Handbuch Medizinrecht

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b) Überprüfung der Pflicht zur Durchführung von Sprechstunden bzw. der Erfüllung des Versorgungsauftrages

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Die Pflicht zur Kontrolle der Erfüllung des Versorgungsauftrages, insbesondere hinsichtlich der Mindestsprechstundenzeiten, obliegt nach § 95 Abs. 3 S. 4 SGB V/§ 19a Abs. 4 Ärzte-ZV der KV. Prüfkriterium ist nach § 95 Abs. 3 S. 4 SGB V schwerpunktmäßig die Anzahl der abgerechneten Behandlungsfälle und die Gebührenordnungspositionen mit den im Anhang des EBM angegebenen Zeitaufwandes (Prüfzeit), nicht jedoch anhand der formal gemeldeten Sprechstundenzeiten. Durch den Begriff „insbesondere“ in § 95 Abs. 3 S. 4 SGB V wird deutlich gemacht, dass weitere Kriterien eine Rolle spielen können, die vom Gesetzgeber nicht vorgegeben wurden, sondern sich aus der Praxis heraus entwickeln sollen. Damit besteht für die KV im Rahmen der Überprüfung auch die Möglichkeit einer gewissen Flexibilität.

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Die Erfüllung des Versorgungsauftrages auf Grundlage der Kontrolle von Prüfzeiten hat zunächst zu den angekündigten Sprechstundenzeiten keinen unmittelbaren Bezug. Auch wenn der Arzt seine Verpflichtung aus § 17 BMV-Ä verletzt und die erforderlichen Stunden auf dem Praxisschild und gegenüber der KV und damit auch gegenüber der Öffentlichkeit nicht bekannt gibt, kann er im Hinblick auf die abgerechneten Behandlungsfälle und hinsichtlich des Zeitkontingents tatsächlich seinen Versorgungsauftrag umfassend erfüllen.

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Hinsichtlich des zeitlichen Umfanges ist nicht von der Quartalszeit aus § 8 Abs. 4 Abrechnungsprüfungs-Richtlinien (780 Stunden) auszugehen, weil dies die Grenze zur Implausibilität darstellt; vielmehr muss der Wert entsprechend geringer sein. Geht man von einer Mindestsprechstundenzeit von 325 Stunden im Quartal aus, so ist diese Stundenzahl für die Erfüllung des Versorgungsauftrages ausreichend. Selbst wenn ein Arzt eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufweist oder/und eine erhebliche Unterschreitung des Fachgruppendurchschnitts vorliegt, ist dies isoliert betrachtet noch kein Kriterium der Nichterfüllung des Versorgungsauftrages. Dazu korrespondierend ist dann zu prüfen, in welchem Umfang er vertragsärztliche Leistungen nach dem Zeitprofil erbracht hat.

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Im Ergebnis wird man davon ausgehen müssen, dass die Erfüllung des Versorgungsauftrages nicht nur anhand der Fallzahlen oder des Zeitkontingentes nach dem EBM zu prüfen ist, sondern es ist gleichzeitig zu prüfen, wie eine Kumulation beider Kriterien das Praxisgeschehen widerspiegelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dies letztlich nur Aufgreifkriterien sind, damit die KV eine weitergehende Prüfung der Erfüllung des Versorgungsauftrages durchführt. Die konkrete Pflicht der weiteren Sachverhaltsermittlung ergibt sich im Übrigen aus § 19a Abs. 4 S. 4 Ärzte-ZV, wonach die KV beim Arzt nachzufragen hat, warum er die Mindestsprechstundenzeiten unterschreitet. Sprachlich ist hier seitens des Gesetzgebers unscharf gearbeitet worden: einerseits wird in § 19a Ärzte-ZV von Mindestsprechstundenzeiten gesprochen, auf der anderen Seite soll nach § 95 Abs. 3 S. 4 SGB V die Prüfung anhand der Fallzahlen und des Zeitkontingentes nach dem EBM durchgeführt werden. Es erscheint in diesem Zusammenhang mehr als fraglich, ob der Arzt verpflichtet werden kann, mehr als 25 Sprechstundenzeiten durchzuführen, um seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Insoweit verbleibt es bei dem grundlegenden Gesichtspunkt, dass das Verhalten der Patienten und die Inanspruchnahme des Vertragsarztes entscheidend für die Erfüllung des Versorgungsauftrages sind. Wenn beispielsweise nicht so viele Patienten die Praxis aufsuchen, obwohl der Arzt seine Sprechstundenzeiten entsprechend § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV erfüllt, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, hier liege ein Sachverhalt vor, der den Versorgungsauftrag des Arztes beeinträchtige.

