Religionsfreiheit in Indonesien?

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2. Religionsfreiheit im Verständnis der Katholischen Kirche

Von der Forderung nach katholischer Glaubensfreiheit zur Anerkennung jeder Religionsfreiheit

„Wenn wir heute … Kirche und Menschenrechte getrost in einem Atem nennen können, so stehen wir am Ende eines langen Weges”26. Dieser lange Weg zum Menschenrecht auf Religionsfreiheit aus der Perspektive der Katholischen Kirche soll an dieser Stelle überblicksartig mit seinen markantesten Eckpunkten dargestellt werden. Wie hat sich aus der Forderung nach katholischer Glaubensfreiheit eine Anerkennung jeder Religionsfreiheit auf Seiten der Katholischen Kirche entwickelt?

Als das Zweite Vatikanische Konzil im Jahre 1966 Dignitatis humanae verabschiedete und sich somit zur allgemeinen Religionsfreiheit bekannte, war dies keineswegs selbstverständlich, war der katholische Glaube zu dieser Zeit doch noch Staatsreligion in beispielsweise Italien und Spanien und genoss dadurch gewisse Privilegien, die man nur schwerlich aufzugeben bereit war.27 Außerdem offenbart ein Blick in die bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil verabschiedeten Enzykliken der katholischen Päpste und die bis dahin bestehende Lehrmeinung ein durchaus ablehnendes und verurteilendes Bild der Gewissens-, Meinungs- und Religionsfreiheit.

2.1 Die ablehnende Haltung der Katholischen Kirche vor dem 2. Vatikanischen Konzil

Im Jahr 1442, beim Konzil von Florenz, erklärte die Katholische Kirche in der Unionsbulle mit den Kopten noch, „[a]lle Menschen, die sich außerhalb der katholischen Kirche befinden, nicht nur Heiden, sondern auch Juden, Häretiker oder Schismatiker, können des ewigen Lebens nicht teilhaftig werden; vielmehr werden sie ‚in das ewige Feuer’ kommen.”28

Jedoch bereits Anfang des 16. Jahrhunderts gibt es erste Ansätze von den spanischen Dominikanern Francisco de Vitoria und Bartolomé de Las Casas, Religionsfreiheit zu fordern. Denn beide sprachen sich dagegen aus, „dass es erlaubt sei, die Indios im neu entdeckten Amerika mit Krieg zu überziehen, um sie dann leichter zur Annahme des Glaubens bringen zu können.”29

Dennoch bezeichnet Papst Gregor XVI. in seiner Enzyklika Mirari vos von 1832, also gut zwei Jahrhunderte später, die Forderung nach Gewissensfreiheit als „seuchenartigen Irrtum”30 und „Wahnsinn”31. In Mirari vos schreibt er:

Aus der Quelle dieser verderblichen Gleichgültigkeit fließt jene törichte und irrige Meinung, oder noch besser jener Wahnsinn, es sollte für jeden die ‚Freiheit des Gewissens’ verkündet und erkämpft werden. Diesem seuchenartigen Irrtum bereitet jene absolute und maßlose Freiheit der Meinungen den Weg, welche sich zum Schaden der kirchlichen und bürgerlichen Sache weitherum verbreitet. Dabei gibt es manche, die mit größter Unverschämtheit behaupten, daß die Religion aus ihr gewisse Vorteile ziehe.32

Vor allem in der sich anschließenden Zeit des Ultramontanismus von 1850-1950 stellte sich die Katholische Kirche weiter vehement gegen das liberale Freiheits- und Gleichheitsrecht und natürlich auch gegen die Religionsfreiheit.33 So lohnt sich ebenfalls ein Blick in die Enzyklika Quanta cura von Pius IX. und den ebenfalls von ihm herausgegebenen Syllabus Errorum, einem Verzeichnis zu verurteilender Zeitirrtümer aus dem Jahr 1864. So verurteilt Pius IX. im Syllabus mit folgenden Thesen die Religionsfreiheit: „Es ist jedem Menschen freigestellt, jene Religion anzunehmen und zu bekennen, die er im Lichte der Vernunft für die wahre hält.”34 Weiter verurteilt er dort außerdem folgende These: „Die Menschen können in der Pflege jeder beliebigen Religion den Weg des ewigen Heils finden und das ewige Heil erlangen.”35 Eine der letzten der 80 zu verurteilenden Thesen des Syllabus lautet: „Denn es ist nicht wahr, daß die bürgerliche Religionsfreiheit sowie die allen gewährte unbeschränkte Meinungs- und Gedankenfreiheit dazu beitragen, Geist und Sitte der Völker zu verderben und die Seuche des Indifferentismus zu verbieten.”36

