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Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer

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Somit kann der Weinstock, obgleich er den Namen für diese Region hergab, keineswegs als Charakterpflanze für die Woina-Deka gelten. Statt seiner übernimmt diese Rolle eine Menge anderer Gewächse, die an Zahl, Ueppigkeit und Reichthum der Entfaltung selbst jene der Kola übertreffen. Dahin gehört zunächst der Wanzabaum (Cordia abessinica), der das beliebteste Bauholz liefert. Der Wanza wird ein großer, starker Baum, dessen Stamm oft vier Fuß im Durchmesser erreicht. Seine Früchte stehen in Büscheln und nehmen zur Zeit der Reife eine hochgelbe durchsichtige Farbe an. Der Geschmack derselben ist sehr süß und oft sind sie die einzige Nahrung der Armen, wenn Hungersnoth eintritt.

Der Kuaraf (Gunnera spec.), eine Artocarpee, gewinnt während der Fastenzeit an Bedeutung, weil dann die geschälten Blattrippen, die ähnlich unserm Sauerampher schmecken, gegessen werden. Er wächst in Sümpfen und an Bächen, ist eine jährige Pflanze, die aus einer perennirenden Wurzel entspringt und einen laublosen Stengel mit einem Büschel kleiner Blüten trägt. Auch die häufig bis zu fünf Fuß hoch werdende Nessel wird in der Fastenzeit als Gemüse verspeist. An diese Pflanzen schließen sich an die reich vertretenen Polygonum-Arten, ein Ampher (Rumex arifolius), dessen fleischige Wurzel zum Rothfärben der Butter benutzt wird. Als eine Nutzpflanze dieser Region muß hier ein uns allen bekanntes Gewächs besonders hervorgehoben werden.

Nach der Tradition sollen die südabessinischen Landschaften Enarea und Kaffa die Urheimat des Kaffees sein, wie denn auch der Name desselben mit dem letztgenannten Distrikte sicher in Zusammenhang steht. In Schoa war der Anbau und Genuß des Kaffees untersagt, weil er das Lieblingsgetränk der Muhamedaner ist, und auch in Amhara trinken die Christen denselben in der Regel nicht, wenn er auch bei Korata (Kiratza) am Tanasee gebaut wird und dort auf basaltischem Boden und gewissermaßen ohne Pflege gedeiht. Allein dort ist er fast nur Handelswaare. In Kaffa und Enarea dagegen wächst er wie Unkraut weit und breit im Lande, dessen Bewohner ihn als Lieblingsgetränk betrachten und fast nur einen nominellen Preis für ihn zahlen; nur dem Mangel an Verbindungswegen ist es zuzuschreiben, daß er von dort aus nicht ganz Europa überschwemmt und alle übrigen Sorten dort durch Güte und Billigkeit vom Markte verdrängt. Der kurz vor der Regenzeit gepflanzte Samen erscheint bald als Setzling über der Erde, wird verpflanzt, bewässert und mit Schafmist gedüngt, um nach sechs Jahren als erwachsenes Bäumchen während der Monate März und April dreißig bis vierzig Pfund Kaffee zu liefern. Namentlich auf zersetztem vulkanischen Gestein, in geschützten Thallagen gedeiht der acht bis zehn Fuß hohe, mit dunkelglänzendem Laube und fruchtbeladenen Zweigen versehene Baum vortrefflich. Die dunkelgrünen Beeren werden zur Reifezeit roth und umschließen mit milchweißem Fleische die Samen. Nachdem sie geschüttelt und gesammelt sind, werden sie in der Sonne getrocknet, worauf der Wind das Geschäft des Reinigens von den dürren Schalen übernimmt, das gewöhnlich im Laufe eines Monats vollendet ist. Diejenigen Samen jedoch, welche zur Fortpflanzung dienen sollen, behalten ihre Schale. Theuer wird das Produkt nur durch den weiten Transport, die schlechte Beschaffenheit und Unsicherheit der Straßen, die nach dem Meere führen, und durch die Abgaben, welche an alle kleinen Häuptlinge im Danakillande gezahlt werden müssen, ehe die Karawane die Seehäfen Zeyla oder Tadschurra erreicht. Was den Geschmack des südabessinischen Kaffees anbelangt, so versichern Kenner, daß er dem feinsten arabischen, selbst dem edlen Mocha, noch vorzuziehen sei. Aber so wie die Lage Abessiniens jetzt ist und namentlich wegen der Unsicherheit der Karawanenstraßen ist so leicht nicht daran zu denken, daß Kaffa-Kaffee die arabischen, ostasiatischen und amerikanischen Produkte auf unsern Märkten verdrängen wird.