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Bei neu gegründeten Praxen ohne Übernahme nach § 103 SGB V wird man jedoch gerade in den Anfangsquartalen in Korrespondenz zu der Rechtsprechung des BSG zum Wachstum der Praxis davon ausgehen müssen, dass die Fallzahl kein hinreichendes Kriterium sein kann, um die Erfüllung des Versorgungsauftrages zu überprüfen. Daher wird man im Mindestmaß in den ersten 3–5 Jahren die Fallzahl nicht als Kriterium einer neu gegründeten Praxis zur Erfüllung des Versorgungsauftrages bei gleichzeitiger Erfüllung seiner Sprechstundenverpflichtung als Maßstab wählen können. Entsprechendes gilt auch für das Kriterium der Prüfzeiten nach dem EBM bei einer Neupraxis.

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Die Reaktionspflichten der KV bei Nichterfüllung des Versorgungsauftrages werden in § 19a Abs. 4 S. 2 Ärzte-ZV beschrieben. Aufgreifkriterium ist zunächst, dass der Vertragsarzt mindestens in 2 aufeinanderfolgenden Quartalen die Mindestsprechstundenzeiten nicht erfüllt hat. Ist dies der Fall, muss die KV den Vertragsarzt auffordern, umgehend die Sprechstunden entsprechend zu erhöhen oder seinen Versorgungsauftrag nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV zu beschränken. Wenn der Arzt von einer Reduzierung seines Versorgungsauftrages keinen Gebrauch macht und gleichzeitig seine Sprechstunden nicht erhöht, besteht die Möglichkeit einer Kürzung der Vergütung als Sanktionsmaßnahme. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arzt keine rechtfertigenden Gründe für die Unterschreitung vortragen kann. Ferner ist der Arzt auf die Möglichkeit der Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs. 6 SGB V hinzuweisen. Dieser Hinweis in § 19a Abs. 4 S. 3 Ärzte-ZV sowohl bezüglich der Kürzung des Honorars als auch bezüglich der Zulassungsentziehung stellt einen Verwaltungsakt nach § 31 SGB X dar,[93] der Widerspruch hat nach der gesetzlichen Konzeption in § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung.

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Unabhängig davon besteht die Möglichkeit für die KV, die Vergütung für den Vertragsarzt zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kürzen, sofern entweder keine rechtfertigenden Gründe für das Verhalten vorgetragen werden konnten oder der Aufforderung der KV auf Anpassung der Sprechstundenzeiten nicht innerhalb einer von der KV zusetzen – angemessenen – Frist nachgekommen wird (§ 19a Abs. 4 S. 4 Ärzte-ZV); auch diese Aufforderung stellt einen Verwaltungsakt dar.

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Für die Höhe der Honorarkürzung werden vorliegend in § 19a Abs. 4 S. 4 Ärzte-ZV keine Beträge oder Prozentwerte vorgegeben. Es stellt sich daher die Frage, in welcher Höhe eine Kürzungsmaßnahme ausgesprochen werden kann. Als Orientierungswert kann bspw. § 95d Abs. 3 S. 3 SGB V dienen, wonach bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung das zu zahlende Honorar um 10 % bzw. um 25 % zu kürzen ist. Eine weitere gesetzlich vorgegebene Kürzungsmaßnahme befindet sich in § 291 Abs. 2b S. 9 SGB V, wonach das Honorar pauschal um 1 % bzw. 2,5 % zu kürzen ist, bis die Ärzte die Prüfung nach § 291 Abs. 2 S. 2 SGB V durchführen. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die unterschiedliche Höhe der Kürzung in den beiden Vorschriften, so lässt sich dadurch eine gesetzgeberische Wertung feststellen, der Verstoß gegen die Fortbildungspflicht einerseits wiegt schwerer als die Nichtprüfung der Daten nach § 291 SGB V. Dabei wird man den Verstoß gegen die Pflicht zur Abhaltung der Sprechstundenzeiten eher an einem Verstoß gegen die Fortbildungsverpflichtung zu bewerten haben. Auch ist in diesem Zusammenhang ein Stufenverhältnis zwischen einem erstmaligen Verstoß oder Folgeverstößen als Kriterium für die Höhe der Honorarkürzung anzunehmen.