In Quanta cura selbst nimmt Pius IX. Bezug auf Gregor XVI. und verurteilt

‚die Freiheit des Gewissens und die Gottesverehrung seien jedes einzelnen Menschen Eigenrecht, das in jedem Staat mit ordentlicher Verfassung gesetzlich umschrieben und gewahrt werden müsse, und die Bürger hätten ein Recht auf jede beliebige Freiheit, die weder durch kirchliche noch staatliche Hoheit eingeschränkt werden dürfe, sie sollten vielmehr ihre Meinung in Wort und Schrift oder sonstwie öffentlich verkünden und verbreiten können.’37

Ein erster Umbruch zugunsten der Religionsfreiheit kann, etwa 100 Jahre später in der Enzyklika Pacem in terris von Johannes XXIII. aus dem Jahre 1963 entdeckt werden. Es heißt dort: „Zu den Rechten des Menschen ist auch dies zu zählen, daß er sowohl Gott nach der rechten Norm seines Gewissens [ad rectam conscientiae suae normam] verehren als auch seine Religion privat und öffentlich bekennen kann.”38 In Pacem in terris werden außerdem zum ersten Mal unveräußerliche, allgemeine Menschenrechte formuliert und anerkannt, die vom christlichen Verständnis der menschlichen Person ausgehen.39

2.2 Das 2. Vatikanische Konzil - Nostra aetate

Ein weiterer Blick soll auf Nostra aetate, das Dekret über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, das 1965 verabschiedet wurde, geworfen werden. Um zu verstehen wie die Katholische Kirche zu anderen Religionen Stellung bezieht und sich dies vor allem im Hinblick auf Indonesien in Bezug auf den Islam, den Hinduismus und den Buddhismus, die dort ebenfalls zu den offiziell anerkannten Religionen zählen, darstellt. Dies natürlich auch vor dem Hintergrund, die Einstellung später mit der des Islam zu anderen Religionen zu vergleichen.

Zum ersten Mal in der Geschichte erfahren durch Nostra aetate nichtchristliche Religionen eine Würdigung, da „eingestanden wird, dass die auch als Systeme dazu geeignet sein können, das Heil Christi zu vermitteln.”40

In Nostra aetate 2 heißt es:

Die katholische Kirche verwirft nichts von dem, was in diesen Religionen [Judentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus] wahr und heilig ist. Mit aufrichtiger Hochachtung betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Gebote und Lehren, die, auch wenn sie von dem, was sie selber festhält und vorlegt, in vielem abweichen, nicht selten dennoch einen Strahl jener Wahrheit wiedergeben, die alle Menschen erleuchtet.41

Nostra aetate 3 handelt von der Wertschätzung der Muslime. Herausgestellt wird die Gemeinsamkeit des Glaubens an den einen, einzigen Gott und die Ehrerbietung der jungfräulichen Mutter Maria. Herausgestellt wird aber auch, dass die Muslime Jesus „zwar nicht als Gott anerkennen”, ihn aber als Propheten verehren.42 Außerdem fordert das Konzil dazu auf, die vergangenen Diskrepanzen und Feindschaften zwischen Muslimen und Christen zu überwinden und sich für ein gegenseitiges Verständnis einzusetzen.43

2.3 Das 2. Vatikanische Konzil - Dignitatis humanae

Pacem in terris kann also als eine erste Weichenstellung im Hinblick auf die Religionsfreiheit und die Einstellung der Katholischen Kirche diesbezüglich angesehen werden. Dennoch gab es immer noch erhebliche Meinungsdifferenzen zwischen konservativen und progressiven Bischöfen vor und während des Konzils, die durchaus nachvollziehbar sind, stand doch ein „umfassende[r] Paradigmenwechsel der offiziellen kirchlichen Lehre”44 bevor, ein Paradigmenwechsel in der Einstellung der Katholischen Kirche, sowohl zu den Menschenrechten wie auch zur Religions- und Gewissensfreiheit, aber auch in Bezug auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat.45

