Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg

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4. Fusion von Universität und Forschungszentrum Karlsruhe zum KIT

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Einer der strukturellen Wettbewerbsnachteile deutscher Universitäten gegenüber ausländischen Spitzeneinrichtungen wie z.B. ETH Zürich, Oxford oder Stanford und Yale wird in der in Deutschland getrennten Finanzierung der Hochschulen durch die Länder einerseits und der außeruniversitären Großforschung überwiegend durch den Bund andererseits gesehen, was sich in einer institutionellen Zerklüftung niederschlägt (sog. Versäulung). Mit der Zusammenführung der vom Land Baden-Württemberg getragenen Universität Karlsruhe und dem ganz überwiegend bundesfinanzierten[35] und der Helmholtz-Gemeinschaft zugehörigen Forschungszentrum Karlsruhe GmbH zum „Karlsruher Institut für Technologie“ (KIT) – dessen Namensähnlichkeit mit dem MIT in Boston/Massachusetts keineswegs zufällig ist – haben der Bund und ein Land einen bislang einmaligen (körperschaftsübergreifenden) Versuch der Durchbrechung dieser Versäulung unternommen. Rechtsgrundlagen dieses Unterfangens sind einerseits das KIT-Zusammenführungsgesetz des Landes[36] sowie andererseits die Verwaltungsvereinbarung von Bund und Land Baden-Württemberg v. 30.7.2009, in der die Mitfinanzierung des Bundes und seine Stellung im KIT-Aufsichtsrat geregelt sind.[37] Freilich bleiben bis heute die beiden Hauptaufgaben des KIT jeweils den für sie geltenden – unterschiedlichen – Rechtsregimes unterworfen: Für die Aufgaben als Universität gilt das LHG, während für die Großforschungsaufgaben Art. 91b GG und das GWK-Abkommen maßgeblich sind.[38]

Einführung › III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung

III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung

Einführung › III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung › 1. Feinjustierung durch Re-Akademisierung

1. Feinjustierung durch Re-Akademisierung

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Die in den 1990er und 2000er Jahren betriebene Reformpolitik stand stets in der Kritik einer Ökonomisierung der Hochschulen. So richtig es ist, dass Hochschulen sich auf dem internationalen und nationalen Markt behaupten müssen, dass sie um Forschungsmittel, gute Professoren und Studierende konkurrieren müssen und dafür entsprechend bewegungs- und handlungsfähig sein müssen, so wenig ändert sich daran, dass Hochschulen kulturelle und intellektuelle Kristallisationspunkte der Gesellschaft sind, dass Lehre und Forschung und deren Ergebnisse keine Handelsgüter sind und dass die der Wissenschaft immanente Kreativität weder hierarchisch verordnet noch in stereotype Arbeitszeitmodelle eingepasst werden kann. Der Wert und die Kraft eines wissenschaftlichen Arguments kann nicht von seiner zeitgeistigen Gängigkeit abhängen, weshalb die Hochschulen nicht einem freien Marktgeschehen überlassen bleiben können, um z.B. kleine Fächer zu erhalten, wichtige Grundlagenforschung abseits der großen Scheinwerfer zu ermöglichen und das Recht auf Irrtum als Lebenselixier wissenschaftlicher Wahrheitssuche zu schützen.[39]

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Insofern erstaunt es nicht, dass manche Reformmaßnahmen bei rückblickender Betrachtung zu wenig auf die Besonderheiten von Wissenschaft und Hochschulen Rücksicht genommen haben, und das Gesetzgebungspendel nach eineinhalb Jahrzehnten weitreichender Reformpolitik wieder ein wenig im Sinne einer Re-Akademisierung zurückgeschwungen ist. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die baden-württembergische Hochschulpolitik, die seit 2011 unter parteipolitisch veränderten Vorzeichen steht, sondern auch für die Vorgaben des BVerfG gegenüber dem Hochschulgesetzgeber.

