Assessorexamen im Öffentlichen Recht

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c) Fortsetzungsfeststellungsklage

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Bei der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) hängt die Formulierung eines stattgebenden Urteils davon ab, ob der Kläger von einer Anfechtungs- auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage oder von einer Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage übergangen ist.

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aa) Beim Übergang von der Anfechtungs- auf die Fortsetzungsfeststellungsklage sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Übergang kann zum einen während des Klageverfahrens erfolgt sein. Das sind die Fälle, in denen der Kläger zunächst eine Anfechtungsklage erhoben hatte, die sich während des laufenden Klageverfahrens erledigt hat. In diesen Fällen ist der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage in unmittelbarer Anwendung des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO statthaft. Die zweite Fallkonstellation betrifft die Fälle, in denen eine Anfechtungsklage statthaft war, der Kläger aber von vornherein Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben hat, weil der belastende Verwaltungsakt sich schon vor Klageerhebung erledigt hatte. In diesen Fällen ist die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO statthaft. Bei beiden Fallkonstellationen besteht Einigkeit über die Formulierung des Hauptausspruchs in einem stattgebenden Urteil. Der Hauptausspruch lautet:

Es wird festgestellt, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 1.2.2020 rechtswidrig war.

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Ist auch ein Widerspruchsbescheid erlassen worden, lautet der Haupttenor:

Es wird festgestellt, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 1.2.2020 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung… vom 1.4.2020 rechtswidrig waren.

Oder

Es wird festgestellt, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 1.2.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung … vom 1.4.2020 rechtswidrig war.

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bb) Beim Übergang von der Verpflichtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage sind ebenfalls zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Die erste Fallkonstellation betrifft den Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage während des Klageverfahrens, nachdem sich das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren erledigt hat. Die zweite Fallkonstellation betrifft die Fälle, in denen der Kläger von vornherein beim Verwaltungsgericht eine Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben hat, weil sich sein Verpflichtungsbegehren schon vor Klageerhebung erledigt hatte. Bei beiden Fallkonstellationen ist die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO statthaft.

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Wie der stattgebende Tenor beim Übergang von der Verpflichtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage zu formulieren ist, wird unterschiedlich beantwortet. Von einem Meinungsstreit kann in diesem Zusammenhang eigentlich nicht gesprochen werden, weil es an einer Auseinandersetzung mit der jeweils anderen Auffassung fehlt. So wird der Tenor vorgeschlagen:[22]

Es wird festgestellt, dass die Versagung der Baugenehmigung rechtswidrig war.

Alternativ kann in Anlehnung an den Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO formuliert werden,

Es wird festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 1.2.2020 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung… vom 1.4.2020 rechtswidrig waren.

Weiter wird ausgehend von dem mit der Verpflichtungsklage verfolgten Klageziel formuliert:

Es wird festgestellt, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hatte.

Darüber hinaus ist auch eine Kombination aus den vorstehenden Tenorierungsvorschlägen vertretbar:[23]

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.2.2020 rechtswidrig war, weil der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung hatte.

Oder (im Falle der Neubescheidungsklage, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO)

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 1.2.2020 rechtswidrig war, weil der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung hatte.

Schließlich kann dem Tenor auch hinzugefügt werden, dass sich die gerichtliche Feststellung auf einen bestimmten Zeitpunkt bezieht (vgl. Rn. 345).[24]

d) Allgemeine Feststellungsklage

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Der stattgebende Tenor bei einer erfolgreichen allgemeinen Feststellungsklage (§ 43 VwGO) lässt sich angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Feststellungsbegehren nicht abstrakt formulieren. Wichtig ist in allen Fällen, dass der Haupttenor jeweils mit der Formulierung beginnt, „Es wird festgestellt, dass …“.

Fall:

Der Kläger war Mitglied einer Ratsfraktion. Die Fraktion hat ihn durch Beschluss vom 15.2.2020 aus der Fraktion mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Der Kläger begehrt beim Verwaltungsgericht die Feststellung, dass der Ausschluss rechtswidrig war. Wie wird das Verwaltungsgericht, das die Klage für zulässig und begründet hält, den Hauptausspruch im Tenor des Urteils formulieren?

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Im Fall kann der Hauptausspruch im Tenor des Urteils entweder in Anknüpfung an den rechtswidrigen Beschluss der Fraktion oder in Anknüpfung an den Status des Klägers als Ratsmitglied formuliert werden. Der Hauptausspruch lautet deshalb

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Ratsfraktion vom 15.2.2020 rechtswidrig ist.

