Internationale Beziehungen

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Das Ende der Entspannungspolitik und Rüstungswettlauf (1979–1988)

Zum Ende der 1970er Jahre hatten sich bedeutende Entwicklungen vollzogen, die letztlich in die verstärkte Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion führten. Auf einer globalen Ebene verstärkte der sowjetische Einmarsch in Afghanistan den Eindruck der US-Regierung unter Jimmy Carter und ab 1980 unter Ronald Reagan, dass die Sowjetunion ihren globalen Einfluss auf Kosten der USA vergrößerte. Der Umsturz der diktatorischen Somoza-Regierung in Nicaragua 1979 durch die kommunistischen Sandinisten reihte sich für die US-Öffentlichkeit hier ebenso ein wie die Bürgerkriege in den überraschend unabhängig gewordenen ehemaligen portugiesischen Kolonien Angola und Mosambik. In Afrika war die Sowjetunion das erste Mal physisch präsent. Dieser größere territoriale Einfluss wurde von der US-Führung als „globaler Expansionismus“ gebrandmarkt. Ein direkter Effekt war eine stärkere Unterstützung westlich orientierter Staaten durch die USA, selbst wenn es sich dabei um autokratisch regierte Staaten handelte, die im Zuge der globalen Demokratisierungswelle stark unter politischen Druck geraten waren, wie die Philippinen, Argentinien und Chile, aber auch der US-Bündnispartner Türkei. In all diesen Staaten ging es für die US-Regierung um die Frage, ob am Ende eine den USA oder der Sowjetunion freundlich gesonnene Regierung an die Macht kommen würde.

Das Jahr 1979 markierte somit einen Wendepunkt der weltpolitischen Auseinandersetzung zwischen den USA und der UdSSR, das Ende der Kooperations- bzw. Entspannungsphase in Europa und die Wiederaufnahme des Rüstungswettlaufs zwischen beiden Großmächten.

Als ein Auslöser für das Ende der Entspannung wurde die Aufrüstung der Sowjetunion betrachtet sowie die Modernisierung ihres Atomwaffenpotentials mit Raketen des Typs SS-20 ab 1976/77. Die Stationierung dieses neuen Waffentyps vollzog sich gleichzeitig mit Vorverhandlungen zu einer neuen SALT-Abrüstungsinitiative. Für die Sowjetunion handelte es sich dabei um eine Modernisierungsmaßnahme, die nach dem SALT-Vertrag erlaubt war. Allerdings stellte die Maßnahme nicht nur einen signifikanten Fortschritt des sowjetischen Rüstungsarsenals dar, sondern forderte die westeuropäische Verteidigungsfähigkeit und die der NATO grundlegend heraus. Die Sowjetunion wäre in der Lage gewesen, eine Reihe strategischer Ziele in Westeuropa zu erreichen, ohne dass sie die USA in einen Krieg hätte verwickeln müssen. In der Konsequenz hieß das, dass ein potentieller Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion allein in Europa hätte ausgetragen werden können. Vor allem in den Augen der westeuropäischen politischen Eliten barg dies das Risiko, dass die Sicherheit der USA von der europäischen Sicherheit entkoppelt würde. Aufgrund der Unterscheidungsfähigkeit zwischen einem Atomkrieg in Europa mit und ohne Beteiligung der USA nannte Helmut Schmidt die SS-20 deshalb auch eine „eurostrategische Nötigungswaffe“ (zitiert nach Rühl 2013). Die Episode führte schließlich zur Verabschiedung des NATONATO-Doppelbeschlusses 1979 und zu einer umstrittenen Aufrüstungsinitiative unter der Reagan-Administration, die Strategic Defense Initiative (SDI). Dabei handelte es sich um ein weltraumgestütztes Abwehrsystem für Interkontinentalraketen. Sie war deshalb umstritten, weil sie die Zweitschlagskapazität der Sowjetunion eingeschränkt und damit die Politik der wechselseitigen Abschreckung unterlaufen hätte.