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Ausgehend vom sog. Hochschulurteil aus dem Jahr 1973 hat das BVerfG im Hochschulorganisationsrecht zunächst eine sehr liberale Linie verfolgt und betont, dass die Wissenschaftsfreiheit keine bestimmten Vorgaben für die Binnenorganisation von Hochschulen mache, solange diese eine freie und ungefährdete Wissenschaft ermöglicht. Die nähere Ausgestaltung obliege der Disposition des Gesetzgebers. Insbesondere wurde anerkannt, dass der Gesetzgeber auch andere schutzwürdige Interessen und Bedürfnisse neben der Wissenschaftsfreiheit zu beachten habe, namentlich das Ausbildungsgrundrecht der Studierenden und die Funktion von Hochschulen als Lehranstalten.[40] Diese Linie wurde in Folgeentscheidungen wie in dem Beschluss zum NRW-Hochschulgesetz von 1995 und in der Brandenburg-Entscheidung von 2004 weiter ausbuchstabiert und vertieft. So wurde dem Gesetzgeber 1995 ausdrücklich ein weitreichendes Organisationsermessen zugestanden, soweit der Kernbereich der wissenschaftlichen Tätigkeit dem einzelnen Grundrechtsträger verbleibt. Die Wissenschaftsfreiheit gewähre „dem einzelnen Hochschullehrer keine unbeschränkte Teilhabe an der Leitung der Wissenschaftseinrichtung“, weshalb ein starkes monokratisches Element in der Fakultätsleitung „nicht von vornherein mit Art. 5 Abs. 3 GG unvereinbar“ sei.[41] Diesen Gedanken hat das BVerfG 2004 weiter unterstrichen, solange keine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit davon ausgeht. Hierfür sei „das hochschulorganisatorische Gesamtgefüge mit seinen unterschiedlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten in den Blick zu nehmen“. Dem Gesetzgeber wurde nicht nur erneut ein freies Ermessen bei der Regelung des Wissenschaftsbetriebes attestiert, solange ein „hinreichendes Maß an organisatorischer Selbstbestimmung der Grundrechtsträger“ gewährleistet sei, sondern sogar die mögliche Verpflichtung zu einer zeitgemäßen Weiterentwicklung der Hochschulstrukturen zugestanden. Auch folge aus Art. Art. 5 Abs. 3 GG kein Vorrang von Kollegialorganen gegenüber monokratischen Leitungsorganen.[42]

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Mit der Hamburg-Entscheidung von 2010 hat das BVerfG eine Kurswende zu relativ restriktiven Vorgaben eingeleitet, die in der MHH-Entscheidung von 2014 fortgesetzt wurde und die verfassungsgerichtliche Spruchpraxis mittlerweile prägt. Vorläufiger Höhepunkt ist die Entscheidung des VerfGH BW von 2016. Im Mittelpunkt steht nun das Teilhaberecht des einzelnen Grundrechtsträgers, worunter allerdings nur noch Träger der Wissenschaftsfreiheit verstanden werden. Umso stärker die Leitungsstrukturen sind, desto stärker müssen die Abwehr- und Einflussmöglichkeiten der (Wissenschaftsfreiheits-)Grundrechtsträger sein.[43] Beim VerfGH BW hat dies dazu geführt, dass allein die Gruppe der Hochschullehrer – ungeachtet der Grundrechte anderer Hochschulmitglieder – für die Wahl und Abwahl der Hochschulleitung maßgeblich sein muss.[44] In der MHH-Entscheidung hat zudem der Begriff der „wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten“, auf die sich diese Teilhabe bezieht, jede terminologische Abgrenzungsfunktion verloren und erfasst über inhaltliche Fragen von Forschung und Lehre hinaus nun „alle den Wissenschaftsbetrieb prägenden Entscheidungen über die Organisationsstruktur und den Haushalt“.[45] Im Ergebnis wird durch diese Rechtsprechung nun ein klarer Vorrang der Kollegialorgane gegenüber den Leitungsorganen festgeschrieben und damit auch dem Hochschulgesetzgeber bei der Ausgestaltung des Hochschulorganisationsrechts vorgegeben.

