Assessorexamen im Öffentlichen Recht

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2. Unterschiede zum Tatbestand eines zivilgerichtlichen Urteils

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Bei der Formulierung des Tatbestandes darf der Klausurbearbeiter die Unterschiede zwischen einem verwaltungs- und zivilgerichtlichen Tatbestand nicht aus dem Blick verlieren. Aufgrund des den Verwaltungsprozess prägenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 VwGO) unterscheidet sich der verwaltungsgerichtliche Tatbestand in einigen wesentlichen Teilen von dem Tatbestand eines zivilgerichtlichen Urteils.

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a) Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet den Verwaltungsrichter, den Sach- und Streitstand von Amts wegen zu erforschen. Dabei ist er an den Vortrag der Beteiligten nicht gebunden. Legen die Beteiligten ihrem Vortrag eine bestimmte Tatsache als unstreitig zugrunde, so muss das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung diese Tatsache nicht zwingend zugrunde legen. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Tatsache nicht den wahren Gegebenheiten entspricht, so muss das Verwaltungsgericht den Vortrag ungeachtet des Vortrags der Beteiligten näher aufklären. Die Grenze des Untersuchungsgrundsatzes wird erst dann überschritten, wenn das Verwaltungsgericht ungefragt gleichsam „ins Blaue hinein“ den Sachverhalt nach allen denkbaren Richtungen ohne Rücksicht darauf ermittelt, ob es nach der Rechtsauffassung des Gerichts überhaupt auf die in Rede stehenden Tatsachen ankommt.[52]

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b) Die Bedeutung des Untersuchungsgrundsatzes spiegelt sich in den Formulierungen des Tatbestandes eines verwaltungsgerichtlichen Urteils wieder. Eine unstreitige Tatsache kann auch ohne den Zusatz, „was unstreitig ist“, im Rahmen des Vortrags eines Beteiligten wiedergegeben werden, wenn dies im Interesse der Verständlichkeit und Übersichtlichkeit des Tatbestandes zweckmäßig ist. Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn sich die Tatsache erst während des Klageverfahrens ergeben hat. Die Darstellung einer solchen Tatsache bereits im unstreitigen Sachverhalt zu Beginn des Tatbestandes hätte zur Folge, dass der Sach- und Streitstand nicht mehr historisch geordnet dargestellt wird.

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c) Die im Zivilrecht gebotene (strenge) Unterscheidung zwischen strittigen und unstrittigen Tatsachen ist im öffentlichen Recht vertretbar, aber verzichtbar. Formulierungen wie, der Antragsteller „behauptet“ oder „bestreitet“, sind in verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen unüblich. Denn im Verwaltungsprozess gilt der Untersuchungsgrundsatz. Dieser hat auch zur Folge, dass unstrittige Tatsachen in der Kläger- oder Beklagtenstation im Konjunktiv dargestellt werden können, ohne dass etwa durch die Parenthese „was unstreitig ist“ hervorgehoben wird, dass es sich um unstrittigen Vortrag handelt. Ist unklar, ob eine Tatsache strittig oder unstrittig ist, ist dies in den Entscheidungsgründen zu erörtern. Eine Vorfestlegung bereits im Tatbestand wäre fehlerhaft.

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d) Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes ist auch die im Zivilrecht erforderliche (strenge) Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsvortrag unüblich und damit in Klausurlösungen verzichtbar. Statt der im Zivilrecht üblichen Formulierungen, der Antragsteller „meint“ oder „ist der Auffassung“, sind im Verwaltungsprozess Formulierungen wie der Antragsteller „trägt vor“, „er macht geltend“ oder „er führt aus“ üblich. Im Anschluss an diese Formulierungen ist der Vortrag der Beteiligten jeweils durchgängig im Konjunktiv darzustellen.

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e) Ein weiterer Unterschied des verwaltungsgerichtlichen Tatbestandes im Vergleich zum zivilgerichtlichen Tatbestand besteht darin, dass der Tatbestand eines verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht mit einem Einleitungssatz beginnt, der den Streitgegenstand kurz umschreibt, also etwa „Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück des Klägers“. Ein solcher Einleitungssatz ist fehlerhaft, weil der Streitgegenstand bereits im Rubrum des verwaltungsgerichtlichen Urteils umschrieben wird (vgl. Rn. 45).