Globale Nuklearwaffenbestände 1945–2010

Anmerkung: Differenz zur Gesamtzahl ergibt sich aus den Nuklearwaffenbeständen der anderen Nuklearmächte

Der Beschluss heißt NATONATO-Doppelbeschluss, da er bis 1983 eine Modernisierung der in Europa stationierten Pershing-Raketen vorsah, der Sowjetunion aber gleichzeitig ein Verhandlungsangebot zu Begrenzung nuklearer Mittelstreckenwaffen machte. Der Beschluss führte zu massenhaften Protesten vor allem in der Bundesrepublik und der Formierung einer Friedensbewegung.

Die Sowjetunion brach schließlich 1990 – auch als Folge ihrer kostspieligen Intervention in Afghanistan und der innerstaatlichen Kritik daran – wirtschaftlich zusammen und löste sich 1991 auf, fast 70 Jahre nach ihrer Gründung. Eingeleitet wurde das Ende des Ost-West-KonfliktsOst-West-Konflikt durch die Perestroika-PolitikPerestroika-Politik Michail Gorbatschows, mit der eine politische Öffnung der Sowjetunion einherging, die schließlich im Zusammenbruch des Ostblocks durch demokratische Revolutionen endete.

Die Auflösung der SowjetunionAuflösung Sowjetunion begann mit der Unabhängigkeitserklärung aller 15 Unionsrepubliken 1990. Sie nahmen damit ihr verfassungsmäßig garantiertes Recht zum Austritt aus der Sowjetunion wahr oder wiesen auf die zwangsweise Eingliederung hin, wie im Fall der baltischen Staaten, die während des Zweiten WeltkriegZweiter Weltkriegs annektiert worden waren. Elf der ausgetretenen Staaten (alle ehemaligen Sowjetrepubliken bis auf die baltischen Staaten und Georgien) traten jedoch einer neuen Organisation bei, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Sie wurde am 21.Dezember 1991 gegründet.

Die Ordnung nach dem Ost-West-Konflikt

Die Post-Ost-West-Konflikt-ÄraPost-Ost-West-Konflikt-Ära ging mit einer Reihe von dramatischen Veränderungen in den internationalen Beziehungen einher. Aus dem Konflikt gingen die USA als die einzig verbleibende Macht hervor. Der amerikanische Politikwissenschaftler Charles Krauthammer prägte dafür den Begriff des unipolaren Momentunipolares MomentEnde des Kalten Kriegs als unipolares Moment (Krauthammer 1991). Militärisch betrachtet waren die USA die zu diesem Zeitpunkt mit Abstand führende Macht im internationalen System. Sie waren nicht nur eine Supermacht, sondern eine Hypermacht. Der wirtschaftliche und politische Niedergang der Sowjetunion hatte eine weltpolitische Konfrontation beendet, ohne dass diese in einen zerstörerischen Krieg eskaliert war. Der Kalte Krieg war nicht nur unblutig zu Ende gegangen, sondern hatte auch mit dem Sieg von Demokratie und freier Marktwirtschaft geendet. Der politische Philosoph Francis FukuyamaFukuyama, Francis bezeichnete diesen Moment als das „Ende der Geschichte“: Der historische Kampf um Anerkennung war mit der weltweiten Demokratisierung zu einem Ende gekommen (vgl. Einheit 7). Diese Analysen erwiesen sich nur als teilweise richtig.

Aus der Abwesenheit einer Katastrophe ergab sich die Abwesenheit einer großen Weltkonferenz über ein neues Friedenssicherungssystem oder regionale Friedenssicherungssysteme. Stattdessen vollzog sich ein inkrementeller Wandel, der entweder auf bestehenden Strukturen, die sich global und regional herausgebildet hatten, aufbaute, oder aber zu deren Schaffung führte. Neben der überragenden Rolle der USA, die wichtige Strukturveränderungen unilateralAmerikanischer Unilateralismus herbeiführte, waren wichtige Antriebskräfte dieser Entwicklung internationale Organisationen, die multilaterale Verfahren weiterentwickelten und eine Verrechtlichung der internationalen Beziehungen bewirkten (Alter 2014).

