Handbuch Medizinrecht

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10. Entziehung der Zulassung

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Ungeachtet des Falles des Erlöschens einer Zulassung kraft Gesetzes ist eine erteilte Zulassung wieder zu entziehen,[128] wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV vorliegen. Der Zulassungsausschuss kann hierbei sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag der KV oder der Landesverbände der Krankenkassen tätig werden. Seit dem 1.1.2007 besteht nach § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V die Möglichkeit, die Zulassung nur zur Hälfte oder zu ¼ zu entziehen. Dadurch soll den Zulassungsgremien die Möglichkeit eingeräumt werden, flexibel auf die Gründe für die Entziehung der Zulassung zu reagieren. Dieser Gesichtspunkt dürfte insbesondere bei der Prüfung des Entzugs der Zulassung wegen nicht bzw. nicht ausreichender Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit eine Rolle spielen.

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Sobald die Voraussetzungen der Zulassung wegfallen, ist sie zwingend zu entziehen. Relevant wird dies insbesondere, wenn die Regelungen der §§ 20, 21 Ärzte-ZV greifen. Gerade § 20 Ärzte-ZV kann hierbei einschlägig werden, wenn der Arzt eine „praxisnahe“ gewerbliche Tätigkeit aufnimmt. Hierbei wird die oben genannte Problematik des für die Versorgung der Versicherten erforderlichem Maß der Verfügbarkeit, sowie einer Tätigkeit, die ihrem „Wesen nach mit der Vertragsarzttätigkeit nicht vereinbar ist“, wieder aktuell. Hinsichtlich der Angabe der Hinderungsgründe muss ausdrücklich auf §§ 20, 21 Ärzte-ZV hingewiesen werden. Sofern diese vorliegen, muss der Zulassungsausschuss von Amts wegen ein Zulassungsentziehungsverfahren einleiten.

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Sofern der Arzt nicht entsprechend der erteilten Zulassung seine ärztliche Tätigkeit (Praxisbetrieb) aufnimmt, ist die Zulassung ebenfalls gem. § 95 Abs. 6 SGB V zu entziehen. Der Termin, an dem die Tätigkeit spätestens aufzunehmen ist, bestimmt sich nach dem in dem Zulassungsbeschluss angegebenen Zeitpunkt.

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Das BSG[129] ging davon aus, dass die Regelung in § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV verfassungsgemäß ist. Dem ist das BVerfG[130] entgegengetreten. Das BVerfG gelangt zu der Auffassung, § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV sei nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 1 SGB V gedeckt und deshalb nichtig. Auf Grundlage des TSVG wurde dann § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V um den Regelungsinhalt von § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV ergänzt. Daher ist die bisherige Rechtsprechung zu § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV für die Auslegung von § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V heranzuziehen. Bei der Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit innerhalb von drei Monaten innerhalb von zulassungsgesperrten Planungsbereichen erlischt kraft Gesetzes die Zulassung, es ist eine Zulassungsentziehungsentscheidung nicht erforderlich. Sollte dennoch der Zulassungsausschuss eine Entscheidung treffen, handelt es sich hierbei um eine deklaratorische Entscheidung.[131] Ferner ist es erforderlich, dass die vertragsärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz aufgenommen wird, eine anderweitige Aufnahme ist in DIESEM Zusammenhang unzulässig.

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In Krankheitsfällen kann der Arzt die Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit bzw. dessen Fortführung auch in den (zeitlichen) Grenzen des § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV durch die Bestellung eines Vertreters sicherstellen.[132]

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Sofern sich insbesondere bei Praxisneugründungen Verzögerungen ergeben, gibt es zwei Alternativen, eine Zulassungsentziehung zu vermeiden:


Entweder der Arzt stellt bei dem Zulassungsausschuss gem. § 19 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV einen Antrag auf Festsetzung einer späteren Aufnahme der Tätigkeit wegen wichtiger Gründe,
oder er stellt den Antrag auf Ruhen der Zulassung gem. § 95 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 26 Ärzte-ZV.

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In beiden Fällen sind die entsprechenden Hinderungsgründe darzulegen und insbesondere anzugeben, wann die Aufnahme der Tätigkeit erfolgen kann. Da von den Zulassungsgremien oft das Argument der Möglichkeit einer Vertreterbestellung gebracht wird, sollte man auch schon im Antrag die Gründe benennen, weshalb dies nicht möglich ist.