III. Die Grundstrukturen eines Tatbestandes

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Beim Aufbau eines Tatbestandes sind die nachfolgend dargestellten Grundstrukturen zu beachten. Diese sind jedoch nicht stets und zwingend in allen Einzelheiten einzuhalten. Sie geben vielmehr eine Orientierungshilfe und dienen dem Zweck, den entscheidungserheblichen Sach- und Streitstand übersichtlich und verständlich zu formulieren. Abweichungen von dem Grundaufbau eines Tatbestandes sind nicht nur zulässig, sondern geboten, wenn und soweit dies der Verständlichkeit der Sachverhaltsdarstellung dient.

1. Der unstreitige Sachverhalt

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Der Tatbestand eines verwaltungsgerichtlichen Urteils beginnt mit der Darstellung des unstreitigen Sachverhalts, der bereits vor Beginn des Verwaltungs- und des Klageverfahrens bestand oder entstanden ist. Strittige Tatsachen sind hier ausnahmsweise dann anzuführen, wenn dies für die Verständlichkeit des Tatbestandes unerlässlich ist. In diesem Fall kann der Tatsache etwa der Zusatz, „was zwischen den Beteiligten strittig ist“, hinzugefügt werden. Der unstreitige Sachverhalt ist historisch geordnet und grundsätzlich im Imperfekt zu formulieren. Letzteres gilt selbstverständlich nicht für solche Tatsachen, die noch im Zeitpunkt des Erlasses des Urteils andauern, also zum Beispiel die Tatsache, dass der Kläger, der auf Erteilung einer Baugenehmigung klagt, weiterhin Eigentümer des Grundstückes ist, auf dem er sein Bauvorhaben verwirklichen möchte. Solche Tatsachen werden im Präsens formuliert. Unstrittige Tatsachen, die erst während des Verwaltungs- oder Klageverfahrens entstanden sind, können bereits zu Beginn des Tatbestandes dargestellt werden, wenn dies der Verständlichkeit des Tatbestandes dient.

2. Die Verwaltungsverfahrensgeschichte

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Nach dem unstreitigen Sachverhalt folgt die Darstellung der Verwaltungsverfahrensgeschichte. Der Ablauf des Verwaltungsverfahrens, also die im Verwaltungsverfahren gestellten Anträge und erlassenen Bescheide, ist ebenfalls historisch geordnet und im Imperfekt darzustellen. Sind die Anträge und Bescheide begründet worden, so ist die jeweilige Begründung der Anträge und Bescheide bereits in der Verwaltungsverfahrensgeschichte darzustellen und nicht in die Kläger- und Beklagtenstation zu verschieben. Denn in der verwaltungsgerichtlichen Praxis ist die in der zivilgerichtlichen Praxis gebräuchliche Konzentration des gesamten Vortrags der Beteiligten in der Prozessstation, also etwa in der Kläger- und Beklagtenstation, unüblich. Die verwaltungsgerichtliche Praxis folgt vielmehr dem Grundsatz, dass der Tatbestand, soweit möglich, chronologisch geordnet dargestellt wird.

Formulierungsbeispiele:

Der Kläger beantragte die Erteilung einer Baugenehmigung und machte geltend: Er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, weil …

Oder

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung mit Bescheid vom 1.2.2020 ab und führte aus: Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung seien nicht erfüllt. …

Oder

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend: Der Beklagte sei bei der Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen. …

Oder

Die Bezirksregierung Düsseldorf wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.2020 zurück. Zur Begründung führte die Bezirksregierung an: Die Ablehnung der Gaststättenerlaubnis sei recht- und zweckmäßig. Der Beklagte habe die maßgeblichen Tatsachen zutreffend ermittelt. …

Der jeweilige Vortrag der Beteiligten im Verwaltungsverfahren wird im Konjunktiv dargestellt und zwar aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes ohne Unterscheidung nach Tatsachen- und Rechtsvortrag sowie strittigem oder unstrittigem Vortrag.