Im Jahr 1962 hatte die Theologische Kommission in der Vorbereitungsphase des Konzils den ersten Entwurf der Konzilskonstitution Über die Kirche erarbeitet. In diesem heißt es noch in Bezug auf andere Religionen:

Wenn nahezu alle Mitglieder der Gesellschaft oder ihre Mehrheit sich zur wahren Religion bekennen, und das ist die katholische Religion, dann hat der Staat die Pflicht, sich auch zu ihr zu bekennen. Die Mitbürger, die anderen Religionen anhängen, haben nicht das Recht, am Bekenntnis zu diesen Religionen nicht gehindert zu werden; der Staat kann jedoch aus Gründen des Gemeinwohls ihr Bekenntnis tolerieren.46

Was aber wenn die Mehrheit der Bevölkerung einem anderen Glauben anhängt? Für diesen gegenteiligen Fall, dass also die Mehrheit der Bürger nicht katholisch ist, hieß es, der Staat habe die Pflicht, „sich in jedem Bereich nach dem Naturrecht zu richten”.47 Daraus ergibt sich weiter, dass der Staat, nach dem Selbstverständnis der Katholischen Kirche ebenso wie nach den säkularen Konzeptionen der Religionsfreiheit, allen Katholiken die volle Freiheit gewährleisten muss, sich zu ihrer Religion bekennen zu können und dass der Kirche die Freiheit zukommt, „ihre Sendung zu erfüllen.”48 Daraus lässt sich vorerst nur eine Religionsfreiheit für den katholischen Glauben ablesen, die Anerkennung einer universalen Religionsfreiheit ist an dieser Stelle noch nicht erkennbar, wird aber in der Erklärung über die religiöse Freiheit, Dignitatis humanae 2, endlich konkret formuliert:

Diese Vatikanische Synode erklärt, dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. […] Dieses Recht der menschlichen Person auf religiöse Freiheit muss in der rechtlichen Ordnung der Gesellschaft so anerkannt werden, dass es zum bürgerlichen Recht wird.49

 

Dieses bürgerliche Recht bezieht sich nun nicht mehr nur noch auf gläubige Christen bzw. Katholiken, sondern schließt nun „auch die übrigen Menschen” ein. In Dignitatis humanae 13,3 heißt es dazu:

Und zugleich erfreuen sich die Christgläubigen - so wie auch die übrigen Menschen - des bürgerlichen Rechts, in ihrer Lebensführung nach dem Gewissen nicht behindert zu werden. Es herrscht also Eintracht zwischen der Freiheit der Kirche und jener religiösen Freiheit, die für alle Menschen und Gemeinschaften als anzuerkennen und in der rechtlichen Ordnung zu bekräftigen ist.50

Religionsfreiheit besteht laut Dignitatis humanae 2 darin, dass alle Menschen frei sein müssen von Zwang von Seiten sowohl Einzelner als auch gesellschaftlicher Gruppen und jedweder menschlichen Macht, und zwar so, dass im religiösen Bereich weder jemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, entweder allein oder mit anderen verbunden, innerhalb der gebührenden Grenzen nach seinem Gewissen zu handeln.51

Folglich lassen sich vier Formen der Religionsfreiheit aus diesem Absatz ableiten. Die negative Religionsfreiheit, da kein Zwang ausgeübt werden darf, dass jemand gegen sein Gewissen handelt und eine Unterlassung des Glaubens zu keinem Nachteil führt. Die positive Religionsfreiheit, weil die Ausübung des Glaubens nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus wird sowohl die individuelle Religionsfreiheit als auch die korporative Religionsfreiheit gewährt, da man „entweder alleine oder mit anderen verbunden”52 nach seinem Gewissen zu handeln verpflichtet wird.

