Timing. Versuch morgen, Newell nicht zu nahe zu kommen.«

»Ich gebe mein Bestes.« Das würde sicher nicht allzu schwer werden. Mark hatte keinerlei Intention, sich Newell mehr als nötig zu nähern.

»Ich erzähle dir alles Weitere, wenn ich dich morgen abhole.« Jason tätschelte noch einmal Marks Nacken, dann öffnete er die Tür und ging.

Als Mark ins Wohnzimmer zurückkehrte, sah Will ihn ungläubig an. »Was zur Hölle war das denn?«

»Du weißt, ich kann nicht …«

»Ich weiß. Und bisher war das ja auch okay für mich. Aber ernsthaft, Mark? Ein Treffen außerhalb des Reviers? Seit wann bist du so wichtig?« Er stand auf und begann im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. »Ich dachte, du warst gestern nur der Fahrer. Und was hat das alles mit den verdammten Jacken zu tun? Warum dürfen wir niemandem davon erzählen? Habe ich Jen jetzt in etwas mit hineingezogen?«

Mark starrte ihn an. Welche Frage sollte er zuerst beantworten und wie viel durfte er erzählen? »Ach, scheiß drauf«, murmelte er. Es würde sowieso bald alles herauskommen. Es war ja nicht so, als könnten sie die Tatsache verbergen, dass der verdammte Rat der Alphas die Sache untersuchte. Will war sein bester Freund, Mark würde ihm sein Leben anvertrauen. Aber … »Ich will es dir ja erzählen, wirklich. Aber Jason meinte, es sei sicherer für dich, wenn ich es nicht tue. Ich versuche, nicht zu sehr über die Hintergründe nachzudenken … Aber es ist wahrscheinlich wirklich besser, wenn du so wenig wie möglich weißt.«

Will blieb direkt vor ihm stehen. »Jetzt machst du mir Angst.«

Mark seufzte und fuhr sich durchs Haar. »Die Gerüchte stimmen. Alpha Harley hat Newell beim Rat der Alphas angezeigt. Es hat etwas mit dem Angriff auf Seb zu tun. Mehr kann ich dir wirklich nicht sagen, also frag bitte nicht.«

»Verdammte Scheiße.« Will begann wieder damit, im Wohnzimmer herumzutigern. Ab und zu blieb er stehen, um Mark ungläubig anzustarren. »Aber was wirft er ihm vor? Nein, nein, du musst nicht antworten, ich denke nur laut.« Schließlich blieb er stehen und warf sich aufs Sofa. »Und was hat das mit diesen verdammten Jacken zu tun?«

Mark hätte ihm so gerne alles erzählt. Aber Jasons Warnung ging ihm erneut durch den Kopf und er blieb stumm. Er wusste nicht genau, warum Jason das gesagt hatte, außer, Alpha Harley sprach die Wahrheit. Aber Jason sagte Dinge nicht einfach so. Also würde Mark genau das tun, was Jason ihm befohlen hatte. Wenn sich herausstellte, dass Harley recht hatte und Newell tatsächlich getan hatte, was er ihm vorwarf … Fuck, was würde dann aus dem Rudel werden?

Eins nach dem anderen.

Zuerst musste er sich darum kümmern, dass er bis zum Meeting morgen nicht mehr nach Alec roch. Und nach Sex.

»Ist es schon besser?« Mark stand im Badezimmer, ein Handtuch war um seine Taille gewickelt. Will schnupperte zögerlich an ihm.

»Ja. Ich meine, wenn ich ganz nahe komme, kann ich ihn immer noch riechen … Aber es sollte schon okay sein, wenn niemand bewusst an dir schnuppert.«

»Gut.« Das musste reichen.

Will folgte ihm ins Schlafzimmer und schloss die Tür. »Hey, denkst du, Alec hat irgendjemandem davon erzählt? Er kann sich ja sicher nicht so wie du den ganzen Tag in seiner Wohnung verstecken.«

»Keine Ahnung.« Darüber hatte Mark noch gar nicht nachgedacht. Er war zu beschäftigt mit den Problemen seines eigenen Rudels gewesen. Steckte Alec in Schwierigkeiten? Hoffentlich nicht. Aber andererseits schätzte er Alpha Harley nicht so ein, dass er jemanden für einen One-Night-Stand bestrafte. Während sein eigener Alpha … Er wollte es lieber nicht herausfinden.

»Beeil dich lieber, in einer Viertelstunde ist Jason hier.«

Mark griff nach seiner Uhr und sah darauf, als er sie über sein Handgelenk streifte. »Shit«, murmelte er. Was zur Hölle sollte er für so einen Termin anziehen? Er hatte keine Ahnung. Jason hätte es sicher erwähnt, wenn er sich etwas Schickes anziehen sollte. Also zog Mark eine dunkelblaue Jeans und ein langärmeliges, graues Shirt aus dem Schrank. Schick, aber nicht übertrieben.

Will folgte ihm, als Mark ins Vorzimmer ging. Er zog sich gerade die Schuhe an, als Jason an der Tür klopfte. Mark richtete sich auf und zog Will in eine feste Umarmung. »Danke, dass du mir gestern Gesellschaft geleistet hast. Ich hätte mich sonst zu Tode gelangweilt.«

»Kein Problem.«

»Bitte sperr die Tür hinter dir zu, wenn du gehst. Und pass heute gut auf dich auf.« Mark spürte, wie Will sich anspannte, und drückte ihn noch fester.

»Du auch.«

Bevor Jason erneut anklopfen konnte, öffnete Mark die Tür und trat nach draußen.

Jason begrüßte ihn, kam einen Schritt näher und schnupperte an ihm. »Besser«, sagte er nur.

Sie gingen schweigend zum Treppenhaus. Mark war sich nicht sicher, ob er schon Fragen stellen durfte oder nicht. Als sie an der Treppe angekommen waren, hielt er es nicht mehr aus. »Alsooo …«

Jason blieb stehen, legte den Kopf schief und lauschte für einen Moment. Dann setzte er sich auf die oberste Treppenstufe. Mark tat es ihm gleich. »Okay, ich erzähle dir schnell, wie es ablaufen wird. Dann müssen wir los, die anderen warten.«

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