Die Lilien, welche weite Gebirgswiesen mit einem lieblichen Blütenschmuck überziehen, gelten als vorzügliche Charakterpflanzen Abessiniens. Aber nur die eßbaren Arten werden kultivirt, da Ziergärten den Eingeborenen ein unbekanntes Ding sind. Während die Spargelarten und die Aloë trockene, wüste Stellen aufsuchen, erfreuen auf sumpfigen Wiesen Commelina africana und Tradescentia das Auge, deren „Vogeleier“ genannte Knollen von den Abessiniern gegessen werden. An sie schließen sich Ixia-, Haemanthus-, Amaryllis- und Gloriosa-Arten an. Mit saftigen, hellgrünen Blättern und schöngestalteten Blütenähren leuchtet aus den grünen Wiesen Obitus abessinica hervor, während unter den Spargeln der kletternde Asparagus retrofractus Erwähnung verdient, dessen in das Haar des Vorderhauptes gesteckte Zweige anzeigen, daß der Träger ein wildes Thier erfolgreich bekämpft hat.

Orchideen giebt es nur wenige in Abessinien; ihr hauptsächlichster Vertreter ist das auf der Rinde des wilden Oelbaums schmarotzende Epidendrum capense. Aus der Gruppe der Pisange sind die gemeine Banane (Musa paradisica) und die kultivirte Ensete, sowie zwei Urania-Arten zu erwähnen, aus deren Fasern Seile und Matten bereitet werden. Die Palmen haben in Abessinien keinen Boden; sie kommen nur in den Küstenlandschaften des Danakil und Adal vor und auch dort in keineswegs besonderer Ausdehnung. Vertreter dieser Familie sind namentlich die Dattel-, Dum- und Fächerpalme.

Die Teich- oder Seerosen sind spärlich vertreten; ebenso die Aristolochien, von denen A. bracteata gegen die Wunden vergifteter Pfeile angewandt wird. Reichlich auftretend bilden die Nadelhölzer den Stolz der abessinischen Wälder; in den nördlichen Hochlanden gedeiht die Cederfichte, während weiter landeinwärts schöne Ded- oder Wachholderbäume (Juniperus excelsa) die Kirchen und Friedhöfe mit ihren düstern, aber hochaufstrebenden Kronen beschatten. Kaum einem Gotteshaus im ganzen Lande fehlt der Schmuck dieser bis zu 100 Fuß hohen Bäume, deren Stamm am Fußende vier bis fünf Schuh im Durchmesser erreicht. Fast in der Form einer Pyramide wachsend, wirft dieser Baum stets die unteren Aeste ab, die im rechten Winkel vom Stamme ausgehen, sodaß etwa zwei Drittel desselben des grünen Schmuckes beraubt sind; die Krone ist immer pyramidenförmig, wenn auch nie dicht. Das Holz, wenn auch keineswegs gut und dauerhaft, wird doch zu Balken bei Kirchenbauten und in Ermangelung anderer Holzarten als Brennholz gebraucht. Das Harz wird nicht benutzt; mit den Zweigen schmückt man jedoch die Leichen, bevor sie in die Gruft gesenkt werden.

Die niedrige, in den Hochgebirgslandschaften herrschende Temperatur verhindert keineswegs die kräftige Entwicklung der Feigenarten, die in ihrem ganzen Habitus den strengsten Gegensatz zu den Nadelhölzern bilden. Der Schoala, eine Art von Banyane mit breiten, eiförmigen, zugespitzten und gesägten Blättern, mit Fruchttrauben, die nur am Stamme und den Hauptästen sitzen, erreicht oft einen Durchmesser von sieben Fuß, bei einer Höhe von 40 Fuß. Seine Wurzeln ragen über den Boden empor; doch fehlen ihm alle Zweigwurzeln. Da er bei seiner Ausdehnung keinen geringen Raum einnimmt, steht er gewöhnlich allein oder am Rande der Wälder, in seinem tiefen Schatten alle andern Gewächse erdrückend. Die braunen, taubeneigroßen Früchte werden vom Volke in Zeiten der Noth gegessen.