Interessant ist natürlich in diesem Kontext auch, wie die Forderung nach Religionsfreiheit in Dignitatis humanae begründet wird, nämlich in der Würde der menschlichen Person, denn in Dignitatis humanae 2 heißt es:

Überdies erklärt sie [diese Vatikanische Synode], dass das Recht auf religiöse Freiheit wahrhaft in der Würde der menschlichen Person selbst gegründet ist, wie sie sowohl durch das geoffenbarte Wort Gottes als auch durch die Vernunft selbst erkannt wird.53

Dadurch begründet sie auch, dass die Religionsfreiheit ein „unveräußerliches Menschenrecht jeder positiven Rechtsordnung”54 ist. Zum anderen basiert die Religionsfreiheit auf der Pflicht, die Wahrheit zu suchen. In Dignitatis humanae 1 heißt es nämlich, „dass diese Pflichten das Gewissen der Menschen berühren und binden und die Wahrheit sich nicht anders auferlegt als kraft der Wahrheit selbst, die zugleich sanft und stark in die Gemüter eindringt.”55

Man sollte sich jedoch hüten, vorschnelle Schlüsse bezüglich eines minimierten Wahrheitsanspruches der Katholischen Kirche aus der allgemeinen Formulierung in Dignitatis humanae 1 zu ziehen. Dort heißt es:

Wir glauben, dass diese einzige wahre Religion in der katholischen und apostolischen Kirche da ist, der der Herr Jesus die Aufgabe anvertraut hat, sie bei allen Menschen auszubreiten56.

Religionsfreiheit wird aber auch gefordert, weil laut Dignitatis humanae 3 der Zwang dem Wesen der Religion widerspricht.

Die Aussagen des göttlichen Gesetzes aber erfasst und anerkennt der Mensch mittels seines Gewissens; er ist gehalten, diesem in seiner gesamten Tätigkeit treu zu folgen, um zu Gott seinem Ziel, zu gelangen. Er darf nicht gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln. Er darf aber auch nicht daran gehindert werden, gemäß seinem Gewissen zu handeln, insbesondere im religiösen Bereich.57

Eine weitere Begründung kann ebenfalls in Dignitatis humanae 3 gefunden werden, denn es ist der Staat, der für das Gemeinwohl der Bürger zuständig ist. Es heißt dort:

Es geschieht also der menschlichen Person und der von Gott den Menschen festgesetzten Ordnung selbst Unrecht, wenn dem Menschen die freie Religionsausübung in der Gesellschaft- unter Wahrung der gerechten öffentlichen Ordnungverweigert wird.58

Eine letzte Forderung nach Religionsfreiheit findet man in Dignitatis humanae 11. Der Mensch solle dem Beispiel Jesu Christi folgen, so heißt es dort:

Schon von den Ursprüngen der Kirche an bemühten sich die Jünger Christi, die Menschen dazu zu bekehren, Christus, den Herren, zu bekennen, nicht durch Zwangshandlung und auch nicht durch Kunststückchen, die des Evangeliums unwürdig sind, sondern vor allem durch die Kraft des Wortes Gottes.59

Doch wo liegen die Grenzen der erklärten Religionsfreiheit?

Dignitatis humanae formuliert aber auch selbst die Abgrenzung der Religionsfreiheit von anderen Freiheitsrechten, so heißt es in Dignitatis humanae 7:

Beim Gebrauch aller Freiheiten ist das sittliche Prinzip der personalen und sozialen Verantwortung zu beachten: Bei der Ausübung ihrer Rechte werden die einzelnen Menschen und gesellschaftlichen Gruppen durch das sittliche Gesetz verpflichtet, sowohl auf die Rechte anderer als auch auf ihre Pflichten gegenüber anderen sowie auf das Gemeinwohl aller Rücksicht zu nehmen.60

Die Religionsfreiheit kann also nicht ganz ohne jede Schranke gewährt werden, da auch hier der Grundsatz gelten muss, dass die Freiheit des einen dort endet, wo die eines andern beginnt.