Das unipolare Moment ging mit einer Reihe von Initiativen seitens der USA einher, die darauf abzielten, die Welt „für Demokratien sicherer“ zu machen: Dazu gehörte die Unterstützung für Prozesse der innerstaatlichen Demokratisierung, die globale Abrüstung, der Stopp der Proliferation von Atomwaffen. Die USA setzten hierfür auch vermehrt Sanktionen gegen Staaten ein (Hufbauer u.a. 2007). Nach den Terrorangriffen auf die USA im September 2001 gingen sie zu einem konzertierten Kampf gegen den globalen Terrorismus über. Diese Strategie führte jedoch zu Widersprüchen mit den etablierten Institutionen der internationalen Gemeinschaft, vor allem dem Sicherheitsrat der VN. Die US-Administration unter George W. Bush und ihre Verbündeten umgingen in wichtigen Fragen der (amerikanischen) Sicherheit den VN-Sicherheitsrat als das höchste multilaterale Entscheidungsgremium der internationalen Gemeinschaft, so bei dem NATO-Einsatz im Kosovo 1999 oder dem von den USA und Großbritannien geführten Krieg gegen den Irak 2003. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bildete die US-Ankündigung, das völkerrechtliche Nichtangriffsgebot durch ein Recht des präventiven Angriffs auf von den USA definierten Schurkenstaaten zu durchlöchern und im Kampf gegen den Terrorismus international verankerte Menschenrechtsnormen nicht zu beachten, wie etwa das Recht auf Haftprüfung und ein faires Gerichtsverfahren (vgl. Einheit 13).

Merke

Das unipolare Moment ist ein Charakteristikum der Ordnung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. Daneben lässt sich jedoch auch die Weiterentwicklung der nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen internationalen Organisationen, vor allem der Vereinten Nationen, beobachten. Dieser Bedeutungszuwachs ergab sich einerseits daraus, dass die Konfliktlinien des Ost-West-Konflikts keine Relevanz mehr hatten. Dem Ende des Ost-West-Konflikts folgte ein neuer Geist internationaler Kooperation und der Wille, internationale Institutionen effektiver und durchsetzungsfähiger zu machen.

Die als erfolgreich wahrgenommenen Institutionen des Westens sollten für die Staaten des ehemaligen Ostblocks oder die Blockfreien zur Integration geöffnet werden. Dies erforderte jedoch vielfach auf die größere Mitgliedszahl abgestimmte effizientere Entscheidungsmechanismen. Internationale und regionale Organisationen erhielten mehr Autoritätwachsende Autorität internationaler Organisationen gegenüber ihren Mitgliedern. Mit dem Internationalen Strafgerichtshof wurde außerdem eine neue Institution geschaffen, die mit der Strafverfolgung von Hauptverantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch die individuelle Seite der Friedenssicherung bearbeitet. Die Handels- und Finanzinstitutionen entwickelten sich zudem zu globalen Organisationen.

 

Neben dieser Ausweitung im Aufgabenbereich internationaler Organisationen lassen sich noch zwei weitere zentrale Trends beobachten: Zum einen eine RegionalisierungRegionalisierung der internationalen Beziehungen, die sich darin ausdrückt, dass sowohl Kompetenzen von der internationalen auf die regionale Ebene verlagert werden, als auch Kompetenzen von der staatlichen auf die regionale Ebene; zum anderen der Aufstieg von Schwellenländern, insbesondere der größten Staaten Brasilien, China und Indien. Regional lassen sich sehr unterschiedliche Trends beobachten: Während in Lateinamerika, Asien und Afrika eine Regionalismuswelle mit der Gründung einer Vielzahl von Regionalorganisationen eingesetzt hat, hat die letzte Demokratisierungswelle ab 2011 im Nahen und Mittleren Osten einen Flächenbrand aus sich transnationalisierenden Bürgerkriegen ausgelöst.

Die wachsende Autorität internationaler Organisationen

Internationale Organisationen haben seit dem Ende des Ost-West-Konflikts einen enormen Autoritätszuwachs erlebt. Dieser Autoritätszuwachs speist sich aus verschiedenen Faktoren.

 Durch den Zerfall der SowjetunionAuflösung Sowjetunion hat sich die Zahl der Staaten im internationalen System noch einmal signifikant erhöht, ohne dass die Entscheidungsverfahren der internationalen Organisationen in gleichem Maße mitgehalten hätten. Wenige Staaten entscheiden über mehr Staaten, die nicht in den Entscheidungsgremien sitzen. Am bedeutendsten ist dies im Sicherheitsrat.

