Assessorexamen im Öffentlichen Recht

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III. Die Einleitung der Entscheidungsgründe

232

Vor Beginn der Prüfung der Zulässigkeit der Klage und der anschließenden Begründetheitsprüfung sind in den Entscheidungsgründen des Urteils vorab solche Prüfungspunkte zu erörtern, die die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage nicht berühren, aber für die Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil sowie dessen Inhalt und äußere Form von Bedeutung sind.

1. Vorliegen einer Klage

233

Das Verwaltungsgericht entscheidet durch Urteil nur über Klagen. Im Einzelfall kann es deshalb erforderlich sein, zu Beginn der Entscheidungsgründe des Urteils zunächst zu klären, ob überhaupt eine Klage vorliegt. Denn nur über Klagen wird durch Urteil entschieden.

Fall:

Bürgermeister B hat dem A mit Ordnungsverfügung vom 1.2.2020 die Ausübung des Gewerbes gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GewO untersagt. In der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung der Ordnungsverfügung wird zutreffend darauf hingewiesen, dass A Klage erheben kann, weil es der Durchführung eines Vorverfahrens nicht bedarf. Innerhalb der Klagefrist geht beim zuständigen Verwaltungsgericht folgendes Schreiben des A vom 26.2.2020 ein: „Sehr geehrte Damen und Herren, gegen die Ordnungsverfügung des B erhebe ich Widerspruch. Ich behalte mir vor, Klage zu erheben. Für die Klageerhebung beantrage ich Fristverlängerung bis zum 31.12.2009.“. Kommt der Erlass eines Urteils in Betracht?

Ein Urteil kommt nur dann in Betracht, wenn eine Klage vorliegt. Ist das nicht der Fall, wird der Einsender formlos darüber unterrichtet, dass sein Schreiben nicht als Klage angesehen wird und auch sonst keine Veranlassung zu einer förmlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gibt. Das Verwaltungsgericht wird deshalb im Beispielsfall zunächst prüfen, ob überhaupt eine Klage vorliegt. Das ist nach dem Wortlaut des Schreibens des A nicht der Fall. Er hat ausdrücklich Widerspruch erhoben und sich eine Klageerhebung vorbehalten.

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Prozesserklärungen können aber entsprechend §§ 88 VwGO, 133 BGB ausgelegt werden. Eine Auslegung setzt voraus, dass die Erklärung mehrdeutig ist. Denn Grenze der Auslegung ist grundsätzlich der Wortlaut der Erklärung. Ist die Erklärung eindeutig, scheidet eine Auslegung aus. Nach diesen Grundsätzen ist es im Beispielsfall vertretbar, das Schreiben des A nicht als Klage zu werten, weil er (noch) keine Klage, sondern nur Widerspruch erheben wollte. Das Verwaltungsgericht wird ihm formlos mitteilen, dass es sein Schreiben nicht als Klage wertet, eine Entscheidung durch Urteil aus diesem Grund nicht beabsichtigt ist und die Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Widersprüche nicht berufen sind.

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Es ist aber auch vertretbar, das Schreiben des A als Klage zu werten. Die Rechtsprechung ist insbesondere in den Fällen, in denen der Einsender nicht anwaltlich vertreten ist, großzügig.[60] Die Erklärungen einer nicht anwaltlich vertretenen Partei werden entsprechend §§ 88 VwGO, 133 BGB über ihren eindeutigen Wortlaut hinausgehend ausgelegt, wenn dies im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten erscheint. Danach ist im Beispielsfall eine Klage des A anzunehmen. Wird nämlich das Vorliegen einer Klage verneint, wird die den A belastende Ordnungsverfügung des B bestandskräftig, obwohl A mit seinem beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schreiben zu erkennen gegeben hat, dass er mit der Ordnungsverfügung des B nicht einverstanden ist. Das Verwaltungsgericht wird, wenn es eine Klage des A bejaht, hierzu eingangs der Entscheidungsgründe des Urteils Stellung nehmen.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer geht in entsprechender Anwendung der §§ 88 VwGO, 133 BGB davon aus, dass der anwaltlich nicht vertretene Kläger mit Schreiben vom 26.2.2020 Klage erhoben hat. Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist sein Schreiben als Klage anzusehen, weil er hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit der Ordnungsverfügung des B nicht einverstanden ist. Dieses Rechtsschutzziel kann nur noch mit der Klage erreicht werden.“.