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Eine Zulassungsentziehung kommt auch in Betracht, wenn der Vertragsarzt seine Niederlassung aufgibt und sich in einer anderen Stadt niederlässt. Hierbei ist auf die objektiven Tatsachen abzustellen, nicht dagegen auf die Umstände, die den Arzt geleitet haben.[133] Von einer Aufgabe der Zulassung ist dann auszugehen, wenn der Arzt nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der Versorgung hat. Dies wird im Wesentlichen dadurch dokumentiert, dass der Vertragsarzt seinen Sprechstundenpflichten nicht (mehr) nachkommt oder nur noch in einem äußerst geringen Umfang Verordnungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellt.[134] Im Übrigen ist eine Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer der Untätigkeit anhand aller bekannter Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.[135] Wenn ein Vertragsarzt nur weniger als 10 % des Fachgruppendurchschnitts an Behandlungsfällen abrechnet, soll ihm die Zulassung entzogen werden können, weil er nicht mehr in einem nennenswerten Umfang vertragsärztliche Leistungen zur Abrechnung bringt.[136] Diese Auffassung ist in der Pauschalität nicht hinzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass ein Arzt, auch wenn er nur noch in einem geringen Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, deswegen grundsätzlich nicht seine vertragsärztlichen Pflichten verletzt. Er hat somit seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufgegeben.

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Da von den Zulassungsgremien oft das Argument der Möglichkeit einer Vertreterbestellung gebraucht wird, sollte man auch schon im Antrag die Gründe benennen, weshalb dies vorliegend nicht möglich ist.

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Eine Zulassungsentziehung aufgrund einer groben Pflichtverletzung ist als äußerstes Mittel immer sehr restriktiv anzuwenden. Nach der allgemein anerkannten Definition des BSG[137] ist eine grobe Pflichtverletzung erst dann gegeben, wenn durch die Art und Schwere des Verstoßes das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und KV derart gestört ist, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint. Hierbei ist ein Verschulden nicht erforderlich. Diese abstrakte Definition ist auch in die Rechtsprechung des BVerfG eingeflossen.[138] Bei der Zulassungsentziehung eines MVZ ist zu beachten, dass nach Auffassung des BSG die Grenze der gröblichen Pflichtverletzung niedriger angesetzt werden kann, weil nach der derzeitigen Rechtslage eine disziplinarrechtliche Ahndung eines Fehlverhaltens des MVZ nicht möglich ist.[139] Weiter ist wegen der Sonderstellung des MVZ zu beachten, dass eine „Delegation“ der Pflichtverletzung auf den ärztlichen Leiter generell nicht möglich ist.[140]

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Als grobe Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten kommen insbesondere folgende Fallkonstellationen in Betracht:[141]


unzulässige Delegation von Leistungen;
grobe und dauerhafte Verstöße gegen die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung – hier: fehlerhafte Substitutionsbehandlung;

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Selbst wenn eine gröbliche Pflichtverletzung aus der Vergangenheit zu bejahen ist oder wenn nach Rückgabe der Zulassung bzw. Zulassungsentziehung eine neue Zulassung beantragt wird, stellt sich immer wieder die Frage des zeitlichen Momentes. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein späteres Wohlverhalten des Vertragsarztes innerhalb des Zulassungsentziehungsverfahrens sowie innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens mit beachtet werden muss. In der alten Rechtsprechung des BSG[154] fand auch das Wohlverhalten innerhalb des gerichtlichen Verfahrens noch Berücksichtigung. Durch das Urteil vom 17.10.2012[155] wurde diese Rechtsprechung aufgegeben, was verfassungsrechtlich unbedenklich war.[156] Das Verhalten zwischen Pflichtverletzung und letzter Verwaltungsentscheidung fällt nicht unter das Merkmal des „Wohlverhaltens“, sondern es ist zu prüfen, ob trotz gröblicher Pflichtverletzung in der Vergangenheit innerhalb des Verwaltungsverfahrens bei anstandslosem Verhalten des Arztes nicht mehr das Vertrauen in die ordnungsgemäße Tätigkeit des Arztes vorliegt.[157] Auf der anderen Seite ist es nicht zulässig, auf seine Zulassung zu verzichten, um einer Zulassungsentziehung zuvor zu kommen, um sich sodann wieder um eine neue Zulassung zu bewerben. In diesen Fällen kann der die Zulassungsentziehung rechtfertigende Sachverhalt dem Bewerber entgegengehalten werden.[158]