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Diese Verschiebung der verfassungsgerichtlichen Anforderungen hat die gleichzeitige politische Kurskorrektur zugunsten einer maßvollen Re-Akademisierung des Hochschulorganisationsrechts zusätzlich befördert. So hat der Hochschulgesetzgeber die sehr weitgehende Entmachtung des Senats – zuletzt im 2. HRÄG von 2004 – im Rahmen des 3. HRÄG von 2014 in Teilen zurückgenommen. Das zentrale Kollegialorgan, der Senat, hat wichtige Beschluss- und Entscheidungskompetenzen zumindest teilweise behalten oder zurückgewonnen. Dies gilt zunächst für seine Zuständigkeit für das Satzungsrecht, die ihm eine – aufgrund der Deregulierung des LHG in ihrer Bedeutung gestiegene – erhöhte Funktion als Gesetzgeber in der Hochschule zuweist. Dieses Satzungsrecht umfasst neben der Grundordnung auch alle anderen Hochschulsatzungen wie z.B. die Studien- und Prüfungsordnungen. Außerdem stehen dem Senat (tlw. wieder) das Wahlrecht für alle Rektoratsmitglieder (tlw. gemeinsam mit dem Hochschulrat), die Beschlusskompetenzen über die Zustimmung zur Struktur- und Entwicklungsplanung, die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen oder Hochschuleinrichtungen, die Beantragung der Festsetzung von Zulassungszahlen und eine Grundsatzzuständigkeit für Fragen von Forschung, Lehre und Studium zu. Ansonsten verfügt der Senat – v.a. in Finanzfragen – über Stellungnahmerechte, etwa zu Hochschulverträgen, zu Zielvereinbarungen und zu Funktionsbeschreibungen der Professuren (§ 19 I LHG). Einige Kompetenzverluste des Senats blieben aber auch erhalten. Dies gilt v.a. für die Auffang-Allzuständigkeit (§ 19 I 1 UG a.F.), die seit 2005 beim Rektorat liegt (s.o. Rn. 13), und die Beteiligung an Berufungsverfahren, die früher in einem Zustimmungserfordernis bestand (§ 19 I 2 Nr. 11 UG a.F.) und nun hinsichtlich des ob und wie der Grundordnung anheim gestellt ist (§ 48 III LHG). Auch auf Fakultätsebene ist die Machtverschiebung vom Fakultätsrat zum Dekanat (etwa bei der Auffang-Allzuständigkeit) weitgehend unverändert geblieben; allerdings sind die Fakultätsräte seit dem 3. HRÄG wieder für die Entscheidung über die Berufungsvorschläge (an das Rektorat) zuständig (§ 25 I LHG). Neben der Neuordnung von Kompetenzen wurden mit dem 3. HRÄG auch terminologische Übertreibungen des 2. HRÄG wie die unternehmerischen Begriffe für Hochschulgremien (Vorstand statt Rektorat, Aufsichtsrat statt Hochschulrat und Fakultätsvorstand statt Dekanat) wieder zurückgenommen.

 

Einführung › III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung › 2. Ausdifferenzierung durch Stärkung von Sonderinteressen

2. Ausdifferenzierung durch Stärkung von Sonderinteressen

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Die letzten Jahre waren hochschulrechtlich außerdem durch die Stärkung partikularer Sonderinteressen innerhalb der Hochschulgovernance geprägt. Dies begann mit der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft (VS) durch das Verfasste-Studierendenschafts-Gesetz (VerfStudG) im Jahr 2012,[46] durch das alle eingeschriebenen Studierenden einer Hochschule zu einer eigenständigen Zwangspersonenkörperschaft zusammengeschlossen wurden. Der VS wurden zum einen die bis dahin vom AStA wahrgenommenen Aufgaben (Förderung der sozialen, kulturellen und sportlichen Belange der Studierenden) übertragen, zum anderen wurde die Aufgabe der VS (hochschul-)politisch stärker akzentuiert durch einen Förderauftrag bezüglich der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Bewusstseins der Studierenden sowie des Meinungsaustausches innerhalb der Gruppe der Studierenden (§ 65 II, III LHG). Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhielt die VS ein weitreichendes Selbstorganisationsrecht (§ 65a I, II LHG) sowie ein autonomes Beitragserhebungs- und Haushaltsrecht (§ 65a V LHG).[47]

