Assessorexamen im Öffentlichen Recht

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e) Teilstattgabe mit der Kostenentscheidung, die Kosten gegeneinander aufzuheben (§ 155 Abs. 1 S. 1 VwGO)

157

Die Untersagung der Ausübung aller Gewerbe in der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 12.2.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 30.5.2020 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

2. Die Verpflichtungsklage
a) Klageabweisung, die Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig

158

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Klageverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte und der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leisten.

b) Klagestattgabe

159

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 1.2.2020 und des Widerspruchsbescheides der Stadt Münster vom 30.4.2020 verpflichtet, dem Kläger eine Baugenehmigung für sein Bauvorhaben auf dem Grundstück Gemarkung Münster-Albachten, Flur 7, Flurstück 123, zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

c) Erfolglose Vornahmeklage (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO), der hilfsweise gestellte Antrag auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) ist begründet

160

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 1.2.2020 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 23.3.2020 verpflichtet, den Kläger im Hinblick auf seinen Antrag auf Aufnahme in die vom Beklagten geleitete Schule neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

3. Die Fortsetzungsfeststellungsklage
a) Klageabweisung

161

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

b) Klagestattgabe (Übergang von der Anfechtungs- auf die Fortsetzungsfeststellungsklage)

162

Es wird festgestellt, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 1.2.2020 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

c) Klagestattgabe (Übergang von der Verpflichtungs- auf die Fortsetzungsfeststellungsklage)

163

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.2.2020 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung… vom 1.4.2020 rechtswidrig waren, weil der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hatte.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

Oder

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.2.2020 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung… vom 1.4.2020 rechtswidrig waren, weil der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung hatte.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

4. Die allgemeine Feststellungsklage
a) Klageabweisung

164

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

b) Klagestattgabe

165

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Ratsfraktion vom 15.2.2020 rechtswidrig ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

5. Die allgemeine Leistungsklage
a) Klageabweisung

166

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

b) Klagestattgabe

167

Die Beklagte wird verurteilt, 10 000 € an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 13 500 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

6. Teilrücknahme der Klage

168

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist im Umfang der Klageabweisung wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

7. Teilerledigung der Klage

169

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist im Umfang der Klageabweisung wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

E. Der Tatbestand

170

Der Tatbestand ist notwendiger Bestandteil eines verwaltungsgerichtlichen Urteils. Denn nach § 117 Abs. 2 Nr. 4 VwGO muss das Urteil einen Tatbestand enthalten.

I. Grundsätze

171

Der Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils hat Beweis- und Darlegungsfunktion. Sein Inhalt bestimmt sich im Wesentlichen nach § 117 Abs. 3 VwGO.

1. Die Beweis- und Darlegungsfunktion

172

Die vorrangige Bedeutung des Tatbestandes besteht in seiner Beweisfunktion. Er stellt eine öffentliche Urkunde dar, die nach § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO Beweis für das mündliche Beteiligtenvorbringen liefert. Darüber hinaus erbringt der Tatbestand gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für die darin bezeugten eigenen Wahrnehmungen oder Handlungen des Gerichts.[45] Der Tatbestand beweist damit, dass das in ihm enthaltene mündliche Beteiligtenvorbringen tatsächlich erfolgt ist, nicht im Tatbestand wiedergegebene Bekundungen dagegen nicht erfolgt sind. Die Darlegungsfunktion des Tatbestandes zielt darauf ab, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht für die Beteiligten und die nachfolgenden gerichtlichen Instanzen verständlich zu machen.[46]

 

173

Demgegenüber hat der Sachbericht des Vorsitzenden oder Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 2 VwGO) nur die Funktion, den wesentlich Inhalt der Akten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen und den Beteiligten aufzuzeigen, von welchem Sachverhalt das Verwaltungsgericht zu Beginn der mündlichen Verhandlung ausgeht.