Es sei noch angemerkt, dass die Katholische Kirche selbst bekennt, dass sie in der Vergangenheit die Religionsfreiheit missachtet hat, denn in Dignitatis humanae 12 heißt es:

Auch wenn es im Leben des durch die Wechselfälle der menschlichen Geschichte pilgernden Volkes Gottes bisweilen eine Handlungsweise gab, die dem Geist des Evangeliums weniger entsprechend, ja sogar entgegengesetzt war, blieb es dennoch stets Lehre der Kirche, dass niemand zum Glauben gezwungen werden darf.61

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass für Dignitatis humanae die Bezeichnung Erklärung über die religiöse Freiheit gewählt wurde, da der Begriff „Erklärung” oder „Deklaration” dem Völkerrecht entlehnt ist und dort genutzt wird, um einen feierlichen Akt zu bezeichnen, mittels dessen ein Staat den anderen Staaten ein bestimmtes Ereignis oder eine politische Haltung mitteilt. Sie hat zum Ziel, dass alle Staaten über den behandelten Sachverhalt in Kenntnis gesetzt werden und sich andere Staaten nicht auf ihre Unwissenheit beziehen können.62

Im Falle von Dignitatis humanae bedeutet das, dass die Katholische Kirche hier vorrangig keine Erläuterung oder Definition der Religionsfreiheit gibt, sondern vielmehr „der Weltöffentlichkeit bekannt geben [wollte], daß man ab jetzt nie mehr sagen könne, für die katholische Kirche sei die Religionsfreiheit kein Grundrecht, das in der Würde jeder Person begründet ist.”63

26 Maier, Hans, Kirche und Menschenrecht, in: Grulich, Rudolf (Hrsg.), Religionsund Glaubensfreiheit als Menschenrechte, Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde (30), 1980, 15-30, 15.

27 Vgl. Weitz, Thomas A., Religionsfreiheit auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. St. Ottilien 1997, 104, 107.

28 Wohlmuth, Josef (Hrsg.), Dekrete der ökumenischen Konzilien. Konzilien des Mittelalters: vom ersten Laterankonzil (1123) bis zum fünften Laterankonzil (1512- 1517), Bd. 2, Paderborn 2000, 578.

29 Hilpert, Konrad, Die Entwicklung der Menschenrechte und die Anerkennung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit, in: Hoffmann, Herbert (Hrsg.), Religionsfreiheit gestalten, Trier 2000, 87-107, 93. Im Folg. zit. als: Hilpert, Entwicklung der Menschenrechte, 2000 (Anm. 29).

30 Gregor XVI., Enzyklika Mirari vos, lat. und deutsch, in: Utz, Arthur – Gräfin von Galen, Brigitta (Hrsg.), Die Katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung. Eine Sammlung päpstlicher Dokumente vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart (Originaltexte mit Übersetzung), Aachen 1976, 136-159, 149, Rn14.

31 Ebd.

32 Ebd.

33 Vgl. Ziebertz, Hans-Georg, Menschenrechte in der Diskussion, in: Ziebertz, Hans- Georg (Hrsg.), Menschenrechte, Christentum und Islam, Berlin 2010, 21. Im Folg. zit. als: Ziebertz, Menschenrechte, 2010 (Anm. 33).

34 Pius IX., Syllabus, lat. und deutsch, in: Utz, Arthur / Gräfin von Galen, Brigitta (Hrsg.), Die Katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung. Eine Sammlung päpstlicher Dokumente vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart (Originaltexte mit Übersetzung), Bd. 1, Aachen 1976, 34-53, 35.

35 Ebd.

36 Ebd., 53.

37 Pius IX., Quanta cura, lat. und deutsch, in: Utz, Arthur / Gräfin von Galen, Brigitta (Hrsg.), Die Katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung. Eine Sammlung päpstlicher Dokumente vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart (Originaltexte mit Übersetzung), Bd. 1, Aachen 1976, 160-179, 167, Rn 29.

38 Johannes XXIII., Enzyklika Pacem in terris: Menschenrechte, in: Hünermann, Peter / Denzinger, Heinrich (Hrsg.), Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, 40. Aufl., Freiburg im Brsg. 2005, Rn 3955-3997, Rn 3961. Im Folg. zit. als: Johannes XXIII, Pacem in terris (Anm. 38).

39 Vgl. Simon, Werner, Das Menschenrecht Religionsfreiheit in christlicher Perspektive, in: Ziebertz, Hans-Georg (Hrsg.), Menschenrechte, Christentum und Islam, Berlin 2010, 113-126, 122; vgl. Johannes XXIII, Pacem in terris (Anm. 38), Rn 3957.