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Hat sich der Vortrag eines Beteiligten im Verwaltungsverfahren überholt, weil sich der Sach- und Streitstand während des Klageverfahrens geändert hat, wird ein überholter Vortrag grundsätzlich nicht im Tatbestand dargestellt. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der überholte Vortrag für die rechtliche Lösung des Falles noch Relevanz hat. Beispiel: Der Kläger stützt seinen Vortrag im Klageverfahren auf die Tatsache „A“. Im Klageverfahren hat sich jedoch herausgestellt, dass „A“ nicht der Wahrheit entspricht. Der Kläger beruft sich deshalb im Klageverfahren auf die Tatsache „B“. Hier liegt ein wechselnder Vortrag eines Beteiligten vor. Ein solcher Vortrag wird im Tatbestand dargestellt, wenn in den Entscheidungsgründen des Urteils die Glaubwürdigkeit des Beteiligten oder die Glaubhaftigkeit seines Vortrags zu prüfen und hierfür (auch) der gewechselte Vortrag maßgeblich ist.

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Bei der Darstellung der Verwaltungsverfahrensgeschichte wird in den Klausurbearbeitungen häufig nicht beachtet, dass der Tatbestand rechtlich neutral zu formulieren ist. Rechtliche Wertungen wie etwa, „der Kläger hat form- und fristgerecht Widerspruch erhoben“, gehören in die Entscheidungsgründe des Urteils und nicht in den Tatbestand. Das Gleiche gilt für Rechtsvorschriften. Auf ihren vollständigen Inhalt ist erst in den Entscheidungsgründen des Urteils einzugehen. Soweit es die Verständlichkeit des Tatbestandes erfordert, bereits in dem Tatbestand auf streitentscheidende Normen einzugehen, sind diese nicht unter Angabe des einschlägigen Paragraphen, sondern nur nach ihrem wesentlichen Inhalt anzugeben.

 

Formulierungsbeispiel:

Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe seine Ordnungsverfügung fehlerhaft auf die ordnungsbehördliche Generalklausel gestützt. Diese sei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht anwendbar, weil keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliege. … Es liege auch ein Ermessensfehler vor, weil sein grundrechtlich geschütztes Eigentumsrecht nicht hinreichend beachtet worden sei…

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Das Datum der Anträge und eines Widerspruchs des Klägers wird nur dann im Tatbestand mitgeteilt, wenn dies für die Verständlichkeit des Tatbestandes erforderlich ist. Das Datum der Bescheide wird dagegen üblicherweise stets mitgeteilt, damit der Leser des Tatbestandes einen ungefähren Überblick über den zeitlichen Ablauf des Verwaltungsverfahrens erhält. Das Datum der Zustellung der Bescheide ist nur dann anzugeben, wenn Zweifel an der Einhaltung der Widerspruchs- oder Klagefrist bestehen und hierauf in den Entscheidungsgründen eingegangen wird. Ist die Einhaltung der Fristen zweifelsfrei und deshalb in den Entscheidungsgründen nicht zu erörtern, so wird das Datum der Zustellung der Bescheide nicht mitgeteilt. Das Gleiche gilt für das Datum des Eingangs des Widerspruchs bei der Behörde. Es wird nur dann angegeben, wenn in den Entscheidungsgründen zu erörternde Zweifel an der Einhaltung der Widerspruchsfrist bestehen.

3. Der Ablauf des Klageverfahrens

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Nach der Verwaltungsverfahrensgeschichte ist der Ablauf des Klageverfahrens seinem wesentlichen Inhalt nach darzustellen.

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a) Die Darstellung beginnt mit der Angabe des Tags des Klageeingangs. Das Datum des Klageschriftsatzes ist nicht mitzuteilen, weil es für die rechtliche Lösung des Falles unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von Bedeutung sein kann. Bestehen Zweifel an der Einhaltung der Klagefrist, kommt es allein auf den Tag des Eingangs der Klage beim Verwaltungsgericht an. Ist die Klagefrist zweifelsfrei gewahrt und deshalb in den Entscheidungsgründen nicht zu erörtern, ist die Angabe des Datums des Klageeingangs dennoch in der Praxis üblich, damit der Leser des Tatbestandes erfährt, wann das Klageverfahren begonnen hat. Das Datum des Klageeingangs ist im Perfekt zu formulieren, weil es sich um Prozessgeschichte handelt und diese stets im Perfekt zu formulieren ist.