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Die Verletzung der Vorschriften über die Mindestsprechstunden stellt eine Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten dar. Daher besteht neben der Sanktion durch die Honorarkürzung die Möglichkeit, gegen den Arzt ein Disziplinarverfahren einzuleiten und gegebenenfalls auch teilweise den Versorgungsauftrag unabhängig von § 19a Abs. 4 S. 6 Ärzte-ZV auf Grundlage von § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V zu entziehen.

4. Sonderfall der befristeten Zulassung

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Eine Besonderheit bezüglich der Zulassung ist die in § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV mit seiner Rechtsgrundlage in § 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V vorgesehene befristete Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. In den Fällen, in denen der Planungsbereich die Grenze von 100 % überschritten hat und die Grenze von 110 % – Feststellung der Überversorgung durch den Landesausschuss – noch nicht erreicht wurde, besteht im Rahmen einer Ermessensentscheidung für den Zulassungsausschuss die Möglichkeit, eine zeitlich befristete Zulassung auszusprechen. Begründet wird diese gesetzliche Regelung damit, dass verhindert werden soll, eine perspektivische Entstehung und Festschreibung von Überversorgung zu zuzulassen.[94] Nicht anwendbar ist die Regelung bei der Genehmigung von Anstellungen.[95] Dabei steht den Zulassungsgremien ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung zu, ob überhaupt eine Befristung ausgesprochen wird. Auf Grund fehlender Vorgaben über den Befristungszeitraum, hat der Zulassungsausschuss gleichzeitig nach Auffassung des Gesetzgebers[96] auch den Zeitraum nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen. Zurzeit wird davon ausgegangen, dass der Befristungszeitraum mehrere Jahre betragen muss, damit der Arzt die Möglichkeit hat, die mit der Praxisgründung typischerweise verbundene Investitionskosten während der Dauer der Zulassung zu refinanzieren. Auf Grund der Befristung endet die Zulassung automatisch, ohne dass es einer weitergehenden Entscheidung der Zulassungsgremien bedarf, wenn der Befristungszeitraum ausgelaufen ist.

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Eine Nachbesetzung ist in Fällen des Verzichtes der Zulassung aufgrund der Regelung in § 103 Abs. 3a S. 2 2. Hs. SGB V nicht möglich. Eine Nachbesetzung ist jedoch möglich im Falle des Todes oder der Entziehung der Zulassung innerhalb des Befristungszeitraums, auch wenn der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich vorgesehen hat. Gleichfalls ungeregelt ist, ob der Arzt mit einer befristeten Zulassung zu Gunsten der Anstellung auf seine Zulassung verzichten darf; man wird dieses bejahen müssen,[97] jedoch kann dann nur eine befristete Genehmigung der Anstellung ausgesprochen werden.

 

5. Verfahrensvoraussetzungen

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Eine Zulassung wird nur auf Antrag des Arztes erteilt, § 18 Ärzte-ZV. Nach § 18 Ärzte-ZV muss der Antrag schriftlich unter Angabe des geplanten Vertragsarztsitzes und der Fachgebietsbezeichnung der Zulassung erfolgen. Eine Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Hierbei handelt es sich nicht um einen Teil einer Ortschaft,[98] sondern es handelt sich um die genaue Praxisanschrift.[99] Voraussetzung für die Zulassung selbst im Rahmen der Antragstellung ist, dass der Arzt zunächst in das Arztregister eingetragen ist. Dabei stellt die Eintragung in das Arztregister die 1. Stufe des Zulassungsverfahrens dar, in der 2. Stufe wird über die konkrete Zulassung entschieden. Daher ist zwingende Voraussetzung, dass bereits bei der Antragstellung die Eintragung im Arztregister vorliegt. Wenn parallel die Arztregistereintragung bei der KV neben der Zulassung beim Zulassungsausschuss begehrt wird, so muss der Zulassungsausschuss dem Arzt die Chance einräumen, ausreichend Zeit zu erhalten, die Arztregistereintragung zu realisieren, bevor der Zulassungsausschuss über den Zulassungsantrag entscheidet.[100]