40 Stubenrauch, Bertram, Außerhalb der Kirche kein Heil? Das Zweite Vatikanische Konzil und die Religionsfreiheit, in: Hoffmann, Herbert (Hrsg.), Religionsfreiheit gestalten, Trier 2000, 15.

41 Nostra aetate (Anm. 12), 357.

42 Vgl. ebd., 358.

43 Vgl. ebd.

44 Krämer, Klaus, Dignitatis humanae und die aktuelle Diskussion zur Religionsfreiheit, in: Krämer, Klaus / Vellguth, Klaus (Hrsg.), Religionsfreiheit: Grundlagen – Reflexionen - Modelle, Freiburg im Brsg, 2014, 19-39, 25. Im Folg. zit. als: Krämer, Dignitatis humanae, 2014 (Anm. 44).

45 Vgl. Heimbach-Steins, Marianne, Religionsfreiheit. Ein Menschenrecht unter Druck, Paderborn 2012, 19. Im Folg. zit. als: Heimbach-Steins, Religionsfreiheit, 2012 (Anm. 45).

46 Pavan, Pietro, Erklärung über die Religionsfreiheit - Einleitung, in: LThK2 13 (1967), 704-711, 704.

47 Ebd.

48 Ebd.

49 Dignitatis humanae (Anm. 11), 438f.

50 Ebd., 454.

51 Ebd., 438.

52 Ebd.

53 Ebd.

54 Krämer, Dignitatis humanae, 2014 (Anm. 44), 36.

55 Dignitatis humanae (Anm. 11), 437.

56 Ebd.

57 Ebd., 440.

58 Ebd., 441.

59 Ebd., 451.

60 Ebd., 445f.

61 Ebd., 452f.

62 Vgl. Hilpert, Konrad, Die Anerkennung der Religionsfreiheit, in: Stimmen der Zeit 12, 2005, 809-819, 809.

63 Ebd.

3. Der lange Weg zur Religionsfreiheit als internationales Menschenrecht

Betrachtet man das Ringen um die Religions- bzw. Glaubensfreiheit des Einzelnen, so reicht der Blick weit in die Geschichte zurück.64 Beginnt man mit dem Römischen Reich, so ist bekannt, dass sich die ersten Christen massiven Verfolgungen und dem Märtyrertod ausgesetzt sahen. Doch bereits im Edikt von Mailand aus dem Jahr 313 findet sich ein erster Anhaltspunkt zur Religionsfreiheit. Konstantinus Augustus und Licinius Augustus haben „den Erlaß jener Verordnungen beschlossen, die sich auf die Achtung und Ehrung des Göttlichen beziehen, um den Christen und allen Menschen freie Wahl zu geben, der Religion zu folgen, welcher immer sie wollten.“65 Weiter heißt es dort: „In der Erkenntnis, daß die Religionsfreiheit nicht verwehrt werden dürfe, daß es vielmehr einem jeden gemäß seiner Gesinnung und seinem Willen verstattet sein solle, nach eigener Wahl sich religiös zu betätigen, haben Wir bereits früher Befehl erlassen, daß es auch Christen unbenommen sei, den Glauben beizubehalten, den sie selbst erwählt und im Kulte bekunden.“66 Mit dem Mailänder Edikt wird das Christentum also ebenfalls als anerkannte Religion zugelassen.

Auch unter Kaiser Valentinian (321-375) herrschte eine Politik der Toleranz vor, da er aufgrund seiner Gesetzgebung jedem „‚die Freiheit gelassen [habe], denjenigen Kult auszuüben, dem er anhing’”.67 Mit dem Dreikaiseredikt Cunctos populos aus dem Jahr 380 von Gratian, Valentinian II und Theodosius dem Großen wird der christliche Glaube zur Staatsreligion.68 Zur ersten Hinrichtung aufgrund von Häresie kommt es dann in Trier bereits im Jahr 385.69 391 werden unter Kaiser Theodosius alle heidnischen Opferhandlungen, jeder Tempelbesuch sowie die Verehrung von heidnischen Gottheiten verboten.70

 