 Die Aktivitäten von internationalen Organisationen haben sich wesentlich verändert und zielen heute stärker auf Regelungen im Inneren von Staaten ab, zum Beispiel nichttarifäre Handelshemmnisse, innerstaatliche Kriege, Schutz und die Förderung von Demokratie. Internationale Organisationen haben ihre Eingriffstiefe erhöht.

Die globalen Effekte der Auflösung der SowjetunionAuflösung Sowjetunion

Merke

Die Auflösung der SowjetunionAuflösung Sowjetunion hatte ähnlich gewichtige Konsequenzen für das internationale System wie das Ende des Ersten oder des Zweiten Weltkriegs. Sie hatte sicherheitspolitische, politische und wirtschaftliche Effekte globalen Ausmaßes.

Die Effekte der Auflösung der SowjetunionAuflösung Sowjetunion waren weitreichend. Sie waren nicht nur auf die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und ihrer Verbündeten beschränkt, sondern hatten systemweite Effekte. Es war das Ende einer Supermacht, die die Weltordnung der Vor- und Nachkriegszeit wesentlich mitgestaltet hatte. Dies hatte globale politische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche EffekteGlobale Effekte.

Die Implosion hatte politische Effekte: Jahrzehntelang hatten viele Regierungen und nicht-staatliche Akteure im Wesentlichen nur aufgrund der Unterstützung der Sowjetunion oder der USA politisch überlebt. Das Ausbleiben der internationalen finanziellen und politischen Unterstützung untergrub die politische Stellung von Regierungen und nichtstaatlichen Gruppen in beiden Lagern gleichermaßen. Viele der während des Ost-West-Konflikts etablierten Regierungen und Einparteiensysteme konnten sich unter den neuen Bedingungen nicht mehr halten. Dies ermöglichte die weitflächige Demokratisierung und historische Friedensregelungen für langjährige Konflikte wie den Angola-Konflikt, den Kambodscha-Konflikt oder bedeutende Friedensinitiativen im Nahen Osten, wo sich durch die Gewährung einer Autonomie an die Palästinenser eine Lösung des Konflikts mit Israelisraelisch-palästinensischer Konflikt abzeichnete. In den wenigsten Staaten existierten jedoch funktionierende Mechanismen des geregelten politischen Machtübergangs. Gewaltsame Machtwechsel und Bürgerkriege folgten.

Die Implosion der Sowjetunion hatte sicherheitspolitische Effekte, insbesondere für die Staaten, denen die Sowjetunion Sicherheitsgarantien gegeben hatte: Mit der Sowjetunion löste sich auch der Warschauer Pakt auf. Da das sowjetische Atomwaffenarsenal in verschiedenen Teilrepubliken der Sowjetunion stationiert war, wie in Weißrussland und der Ukraine, stiegen sie von einem Tag auf den anderen zu Atommächten auf (vgl. Einheit 10).

Die Implosion hatte schließlich auch wirtschaftliche Effekte, nicht nur in der Sowjetunion selbst und in den osteuropäischen Staaten, sondern auch in Staaten wie Indien, die vom sowjetischen Markt abhängig waren. Der fast komplette Wegfall des sowjetischen Exportmarktes durch die Auflösung des Rats für Gegenseitige Wirtschaftshilfe und die Abkehr von den Planwirtschaften sowjetischen Stils bedeutete für diese Staaten signifikante Einbußen ihres Bruttosozialprodukts. Sie führte in allen Staaten zu einer wirtschaftspolitischen internationalen Liberalisierung.

Diese Effekte zeigten sich regional differenziert und lassen sich – analog zu den regionalen Effekten des Ersten und Zweiten Weltkriegs – lokalisieren. Besonders betroffen vom Zusammenbruch der Sowjetunion waren Osteuropa, Afrika und Zentralamerika, wo sich durch Nachbarschaftseffekte die wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Effekte der Auflösung der SowjetunionAuflösung Sowjetunion verstärkten. In besonderer Form stellte sich diese Frage für die DDR und damit verbunden Westdeutschland. Die beiden deutschen Teilstaaten strebten eine Vereinigung an und warfen damit die Frage der europäischen Sicherheit auf.