2. Überflüssige Einleitungssätze

236

Ist das Vorliegen einer Klage in den Entscheidungsgründen geklärt oder besteht kein Anlass, diese Frage zu erörtern, weil kein Zweifel an dem Vorliegen einer Klage besteht, so beginnen die Entscheidungsgründe nicht mit einem Satz, der das Gesamtergebnis der nachfolgenden Prüfung zusammenfasst.

Formulierungsbeispiel:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Oder

Die Klage hat Erfolg.

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Derartige Einleitungssätze sind überflüssig, weil sich schon aus dem Tenor ergibt, ob die Klage Erfolg hat oder erfolglos bleibt. Im Interesse der gebotenen Konzentration in den Entscheidungsgründen auf die für die Lösung des Falles wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen sind wiederholende Ausführungen zu vermeiden. Der Einleitungssatz,

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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kann vorangestellt werden, ist aber nicht zwingend. Die Zulässigkeit und die Begründetheit der Klage sind nacheinander zu prüfen. Deshalb können die Ausführungen ebenso mit dem Satz, „Die Klage ist zulässig“ beginnen und sodann werden alle problematischen Zulässigkeitsvoraussetzungen erörtert. Erst im Anschluss daran wird dann die Begründetheitsprüfung mit dem Satz, „Die Klage ist unbegründet“, eingeleitet.

Wenn keine Zulässigkeitsfragen zu erörtern sind, beginnen die Entscheidungsgründe mit dem Satz:

Die Klage ist als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. …

Die statthafte Klageart ist stets anzugeben und zwar wie in dem Formulierungsbeispiel ohne nähere Begründung, wenn die Bestimmung der statthaften Klageart problemlos ist (vgl. Rn. 266).

3. Ausführungen zur Entscheidungsform

239

In Klageverfahren entscheidet die Kammer des Verwaltungsgerichts über Klagen im Regelfall aufgrund einer mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO), in der die Beteiligten erschienen sind, und in der Besetzung mit drei haupt- und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 5 Abs. 3 S. 1 VwGO). Nur Abweichungen hiervon sind eingangs der Entscheidungsgründe des Urteils kurz zu erläutern.

240

a) Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erfordert gemäß § 101 Abs. 2 VwGO das Einverständnis der Beteiligten. Ein solcher Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung wird nicht als Teil der Prozessgeschichte im Tatbestand (vgl. Rn. 286), sondern nur in den Entscheidungsgründen des Urteils mitgeteilt.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, weil sich der Kläger mit Schriftsatz vom 3.3.2020 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 11.3.2020 damit einverstanden erklärt haben.

241

b) Das Nichterscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung steht der Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil nicht zwingend entgegen. Das Verwaltungsgericht kann in derartigen Fällen durch Urteil entscheiden, wenn der nicht erschienene Beteiligte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzung wird eingangs der Entscheidungsgründe kurz erläutert.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer entscheidet trotz des Nichterscheinens des Klägers in der mündlichen Verhandlung, weil er zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen und in der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden ist, dass im Falle seines Nichterscheinens verhandelt und entschieden werden kann.

242

c) In der Praxis ist es auch üblich, zu Beginn der Entscheidungsgründe darauf hinzuweisen, warum das Urteil nicht von der Kammer insgesamt, sondern von dem Einzelrichter erlassen wird.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer entscheidet durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 1.2.2020 zur Entscheidung übertragen worden ist.

243

Notwendig ist dieser Hinweis nicht, weil den Beteiligten der Beschluss gemäß § 6 Abs. 1 VwGO bereits vor dem Erlass des Urteils bekannt gegeben worden ist. Auf keinen Fall darf in den Entscheidungsgründen näher erläutert werden, dass die Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 VwGO für die Übertragung auf den Berichterstatter als Einzelrichter vorgelegen haben. Denn der Beschluss nach § 6 Abs. 1 VwGO ist unanfechtbar (§ 6 Abs. 4 S. 1 VwGO) und unanfechtbare Entscheidungen werden in späteren Verfahrensabschnitten nicht (nochmals) erläutert. Daraus folgt auch, dass in den Entscheidungsgründen das Vorliegen der Voraussetzungen einer vor der mündlichen Verhandlung erfolgten Beiladung gemäß § 65 Abs. 1 oder Abs. 2 VwGO nicht erläutert werden darf. Denn auch der Beiladungsbeschluss ist unanfechtbar (§ 65 Abs. 4 S. 3 VwGO).