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Des Weiteren wurden die Gruppeninteressen der Professoren durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts (HRWeitEG)[48] gestärkt. Zuvor hatte der VerfGH BW entschieden,[49] dass die Regelungen des LHG zur Wahl und Abwahl von Rektoratsmitgliedern nicht mit der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer kompatibel seien, solange nicht entweder die starke Stellung des Rektorats bzw. des Dekanats zugunsten der akademischen Gremien deutlich zurückgenommen oder aber die Wahl und Abwahl der Leitungsorgane maßgeblich vom Willen der gewählten Vertreter der Professorenschaft in den Gremien abhängig gemacht würde (vgl. o., Rn. 34). Die weder verfassungs- noch hochschulrechtlich überzeugende Entscheidung ist zutreffend Gegenstand vielfältiger Kritik geworden[50] und hat ein begrenztes hochschulpolitisches Rollback notwendig gemacht. Dabei hat sich der Gesetzgeber jedoch gegen die vom VerfGH bevorzugte Lösung einer erheblichen Rückverlagerung von Entscheidungskompetenzen der Leitungsorgane auf die Gremien entschieden und sich auf das vorgegebene Mindestmaß an Stärkung der Gruppe der Hochschullehrer bei der Wahl und Abwahl der Leitungsorgane beschränkt. Daher ist nun die Wahl der Leitungsorgane nicht mehr gegen den (geschlossenen) Willen der gewählten Hochschullehrervertreter im Senat möglich, in dem diese die absolute Mehrheit haben müssen (§ 19 II Nr. 1 LHG); zudem können die Hochschullehrer durch ein basisinitiiertes Abwahlverfahren sowohl auf zentraler wie auf dezentraler Ebene Mitglieder von Leitungsorganen abwählen (§§ 18a, 24a LHG).[51] Eine weitere Gruppenstärkung erfolgte im HRWeitEG zugunsten der Doktoranden, die nun – neben den Studierenden – eine eigenständige Mitgliedergruppe i.S.v. § 10 I LHG mit entsprechenden Wahl- und Vertretungsrechten in Senat und Fakultätsrat darstellen.

Einführung › III. Feinjustierung und Ausdifferenzierung › 3. Institutionelle Weiterentwicklungen

3. Institutionelle Weiterentwicklungen

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In institutioneller Hinsicht hat das Hochschulrecht die weiter vorangeschrittene Stärkung der wissenschaftlichen Stellung der früheren Fachhochschulen und teilweise auch der DHBW nachgezeichnet. Bereits mit Einführung des LHG 2005 fiel in den einzelnen Hochschulnamen der „Fach“-Zusatz weg; mit dem 3. HRÄG von 2014 wurde nun die ganze Hochschulart in „Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ umbenannt und konsequenterweise der Begriff „Fachhochschule“ im LHG durchgängig ersetzt.[52] Die frühere Berufsakademie firmiert seit dem ZHFRUG von 2009 als Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW).

Diese weitere „Gleichstellung mit den wissenschaftlichen Hochschulen“[53] zeigt sich außerdem