Oder

Es wird festgestellt, dass der Kläger weiterhin Mitglied der Ratsfraktion ist.

e) Allgemeine Leistungsklage

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Fall:

Der Kläger klagt auf Auszahlung einer ihm durch Verwaltungsakt bewilligten Subvention in Höhe von 10 000 €. Die Klage ist zulässig und begründet. Wie wird das Verwaltungsgericht tenorieren?

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Wird der allgemeinen Leistungsklage stattgegeben, ist bei der Formulierung des Tenors darauf zu achten, dass der Beklagte stets „verurteilt“ wird, ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen vorzunehmen. Nur bei der Verpflichtungsklage wird der Beklagte „verpflichtet“, einen Verwaltungsakt zu erlassen oder den Kläger neu zu bescheiden. Im Fall lautet deshalb der Hauptausspruch im Tenor des Urteils,

Die Beklagte wird verurteilt, 10 000 € an den Kläger zu zahlen.

3. Teilrücknahme und Teilerledigung

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Eine Teilrücknahme der Klage oder eine Teilerledigung des Rechtsstreits ist in der Praxis und in den Klausuren nicht selten.

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a) Im Fall einer Teilrücknahme der Klage ist das Klageverfahren im Umfang der Klagerücknahme gemäß § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen. Es ist nicht davon abzusehen, die Einstellung zu tenorieren. Es handelt sich um eine deklaratorische Entscheidung,[25] weil mit der Rücknahme die Rechtshängigkeit der Klage im Umfang der Rücknahme entfallen ist. Die notwendige Einstellung des Verfahrens nach Teilrücknahme der Klage erfolgt in der Praxis nicht durch gesonderten Beschluss, sondern in dem Urteil, mit dem über den rechtshängig gebliebenen Teil des Klageverfahrens entschieden wird.[26] Der Hauptausspruch im Tenor des Urteils lautet deshalb:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

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Die Formulierung, „das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat“, genügt für sich gesehen nicht dem Grundsatz der Bestimmtheit. Die Reichweite des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestimmt sich jedoch nicht nur nach dem Tenor, sondern auch nach dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen (vgl. Rn. 11). Deshalb verzichtet die Praxis im Falle der Teilrücknahme der Klage darauf, den zurückgenommenen Teil der Klage im Tenor des Urteils exakt zu beschreiben. In dem Tatbestand des Urteils wird nämlich angegeben, in welchem Umfang die Klage zurückgenommen worden ist (vgl. Rn. 207).

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b) Soweit das Verfahren ganz oder teilweise für erledigt erklärt ist, ist das Verfahren im Umfang der Erledigung in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen. Wie bei der Teilrücknahme der Klage erfolgt auch im Falle der Teilerledigung des Rechtsstreits die Verfahrenseinstellung nicht durch gesonderten Beschluss, sondern in dem Urteil, mit dem über den rechtshängig gebliebenen Teil des Klageverfahrens entschieden wird.[27]

Formulierungsbeispiel:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die in der Ordnungsverfügung vom 15.2.2020 enthaltene erweiterte Gewerbeuntersagung aufgehoben.“.

II. Die Kostenentscheidung

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Aus § 161 Abs. 1 VwGO ergibt sich die Notwendigkeit, in einem verwaltungsgerichtlichen Urteil auch über die Kosten des Klageverfahrens zu entscheiden. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise erledigt worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Eine Erledigung auf andere Weise, die eine Entscheidung durch Beschluss erfordert, liegt insbesondere in den Fällen vor, in denen die Klage in vollem Umfang zurückgenommen oder der Rechtsstreit insgesamt in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist. Kostenentscheidungen des Verwaltungsgerichts sind nach § 158 VwGO nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Einlegung eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache anfechtbar. Die Regelung in § 92 Abs. 3 S. 2 VwGO bringt dies für Beschlüsse nach Klagerücknahme besonders zum Ausdruck. Danach ist der Beschluss nach Klagerücknahme, der auch eine Kostenentscheidung erhält (§ 92 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO), unanfechtbar.