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Der Antrag muss ferner bei dem für den Zulassungsbezirk des geplanten Arztsitzes zuständigen Zulassungsausschuss gestellt werden. Auch muss auf die Besonderheit hingewiesen werden, dass sowohl der Antrag auf Eintragung in das Arztregister als auch der Zulassungsantrag selbst gebührenbelastet gem. § 46 Ärzte-ZV sind. Bei dem gleichfalls gebührenpflichtig Widerspruch gilt dieser als zurückgenommen, wenn diese Gebühr nicht rechtzeitig entrichtet wurde; dies ist auch verfassungsgemäß.[101] Fällig wird die Gebühr mit Antragstellung. Nach § 45 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV ist in der Anforderung der Gebühr für einen Widerspruch auf die Folgen hinzuweisen.

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Die Aufnahme einer Nebentätigkeit ist nicht genehmigungsbedürftig.[102] Gleichwohl kann es sinnvoll sein, die Aufnahme einer Nebentätigkeit gegenüber der KV bzw. der Zulassungsgremien anzuzeigen, damit durch diese Anzeige ggf. die Zulassungsgremien bzw. die KV prüfen können, ob durch die Aufnahme der Nebentätigkeit möglicherweise eine Ungeeignetheit nach § 20 Ärzte-ZV entsteht. Dadurch würde im Übrigen erreicht werden, dass im Falle eines späteren Problems mit den Zulassungsgremien klar ist, dass der Arzt sich objektiv korrekt verhalten hat und die Zulassungsgremien über seine Tätigkeit informiert waren.

6. Entscheidung durch die Zulassungsgremien

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Entschieden wird gem. § 96 SGB V i.V.m. § 19 Ärzte-ZV durch den Zulassungsausschuss in einer Sitzung durch Beschluss, welcher dem betroffenen Arzt als rechtsbehelfsfähiger Bescheid zugestellt wird.

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Die Entscheidung kann zudem mit Nebenbestimmungen i.S.v. § 32 SGB X versehen werden, beispielsweise bezüglich der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit im gesperrten Planungsbereich innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses oder der Bedingung, einen seiner Eignung nach § 20 Ärzte-ZV entgegenstehenden Grund (Anstellungsverhältnis) spätestens drei Monaten nach Unanfechtbarkeit der Zulassung zu beseitigen (§ 20 Abs. 3 Ärzte-ZV).[103]

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Gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses kann – mit Ausnahme der Regelung in § 103 Abs. 3a S. 11 SGB V – nach § 96 Abs. 4 SGB V der Berufungsausschuss angerufen werden; der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Der Berufungsausschuss kann die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung nach § 97 Abs. 4 SGB V anordnen.[104]

7. Vertragsarztsitz

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Gemäß § 24 Ärzte-ZV besteht die Pflicht des zugelassenen Arztes, am Vertragsarztsitz seine Sprechstunden abzuhalten (Präsenzpflicht). Diese Regelung betrifft nur den Ort der Leistungserbringung, während § 19a Ärzte-ZV den Umfang der Sprechstundenzeiten betrifft.[105] Eingeschränkt war die Präsenzpflicht bei Anästhesisten und Belegärzten nach § 17 Abs. 1b BMV-Ä a.F.[106] Dieser Ausnahmetatbestand wurde im Zusammenhang mit der Einarbeitung des TSVG in den BMV-Ä ersatzlos gestrichen. Während das bei der belegärztlichen Tätigkeit nicht zu großen Problemen führt, da sie schon immer eine eher untergeordnete Tätigkeit beinhaltet, ist dies bei den Anästhesisten insoweit ein Problem, da sie ihre Tätigkeit „im Umherreisen“ in den Praxen der ambulanten Operateure ausüben. Hierfür sieht § 15a Abs. 2 S. 2 BMV-Ä ausdrücklich vor, dass ohne förmliche Genehmigung von Zweigpraxen nach § 24 Ärzte-ZV eine „einfache“ Genehmigung für die Tätigkeiten außerhalb ihres Vertragsarztsitzes ausreichend ist.[107] Bei den Anästhesisten wird man ferner beachten müssen, dass diese Ausnahme nicht für schmerztherapeutisch tätige Anästhesisten gelten kann,[108] weil der schmerztherapeutisch tätige Arzt seine ärztliche Tätigkeit wie jeder andere niedergelassene Arzt ausübt. Daneben ist noch zu beachten, dass auch bei Ärzten, die mit zwei Facharztbezeichnungen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen und entsprechend zugelassen sind, sich dies immer auf den Vertragsarztsitz bezieht. Daher ist es unzulässig, die vertragsärztliche Tätigkeit nach den jeweiligen Facharztbezeichnungen zu trennen und an mehreren Standorten zu arbeiten.[109] Daraus hat das BSG die weitere Konsequenz gezogen, dass ein Arzt mit zwei Facharztbezeichnungen zu den er auch in diesem Umfang eine Zulassung hat, nur einen Vertragsarztsitz besitzt.[110]