Formulierungsbeispiel:

Der Kläger hat mit beim Verwaltungsgericht am 1.2.2020 eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben.

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b) Es folgt die Darstellung des Vortrags des Klägers im Klageverfahren. Sie wird in der Zeitform des Präsens mit dem Satz eingeleitet, „Zur Begründung trägt er vor: …“. Der Vortrag des Klägers ist im Konjunktiv darzustellen und zwar aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes ohne Unterscheidung nach Tatsachen- und Rechtsvortrag. Wiederholt der Kläger seinen bereits in der Verwaltungsverfahrensgeschichte dargestellten Vortrag im Verwaltungsverfahren, so wird dies entsprechend zum Ausdruck gebracht.

Formulierungsbeispiel:

Der Kläger hat mit beim Verwaltungsgericht am 1.2.2020 eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Der Beklagte habe fehlerhaft eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung angenommen. …“.

Die in der Praxis sehr gebräuchliche Formulierungen „wiederholt und vertieft“ sowie „trägt ergänzend vor“ bringen zum Ausdruck, dass der Klausurbearbeiter im Sinne des § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO bemüht ist, den wesentlichen Sachverhalt gedrängt und zudem historisch geordnet darzustellen. Ebenso kann die Formulierung „im Übrigen trägt er im Wesentlichen vor…“, gewählt werden, um zum Ausdruck zu bringen, dass den Anforderungen des § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt wird.

202

c) Nach der Klägerstation sind die Anträge des Klägers und des Beklagten in der Zeitform des Präsens darzustellen. Die gestellten Anträge können wörtlich wiedergegeben werden, wenn sie Ungenauigkeiten oder Unvollständigkeiten enthalten.

Formulierungsbeispiel:

Der Kläger beantragt wörtlich, den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Baugenehmigung zu erteilen.

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Dafür spricht, dass die Auslegung der Anträge (§ 88 VwGO) eine rechtliche Wertung ist, auf die (allein) zu Beginn der Entscheidungsgründe einzugehen ist und im Übrigen allein die zuletzt gestellten Anträge der Beteiligten maßgeblich sind. Ebenso ist es jedoch möglich, ungenaue oder unvollständige Anträge bereits in ausgelegter Form im Tatbestand anzuführen. Dies ist durch die Verwendung der Formulierung „sinngemäß“ kenntlich zu machen.

Formulierungsbeispiel:

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15.1.2020 zu verpflichten, ihm eine Baugenehmigung für sein Bauvorhaben auf dem Grundstück Gemarkung Münster-Albachten, Flur 7, Flurstück 123, zu erteilen.

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Auch in diesem Fall sind die Anträge zu Beginn der Entscheidungsgründe auszulegen. Eine sinngemäße Angabe eines Antrags verbietet sich allerdings dann, wenn ein Beteiligter trotz gerichtlichen Hinweises keine Klarstellung oder Korrektur seines Antrags vorgenommen hat. Es besteht dann kein Raum mehr für die Auslegungdes Antrags, weil der Beteiligte sein Begehren klar formuliert hat und das Verwaltungsgericht mit einer Auslegung des Antrags über sein Begehren hinausgeht (vgl. Rn. •••). Der Antrag ist deshalb wörtlich darzustellen.

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Anträge, die Nebenentscheidungen betreffen und über die das Verwaltungsgericht von Amts wegen zu entscheiden hat, also etwa über die Kosten des Verfahrens (§ 161 Abs. 1 VwGO), werden im Tatbestand nicht mitgeteilt.

206

d) Es folgt der Vortrag des Beklagten im Klageverfahren. Der Vortrag ist wie der Klägervortrag im Konjunktiv darzustellen. Soweit dieser die Begründung der bereits in der Verwaltungsverfahrensgeschichte dargestellten Bescheide wiederholt oder er sich hierauf bezieht, ist dies so im Tatbestand zu formulieren.