4. Die Klagehäufung

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Vor der Prüfung der Zulässigkeit der Klage ist weiter zu erörtern, ob die Voraussetzungen gemäß § 44 VwGO für eine zulässige subjektive oder objektive Klagehäufung vorliegen, wenn hierzu nach dem Klausurtext Veranlassung besteht. Denn das Fehlen der Voraussetzungen gemäß § 44 VwGO berührt nicht die Zulässigkeit der Klage. Ist die subjektive oder objektive Klagehäufung unzulässig, so muss das Verwaltungsgericht das Klageverfahren trennen (§ 93 S. 2 VwGO). Beispiel: Der Kläger klagt auf Ernennung zum Beamten und auf Zahlung von Besoldung. In diesem Fall liegen die Voraussetzungen des § 44 VwGO nicht vor. Die Klage auf Ernennung zum Beamten ist vorgreiflich im Verhältnis zur Klage auf Besoldung. Das Verwaltungsgericht wird deshalb zunächst nur über die Klage auf Ernennung zum Beamten entscheiden. Die Klage auf Besoldung wird das Verwaltungsgericht gemäß § 93 S. 2 VwGO abtrennen und das abgetrennte Klageverfahren gemäß § 94 VwGO bis zur unanfechtbaren Entscheidung über die Klage auf Ernennung zum Beamten aussetzen.

 

5. Die Auslegung des Klagebegehrens

245

Außerdem empfiehlt es sich, vor der Prüfung der Zulässigkeit der Klage, das Klagebegehren gemäß § 88 VwGO auszulegen, soweit hierzu nach dem Klausurtext Veranlassung besteht, weil etwa der Klageantrag unvollständig oder ungenau ist. Die Auslegung des Klagebegehrens vor der Erörterung der Zulässigkeit der Klage ist vertretbar und sinnvoll, weil mehrere Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges (§ 40 VwGO) und die Statthaftigkeit der Klage, davon abhängen, welches konkrete Begehren der Kläger verfolgt. Die Auslegung des Klagebegehrens kann zwar auch im Rahmen der jeweiligen Zulässigkeitsvoraussetzung, also etwa im Rahmen der Prüfung der Statthaftigkeit der Klage erfolgen. Eine dahingehende Einbindung der Auslegung des Klagebegehrens in eine Zulässigkeitsvoraussetzung ist nicht immer einfach. Leichter ist es, die Auslegung der Prüfung der Zulässigkeit der Klage voranzustellen. Dies hat zudem den Vorteil, dass die Entscheidungsgründe für den Leser übersichtlicher sind.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer versteht das Begehren des Klägers gemäß § 88 VwGO dahin, dass er nicht nur die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis, sondern hilfsweise auch die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung im Sinne des § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO begehrt. Denn bei sachgerechter Auslegung des Antrags auf Erteilung der Erlaubnis ist darin als Minus auch der Antrag auf Neubescheidung enthalten.

6. Die Rubrumsberichtigung

246

Zur Auslegung des Klagebegehrens gehört auch die Frage, gegen wen die Klage sich richtet. Soweit nach dem Klausurtext Veranlassung besteht, hierzu Stellung zu nehmen, ist die Frage bereits eingangs der Entscheidungsgründe zu erörtern, weil sie nicht (nur) die Zulässigkeit der Klage, sondern schon die der Zulässigkeitsprüfung vorgelagerte Frage betrifft, wer in dem Rubrum als Beklagter anzuführen ist. Auch auf der Klägerseite ist gegebenenfalls eine Auslegung oder Korrektur des in der Klageschrift enthaltenen Rubrums erforderlich. In beiden Fällen kommt eine Rubrumsberichtigung in Betracht, wenn (lediglich) eine falsche Bezeichnung des Klägers oder des Beklagten vorliegt.[61] Die Rubrumsberichtigung kann formlos bereits vor Erlass des Urteils oder im Urteil erfolgen.