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Ferner ist die Frage zu berücksichtigen, wie lange die gröblichen Pflichtverletzungen und das Verfahren der Zulassungsentziehung zeitlich auseinander liegen. Nach der Rechtsprechung des BSG[159] ist grundsätzlich eine zeitliche Zäsur von fünf Jahren nach Begehung der gröblichen Pflichtverletzung zu bejahen, wobei im Einzelfall bei besonders schweren gröblichen Pflichtverletzungen auch ein längerer Zeitraum möglich ist;[160] auch ist eine Unterschreitung dieser Fünf-Jahres-Frist in vielen Fällen zulässig.[161] Aus methodischen Gesichtspunkten ist jedoch zu beachten, dass – die Entziehung der Zulassung dem Grunde nach rechtmäßig war – das Gericht unter Berücksichtigung des Wohlverhaltens davon überzeugt sein muss, dass der Arzt – wieder – geeignet ist. Die Wiedereignung wird dadurch manifestiert, dass der Arzt sich in seinem beruflichen Bereich so verhalten hat, dass man davon ausgehen kann, er werde sich auch in der Zukunft gesetzestreu verhalten.[162] Gelangt das Gericht oder gelangen die Zulassungsgremien nicht zu diesem Ergebnis, verbleibt es bei der Indizwirkung der Zulassungsentziehung.[163]

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Eine Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V ist zunächst losgelöst vom Disziplinarrecht zu sehen. Damit setzt der Entzug der Zulassung eine vorangegangene Disziplinarmaßnahme nicht zwingend voraus.[164] Eine Zulassungsentziehung gem. § 95 Abs. 6 SGB V kann aber im Einzelfall unverhältnismäßig sein, weil eine Disziplinarmaßnahme vorher nicht ausgesprochen wurde.[165] Das kann dann der Fall sein, wenn eine Disziplinarmaßnahme noch ausreichend ist, um ein künftiges pflichtgemäßes Verhalten des Betroffenen zu garantieren. Bei massiven Verstößen ist aber die Durchführung eines Disziplinarverfahrens vor Zulassungsentziehung nicht zwingende Voraussetzung.[166]

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Gerade bei der gröblichen Pflichtverletzung wird sich nunmehr wegen der Änderungen aufgrund des VÄndG die Frage stellen, ob nicht auch nur eine hälftige/Viertel Entziehung der Zulassung möglich ist. Durch die Änderung in § 95 Abs. 6 SGB V wird sich hier wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung die Frage stellen, ob man innerhalb des Tatbestandsmerkmals der gröblichen Pflichtverletzung unterscheiden muss, wie schwerwiegend sie ist, ob nur eine umfängliche Entziehung der Zulassung in Frage kommt oder ob nicht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit es als ausreichend angesehen werden muss, die Zulassung nur teilweise zu entziehen. Einer teilweisen Entziehung einer vollen Zulassung kann auch nicht entgegengehalten werden, diese Regelung beziehe sich nur auf die Fälle, in denen der Arzt lediglich eine hälftige Zulassung inne hat.[167] Durch die ausdrückliche Aufnahme in § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit geschaffen. Sie wäre ansonsten nicht erforderlich gewesen, denn eine hälftige/ein Viertel Zulassung ist eine Zulassung. Das BSG[168] vertritt stattdessen die Auffassung, dass bei einer gröblichen Pflichtverletzung aus keinen Gesichtspunkten heraus nur eine hälftige Zulassungsentziehung möglich ist, weil entweder das Vertrauensverhältnis insgesamt gestört sei oder nicht. Dem sind die Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der Mittel entgegen zu setzen. Außerdem kann es im Einzelfall durchaus ein sachgerechtes Mittel sein, um einen nicht schuldhaften Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten zu ahnden. Die Praxis zeigt im Übrigen auch schon, dass – wenn auch unter dem Gesichtspunkt der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit – die hälftige Zulassungsentziehung praktisch genutzt wird.