2. Der entscheidungserhebliche Sach- und Streitstand

174

In dem Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen (§ 117 Abs. 3 S. 1 VwGO). Das bedeutet zunächst, dass der Tatbestand die Erkenntnisquellen enthalten muss, von denen das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen ist. Das erfordert allerdings nicht, alle aktenkundigen Tatsachen und den gesamten Vortrag der Beteiligten in allen Einzelheiten erschöpfend darzustellen. Ein derartiger Tatbestand würde den Anforderungen des § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO nicht genügen, weil nach dieser Vorschrift der Sach- und Streitstand nur seinem wesentlichen Inhalt nach und zudem gedrängt darzustellen ist. Seinem wesentlichen Inhalt nach bedeutet, dass nur der entscheidungserhebliche Sach- und Streitstand im Tatbestand anzuführen ist. (Neben-) Aspekte, die für die rechtliche Lösung eines Falles keine Relevanz haben, gehören auch dann nicht in den Tatbestand, wenn die Beteiligten hierzu umfassend vorgetragen haben.

175

Es ist allerdings nicht zwingend geboten, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen ausschließlich im Tatbestand darzustellen. Gemäß § 117 Abs. 2 Nr. 4 VwGO und § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO muss das Urteil Tatbestand und Entscheidungsgründe enthalten. Dementsprechend ist eine inhaltliche Trennung zwischen dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen, also den rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, erforderlich. Eine äußere Trennung zwischen dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen ist dagegen nicht zwingend erforderlich. Das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht ist gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Regel auch dann gebunden, wenn diese nicht im Urteilstatbestand, sondern in den Entscheidungsgründen enthalten sind.[47] Diese Rechtsprechung hat erhebliche Relevanz für die Formulierung eines Tatbestandes. Der Tatbestand eines Urteils muss das wesentliche Ergebnis einer Beweisaufnahme, etwa den Inhalt von Zeugenaussagen dann nicht enthalten, wenn das Beweisergebnis in den Entscheidungsgründen dargestellt wird, klar als Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts erkennbar und deutlich von der Beweiswürdigung getrennt ist. Ebenso wenig ist es erforderlich, am Ende des Tatbestandes in der Prozessgeschichte mitzuteilen, dass die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO) und anschließend zu Beginn der Entscheidungsgründe darauf hinzuweisen, dass die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheidet, weil die Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. Eine solche Wiederholung kann bei dem Korrektor zu der Annahme führen, es fehle an praktischem Geschick. Eine unnötige Doppelung liegt auch dann vor, wenn am Ende des Tatbestandes in der Prozessgeschichte auf die – den Beteiligten ohnehin aufgrund der Bekanntgabe des Übertragungsbeschlusses bekannte – Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 VwGO) hingewiesen wird und anschließend die Entscheidungsgründe mit dem Satz beginnen, das Verwaltungsgericht entscheide durch den Einzelrichter, weil ihm der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen worden sei. Auch wenn mitunter in der Praxis derartige Doppelungen zu finden sind, sollten zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Ausführungen zur prozessualen Situation nur zu Beginn der Entscheidungsgründe erfolgen.

3. Bezugnahmen

176

Nach § 117 Abs. 3 S. 2 VwGO soll wegen der Einzelheiten auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Bezugnahmen auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen, z.B. zeichnerische Darstellungen in einem Bebauungsplan, Lichtbilder, Ton- und Filmaufnahmen, sind nicht nur nach § 117 Abs. 3 S. 2 VwGO zulässig, sondern ein wichtiges Mittel zur Straffung des Tatbestandes. Eine solche Bezugnahme kommt aber nur dann in Betracht, wenn sich der Sach- und Streitstand aus den in Bezug genommenen Unterlagen ausreichend ergibt und damit der Tatbestand noch hinreichend klar und verständlich bleibt. Es ist konkret und unter Benennung der Absätze/Passagen der in Bezug genommenen Unterlagen zu verweisen.