Bis zur Zeit der Reformation stellte sich die Frage nach Religionsfreiheit nicht, waren doch die Katholische Kirche und der „Staat” eine Einheit aus geistlicher und weltlicher bzw. rechtlicher Macht, der unter dem Begriff Corpus Christianum subsummiert wurde.71 Die so vorherrschende respublica christiana markiert das Ende der Religionsfreiheit.72 Aus dem Mittelalter geht außerdem die kirchliche Inquisition hervor, mit der die Todesstrafe für Häretiker verbunden war und häretische Gruppierungen kriegerisch bekämpft wurden.73

Mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 wurde das Ende der im Mittelalter vorherrschenden Einheitsgesellschaft zum ersten Mal rechtlich festgehalten.74 Dennoch war es zur Zeit der Reformation in Mitteleuropa lediglich den reichsunmittelbaren Fürsten, Grafen und Rittern vorbehalten, ihre Religion frei zu wählen und diese dann für ihre Untertanen, gemäß der Formel cuius regio, eius religio bindend zu machen.75 Hier kann lediglich im Entferntesten, eher zynisch, von Religionsfreiheit gesprochen werden, da jeder das Recht zur Auswanderung in ein Territorium seines Glaubens hatte, was jedoch mit der Zahlung einer hohen Steuer verbunden war und meist mit der Aufgabe des Besitzes und der bereits aufgebauten Existenz einherging.76 Dennoch lässt sich dieser Schritt als ein wichtiger in Richtung Religionsfreiheit festhalten.

Mit dem westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück im Jahr 1648 werden die bisher bestehenden Regelungen weiter ausgedehnt. Mit diesem geht die Begrenzung des Rechtes, eine Religion bzw. einen Religionswechsel vorzuschreiben, einher. Des Weiteren wurde dazu aufgefordert Toleranz zu üben, dies bezog sich jedoch auf den privaten bzw. häuslichen Bereich und weniger auf den öffentlichen.77

In Frankreich gewährte Heinrich IV. mit dem Edikt von Nantes aus dem Jahr 1598 den Hugenotten in Frankreich Gewissens- und Kulturhoheit, was zunächst fortschrittlich anmutet, hatte aber einen nicht unwesentlichen Makel und zwar, dass diese gewährte Glaubensfreiheit auf einem Gnadenakt des Fürsten beruhte und ein Widerruf, anders als bei unveräußerlichen Menschenrechten, jederzeit möglich war. So wurde dieses Edikt bereits 1685 von Ludwig XIV. wieder aufgehoben.78

Für das damalige Livland und jetzige Baltikum sowie Pommern ist der aus dem Jahr 1660 stammende Vertrag von Oliva in Bezug auf die Religionsfreiheit erwähnenswert, da durch diesen der dort ansässigen Bevölkerung freie Religionsausübung von Schweden gestattet wurde.79

Zu einem weiteren Wandel kommt es dann gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der Folge der Aufklärung und mit der Gründung neuzeitlicher Staaten. Im ersten Zusatzartikel der 1776 verabschiedeten Declaration of Independence der Vereinigten Staaten von Amerika heißt es:

Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abriding the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the government for a redress of grievances.80

In der Virginia Bill of Rights findet die Religionsfreiheit in Artikel 16 ihren Niederschlag. Dort heißt es:

That religion duty which we owe to our Creator, and the manner of discharging it, can be directed only by reason and conviction, not by force or violence; and therefore all men are equally entitled to the free exercise of religion, according to the dictates of conscience; and that it is the mutual duty of all to practise Christian forbearance, love, and charity towards each other.81

„Nach dieser Konzeption ist Religionsfreiheit so umfassend garantiert, dass sie nicht bloß keine Religionsgemeinschaft, sondern auch keine religiöse Einzelüberzeugung mehr ausschließt.”82 Hier wird Religionsfreiheit bereits als ein ursprüngliches Recht verstanden und gewährleistet und nicht wie vorher in Europa als ein Recht, das gnädig vom Staat gewährt werden konnte oder eben auch nicht.83