Unter den polypetalen Gymnoblasten, in welchen das Pflanzenreich in Gestalt und Farbe den höchsten Grad seiner Vollkommenheit erreicht hat, fehlen gerade einige der wichtigsten Familien in der abessinischen Flora. Aepfel, Birnen, Mandeln – überhaupt die Pomaceen und Amygdaleen sind so schwach vertreten, daß man in der That einen höchst auffallenden Mangel an Fruchtbäumen, wilden und kultivirten, dort empfindet. Die Berberitze liefert gelben Farbstoff zu Trauerkleidern; das Hirtentäschchen (Thlaspi bursa pastoris), dieses kosmopolitische Unkraut, folgt der Agrikultur in Abessinien so gut wie in Europa; der schwarze Senf wächst wild und dient als Zusatz zu den ohnehin scharfen Pfeffersaucen; Kürbisse, welche Flaschen liefern, afrikanische Gurken und Koloquinten wachsen an dürren Stellen, letztere namentlich in der Samhara und der heißen Küstenzone. Die Samen der Phytolacca abessinica (Septe oder Endott) dienen statt der Seife, und die getrockneten Blätter der Callanchoë verna werden von Schwindsüchtigen statt des Tabaks geraucht.

Wir fügen hier die Citronen an, die in den königlichen Fruchtgärten gebaut werden oder in den tieferen Lagen wild wachsen; die Brombeeren (Rubus pinnatus), welche die besten aller wildwachsenden Früchte liefern, und die gleichfalls als Nahrung dienende Hagebutte (Rosa abessinica).

Während der schwarze Pfeffer, die unentbehrliche Zuthat zu allen abessinischen Speisen, eingeführt und theuer bezahlt wird, kultivirt man den allerdings botanisch ihm fernstehenden rothen Pfeffer (Capsicum frutescens) in den Tieflanden sehr sorgfältig. Von den übrigen Solaneen wird der Tabak eingeführt; vom Umboistrauch (Solanum marginatum) benutzt man die Samen, um damit die Fische zu betäuben, welche nichtsdestoweniger eßbar bleiben; der rothe Saft einer Tollkirsche (Atropa arborea) dient zum Färben der Nägel bei den abessinischen Damen, und die narkotischen Eigenschaften des Stechapfels (Datura Strammonium) sind den Zauberern und Diebsentdeckern wohlbekannt, da sie durch Verbrennen des Laubes die Leute betäuben. Gefährlich für kleine Thiere ist eine giftige Asclepiadee (Kannahia laniflora), die an den Ufern der meisten abessinischen Gewässer vorkommt, nur mit dem Unterschiede, daß sie, je nach den verschiedenen Distrikten, in ganz entgegengesetzter Jahreszeit blüht. In den Küstenthälern unfern Massaua findet die Entwicklungsperiode ihrer vortrefflich duftenden Blume im Mai statt; bei Gondar dagegen blüht die Pflanze im Oktober. Merkwürdig ist die tödtlich-betäubende Eigenschaft, welche ihr verführerischer Geruch oder süßer Nektarsaft auf verschiedene Insekten ausübt; denn nur ihm kann man es zuschreiben, daß in dem Kelche der meisten Blüten sich todte Wespen, Käfer u. s. w. finden.

 

Durch zahlreiche Repräsentanten sind die Familien der Kontorten, Rubiaceen und Ligustrineen vertreten. Am hervorragendsten sind eine Aasblume (Stapelia pulvinata) und Calotropis gigantea. Die erstere hat einen fleischigen, viereckigen und zwei Fuß hohen Stengel, dem man, wenn er seine Blüten entfaltet, wegen des üblen Geruches jedoch nicht zu nahen vermag; die letztere liefert gute Kohle zu Schießpulver.

Die Deka nimmt ihrer Ausdehnung nach den größten Theil Abessiniens ein. Sie reicht von 7500 Fuß bis zur Vegetationsgrenze bei 13,000 Fuß. Bis zu 12,000 Fuß Höhe gedeihen noch mehrere Getreidearten und bis 11,000 Fuß findet man den Kussobaum (Brayera anthelmintica), der als Wahrzeichen des Landes gelten kann. Wegen der Schönheit seines Wuchses und seiner Brauchbarkeit wird er allgemein geschätzt; denn infolge des rohen Fleischgenusses sind die Abessinier sehr stark von Eingeweidewürmern (Taenia und Strongilus) geplagt, gegen welche sie sich regelmäßig und zwar meist allmonatlich einer Abkochung der Kussoblüten bedienen. Drei Loth der getrockneten Blüten mit Wasser gekocht und getrunken, reinigen den Körper auf eine merkwürdig schnelle und sichere Weise von den gefräßigen Schmarotzern; indessen ist die dadurch bewirkte Befreiung nur eine vorübergehende und keine Heilung des Uebels. Der Kussobaum erreicht eine Höhe von fünfzig bis sechzig Fuß und verleiht mit seinen weitausgedehnten und dichtbelaubten Zweigen dem Wanderer kühlen Schatten; jedoch soll es gefährlich sein, zur Blütezeit unter ihm zu schlafen; so berichtet wenigstens Isenberg.