 

1. Kostenlastentscheidung, Kostenfestsetzung und Kostenansatz

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Die Kostenentscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Urteil richtet sich nach §§ 154 ff. VwGO. Die Entscheidung nach diesen Vorschriften ist eine Kostenlastentscheidung, weil sie die Verteilung der Kostenlast eines Klageverfahrens bestimmt. Die Kostenlastentscheidung des Verwaltungsgerichts umfasst nach § 162 Abs. 1 VwGO die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten des Klageverfahrens einschließlich der Kosten des Vorverfahrens (§ 68 VwGO), soweit vor Klageerhebung ein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Wenn der Kläger im Klageverfahren obsiegt und damit die Kostenlastentscheidung zu seinen Gunsten ausfällt, kann er allerdings nicht schon aufgrund dieser Kostenlastentscheidung von dem Beklagten auch die Erstattung der Kosten eines Bevollmächtigten im Vorverfahren verlangen. Voraussetzung dafür ist, dass das Verwaltungsgericht die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig erklärt (vgl. Rn. 43).

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Die Kostenlastentscheidung des Verwaltungsgerichts ist von der Kostenfestsetzung und dem Kostenansatz zu unterscheiden. Mit der Kostenfestsetzung wird darüber entschieden, welche außergerichtlichen Kosten des Gegners der unterliegende Teil zu tragen hat; die Kostenfestsetzung erfolgt auf Antrag durch den Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts (§ 164 VwGO). Der Kostenansatz (§ 19 GKG) betrifft demgegenüber die Anforderung der Gerichtskosten durch die Gerichtskasse.

2. Unterliegen einer Partei in vollem Umfang

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a) Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Klageverfahrens. Unterliegt etwa der Kläger, so lautet die Kostenentscheidung im Urteilstenor:

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

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Ist das Klageverfahren gerichtskostenfrei, d.h. es fallen keine Gebühren und Auslagen des Verwaltungsgerichts an, sollte dies im Tenor zum Ausdruck gebracht werden:

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

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Gerichtskosten werden in Asylverfahren (§ 83b AsylG) und in den in § 188 VwGO angeführten Fürsorgeangelegenheiten nicht erhoben.

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b) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 154 Abs. 1 i.V.m. § 159 VwGO.

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aa) Die Kostentragung nach Kopfteilen bestimmt sich nach § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO. Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie nach § 100 Abs. 1 ZPO für die Kostenerstattung nach gleichen Kopfteilen. Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann gemäß § 100 Abs. 2 ZPO nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab der Kostenverteilung genommen werden. Eine Kostentragung nach unterschiedlichen Kopfteilen erfordert damit ebenso wie die Haftung als Gesamtschuldner (§ 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO oder § 159 S. 2 VwGO) eine besondere ausdrückliche Entscheidung des Gerichts.[28] Fehlt es an einer solchen Entscheidung, bleibt es bei der Grundregel nach § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, also bei der Kostentragung nach gleichen Kopfteilen. Deshalb ist der Kostentenor,

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu einem Viertel.

unüblich. Die Praxis tenoriert die Grundregel der Haftung nach gleichen Kopfteilen enthaltend[29] vielmehr,

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

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bb) Bei der Kostentragung als Gesamtschuldner sind zwei Fälle zu unterscheiden.

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Nach § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 S. 1 ZPO haften mehrere Beklagte auch für die Kostenerstattung als Gesamtschuldner, wenn sie als Gesamtschuldner verurteilt worden sind. Die gesamtschuldnerische Haftung für die Kosten folgt in diesen Fällen kraft Gesetzes der gesamtschuldnerischen Verurteilung in der Hauptsache, ohne dass das Verwaltungsgericht dies besonders aussprechen muss. Der Kostentenor,

Die Beklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

beinhaltet damit eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten, wenn sich entweder aus dem Hauptausspruch im Tenor oder den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt, dass das Verwaltungsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt hat.

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Der zweite Fall der gesamtschuldnerischen Haftung ist in § 159 S. 2 VwGO geregelt. Danach können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden, wenn das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann. Aus der Formulierung „können“ folgt, dass die gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 159 S. 2 VwGO einer besonderen Anordnung des Verwaltungsgerichts bedarf. Diese Anordnung darf lediglich dann ergehen, wenn die Entscheidung gegenüber den Kostenpflichtigen nur einheitlich ergehen kann. Die Frage, ob die Entscheidung im Sinne des § 159 S. 2 VwGO nur einheitlich ergehen kann, ist regelmäßig schwierig zu beurteilen.[30]

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Angesichts der schwierig zu beurteilenden Frage, ob eine gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 159 S. 2 VwGO in Betracht kommt, empfiehlt es sich in den Klausurlösungen (schon aus Zeitgründen), die Kosten des Verfahrens nach der Grundregel in § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 VwGO, also nach gleichen Kopfteilen zu verteilen. Eine andere Entscheidung erfordert in den Entscheidungsgründen des Urteilsentwurfs einen nicht unerheblichen Begründungsaufwand, der Zeit in Anspruch nimmt, die sinnvoller in die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit der Klage investiert werden sollte.