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a) Für die Rubrumsberichtigung auf der Beklagtenseite ist die Regelung in § 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 VwGO bedeutsam. Danach genügt zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde.

Fall:

A klagt gegen die Stadt Potsdam auf Erteilung einer Baugenehmigung. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den Beschluss verkündet, eine Entscheidung werde den Beteiligten zugestellt. Das Verwaltungsgericht beabsichtigt, den Beteiligten ein Urteil zuzustellen. Wen wird das Verwaltungsgericht im Rubrum des Urteils als Beklagten aufführen?

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Im Beispielsfall ist die Klage gegen den falschen Beklagten gerichtet. Eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung ist gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BbgVwGG nicht gegen den Rechtsträger, sondern gegen die Behörde und damit im Beispielsfall gegen den Oberbürgermeister der Stadt Potsdam zu richten. Die fehlerhafte Bezeichnung des Beklagten führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung. Denn gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 VwGO genügt zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde. Diese Regelung findet entsprechende Anwendung, wenn, wie im Beispielsfall, der Rechtsträger in der Klage als Beklagter bezeichnet worden ist, richtiger Klagegegner aber die Behörde ist.[62] Im Beispielsfall wird deshalb das Verwaltungsgericht das Rubrum von Amts wegen berichtigen und den Oberbürgermeister der Stadt Potsdam im Rubrum als Beklagten bezeichnen. Die nicht ausdrücklich geregelte, aber allgemein anerkannte Rubrumsberichtigung wird zu Beginn der Entscheidungsgründe erläutert.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer hat das Rubrum von Amts wegen berichtigt. Richtiger Klagegegner ist nicht die Stadt Potsdam, sondern gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BbgVwGG der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam. Die Klageerhebung gegen die Stadt Potsdam ist aber unschädlich. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 VwGO genügt zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde. Die Regelung findet entsprechende Anwendung, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Klage gegen den Rechtsträger gerichtet, richtiger Klagegegner aber die Behörde ist.

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Die Rubrumsberichtigung hat keine besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen. Sie erfolgt auf Antrag oder von Amts wegen. Das Verwaltungsgericht entscheidet nach Ermessen darüber, ob die Rubrumsberichtigung in dem instanzabschließenden Urteil oder bereits vor Erlass des Urteils erfolgt. Bei einer formlosen Berichtigung wird in der Gerichtsakte ein Vermerk niedergelegt; die Beteiligten werden durch formloses Schreiben unterrichtet.

Formulierungsbeispiel:

Vfg.


1. Vermerk: Richtiger Beklagter ist der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BbgVwGG). Das Rubrum wird von Amts wegen geändert (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 VwGO).
2. Nachricht von 1. an Kläger und Beklagten

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Ein vorheriger Hinweis an die Beteiligten auf die beabsichtigte Rubrumsberichtigung ist tunlich, aber keine zwingend notwendige Voraussetzung der Rubrumsberichtigung. Ist die Rubrumsberichtigung fehlerhaft, kann die nächste Instanz sie in gleicher Weise berichtigen, wie die Vorinstanz.

Fall:

Das Verwaltungsgericht hat den Kläger A darauf hingewiesen, dass nicht die Stadt Potsdam, sondern der Oberbürgermeister der Stadt richtiger Klagegegner ist. A meint, die Auffassung des Verwaltungsgerichts sei unzutreffend. Er habe seine Klage bewusst gegen die Stadt gerichtet und lehne eine Rubrumsänderung ab. Wird das Verwaltungsgericht dennoch das Rubrum von Amts wegen ändern?

251

Das Verwaltungsgericht wird das Rubrum nicht von Amts wegen ändern. Die Rubrumsberichtigung kommt nur in Betracht, wenn eine falsche Bezeichnung des Beklagten vorliegt. Hat der Kläger seine Klage bewusst gegen den von ihm angeführten Beklagten gerichtet, scheidet eine Umstellung der Klage aus.[63] Das Verwaltungsgericht wird deshalb die Klage des A als unzulässig abweisen.

252

b) Eine Rubrumsberichtigung auf der Klägerseite kann ebenfalls im Einzelfall geboten sein.