In Schoa wird unter Kusso die Hagenia abessinica verstanden, die gleichfalls wurmtreibend wirkt. Als eine abessinische Charakterpflanze verdient die stachelige Kugeldistel (Echinops horridus), die bis zu zehn Fuß Höhe erreicht, hervorgehoben zu werden. Es ist eine stattliche Staude mit straff aufstehenden Stengeln, dornig gezähnten Blättern und runden Blütenköpfen, aus denen Dornen hervorragen. Neben ihr finden wir eine andere nicht minder auffällige Art, die riesige Kugeldistel (Echinops giganteus), deren kopfgroße Blüten auf 15 Fuß hohem Stengel stehen; beide Arten steigen bis zu 13,000 Fuß an.

Wir sind nun allmälig hinaufgelangt in die höchsten Regionen der Deka. Die Hochbäume erscheinen immer spärlicher und finden sich vorzüglich noch längs den Ufern der Wildbäche und Schluchten, die dornigen Akazien und Pterolobien sind verschwunden. Vor uns liegen Alpenmatten mit tausenden von kleinen, schön blühenden Alpenpflanzen bedeckt, unter denen sich blaublühende Salbeiarten besonders auszeichnen. Daneben stehen Senecionen und der fiebervertreibende Celastrus obscurus, die Primula semiensis. Ueber diesen erheben sich Sträucher, besonders Hypericum und Cytisus. Den europäischen Eindruck, welchen diese Pflanzen etwa hervorbringen können, vertreiben die baumartigen Eriken oder Zachdi (Erica arborea), die bis zu 30 Fuß heranwachsen und einen 1½ Fuß im Durchmesser haltenden Stamm besitzen, dessen Holz eine vorzügliche Schmiedekohle liefert, während die reiche weiße Blütenfülle den süßesten Honigseim den Bienen darbietet. Jetzt aber entwickelt sich vor unsern erstaunten Blicken in der Höhe von 12,000 Fuß ein neues, überraschendes Bild, eine Pflanze tritt auf, die für den Charakter ihres Bereichs bestimmend ist, die Dschibarra (Rhynchopetalum montanum). Diese Lobeliacee überrascht den Wanderer in den kalten Hochgebirgen an der äußersten Grenze der Vegetation mit einer dort gewiß von ihm nicht gesuchten Form: nämlich der der Palme. Auf einem hohlen, etwa acht bis zehn Fuß hohen benarbten und armdicken Markstengel mit einer Krone von großen, überhängenden, lanzettförmigen Blättern erhebt sich eine fünf Fuß lange Blütenähre, deren einzelne bläuliche Knospen der Blüte des Löwenmauls ähneln. Für Feuerung oder sonstigen technischen Gebrauch untauglich, dient der lange hohle Markstengel der Jugend zur Anfertigung von Schalmeien. Sobald die Dschibarra abgeblüht hat, knickt der Stengel um und die Pflanze stirbt. Auf ihren Blütenschossen wiegt sich paarweise die einzige Glanzdrossel (Oligomydrus tenuirostris), die in diesen Gegenden lebt und die feinen Dschibarrasamen allen übrigen vorzuziehen scheint. Drei bis vier Stunden Marsch führen uns aus dem tropischen Walde auf diese mit Dschibarra bewachsenen Alpenflächen, über denen nur noch wenige kahle Felsgipfel auf etwa 1000 Fuß relative Höhe in die Wolken ragen; drunten haust die flüchtige Gazelle, Meerkatzen necken sich in den Hochbäumen; hier aber setzt kühn der Springbock (Oreotragus saltatrix) über die Felsen, grast friedlich der Steinbock (Ibex Walia) und warnt durch einen gellenden Ruf seine Herde vor der herannahenden Gefahr; Alpenkrähen umschwärmen geschwätzig und in rauschendem Fluge die höchsten Felsen und drüber schwebt in weiten Kreisen der König der Alpen, der Lämmergeier. Auch die gefleckte Hyäne steigt bis in diese Höhen, seltener der Leopard und ein Fuchs (Canis semiensis), der ausschließlich von den äußerst zahlreich hier hausenden Ratten und Mäusen lebt. Auch Tauben (Columba albitorques) schwärmen in großen Flügen in diesen höchsten abessinischen Alpengegenden umher.