177

Salvatorische Klauseln am Ende des Tatbestandes sind nicht notwendig und sollten in der Klausurlösung vermieden werden. Unter salvatorische Klauseln sind allgemeine (globale) Verweise auf den Akteninhalt zu verstehen. Dazu gehört insbesondere die in der Praxis verbreitete Klausel:

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

178

Es ist strittig, ob diese Klausel den rechtlichen Vorgaben in § 117 Abs. 3 S. 2 VwGO genügt. Nach überwiegender Auffassung[48] sind derartige globale Bezugnahmen unwirksam; erforderlich ist vielmehr gemäß § 117 Abs. 3 S. 2 VwGO eine konkrete und gezielte Bezugnahme auf einzelne Schriftstücke. Für die Klausurbearbeitung bedeutet dies, dass in einem Urteilsentwurf auf die salvatorische Klausel (ersatzlos) verzichtet werden kann. Die Gegenauffassung hält dagegen salvatorische Klauseln für zulässig.[49] Danach ist es in der Klausurbearbeitung auch vertretbar, am Ende des Tatbestandes eine salvatorische Klausel zu formulieren. Der Klausurbearbeiter sollte sich aber überlegen, ob er sich diese Schreibarbeit erspart. Die Bewertung eines Tatbestandes hängt nicht davon ab, ob er mit oder ohne salvatorische Klausel formuliert worden ist. Zudem ist der Klausurbearbeiter jedenfalls dann auf der „sicheren Seite“, wenn er konkret auf Schriftstücke etc. verweist.

179

Eine besondere Form der Bezugnahme ist in § 84 Abs. 4 VwGO und § 77 Abs. 2 AsylG vorgesehen. Nach § 84 Abs. 4 VwGO kann das Verwaltungsgericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und auch der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung eines zuvor erlassenen Gerichtsbescheides folgt und dies in dem Urteil feststellt. In Asylstreitigkeiten kann das Verwaltungsgericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, wenn und soweit es den Feststellungen und der Begründung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge folgt.

Keine Bedenken bestehen gegen die Aufnahme von digitalisierten Bilder, graphischen Darstellungen o.ä. in den Tatbestand. Das Urteil bleibt auch in diesem Fall „schriftlich“ im Sinne des § 117 Abs. 1 S. 1 VwGO. „Schriftlich“ heißt, dass das Urteil von sich aus visuell wahrnehmbar ist.[50]

4. Die Tatbestandberichtigung

180

Unrichtigkeiten und Unklarheiten im Tatbestand eines erlassenen Urteils können in den Grenzen der §§ 118, 119 VwGO berichtigt werden. Nach § 118 Abs. 1 VwGO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit berichtigt werden. Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung des Tatbestandes gemäß § 119 Abs. 1 VwGO beantragt werden. Fehlt ein Tatbestand oder sind die Angaben im Tatbestand so lückenhaft und widersprüchlich, dass er für die rechtliche Beurteilung keine Grundlage bietet, liegt ein Verfahrensfehler vor, der einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO oder einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 138 Nr. 6 VwGO begründen kann.[51]

II. Anforderungen an die Formulierung des Tatbestandes

181

Die allgemeinen Anforderungen an die Formulierung eines Tatbestandes ergeben sich aus § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO. Danach muss der Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt dargestellt werden und müssen die Anträge der Beteiligten hervorgehoben werden. Damit ist auch der Maßstab für die Bewertung des im Rahmen einer Klausur formulierten Tatbestandes vorgegeben. Der Tatbestand in einer Klausurlösung ist gelungen und entspricht praktischen Anforderungen, wenn er den Vorgaben in § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO entspricht.

1. Die Methodik der Erfassung des Sachverhalts

182

Die Formulierung eines Tatbestandes erfordert praktisches Geschick und sorgfältige Arbeit. Fehler bei der Sachverhaltsermittlung und -darstellung haben zwangsläufig Auswirkungen auf die rechtliche Lösung eines Falles. Die rechtliche Lösung kann nur gelingen, wenn sie auf zutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht. Es genügt aber nicht nur, den Sachverhalt zutreffend zu erfassen. Er muss zudem so aufbereitet werden, dass er den Anforderungen des § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO entsprechend formuliert werden kann. Dies erfordert ein vierschrittiges methodisches Vorgehen.