in dem mit der Umstellung der Hochschulabschlüsse auf das Bachelor- und Mastersystem verbundenen Wegfall des früheren FH-Klammerzusatzes bei den dortigen Abschlussbezeichnungen,
in dem voraussetzungslosen Promotionszugang von HAW- und DHBW-Masterabsolventen (§ 38 III 1 Nr. 1 LHG),
in der Möglichkeit zur Einführung forschungsorientierter HAW-Professuren (§ 47 III LHG),
in der – seit dem 3. HRÄG von 2014 bestehenden, bislang aber noch nicht genutzten – Einräumung eines potenziellen und begrenzten eigenen Promotionsrechts für HAW-Verbünde (§ 76 II LHG) und
in Erleichterungen des Zugangs von forschungsstarken HAW- und DHBW-Hochschullehrern zum Promotionsrecht wissenschaftlicher Hochschulen durch eine Prüferbestellung oder durch eine Kooptation (§§ 38 IV 3, 22 IV 2 LHG) seitens einer Fakultät einer promotionsberechtigten Hochschule (näher dazu s.u., Rn. 1033).

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Außerdem erfolgte mit dem 3. HRÄG von 2014 eine Stärkung des Hochschulkooperationsrechts. Die Hochschulen können nun – in Anlehnung an das kommunale Zweckverbandsrecht – im Kooperationswege Verbände mit eigener Rechtsfähigkeit schaffen (§ 6 V LHG), in die auch nichtstaatliche oder gar privatrechtlich organisierte Partner integriert werden können.[54]

Anmerkungen

[1]

Auf die Nennung der Parallelnormen in den anderen Hochschulgesetzen wird bei allen alten UG-Zitatstellen in dieser Einführung zur besseren Lesbarkeit verzichtet.

[2]

Diese Entwicklung ist jedoch angesichts jüngerer Entwicklungen infrage zu stellen. Dies gilt zunächst für die verschiedenen „Zulagenaffären“, die – trotz der dem Ministerium vorzuwerfenden Defizite in der Ausübung der Rechtsaufsicht – strukturelle Überforderungssymptome darstellen. Deutlich verschärfend tritt noch hinzu, dass das HRWeitEG von 2018 in Umsetzung von Vorgaben des VerfGH BW (Urt. v. 14.11.2016 – Az. 1 VB 16/15) der Professorenschaft eine beherrschende Stellung bei Wahl und Abwahl von hauptamtlichen Rektoratsmitgliedern eingeräumt hat, wodurch es eine strukturimmanente Frage ist, ob ein dergestalt vom professoralen Wohlwollen abhängendes Rektorat wirklich noch unabhängig über Gehälter ebendieser Professorenschaft entscheiden kann.

[3]

Kimminich, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 1988, S. 852, spricht davon, dass die „deutschen Universitäten […] zwar bereits im 19. Jh. die geistige Freiheit vom Staat erlangt [hatten], nicht jedoch die finanzielle Freiheit“. Bachof wird bei Kimminich, a.a.O., S. 858, noch deutlicher: „Die Beschränkung staatlicher Aufsichtsbefugnisse in akademischen Angelegenheiten wird weitgehend unterlaufen durch die Abhängigkeit der Hochschulen von staatlicher Finanzierung, mittels derer sich nahezu alle Hochschulbereiche umfassend steuern lassen.“

[4]

https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/150109_Hochschulfinanzierungsvertrag.pdf (12.1.2019).

[5]

GBl. 1993, S. 209.

[6]

BVerfGE 147, 253 (Ls. 5, 1. Spiegelstrich).

[7]

Der Koalitionsvertrag von Bündnis90/Die Grünen und SPD („Der Wechsel beginnt.“, S. 12) sah vor, die Hochschulräte abzuschaffen und an ihrer Stelle extern besetzte Beiräte mit rein beratender Funktion zu installieren.

[8]

Näher dazu Sandberger, Paradigmenwechsel, VBlBW 2014, 321 ff.

[9]

Bis 1999 war zwar alternativ eine monokratische Präsidialverfassung möglich, wovon aber nur wenig Gebrauch gemacht wurde (vgl. Herberger in der 1. Aufl. dieses Buches, Rn. 226).

[10]

Die vierjährige Amtsperiode galt erst ab 1995; zuvor sah das Gesetz eine zwei- bis vierjährige Periode vor, wobei in aller Regel an der Mindestdauer festgehalten wurde, vgl. § 15 II UG 1992/95.