Die Fauna Abessiniens. Fast noch reicheren Stoff als die Pflanzenwelt bietet dem Beobachter die Thierwelt Abessiniens dar. Nicht genügend erforscht sind die niederen Thierklassen, unter denen auch wenige Mitglieder ein allgemeines Interesse in Anspruch nehmen. Von der Plage der Eingeweidewürmer und ihrer Vertreibung durch Kusso war bereits die Rede; die höher stehenden Insekten treten im Hochlande nur in der wärmeren Jahreszeit in großen Mengen auf, werden aber durch die kalten Regen wieder in die tiefer liegenden Gegenden getrieben. Die Heuschrecken, amharisch Anbasa, richten oft großen Schaden an, wie in den andern Nilländern auch.

Ihr plötzliches Verschwinden wird in der Regel der gnädigen Fürsprache der Heiligen zugeschrieben und diesen daher ein Dankopfer gebracht. Die Wanderheuschrecke dehnt ihre Züge bis hoch in die Gebirgsgegenden aus. Rüppell fand das Land am Takazzié von Myriaden dieser Thiere geradezu abgefressen. Der Boden der ganzen Gegend war buchstäblich von ihnen bedeckt. Er fügt hinzu: „Wenn übrigens manche Reisende von einer Verdunkelung des Sonnenglanzes durch Heuschreckenzüge reden, so ist diese Erscheinung lediglich auf die gleichzeitige dunstige und staubige Atmosphäre zu beziehen und nicht der vermeintlich so ungeheuren Menge von Heuschrecken zuzuschreiben, deren Wandern allein durch schwülen südlichen Luftzug veranlaßt wird. Der ganze Boden schien mit diesen Thieren überdeckt zu sein, bei genauem Zählen aber fanden sich nur etwa 12 bis 30 Heuschrecken in dem Raume eines Quadratfußes“. Die christlichen Abessinier essen die Heuschrecken nicht; sie betrachten sie als verbotene Speise und unter den Muhamedanern bequemen sich nur arme Leute zu dieser Nahrung. Ein nützliches, allgemein gepflegtes und in Bienenkörben gezüchtetes Insekt ist die ägyptische Honigbiene, von der große Mengen des süßen Seims gewonnen und zu dem landesüblichen Meth benutzt werden. Es giebt auch eine kleinere wilde Biene, die in Erdlöchern ihre Baue aufschlägt und einen Dasma genannten Honig liefert, der als Medikament sehr geschätzt ist. Diese Dasma wirkt leicht abführend, hat eine röthlichere Farbe als gewöhnlicher Honig und einen bittern Nachgeschmack. In Gegenden, wo die Bienen viel Honig von Kronleuchtereuphorbien und andern giftigen Pflanzen sammeln, wirkt derselbe selbst im Meth sehr nachtheilig auf die Gesundheit, er erzeugt Schwindel, Kopfschmerzen, Erbrechen und andere Symptome einer leichten Vergiftung. Fliegen und Moskitos kommen wol in den kühlern Hochlanden vor, werden jedoch nicht zur Landplage, in der Weise wie die Flöhe. Die schwarze Ameise, welche sich wasserdichte Wohnungen gegen den Regen baut, wird dem Menschen oft lästig, während die Termiten nur selten in die Häuser dringen und meist unter losen Steinen ihre kleinen Kolonien anlegen. Käfer, amharisch Densissa, sind in großer Menge vorhanden, besonders die Koth- und Pillenkäfer, die man auch in Aegypten antrifft. Spinnen und Skorpione werden als unrein gemieden und vernichtet.

Fische sind im Hochlande Abessiniens nicht allzu häufig, um genügende Fastenspeise liefern zu können. Der Takazzié allein ist besonders reich an großschuppigen, olivengrauen Karpfenarten mit lebhaft wachsgelben Flossen und enthält einen Heterobranchus von enormer Größe, welcher mit der Angel gefangen oder mit abessinischem Fischgift betäubt wird. In Atbara kommt ein Wels vor, der schöne Hausenblase liefert, welche jedoch nicht eingesammelt wird.