183

a) Zunächst muss der Sach- und Streitstand vollständig erfasst werden. Das setzt ein sorgfältiges Lesen des Klausurtextes und des der Klausur beigefügten Bearbeitervermerkes voraus. In dem Bearbeitervermerk finden sich häufig den Sachverhalt ergänzende Hinweise, etwa auf den Tag der Zustellung eines Bescheides oder sonstige Angaben zum Ablauf des Verwaltungs- und Klageverfahrens. Es empfiehlt sich, den Bearbeitervermerk als erstes zu lesen, um bereits zu Beginn der Klausurbearbeitung Klarheit über die Aufgabenstellung zu erlangen und wenigstens grob abschätzen zu können, welche rechtlichen Fragestellungen irrelevant sind (z.B. Zuständigkeit der handelnden Behörde).

184

b) Im Anschluss an das Lesen des Textes sollte ein (erster) historisch geordneter Aktenauszug in Stichworten angefertigt werden. Die Formulierung des Sach- und Streitstandes in Stichworten hat den Vorteil, dass der Klausurbearbeiter sich frühzeitig von den Formulierungen der Beteiligten in ihren Schriftsätzen und Bescheiden löst und damit einen Tatbestand vorbereitet, der mit eigenen Worten formuliert wird. Die wörtliche und unreflektierte Übernahme des Vortrags der Beteiligten führt in aller Regel dazu, dass entgegen den Anforderungen des § 117 Abs. 3 VwGO auch überflüssige Sachverhaltsangaben in den Tatbestand übernommen werden.

185

c) Im Anschluss an die Anfertigung des Aktenauszuges sollte in einem dritten Schritt die rechtliche Lösung des Falles erarbeitet werden. Auf der Grundlage des ersten Aktenauszuges ist es kaum möglich, einen praxisgerechten Tatbestand zu formulieren. Welche Tatsachen und welcher Rechtsvortrag der Beteiligten im Sinne des § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO wesentlich ist, lässt sich nur entscheiden, wenn die rechtliche Lösung gefunden ist. Ist die Klage bereits unzulässig, ist im Tatbestand der Vortrag der Beteiligten zur Begründetheit der Klage auf ein Minimum zu reduzieren, weil es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt. Streiten die Beteiligten sich bei einer Anfechtungsklage gegen eine gefahrenabwehrende Ordnungsverfügung umfangreich über das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, kommt es auf diesen Streit und die diesbezüglichen Ausführungen der Beteiligten nicht an, wenn die Ordnungsverfügung jedenfalls deshalb rechtswidrig und aufzuheben ist, weil sie ermessensfehlerhaft ist. Macht der Kläger mit einer Verpflichtungsklage einen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes geltend, der nach der einschlägigen Anspruchsgrundlage das Vorliegen von zwei Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich die Voraussetzung „A“ und die Voraussetzung „B“, erfordert, kommt es auf den Vortrag der Beteiligten zu der Voraussetzung „A“ nicht an, wenn die Voraussetzung „B“ nicht erfüllt ist.

 

186

d) Nach der Erarbeitung der rechtlichen Lösung kann der Tatbestand sinnvoll im Sinne des § 117 Abs. 3 S. 1 VwGO auf das Wesentliche reduziert und gedrängt formuliert werden. Bei allem Bemühen um Kürze des Tatbestandes und Konzentration auf das für die rechtliche Lösung des Falles muss die Verständlichkeit des Tatbestandes gewahrt bleiben. Eine Sachverhaltsdarstellung, die weitgehend nur aus Bezugnahmen gemäß § 117 Abs. 3 S. 2 VwGO besteht, mag gemessen an den Anforderungen des § 117 Abs. 3 VwGO vertretbar sein. Aus sich verständlich ist ein solcher Tatbestand jedoch nicht. Das richtige Maß an Konzentration auf das Wesentliche und an Bezugnahmen erfordert Übung und ist stets eine Frage des konkreten Einzelfalls.