[11]

Damit hat das Rektorat auch alle wesentlichen Aufgaben des an den Universitäten bis 1999 bestandenen Verwaltungsrats übernommen. Diesem gehörten neben dem Rektorat als Amtsmitglieder vier Professoren sowie je ein Vertreter der drei übrigen Gruppen als Wahlmitglieder an (§ 20 IV UG). Hier wurde über die Aufstellung des Haushaltsplans, über die Verteilung von Stellen, Mitteln und Räumen und über die bauliche Entwicklung – und damit über die zentralen Steuerungsfragen der Universität als Organisation – beraten und entschieden (§ 20 II UG). Es ist nicht viel Phantasie vonnöten sich vorzustellen, dass der Verwaltungsrat das zentrale Machtzentrum der Universität darstellte. Zugleich bot dieses Gremium dem Rektor und dem Rektorat eine rege genutzte „Blitzableiterfunktion“, unpopuläre Entscheidungen dem Verwaltungsrat zuordnen zu können. Die Verantwortung für Führungsentscheidungen wurde so im Kollegialorgan verteilt, wodurch individuelle Verantwortung wesentlich weniger deutlich wurde und eingefordert werden konnte. Vielleicht ist das ein Grund, warum der Verwaltungsrat als Instrument bei den Universitätsleitungen so überaus populär war.

[12]

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Professionalisierung von Leitungsstrukturen hatte das BVerfG festgestellt: „Die Stärkung von Kompetenzen der monokratischen Leitungsorgane […] führt nicht zu einer strukturellen Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit. Aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgt für die Verfassung der Selbstverwaltung von Hochschulen kein Vorrang von Kollegialorganen gegenüber monokratischen Leitungsorganen.“ (E 111, 333, 356). Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit sah das Gericht erst bei der Möglichkeit einer strukturellen Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit als überschritten an (BVerfGE 111, 333, 357).

[13]

Bis 1995 brachte das Gesetz dies uneingeschränkt zum Ausdruck („entscheidet über alle Angelegenheiten der Universität, soweit sie nicht […]“); ab 1995 war der Senat auf „Angelegenheiten von Forschung, Lehre und Studium, die von grundsätzlicher Bedeutung und nicht […] einem anderen Organ […] übertragen sind“, – mithin auf die akademischen Angelegenheiten – beschränkt (jeweils § 19 I UG). Praktisch hatte die Einschränkung aber keine Auswirkungen, weil die Personal- und Wirtschaftsangelegenheiten ohnehin beim Verwaltungsrat lagen.

[14]

Zunächst (bis 2004) sah der Hochschulrat eine Mehrheit der internen Mitglieder vor und war an der Rektor- und Kanzlerwahl weniger stark beteiligt (§ 18 UG i.d.F. von 2000).

 

[15]

Krit. zu den weit reichenden Entscheidungsbefugnissen des Hochschulrates Kersten, Hochschulräte, DVBl. 1999, 1704 ff., der daraus einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG und gegen das Demokratiegebot ableitet; ebenso i.E. Krausnick, Staat und Hochschule, S. 398 ff.

[16]

Die Einflussnahme Externer ist besonders stark als Verletzung von Art. 5 III GG verfassungsrechtlich angegriffen worden. Das BVerfG hat jedoch in seiner Brandenburg-Entscheidung dazu angemerkt (E 111, 333, 356): „Die zur Sicherung der Wissenschaftsadäquanz von hochschulorganisatorischen Entscheidungen gebotene Teilhabe der wissenschaftlich Tätigen muss nicht in jedem Fall im Sinne der herkömmlichen Selbstverwaltung erfolgen. Auch hochschulexterne Institutionen können dazu beitragen, einerseits staatliche Steuerung wissenschaftsfreiheitssichernd zu begrenzen und andererseits der Gefahr der Verfestigung von status quo-Interessen bei reiner Selbstverwaltung zu begegnen.“; umfassend krit. zu dieser Entscheidung etwa Krausnick, Staat und Hochschule, S. 104 ff., 418 ff.