Die Amphibien sind Gegenstände des Abscheus und des Aberglaubens. Die Schlangen der Hochlande sind klein und nicht giftig, doch sehr gefürchtet; in der Kola, sowie in den Küstengegenden fehlen jedoch große Pythonarten und giftige Exemplare keineswegs. In den Niederungen werden auch Schildkröten gefunden, unter denen die große Geochelone senegalensis hervorragt; im Anseba-Gebiet und in Schoa kommt eine Cinixys in vielen Sümpfen und Bächen vor, und die Pentonyx Gehafie steigt überall aus dem Tieflande bis zu 8000 Fuß empor. Neben diesen gepanzerten Amphibien sind die Krokodile (Aso) namentlich in der Kola sehr häufig; im Setit, Atbara und Mareb werden sie von den Eingeborenen harpunirt und ihr moschusduftendes Fleisch verzehrt. Fälschlich jedoch hat man ihr Vorkommen im Tanasee behauptet. Sonst sind unter den Sauriern noch zu nennen der Skink (Scincus officinalis), das Chamäleon, der Gekko und Stellio cyanogaster als Gesellschafter der Klippdachse. Die Warneidechse (Varanus niloticus) ist auch in Abessinien häufig und hat hier ihren einheimischen Namen, Angoba, auf viele Flüsse übertragen.

Schwer hält es, bei dem großen Reichthum der verschiedenen Arten abessinischer Vögel, welche sich dem Auge des Forschers zeigen, einen Ueberblick nur der wichtigsten zu geben und eine Auswahl aus der Menge dieser prachtvoll gefärbten, eigenthümlich gestalteten und hinsichtlich ihrer Lebensweise merkwürdigen Geschöpfe zu treffen. Aber gerade auf dem Gebiete der Ornithologie Abessiniens ist von Rüppell, Heuglin, Brehm Vorzügliches geleistet worden, sodaß man wohl behaupten darf, besser als das Pflanzenreich und die übrigen Klassen des Thierreichs sei die Vogelwelt der „afrikanischen Schweiz“ durchforscht.

Es giebt wol kein zweites Land, das so reich an Tag-Raubvögeln ist wie Abessinien. Vermöge der höhern Lage der Plateaux bieten sich in den Felspartien günstige Lebensbedingungen für Adler, Geier und Falken, die hier ihre Horst- und Zufluchtsstätten finden. Die Vegetation prangt in außerordentlicher Fülle; in allen Thälern und Schluchten sprudeln Gebirgswasser; im dichten Gestrüpp und in den Gräsern hausen Reptilien in Menge, von der Pythonschlange und Naja bis zur kleinsten Baumschlange herab; Schildkröten weiden gemüthlich an Hecken und Teichen; an Säugethieren von der Größe der Feldmaus aufwärts ist Ueberfluß vorhanden, während schattige, fast undurchdringliche Waldpartien, abgelegene Schluchten, die selten eines Menschen Fuß betritt, und fast unersteigliche Felsen und kolossale Hochbäume den Raubvögeln jeden Schutz und Schirm gewähren. Da horstet denn der mächtige Gyps Rüppellii, der gemeine ostabessinische Mönchsgeier (Neophron pileatus), der Schmuzgeier (N. percnopterus), der Bartgeier (Gypaëtos meridionalis) und Schlangenadler (Gypogeranus serpentarius), die viele Schlangen verzehren und mäßig starke Wüstenschildkröten mit einem Schlag ihrer starken Fänge zerschmettern. Zahlreiche Weihen, Milane, Falken und Sperber machen den Beschluß der Tagraubvögel. Der unreinliche Mensch giebt den Schmuzgeiern tagtäglich neue Nahrung und damit neue Beschäftigung; deshalb vermißt man diese wohlthätigen Vögel an keinem Orte. Sie folgen den Herden wie den Handelszügen, umschweben die Dörfer und Schlachtplätze und räumen schnell allen Unrath auf. Der große, von Brehm zuerst genau beschriebene Rüppell’sche Aasgeier erscheint erst dann, wenn irgend ein Aas ihn heranlockt. In ungemessenen Höhen, wohin ihm des Menschen Auge nicht zu folgen vermag, zieht er dahin; aber sein Auge beherrscht ein weites Gebiet und die mächtigen Schwingen tragen ihn schnell nach dem Orte, wo ein Stück Wild verendet oder einem Schaf die Kehle durchschnitten wird. Kaum fließt das Blut, so ist auch der Aasgeier da; reiche Beute aber wird ihm zu Theil, wenn das Land weit und breit mit Menschenleichen übersäet ist, wenn die grausamen Bürgerkriege wüthen und den Zug der Heere gefallene Rinder und Schafe bezeichnen. Wo er erscheint, da fehlen auch selten seine kleineren Verwandten, der Schopf- und der Ohrengeier (Vultur occipitalis und V. auricularis). Unter den Adlern begleitet der Augur, ein naher Verwandter unsers Bussards, den Zug der Reisenden, während der „Himmelsaffe“ oder Gaukler (Helotarsus ecaudatus) sowol durch die Kühnheit seines Fluges, als durch die Schönheit seines Gefieders jeden Beschauer in Entzücken versetzt. Unter allen Raubvögeln ist er der stolzeste Flieger: er jagt förmlich durch die Luft. Nur während des Fluges zeigt er seine volle Schönheit. Sitzend bläht er die Federn auf, sträubt Kopffedern und Halskrause und gestaltet sich in einen Federklumpen um. Eine der häufigsten Erscheinungen ist der Schmarotzer-Milan (Milvus parasiticus), dessen scharfem Auge nichts entgeht und der durch seine Allgegenwart an den Schlachtplätzen, wo kein Stückchen Fleisch vor ihm sicher ist, sich lästig macht oder durch die größte Frechheit, mit welcher er dem Menschen das Fleisch fast unter den Händen wegzieht, diese in Erstaunen versetzt. Auch der Singhabicht (Melierax polyzonus) kommt südlich vom 17. Grade in allen Steppenwaldungen häufig vor; er verweilt am liebsten auf einzelnstehenden Bäumen, hat jedoch keinen besonders schönen Flug und giebt ein langgezogenes, eintöniges Pfeifen, keineswegs aber einen melodischen Gesang von sich. Seine Hauptnahrung besteht in Insekten, vorzugsweise aber in Heuschrecken, an denen Abessinien eben nicht arm ist. Unsere Weihen vertritt der in Nordostafrika häufige Steppenweih (Circus pallidus); er meidet jedoch das Gebirge und zieht die breiten Niederungen mit kurzem Gestrüpp vor, aus welchem er auf kluge Weise das kleine Geflügel aufscheucht.