3. Teilweises Obsiegen und Unterliegen

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Bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen richtet sich die Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 1 S. 1 und S. 3 VwGO. Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Einem Beteiligten können nach § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

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Im Regelfall werden bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen die Kosten nach Quoten verteilt:

Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

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Für den jeweiligen Kostenanteil ist das kostenrechtliche Verhältnis der erfolgreichen und der erfolglosen Anträge maßgeblich. Zur Bestimmung dieses Verhältnisses bietet sich eine Orientierung an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit[31] an.

Fall:

A ist Ausländer. Er hat Klage erhoben gegen die Ordnungsverfügung der Ausländerbehörde vom 15.2.2020. Die Behörde hat ihn durch die Ordnungsverfügung ausgewiesen, seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und ihm die Abschiebung angedroht. Die Klage gegen die Ausweisung und Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis ist erfolglos; die Klage gegen die Abschiebungsandrohung ist erfolgreich. Wie wird das Verwaltungsgericht die Kosten des Klageverfahrens verteilen?

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Das Verwaltungsgericht wird dem A die gesamten Kosten des Klageverfahrens auferlegen, weil die Ausländerbehörde im Sinne des § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Nach Nr. 8.1 und Nr. 8.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sind als Streitwert für die Ausweisung und die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis jeweils 5.000 €, insgesamt also 10.000 € festzusetzen. Für die Abschiebungsandrohung ist dagegen nach dem Streitwertkatalog kein zusätzlicher Streitwert anzusetzen. Das entspricht der Rechtsprechung, nach der eine Abschiebungsandrohung, wenn sie, wie im Beispielsfall, gleichzeitig mit einer Ausweisung und/oder Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis erlassen wird, unter Kostengesichtspunkten nicht ins Gewicht fällt.[32] A hat deshalb nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes (Abschiebungsandrohung) obsiegt, der für den Streitwert und damit kostenrechtlich keine Relevanz hat. Da er in Bezug auf die für den Streitwert maßgeblichen Teile (Ausweisung, Aufenthaltserlaubnis) unterliegt, ist damit die Ausländerbehörde im Sinne des § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO nur zu einem geringen Teil unterlegen.

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In Betracht kommt auch, die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO gegeneinander aufzuheben. Eine solche Kostenentscheidung hat kostenrechtlich zur Folge, dass der Kläger und der Beklagte ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst und die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) jeweils zur Hälfte tragen. In der Praxis wird weitgehend auf eine solche Kostentenorierung verzichtet, weil sie im Ergebnis zu einer ungleichen Kostenverteilung führt. Denn der anwaltlich vertretene Kläger wird durch diese Kostenentscheidung regelmäßig stärker belastet als der Beklagte, weil er seine Anwaltskosten und die Hälfte der Gerichtskosten tragen muss, während der Beklagte im Klageverfahren zumeist nicht anwaltlich vertreten ist und damit bei ihr die außergerichtlichen Kosten geringer sind. In der Klausurlösung hat das Gegeneinanderaufheben der Kosten jedoch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Diese Kostenenverteilung hat nämlich zur Folge, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen und damit kein Beteiligter wegen seiner außergerichtlichen Kosten (vorläufig) vollstrecken kann. Damit bedarf es bei einer Kostenentscheidung, nach der die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, keines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils (vgl. auch Rn. 132).

110

Wie die Kosten zu verteilen sind, wenn die Neubescheidungsklage (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO), nicht aber die gleichzeitig erhobene Vornahmeklage (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) erfolgreich ist, ist in der Praxis strittig. Teilweise werden die Kosten gegeneinander aufgehoben; teilweise werden die Kosten anteilig, entweder jeweils zur Hälfte oder auch mit einer anderen Quote, verteilt. Sämtliche der in Betracht kommenden Kostenentscheidungen sind prüfungsrechtlich vertretbar. Die Kosten gegeneinander aufzuheben hat in der Klausurlösung aus den oben dargelegten Gründen den Vorteil, dass kein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil erfolgt.