[17]

Die geringe Wertschätzung und die völlig fehlende Machtfülle des Amts des Dekans war besonders eindrucksvoll an dem Indiz zu erkennen, dass auch Professoren der Besoldungsgruppe C 3 dafür wählbar waren, während als Geschäftsführender Direktor eines Instituts – das hierarchisch ja unterhalb der Fakultätsebene stand – regelmäßig nur C-4-Professoren zugelassen waren (§ 28 VII UG).

[18]

Genauer: Eigentlich betrug die Amtszeit bis 1995 ein bis zwei Jahre nach Maßgabe der Grundordnung (§ 24 IV UG 1992), aber von der Verlängerungsoption wurde kaum Gebrauch gemacht. Danach sah das Gesetz eine zwei- bis vierjährige Amtszeit nach Maßgabe der Grundordnung vor (§ 24 IV UG 1995), mit demselben Effekt.

[19]

Nach § 8 II LVVO steht den Mitgliedern eines universitären Fakultätsvorstandes eine Deputatsermäßigung in Höhe von 14 SWS zu; dabei kann die Lehrverpflichtung des Studiendekans um höchstens 6 SWS und des Prodekans um 4 SWS reduziert werden. Daraus folgt für den Dekan eine Reduzierung von mindestens 4 SWS, die bis zur vollen Lehrverpflichtung reichen kann.

[20]

Den früheren „erweiterten Fakultätsrat“ gibt es nur noch als alternative Option zum Fakultätsrat als sog. „Großer Fakultätsrat“ (§ 25 III LHG).

[21]

Mit Inkrafttreten des LHG 2005 wurden keine neuen Diplom- oder Magisterstudiengänge eingerichtet; spätestens ab dem WS 2008/09 durften keine Studienanfänger mehr in solche Studiengänge aufgenommen werden (§ 29 III LHG 2005).

[22]

Zu diesem Modell im Detail Haug, Bildungsguthabenmodell, WissR 1998, 1.

[23]

Näher zum baden-württembergischen Studiengebührenmodell s. Faisst, 1. Aufl., Rn. 1197 ff.

[24]

GBl. 2011, S. 565.

[25]

Zunächst als Art. 3 des Studiengebührenabschaffungsgesetzes v. 21.12.2011, GBl. S. 565; nach Abschluss des Hochschulfinanzierungsvertrages „Perspektive 2020“ neu erlassen, GBl. 2015, S. 313.

[26]

Unter den höchstens zehn Mitgliedern müssen sich vier Studierende befinden, § 26 I 1 LHG.

[27]

Gesetz vom 20.8.1998, BGBl. I, S. 2190.

[28]

52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 28.8.2006, BGBl. I, S. 2034.

[29]

Differenziert hierzu Westerburg, Föderalismusreform, WissR 2006, 338.

[30]

LT-Drs. 14/3390, S. 71.

[31]

Näher dazu die amtl. Gesetzesbegründung, LT-Drs. 14/1513, S. 66.

[32]

Zunächst mit dem 3. HRÄG 2014 in § 48 I 4 LHG und dann im HRWeitEG 2018 mit § 51b LHG, vgl. LT-Drs. 16/3248, S. 40.

[33]

Vgl. die amtl. Gesetzesbegründung des ZHFRUG, LT-Drs. 14/3390, S. 70.

[34]

Die acht vormaligen Berufsakademien mit ihren drei Außenstellen waren zuvor vergleichsweise engmaschig vom zuständigen Referat des Wissenschaftsministeriums betreut worden, was sich auch in einer Reihe von Rechtsverordnungen niedergeschlagen hat; diese Kompetenzen des Ministeriums wurden im Zuge der Hochschulwerdung der DHBW weitgehend der Hochschulzentrale (v.a. der Satzungshoheit des Senats) übertragen, vgl. LT-Drs. 14/3390, S. 77.