Aber auch in Europa, im Zuge der Französischen Revolution, findet die Religionsfreiheit in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen) vom 26. August 1789 in Artikel 10 einen festen Platz. Dort heißt es: „Niemand darf wegen seiner Überzeugung, auch nicht der religiösen, behelligt werden, vorausgesetzt, daß ihre Betätigung die durch das Gesetz gewährleistete öffentliche Ordnung nicht stört.”84 Diese Erklärung schafft nach Jahrhunderten des Absolutismus und des Feudalismus in Europa zum ersten Mal eine Grundlage für eine umfassende Rechtssicherheit, besonders auch im Hinblick auf die Meinungsund Religionsfreiheit.85 Im Vergleich zur Virginia Bill of Rights ist diese jedoch durchaus zurückhaltender und vorsichtiger formuliert.86 Während des 19. Jahrhunderts wird die Religionsfreiheit dann aber auch Teil zahlreicher Verfassungen von europäischen Staaten.87

Natürlich soll hier ebenfalls kurz der Blick auf Deutschland gerichtet werden und die hier festgelegten Bestimmungen im Hinblick auf die Religionsfreiheit betrachtet werden. In der Weimarer Reichsverfassung von 1919 heißt es in Artikel 135 „Alle Bewohner des Reichs genießen volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die ungestörte Religionsausübung wird durch die Verfassung gewährleistet und steht unter staatlichem Schutz.”88 Erst durch die Weimarer Reichsverfassung wird die Religionsfreiheit gesichert und das bisher vorherrschende preußisch dominierte Staatskirchentum aufgelöst. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Religionsfreiheit seit 1949 im Grundgesetz unter Artikel 4 geregelt. In Artikel 4 Absatz 1 heißt es: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.”89 Artikel 4 Absatz 2 regelt außerdem, dass die ungestörte Religionsausübung gesichert wird.90 Außerdem besagt Artikel 140, dass die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 immer noch Bestandteil des Grundgesetzes sind.91

Dieser Überblick über die verschiedenen Jahrhunderte und Länder zeigt, dass die Forderung nach Religionsfreiheit immer schon ein zentrales Anliegen war und immer wieder zwischen Gewährung eben jener und der Toleranz, Willkür und Einschränkung durch die jeweiligen Herrscher schwankte.

3.1 Die Internationale Menschenrechtscharta

Bis 1948 ist es möglich, nur diese bereits dargestellten, beispielhaften, nationalen Gesetzgebungen zu den Menschenrechten, insbesondere zur Religionsfreiheit, zu skizzieren. Dabei wurde der Fokus besonders auf Europa gerichtet, da durch die Kolonialmächte Europas und das daraus resultierende Zusammentreffen der fremden Kulturen überhaupt „die Menschenrechte herausgefordert und hervorgerufen”92 wurden. Außerdem ist die „Idee universaler Freiheits- und Gleichheitsrechte als politisch-rechtliches Medium der Anerkennung gleicher Menschenwürde historisch zunächst in Europa und Nordamerika zum Durchbruch gelangt”93.

In der Folge der grausamen Unmenschlichkeiten des Zweiten Weltkrieges, allen voran dem Holocaust, wurde jedoch die Forderung nach allgemeingültigen Menschenrechten laut. Daher wurde am 10. Dezember 1948 die AEMR ohne Gegenstimmen, jedoch mit acht Stimmenthaltungen, von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet.94 Mit dem Beitritt in die Vereinten Nationen erkennt jeder neue Mitgliedsstaat automatisch die Menschenrechtsdeklaration an.95

Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei der AEMR nicht um einen Gesetzentwurf handelt und diese als Deklaration keinen völkerrechtlich bindenden Charakter hat.96 Die AEMR beinhaltet insgesamt 30 Artikel, die sich mit dem Schutz bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte beschäftigen.97 Einige dieser Artikel enthalten genaue Bestimmungen, die mit kleinen Veränderungen in eine Gesetzesvorlage aufgenommen werden können, andere gleichen eher einem Ideal, das schrittweise durch die gesetzgebende Gewalt umgesetzt werden soll.98 Insgesamt setzt sie „Maßstäbe für einen zivilisierten Umgang mit Diversität, Heterogenität und Dissens, die nicht unterschritten werden dürfen, wenn Frieden in Freiheit gelingen soll”99, sie bildet zudem den Kern weiterer rechtsverbindlicher Pakte und Erläuterungen in denen das Völkerrecht entfaltet wird.100

Artikel 18 der AEMR widmet sich der Religionsfreiheit. Dort heißt es:

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