11. Kollektiver Zulassungsverzicht

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Die Vorschriften über den kollektiven Zulassungsverzicht in § 95b SGB V und § 72a Abs. 1 SGB V wurden durch das GSG eingeführt. Begründet wurde dieses Regelungssystem damit, dass bei einem kollektiven Zulassungsverzicht – Korbmodell – das Sachleistungsprinzip in unerträglicher Art und Weise destabilisiert und damit im Ergebnis die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung erheblich beeinträchtigt werde.[169] Diese Aussage des Gesetzgebers wurde durch das BSG sodann mit mehreren Urteilen[170] stringent umgesetzt. Zunächst geht das BSG davon aus, dass in den Fällen, in denen aufgrund eines kollektiven Zulassungsverzichtes die Ärzte, die auf ihre Zulassung in diesem Zusammenwirken verzichtet haben und dann von den Patienten in Anspruch genommen werden, keinerlei Vergütungsanspruch haben, weil sie keine Vertragsärzte mehr sind.[171] Lediglich in Fällen des Systemversagens bzw. bei Notfällen kann über § 13 SGB V dieser Arzt noch in Anspruch genommen werden.[172]

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Des Weiteren können die Vertragsärzte, die in einem kollektiven Verfahren auf die Zulassung verzichtet haben, frühestens nach sechs Jahren erneut zugelassen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Aufsichtsbehörde zumindest für einen Planungsbereich aufgrund der Verzichtsaktion eine Gefährdung der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten festgestellt hat.[173] Ein kollektiver Verzicht im Sinne des § 95b Abs. 2 SGB V liegt dann vor, wenn die Ärzte in einem aufeinander abgestimmten Verfahren bzw. mittels einem abgestimmten Verhalten auf ihre Zulassung als Vertragsarzt verzichten.

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Wenn in einer organisierten Form auf die Zulassung verzichtet wird, kann auch schon anhand von Indizien festgestellt werden, dass ein abgestimmtes Verhalten vorliegt. Es muss nicht zwingend ausdrücklich von allen Ärzten gesagt werden, sie verzichten auf die Zulassung. Insbesondere kann ein Indiz für ein kollektives Verhalten sein, wenn die Anzahl der Verzichtserklärungen sprunghaft im Verhältnis zu den üblichen Erfahrungswerten ansteigt.[174] Wenn die Aufsichtsbehörde nach § 72a SGB V den kollektiven Zulassungsverzicht feststellt, ist der einzelne Vertragsarzt nicht berechtigt, diese Entscheidung gerichtlich anzugreifen.[175] Ob die Entscheidung der Aufsichtsbehörde nach § 72a SGB V tatsächlich zutreffend ist, ist jedoch im Rahmen eines Wiederzulassungsverfahrens durch eine Inzidentkontrolle zu überprüfen.[176]

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Durch den klaren Wortlaut in § 95b SGB V und aufgrund der Tatsache, dass die Ärzte nach einem kollektiven Zulassungsverzicht aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschieden sind, besteht für diese dann auch keinerlei Möglichkeit mehr, innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung an Kollektivverträgen oder Sonder- bzw. Einzelverträgen teilzunehmen.[177] Das System der gesetzlichen Krankenversicherung sieht in diesem Zusammenhang unmissverständlich vor, dass mit der Entscheidung auf den Verzicht der Zulassung der Arzt letztlich alle Recht verliert, innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung sich in welcher Form auch immer weiter zu beteiligen. Hierbei ist ferner zu berücksichtigen, dass gerade auch der kollektive Zulassungsverzicht eine ausdrücklich gesetzlich normiertes Recht der Zulassungsentziehung darstellt. Damit hat auch der Gesetzgeber hinreichend deutlich gemacht, welche Sanktionen in einer solchen Fallgestaltung greifen sollen.