[35]

Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft werden zu 90 % vom Bund und zu 10 % von den Ländern getragen; näher dazu Haug, Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, OdW 2016, S. 85 (90) m.w.N.

[36]

Das KIT-Zusammenführungsgesetz vom 14.7.2009, GBl. S. 317, enthält als Art. 1 das KIT-Gesetz (KITG).

[37]

LT-Drs. 14/4340, S. 1.

[38]

Sandberger, LHG, Einleitung zum KIT-Gesetz Rn. 3; zu den Einzelheiten siehe den KIT-Beitrag von Schiller in diesem Band, Rn. 1120 ff.

[39]

Diesbezüglich mehren sich die sorgenvollen Beiträge Betroffener, vor allem von Professorinnen und Professoren, auch im juristischen Schrifttum. Vgl. statt vieler Krausnick, Staat und Hochschule (v.a. S. 308 ff.), und Häberle, Thesenpapier, JZ 2007, 183 f.

[40]

BVerfGE 35, 79 (117, 121 ff.).

[41]

BVerfGE 93, 85 (95 f.).

[42]

BVerfGE 111, 333 (351, 355, 356).

[43]

BVerfGE 127, 87 (115-118); zustimmend Gärditz, JZ 2011, S. 315.

[44]

VerfGH BW, Urt. v. 14.11.2016 – 1 VB 16/15, juris, Rn. 82 ff.; zur Kritik an der Entscheidung s.u., Rn. 143 ff. und Rn. 37 3. Fn. (= Fn. 50).

[45]

BVerfGE 136, 338 (Rn. 58 f.); VerfGH BW, Urt. v. 14.11.2016 – 1 VB 16/15, juris, Rn. 85.

[46]

GBl. 2012, S. 457.

[47]

Näher zur Wiedereinführung und Ausgestaltung der VS s.u., Rn. 1373 ff.

[48]

GBl. 2018, S. 85.

[49]

VerfGH BW, Urt. v. 14.11.2016 – 1 VB 16/15; ebenso – schon zuvor – Jacobsen, Hamburger-Dekanats-Beschluss, VBlBW 2014, 328 ff.

[50]

Die Kritik zielt u.a. auf die Verabsolutierung der Hochschullehrergrundrechte im Verhältnis zu anderen Hochschulgruppen und im Verhältnis zu den institutionellen Interessen der Hochschule als Ganzes, auf die Beschränkung der Grundrechtsträgerschaft auf die gewählten Gremienmitglieder der Hochschullehrer sowie auf die Geringachtung des in der Ministerverantwortlichkeit zum Ausdruck kommenden Demokratieprinzips; vgl. im Einzelnen Haug, in v. Coelln/Haug, BeckOK Hochschulrecht BW, Einführung Rn. 6a ff., und Hagmann, daselbst, § 15 LHG Rn. 9a; Goerlich/Sandberger, Professoren-Universität, 2017, S. 667 (670 ff.); Rademacher/Schneider, Hochschullehrermehrheit, VBlBW 2017, S. 155 ff.; Pautsch, Amtsmitglieder im Senat, OdW 2018, S. 213 (216 ff.); Fehling, Kompetenzen des Senats, OdW 2017, S. 63 (67) spricht zutr. von einer „Hochschullehrerfixierung“.

[51]

Krit. zur gesetzgeberischen Umsetzung des VerfGH-Urteils Jacobsen, Verfassungsinkonformität, VBlBW 2018, S. 55 ff.

[52]

Ausnahmen sind die Bezugnahmen auf § 1 HRG (§ 1 III Nr. 4 LHG) und auf Diplomabschlüsse der früheren Fachhochschulen (§§ 29 II, 38 III LHG) sowie der Namensschutz (§ 75 I LHG).

[53]

Sandberger, LHG, § 1 Rn. 4; vgl. auch unten, Messer, Rn. 995 f.

[54]

Näher dazu Sandberger, LHG, § 6 Rn. 6; Haug, in v. Coelln/Haug, BeckOK Hochschulrecht BW, § 6 LHG Rn. 17 ff.