Formulierungsbeispiel:

Der Beklagte wiederholt und vertieft das Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend trägt er vor: …

Oder

Der Beklagte verweist auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und führt weiter aus: …

e) Im Anschluss an die Darstellung des Vortrags des Beklagten sollte möglichst eine Replik vermieden werden. Sie kommt in der verwaltungsgerichtlichen Praxis nur ausnahmsweise dann vor, wenn es sich nicht vermeiden lässt. In aller Regel kann die Stellungnahme des Klägers zur Klageerwiderung des Beklagten bereits im Rahmen des Klägervortrags dargestellt werden.

f) Nach der Darstellung des Vorbringens des Beklagten folgen deshalb die Anträge und das Vorbringen der übrigen Beteiligten. Das sind Beigeladene oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, soweit dieser sich an dem Klageverfahren beteiligt hat.

Formulierungsbeispiel:

Der Beigeladene beantragt, die Klage abzuweisen. Er trägt vor: …

Haben die übrigen Beteiligten keinen Antrag gestellt und/oder im Klageverfahren keine Stellungnahme abgegeben, so wird dies entsprechend im Tatbestand mitgeteilt.

Formulierungsbeispiel:

Der Beigeladene stellt keinen Antrag und hat keine Stellungnahme abgegeben.

Diese negative Mitteilung ist ebenso wie der Hinweis auf einen gestellten Antrag des Beigeladenen und seinen Vortrag für die Lösung des Falles wichtig, weil die fehlende Antragstellung und Stellungnahme des Beteiligten für die Kostenentscheidung gemäß §§ 154 Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO von Bedeutung sind (vgl. Rn. 111 ff.).

g) Am Ende des Tatbestandes ist die Prozessgeschichte im Perfekt darzustellen. Hierzu gehören insbesondere Beweiserhebungen, wie etwa Zeugenvernehmungen. Beiladungsbeschlüsse und auch die Übertragung auf den Einzelrichter (§ 6 VwGO) sind nicht im Rahmen der Prozessgeschichte mitzuteilen. Denn bereits aus dem Rubrum ergibt sich, ob eine Beiladung oder eine Einzelrichterübertragung erfolgt ist. Haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 101 Abs. 2 VwGO), wird kann dies eingangs der Entscheidungsgründe mitgeteilt werden (vgl. Rn. 240).

4. Teilrücknahme, Teilerledigung und Klageänderung

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Besonderheiten gelten im Falle der Teilrücknahme der Klage, der Teilerledigung und der Klageänderung. Sie sind Teil der Prozessgeschichte. Ihre Darstellung in der Prozessgeschichte am Ende des Tatbestandes würde aber die Verständlichkeit des Tatbestandes in aller Regel beeinträchtigen. Denn im Falle der Teilrücknahme und Teilerledigung ist der diesen Teil des Rechtsstreits betreffende Vortrag der Beteiligten überholt. Es wäre überflüssig, den diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten noch im Tatbestand mitzuteilen. Das Gleiche gilt im Falle einer Klageänderung. In allen drei Fällen wird deshalb im Interesse der Verständlichkeit des Tatbestandes die geänderte prozessuale Situation schon vor dem Klägervortrag oder des Klageantrags dargestellt.

Formulierungsbeispiel:

Soweit der Kläger ursprünglich auch die Untersagung des von ihm ausgeübten Gewerbes angefochten hat, hat er die Klage zurückgenommen. Zur Begründung seiner im Übrigen aufrechterhaltenen Klage trägt er vor: …

Oder

Soweit der Kläger ursprünglich auch die Untersagung des von ihm ausgeübten Gewerbes angefochten hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zur Begründung seiner im Übrigen aufrechterhaltenen Klage trägt der Kläger vor: …

Oder

Nachdem der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen hat, als er die Untersagung des von ihm ausgeübten Gewerbes angefochten hat, beantragt er nunmehr…

Oder

Nachdem der Kläger seine Klage gerichtet gegen die Untersagung des von ihm ausgeübten Gewerbes teilweise zurückgenommen hat, beantragt er nunmehr…

Die Formulierungsbeispiele zeigen, dass das Aufbauschema eines Tatbestandes nicht „sklavisch“ einzuhalten ist, sondern zu variieren ist, soweit dies die Verständlichkeit des Tatbestandes erfordert.