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Die früher aus § 24 Ärzte-ZV abgeleitete Residenzpflicht[111] wurde durch das GKV-VStG aufgehoben. Sie spielt mittelbar noch im Zusammenhang mit der belegärztlichen Tätigkeit bzw. bei der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b SGB V eine Rolle.

545

Ein Umzug der Praxis, auch innerhalb derselben Stadt, stellt eine genehmigungspflichtige Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV dar.[112] Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass eine rückwirkende Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes nicht in Betracht kommt und damit bei ungenehmigter oder noch nicht genehmigter Verlegung auch keinerlei Honoraransprüche gegenüber der KV bestehen.[113] Lediglich der Umzug innerhalb desselben Hauses unter derselben postalischen Adresse ist genehmigungsfrei.[114] Die Verlegung des Vertragsarztsitzes ist vom Zulassungsausschuss zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Das BSG[115] bestätigt den grundsätzlichen Rechtsanspruch des Vertragszahnarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes innerhalb des Planungsbereiches. Soll der Sitz in einen anderen Planungsbereich verlegt werden, ist dieses über § 24 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV nicht möglich, vielmehr muss er eine neue Zulassung beantragen. Daher ist der Regelungsbereich in § 24 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV nur der Planungsbereich. Sofern Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen, besteht ein Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes. Bei der Prüfung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, haben die Zulassungsgremien einen gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Im Rahmen der Prüfung – auch in einen überversorgten Planungsbereich – ist eine vergleichende Betrachtung vorzunehmen, wie die Versorgung aussehen würde, wenn der Vertragsarztsitz verlegt wäre und wie die Versorgung bei dem projektierten Vertragsarztsitz aussähe. Würde – auch in den Fällen der Überversorgung – die Versorgung am bisherigen Sitz durch die Verlegung des Vertragsarztsitzes deutlich verschlechtert und ist gleichzeitig an dem projektierten Vertragsarztsitz keine erhebliche Verbesserung der Versorgung vorhanden, können dies Gründe sein, die Verlegung des Vertragsarztsitzes zu untersagen. Ziel ist es letztlich in diesem Zusammenhang, eine möglichst gleichmäßige Versorgung zu gewährleisten.[116]

8. Sonderregelungen für Psychotherapeuten

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Die psychologischen Psychotherapeuten und Kinder-/Jugendpsychotherapeuten sind seit dem 1.1.1999 mit den Vertragsärzten als zulassungsfähige Leistungserbringer gleichgestellt. Wegen der in diesem Zusammenhang vorhandenen Besonderheiten wird auf die Vorauflage verwiesen.[117]

547

Generell müssen die Psychotherapeuten die gleichen Voraussetzungen wie Ärzte erfüllen, insbesondere die Eintragung in das Arztregister. Hierfür sind in § 95c SGB V Sonderregelungen getroffen worden. Bei der Beurteilung ihrer persönlichen Eignung für die Leistungserbringung im System der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen sie zudem den gleichen Anforderungen, wie Vertragsärzte.[118] Innerhalb eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V besteht die Möglichkeit, dass ein psychologischer Psychotherapeut einem Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie nachfolgt.[119]