Fall:

A, B und C haben von ihren verstorbenen Eltern ein Grundstück geerbt. Die Erbengemeinschaft bestehend aus A, B und C ist noch nicht geteilt. Die Behörde B hat der Erbengemeinschaft durch eine an sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft zugestellte Ordnungsverfügung aufgegeben, das auf dem Grundstück der Eltern stehende illegal errichtete Wohnhaus abzureißen. Die Erbengemeinschaft hat Klage erhoben. Wen wird das Verwaltungsgericht im Rubrum als Kläger bezeichnen?

Es ist strittig, ob eine Erbengemeinschaft gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig ist.[64] Ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, dass die Erbengemeinschaft als solche nicht beteiligtenfähig ist, wird es das Rubrum von Amts wegen berichtigen, A, B und C im Rubrum als Kläger bezeichnen und die Rubrumsberichtigung eingangs der Entscheidungsgründe erläutern.

Formulierungsbeispiel:

Die Kammer hat das Rubrum von Amts wegen berichtigt. Kläger des Verfahrens sind A, B und C. Denn die aus ihnen bestehende Erbengemeinschaft ist als solche nicht gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. …

Soweit das Verwaltungsgericht eine Erbengemeinschaft für beteiligtenfähig hält, wird es hierzu in den Entscheidungsgründen des Urteils nur dann Ausführungen machen, wenn ein Beteiligter, etwa der Beklagte, die Beteiligtenfähigkeit der Erbengemeinschaft in Abrede gestellt hat.

Formulierungsbeispiel:

Eine Rubrumsberichtigung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht geboten. Kläger des Verfahrens ist die aus A, B und C bestehende Erbengemeinschaft. Diese ist entgegen der Auffassung des Beklagten beteiligtenfähig gemäß § 61 Nr. 2 VwGO. …

IV. Die Zulässigkeitsprüfung

253

Die Prüfung der Zulässigkeit der Klage erfordert, die bereits zum Ersten juristischen Staatsexamen erlernten Zulässigkeitsvoraussetzungen einer verwaltungsgerichtlichen Klage im Einzelnen gedanklich zu prüfen. Im Anschluss daran ist stets die Überlegung erforderlich, welche konkreten Zulässigkeitsvoraussetzungen in den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils erörtert werden. Auch hier gilt der aus §§ 108 Abs. 1 S. 2 VwGO, 313 Abs. 3 ZPO herzuleitende Grundsatz, dass in den Entscheidungsgründen nur die wesentlichen Aspekte erörtert werden. Das sind (auch) bei der Zulässigkeit der Klage nur solche Prüfungspunkte, die ernsthaft problematisch oder von einem der Beteiligten angesprochen worden sind. Daran orientieren sich die nachfolgenden Ausführungen. Es werden nur solche Prüfungspunkte im Rahmen der Zulässigkeit der Klage näher erörtert, die regelmäßig in den Klausuren Bedeutung haben.

254

Die Prüfung der Zulässigkeit der Klage hat Vorrang vor der materiellrechtlichen Prüfung des geltend gemachten Anspruchs im Rahmen der Begründetheit der Klage. Ob dieser Vorrang der Zulässigkeitsprüfung zur Folge hat, dass das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klage auch dann nicht offen lassen darf, wenn zur Zulässigkeit umfangreiche Feststellungen und Ausführungen erforderlich sind, andererseits aber auf der Hand liegt, dass die Klage jedenfalls unbegründet ist, ist strittig.[65] Der Grundsatz der Prozessökonomie spricht dafür, die Zulässigkeit dahinstehen zu lassen, wenn sie schwierig zu entscheiden ist und die Unbegründetheit der Klage auf der Hand liegt. Prüfungsrechtlich ist es deshalb vertretbar, auch in Klausuren entsprechend zu verfahren. In diesem Fall muss aber in der Klausurlösung im Einzelnen begründet werden, aus welchen Gründen der Klausurbearbeiter die Zulässigkeit der Klage offen gelassen hat. Denn die Vertretbarkeit einer bestimmten Lösung erfordert prüfungsrechtlich, dass sie nicht nur im Ergebnis vertretbar, sondern auch folgerichtig begründet ist.[66] In der Klausurpraxis enthält der Bearbeitervermerk oftmals den Hinweis, dass im Falle einer Unzulässigkeit der Klage hilfsweise die Begründetheit zu prüfen ist. In diesem Fall ist die Begründetheit der Klage im Urteilsstil dazustellen.