 

Unter den Eulen finden wir unsere Schleiereule und den Kauz, die kurzöhrige Eule (Otus brachyotus) und die Zwergohreule (Ephialtes Scops). Im Gebirge haust ein Uhu (Bubo cinerascens), der zu den gemeinsten Eulen gehört. Dieser Uhu horstet am liebsten auf Bäumen und wird nicht wie unsere europäische Art von kleinern Vögeln verfolgt. In den Steppen wie im Gebirge trifft man auf die Ziegenmelker (Caprimulgusarten), jene unheimlichen Vögel mit leisem Fluge und eigenthümlichem Nachtgesange. Gleich großen Nachtfaltern umschweben sie die Wipfel der Bäume und die Dächer der Häuser, um ihrer Kerbthierjagd nachzugehen.

Reich vertreten sind die schwalbenartigen Vögel (Hirundo, Cypselus). Die meisten derselben sind auch hier Zugvögel und kommen vor Beginn der Regenzeit, im Mai und Juni, um zu brüten.

Die Hausschwalbe ist Hirundo oder Cecrops rufifrons; sie erscheint kurz vor den Sommerregen und beginnt, sobald diese letzteren die Erde etwas erweicht haben, aus Lehm ein sehr solides, rundes Nest zu bauen, das sie mit der Basis auf Dachsparren aufsetzt, nicht seitwärts anklebt wie unsere Schwalbe. Sie macht zwei bis drei Bruten und verläßt die Höhen erst im Dezember. – Durch schönen Flug zeichnet sich der abessinische Segler (Cypselus abessinicus) aus, der in den Bäumen nistet; er ist ein ausgezeichneter Flieger, wie alle seines Geschlechtes. An manchen Stellen vertritt ihn die Felsenschwalbe (Cotyle obsoleta), die ihr Nest in den Ritzen und Spalten der Felsen baut, doch nur an solchen Orten, wo die räuberischen Affen nicht hingelangen können.