12. Teilzulassung

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Die Teilzulassung dient dazu, eine weitere Flexibilisierung innerhalb des Vertragsarztrechts zu ermöglichen.[178] Mit der Teilzulassung werden im Übrigen die sonstigen Pflichten des Vertragsarztes nicht berührt, sie bestehen uneingeschränkt fort; dies gilt bspw. auch für die Residenzpflicht.[179] Ein Vertragsarzt kann durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss auf die Hälfte oder auf ein Viertel der Zulassung verzichten, wobei das Gesetz in § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V vom Versorgungsauftrag[180] spricht (§ 19a Abs. 2 Ärzte-ZV). Bei dem Verzicht ist zu beachten, dass der Arzt im Mindestmaß einen hälftigen Versorgungsauftrag/Zulassung behält, was sich aus § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV ergibt. Daraus folgt wiederum, dass in den Fällen, in denen das Mindestmaß des hälftigen Versorgungsauftrages nicht mehr vorliegt, ein weitergehender Verzicht unzulässig ist. Diese Erklärung ist im Rahmen eines Beschlusses des Zulassungsausschusses festzuhalten. Die Beschränkung kann auch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgehoben werden. In diesem Fall ist die Bedarfsplanung zu beachten, so dass im Falle der Überversorgung nicht automatisch die Möglichkeit besteht, die Aufstockung des Versorgungsauftrages zu erreichen. Aufgrund der Teilzulassung ist der Arzt wegen § 17 Abs. 1a BMV-Ä berechtigt, entsprechend geringer Sprechstunden abzuhalten.

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Nach § 1a Nr. 23 BMV-Ä handelt es sich beim Versorgungsauftrag um den inhaltlichen und zeitlichen Umfang der Versorgungspflichten eines Leistungserbringers. Dies führt zu der Frage, ob der Teil auf den verzichtet wurde, nach § 103 Abs. 4 SGB V ausgeschrieben werden kann. Unproblematisch muss Entsprechendes bejaht werden, wenn der Arzt nur eine Teilzulassung besitzt und sich ganz aus der vertragsärztlichen Versorgung zurückziehen will.[181] Gleiches ist aber auch zu bejahen, wenn der Vertragsarzt von einer Vollzulassung auf eine Teilzulassung „reduzieren“ möchte. Bei dieser Entscheidung geht der vakant werdende Teil nicht unter, vielmehr besteht die Möglichkeit, diesen Teil nach § 103 Abs. 4 SGB V in gesperrten Planungsbereichen auszuschreiben. Auch wenn in § 103 Abs. 4 SGB V „nur“ von der Zulassung gesprochen und die Teilzulassung nicht ausdrücklich erwähnt wird, ergibt sich aus Sinn und Zweck von § 103 Abs. 4 SGB V die wirtschaftliche Verwertung einer Praxis. Dies wurde auch durch die Änderung von § 103 Abs. 4 S. 2 SGB V im GKV-OrgWG nunmehr ausdrücklich im Gesetz aufgenommen. Da auch eine Praxis nur teilweise weiter betrieben werden kann und auch ein dem Grunde nach abgrenzbarer Teil der Praxis existiert, muss dieser Teil auch in Hinblick auf Art. 14 GG ausschreibungsfähig sein. Ferner ist die Teilpraxis ein „Weniger“ als die Praxis im Zusammenhang mit der Veräußerung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens. Dieses Weniger wird von § 103 Abs. 4 SGB V vollständig erfasst.[182]

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Die Möglichkeit der hälftigen Teilzulassung bezogen auf zwei Standorte hat die Rechtsprechung bejaht,[183] da der Vertragsarzt nach der neuen Rechtslage generell berechtigt ist, an mehreren Standorten tätig zu werden, sei es durch überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften oder durch die vereinfachten Regeln bei der Zweigpraxis. Daher muss ihm auch der Weg offenstehen, an zwei Standorten mit jeweils einer Teilzulassung tätig zu werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Arzt seine zwei Teilzulassungen innerhalb eines Planungsbereiches, innerhalb von unterschiedlichen Bezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung oder sogar in unterschiedlichen KV ausüben will.[184] Das LSG Hamburg[185] verkennt in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des modernisierten Vertragsarztrechts, da die Zweigpraxis neben zwei Teilzulassungen steht und die Regelungen in § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV kein lex spezialis darstellen. Dieses Ergebnis wird zudem durch die Streichung von § 4 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV bestätigt.[186] Im Übrigen wird durch § 54 Bedarfsplanungs-Richtlinie deutlich, dass sogar die Anstellung in Teilzeit mit einer Teilzulassung möglich ist. Daher ist davon auszugehen, dass alle möglichen Konstellationen der teilweisen Tätigkeit realisierbar sind, soweit sie sich auf eine jeweils hälftige vertragsärztliche Tätigkeit beziehen. Entsprechendes gilt für die hälftige Zulassung mit gleichzeitiger Anstellung in einem MVZ.[187]