548

Das Zulassungsverfahren richtet sich gem. § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V wie bei den Ärzten nach den Regeln der §§ 95 ff. SGB V. Lediglich bei der fachlichen Qualifikation bzw. der Eintragung in das Arztregister ist § 95c SGB V zu beachten; Dieser ist mit Wirkung zum 1.9.2020 auf Grund des Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung neu gefasst worden Hier wird die Approbation als Psychotherapeut sowie ein erfolgreicher Abschluss einer Weiterbildung verlangt, dessen Voraussetzungen genau definiert werden. Grund ist die Gewährleistung einer Qualifikation des approbierten Psychotherapeuten in denjenigen Behandlungsverfahren, die durch den G-BA in den Psychotherapie-Richtlinien anerkannt sind.[120]

9. Ruhen der Zulassung

549

§ 95 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 26 Ärzte-ZV sieht für den Fall, dass der Arzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt, das Ruhen seiner Zulassung vor. Das Ruhen wird von dem Zulassungsausschuss durch Beschluss festgestellt, wobei der Zulassungsausschuss von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden kann. Das Ruhen der Zulassung bewirkt, dass der Arzt nicht mehr verpflichtet ist, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln,[121] ohne dass hierdurch die sonstigen Rechte des Arztes als Vertragsarzt tangiert werden.[122] Auch besteht die Möglichkeit, das Ruhen der Zulassung nur zur Hälfte oder zu einem Viertel anzuordnen; soweit die untere Grenze der hälftigen Zulassung nicht unterschritten wird (vgl. § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV). Dies soll eine flexible Handhabung des Ruhens der Zulassung unter Beachtung der Gründe ermöglichen.

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Das Ruhen ist für den Fall vorgesehen, dass der Arzt seiner Tätigkeit noch nicht oder nicht mehr ausübt. Dabei ist es erforderlich, dass überhaupt noch eine Praxis vorhanden ist. Wurde die Praxis aufgegeben, ist nach Auffassung des SG Berlin[123] für die Anordnung des Ruhens der Zulassung kein Raum mehr. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Aufnahme der Tätigkeit in angemessener Zeit überhaupt zu erwarten ist. Welcher Zeitraum noch angemessen ist, eröffnet natürlich ein weites Feld der möglichen Betrachtungsweisen und beinhaltet eine Einzelfallentscheidung. Anhaltspunkte für die Angemessenheit des Zeitraums können sich aus § 81 Abs. 5 S. 2 SGB V ergeben, der die Möglichkeit einer disziplinarischen Anordnung des Ruhens der Zulassung bis zu zwei Jahre vorsieht. Der maximale Zeitraum von bis zu zwei Jahren wird daher auch in dem Bereich des Ruhens nach § 95 Abs. 5 SGB V angewendet.[124] Eine absolute Aussage lässt sich hier aber nicht treffen, wobei es grundsätzlich zulässig ist, das Ruhen der Zulassung nach einer Dauer von sechs Jahren nicht mehr zu verlängern.[125] Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Gesetzgeber für Arbeitnehmer einen Elternzeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes vorgesehen hat, dürfte mit Sicht auf Art. 6 Abs. 2 GG einer Vertragsärztin/Vertragsarzt eine längere Ruhenszeit nicht versagt werden.[126] Zunächst kann sich eine Vertragsärztin ohnehin nach § 32 Abs. 1 S. 2, 3 Ärzte-ZV bis zu einer Dauer von 12 Monaten vertreten lassen. Generell wird man sich auch an den in § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV geregelten Fristen für die Beschäftigung von Assistenten orientieren können, um einen zulässigen zeitlichen Rahmen zu bestimmen.[127]

 

551

Nach § 26 Ärzte-ZV dürfen dem Ruhen der Zulassung jedoch nicht Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen. Da diese Gründe sich faktisch auf eine bestehende oder drohende Unterversorgung beschränken, fallen diese zumindest in Stadtgebieten bei der heute weitestgehend bestehenden Überversorgung tatsächlich kaum ins Gewicht. Bei der jedoch in ländlichen Gebieten in letzter Zeit vermehrt beobachteten Unterversorgung wird dieser Aspekt in Zukunft wieder verstärkt zum Tragen kommen.