Prächtig gefärbte Bewohner Abessiniens sind neben der Mandelkrähe (Coracias abessinicus) und dem Eisvogel (Ispidina cyanotis) vor allen andern die Bienenfresser (Merops Lafrenayi) und die Narina (Trogon Narina), die lautlos über den Mimosenbüschen dahinschwebt, die Schmetterlinge oder andere Insekten fängt und durch ihr glänzendes Gefieder das Auge des Beobachters erfreut. Ihnen schließt sich der Wiedehopf (Upupa) an, der neben den Aasgeiern fleißig allen Unrath wegräumt und mit Recht in keinem guten Geruche steht. Seine Verwandten sind die Baumwiedehopfe (Promerops erythrorhynchus), die in Gesellschaften gleich Spechten auf den Bäumen umherklettern, die Ameisen aufsuchen und von dieser Nahrung einen durchdringenden Geruch annehmen. Den Kolibri vertreten in Abessinien die metallglänzenden Honigsauger (Nectarinia metallica, abessinica, affinis), welche von den Arabern „Abu Risch“, Federträger, genannt werden und als die ersten Tropenvögel in Nordostafrika auftreten, auf welche man, aus kälteren Gegenden kommend, stößt. Die reizenden Vögelchen leben meist paarweise auf den Mimosen und ziehen im brennenden Sonnenstrahle von Blüte zu Blüte, um dort Insekten zu fangen, zu singen, die Federn zu sträuben, den Schwanz zu heben und das glänzende Gefieder im Sonnenlichte glänzen zu lassen.

Keineswegs fehlt es Abessinien an Sang und Klang in der Vogelwelt; neben dem glänzenden Gefieder findet auch der melodische Schmelz der Töne seine Vertretung. Im Rohre schmettert fröhlich der Buschschlüpfer (Drymoica rufifrons) oder die Caricola (C. cisticola), an welche sich die abessinische Baumnachtigall (Aedon minor) anschließt, die schon dem Wanderer entgegenschlägt, wenn er, vom Rothen Meere kommend, bei Massaua seinen Fuß ans Gestade setzt. An Steinschmätzern (Saxicola-Arten), Vertretern unserer Drosseln (Thamnolaea), Bachstelzen (Motacilla alba und flava) ist kein Mangel. Zu letztern, uns aus der Heimat bekannten Arten gesellen sich die verwandten Schafstelzen (Budytes), niedliche Vögel, welche in großer Zahl den Herden folgen, deren treueste Begleiter sind und diesen das Ungeziefer ablesen. Im Hochgebirge, namentlich in Semién, lebt eine Drossel (Turdus simensis), welche unsrer Singdrossel sehr ähnelt, neben der als regelmäßige Wintergäste die Steindrosseln (Petrocincla saxatilis) erscheinen. Als guter Sänger wird der von Lichtenstein entdeckte Droßling (Picnonotus Arsinoë) bald der Liebling aller Reisenden, vor denen er sich durchaus nicht scheut. Anschließend hieran erwähnen wir aus der Familie der Fliegenfänger den Paradiesfänger (Tchitrea melanogastra), den Würgerschnäpper (Dicrourus), die zahlreich vertretenen Würger (Lanius) und unsre Nebelkrähe, die als Wintergast nach Abessinien kommt. Diese trifft als Verwandte hier den Wüstenraben (Corax umbrinus), ein Mittelglied zwischen Rabe und Krähe, der aber nicht blos in der Wüste vorkommt, sondern auch die Flecken und Dörfer besucht, wo er den Hunden und Geiern das Aas streitig macht, während er draußen nach Früchten, am Strande nach Muscheln sucht und eben Alles verschlingt, was sich ihm darbietet. Ein echter Gebirgsvogel ist der kurzschwänzige Rabe (Corvus affinis), der bis zu 11,000 Fuß aufsteigt und dort in großen Scharen weilt. Durch seinen kurzen Schwanz macht er sich vor allen Verwandten leicht kenntlich; er vertritt in Abessinien unsern Kolkraben, lebt nur paarweise und bedeckt Abends, wenn er zur Rast geht, oft große Felsblöcke. Die Staare sind durch mehrere Geschlechter, die dohlenartigen Felsenstaare (Ptilonorhynchus), Glanzdrosseln (Lamprocolius) und Glanzelstern (Lamprotornis) vertreten. Bei Weitem der interessanteste Vogel aus dieser Familie ist aber der afrikanische Madenhacker (Buphaga erythrorhyncha), der von der Südspitze Afrika’s an bis nach Abessinien hinein vorkommt und der treueste Begleiter der Herden ist, sodaß es scheint, als könnten Rinder, Kameele, Pferde kaum ohne ihn leben. Da wo diese wunde Stellen haben, in welche die Fliegen ihre Eier legen, aus denen die Maden entstehen, erscheint auch die Buphaga, klettert an dem Thiere herum, wie ein Specht am Baume und sucht ihm die Maden ab. Das Thier kennt seinen Wohlthäter recht gut, aber die Abessinier hassen den Madenhacker, weil sie glauben, daß er durch sein Picken die aufgeriebenen Stellen reize.