Die Staaten, denen die sowjetischen Führungen Sicherheitsgarantien gegeben hatten, waren ebenfalls direkt betroffen, insbesondere Nordkorea, aber auch Syrien im Nahen und Mittleren Osten und Vietnam in Südostasien. In Südwestasien hatte die Auflösung vor allem wegen des Abzugs der sowjetischen Truppen aus Afghanistan Effekte.

Die Einbindung eines vereinigten Deutschlands

Mit der sich abzeichnenden Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten stand die abschließende Lösung des Deutschlandproblems auf der Tagesordnung der ehemaligen Alliierten. Denn die Teilung Deutschlands spiegelte immer noch die Situation unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Nun bot sich die Chance, eine abschließende Lösung zu verhandeln.

Deutschland-Frage 3.0

Wie würde ein territorial und bevölkerungsmäßig sehr viel größeres Deutschland agieren? Wäre ein vereinigtes Deutschland genauso effektiv einzubinden wie Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg? Frankreich und Großbritannien fürchteten einen Rückfall deutscher Außenpolitik in die Rolle einer ambitionierten Großmacht ebenso wie Polen, das mit dem Zerfall des Warschauer Paktes seine Sicherheitsgarantien verloren hatte. Für Osteuropa bestand ein ähnliches Problem: Osteuropa war zwei Mal Schauplatz großer Kriege geworden. Was würde mit den osteuropäischen Staaten ohne Sicherheitsbindung geschehen?

Die Lösung dieser beiden Probleme bestand in der Anerkennung der Einheit Deutschlands im September 1990 unter Wahrung bestimmter außenpolitischer RestriktionenAußenpolitische Restriktionen, die im 2+4 Vertrag2+4 Vertrag festgelegt waren; sie bestand in der fortgesetzten Westintegration des vereinigten Deutschlands; und sie bestand schließlich in der Osterweiterung der NATONATO und der EUEuropäische Union (EU) als effektivste Organisationen Europas. Kurz: Die Lösung war die Fortsetzung des Multilateralismus in Form der Integration in regionale Organisationen. Zentral dafür ist der Maastricht-Vertrag der EU von 1992, mit dem die westeuropäischen Staaten nicht nur ihre Zusammenarbeit vertieften. Der Maastricht-Vertrag stellte eine wichtige Sicherheitsgarantie gegen ein vereinigtes Deutschland dar. Zentral dabei war die Schaffung einer politischen und einer Währungsunion (vgl. Einheit 13).


Europaterritoriale Veränderungweitere Regelungen/Implikationen
Vereinigtes DeutschlandFestlegung des Staatsgebiets des vereinten Deutschlands, damit auch der mitteleuropäischen Grenzen;Absage an Gebietsansprüche anderer StaatenBegrenzung der Personalstärke der Streitkräfte auf 370.000 Personen;Verzicht auf Herstellung, Verfügung und Besitz von ABC-Waffen;Verbot eines Angriffskriegs;Ende der Alliierten Kontrolle, Abzug der Alliierten Streitkräfte bis 1994;Recht, Bündnissen anzugehören

Die Regelungen des 2+4 Vertrags für Deutschland

Merke

Der Zusammenbruch der SowjetunionAuflösung Sowjetunion

 ermöglichte die Demokratisierung ganzer Regionen, wie in Lateinamerika, Osteuropa, Afrika und Asien,

 ermöglichte historische Friedensabkommen,

 führte zu Bürgerkriegen vor allem in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten,

 warf durch die Auflösung von Institutionen und den Wegfall von Sicherheitsgarantien sicherheitspolitische Probleme auf.

Friedenssicherung im Schatten des unipolaren Moments und der wachsenden Autorität internationaler Organisationen

Weiterentwicklung des Friedenssicherungssystems der Vereinten Nationen

 Die Autorität des Sicherheitsrats der Vereinten NationenVereinte Nationen ist nach dem Ende des Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikts stark angestiegen.

 Das Ziel der Förderung des Weltfriedens wird weiter gefasst und umfasst nun auch die Strafverfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

 Mit der Agenda für den Frieden verabschieden die Vereinten NationenVereinte Nationen ein umfassendes Programm zur Friedenssicherung, das auch präventive Maßnahmen einschließt und die Konfliktnachsorge.

 Die Vereinten NationenVereinte Nationen werden ihren anderen Zielsetzungen neben der Friedenssicherung in umfassenderer Weise gerecht. Sie verabschieden programmatische Ziele, wie die Millenniums-Entwicklungsziele oder Abkommen zum Klimaschutz.

 Die bestehenden Normen werden bestätigt und neue Normen weiterentwickelt.

Bedingt durch die großflächige Demokratisierung und die damit assoziierten innerstaatlichen Konflikte erlebten die Vereinten NationenVereinte Nationen als Organisation der Friedenssicherung nach dem Ende des Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikts einen enormen Bedeutungszuwachs. Insbesondere der Sicherheitsrat übernahm in Reaktion auf die hohe Zahl an Bürgerkriegen in Afrika und Osteuropa die Funktionen, die ihm seine Schöpfer unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zugedacht hatten. Die Zahl der Erzwingungsmaßnahmen, das sind Maßnahmen der kollektiven Sicherheit, die gegen den Willen eines Staates durchgeführt werden, stieg an und zwar von etwa einem Zehntel auf ein Viertel aller Maßnahmen der Streitbeilegung (Heldt/Wallensteen 2006).

In Bezug auf die globalen Ordnungsprobleme hieß das unilaterale Moment, dass die USA wesentlich an der Umsetzung der Entscheidungen des Weltsicherheitsrats beteiligt waren. Die USA übernahmen die Führung in einer Reihe von militärischen Interventionen, die von den Vereinten NationenVereinte Nationen mandatiert waren – wie im Fall des Irak nach der Invasion Kuweits 1991 und zur Abwendung einer humanitären Katastrophe in Somalia 1993. Angesichts des signifikanten Anstiegs an innerstaatlichen Konflikten entwickelten die Vereinten NationenVereinte Nationen innerhalb von 10 Jahren ein Instrumentarium zur Prävention und Befriedung innerstaatlicher Konflikte. Den rechtlichen Kern dieses Instrumentariums bildet seit 2005 die Doktrin der Schutzverantwortung (Responsibility to Protect: R2P).

Aber auch die anderen Organe der Vereinten NationenVereinte Nationen entwickelten sich zu aktiven Organisationen. Sie reagierten dabei einerseits auf globale Herausforderungen, wie Hungerkrisen, die Versteppung ganzer Regionen oder den Klimawandel, nutzten aber auch das ihnen in der Charta der Vereinten Nationen verliehene Mandat, einen Beitrag zu Menschenrechten und der Steigerung der Lebensqualität der Menschheit zu leisten. So fanden zu Beginn des Jahrtausends verschiedene VN-Konferenzen statt, die programmatische Ziele verabschiedeten wie die Millenniums-Entwicklungsziele des Entwicklungsprogramms der Vereinten NationenVereinte Nationen (UNDP) oder die Klimaschutzkonferenzen des Umweltprogramms der VN (UNEP). In Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 und auf verschiedene terroristische Anschläge in anderen Staaten entwickelten die Vereinten NationenVereinte Nationen ein differenziertes Instrumentarium zur Sanktionierung von terroristischen Vereinigungen.

 

Ein wesentlicher Pfeiler der internationalen Ordnung nach dem Ende des Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikts blieben die internationalen Wirtschaftsinstitutionen, das GATT und der Internationale Währungsfonds (IWF). Ihre Mandate entwickelten sich ebenfalls weiter. Der IWF hatte bereits in den 1980er Jahren eine Veränderung seiner Ausrichtung erfahren. Unter dem Druck der USA unter der Administration von Ronald Reagan wandelten sich Weltbank und IWF in den 1980er Jahren zu Institutionen, die internationale Kredite an neoliberale politische Reformen koppelten und damit tief in die Haushalts- und Wirtschaftspolitik der betroffenen Staaten eingriffen. Viele Staaten des Globalen Südens mussten zum Teil unter schwierigen innerstaatlichen Bedingungen ihren Außenhandel liberalisieren, indem sie Schutzzölle und Importbeschränkungen abbauten, ihre Binnenwirtschaft deregulierten und den Kapitalverkehr erleichterten. Strukturanpassungsprogramme umfassten zusätzlich die Förderung von Demokratie und Menschenrechten durch die politische Konditionierung von Krediten oder Entwicklungshilfe. In Abwesenheit des Block-Wettbewerbs waren diese Programme insgesamt effektiver darin, auch tatsächliche Reformen anzustoßen (Bratton/van der Walle 1997; Dunning 2004). Während der globalen Finanzkrise waren von diesen Programmen nun auch die industrialisierten Staaten der G20 betroffen, deren Staatsverschuldung beträchtlich angewachsen war und 2005 erstmals diejenige der Entwicklungsländer überstieg (vgl. Abb. 2.7).

Die wirtschaftspolitische Liberalisierung und der Wegfall alternativer Integrationsschemata hatte wiederum erhebliche Auswirkungen auf das globale Handelsvolumen. Diese Staaten drängten nun in das GATT. Die Organisation wurde in Bezug auf ihre Mitgliedschaft sehr viel globaler. Die Zahl der Mitglieder des GATT stieg ab 1991 signifikant an. 1995 wurde das GATT in die Welthandelsorganisation (World Trade Organization: WTO) überführt. Die WTO stellt eine neue Organisation dar, die stärkere Durchsetzungsmechanismen aufweist als das GATT. Kern des Durchsetzungsmechanismus ist der verstärkte Streitbeilegungsmechanismus in Form eines WTO-Gerichtshofes. Die gewachsene Globalität und das stärker verrechtlichte Verfahren steigerte jedoch nicht notwendigerweise ihre Effektivität: Mit der größeren Mitgliedschaft musste die WTO auch sehr viel heterogenere Präferenzen verhandeln. Mit den Beitritten Indiens (1995), Chinas (2001) und Russlands (2012) zur WTO traten Staaten mit sehr großem Marktpotential der Organisation bei, die den bisher größten Verhandlungspartnern, den USA und der EU, Verhandlungsmacht entgegensetzen konnten. Während die industrialisierten Staaten dafür eintraten, die Verhandlungen um Vereinbarungen über Investitionen, zur Wettbewerbspolitik und die Transparenz bei der Vergabe staatlicher Aufträge zu erweitern (die sogenannten Singapur-Themen) sowie Arbeitsnormen und Umweltschutz zu berücksichtigen, drängten die Staaten des Globalen Südens unter Führung von Brasilien und Indien auf die Liberalisierung der Agrarmärkte und des Handels mit Textilien. Die Verhandlungen über weitere Handelsliberalisierungen gerieten ins Stocken. Die 2001 begonnene Doha-Runde war bis 2015 nicht abgeschlossen.


Zahl der Mitglieder in GATT (1945–1995) und WTOWTO (ab 1995)


Anteil unterschiedlicher Staatengruppen an internationaler Verschuldung

Mit dem Internationalen Strafgerichtshof wurde 2002 außerdem ein neuer Gerichtshof für die Ahndung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid geschaffen und damit ein Meilenstein auf dem Weg der internationalen Verrechtlichung gesetzt. Die Besonderheit des Internationalen Strafgerichtshofs ist, dass er der erste permanente Gerichtshof ist, der eine prinzipiell universelle Jurisdiktion hat, vorausgesetzt, alle Staaten treten ihm bei. Die beiden vor ihm geschaffenen internationalen Gerichtshöfe zu Ruanda und Jugoslawien waren weder dauerhaft eingerichtet noch universell, sondern sie ahndeten Kriegsverbrechen in Ruanda und Jugoslawien. 2015 gehörten dem Internationalen Strafgerichtshof 123 Staaten an, darunter die Staaten der gesamten EU. Dafür fehlen wichtige Staaten als Unterzeichner, darunter die USA, China und Russland. Bis 2015 hatte der Internationale Strafgerichtshof sechs Urteile gefällt, darunter so bedeutende wie gegen den ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor, den Verantwortlichen für den Krieg im Nachbarland Sierra Leone.

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