Handbuch Medizinrecht

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cc) Unzulässige Fremdwerbung

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Unzulässig sind Hinweise auf Hersteller pharmazeutischer Erzeugnisse, Medizinprodukte und andere Waren der Gesundheitsindustrie[294] unter dem Aspekt der Fremdwerbung. Dies gilt auch für das zunehmend anzutreffende „Wartezimmerfernsehen“[295] oder auch ein „Internetcafé“ für das Wartezimmer.[296] Auf die eigene technische Ausstattung der Praxis/des Unternehmens darf hingegen hingewiesen werden, sofern unangebrachte oder irreführende „Superlative“ vermieden werden.[297] Stellen Unternehmen einem Arzt kostenlos Platz für eine Homepage zur Verfügung, muss der Arzt beachten, dass er damit nicht für die Produkte der Firma werben darf. Seine Homepage muss daher frei von Werbebannern und Pop-up Fenstern bleiben. Einzelne Links zu Unternehmen sind im Allgemeinen unzulässig. Eine Verlinkung mit unterschiedlichen Institutionen des Gesundheitswesens, Selbsthilfegruppen und Informationsanbietern dürfte hingegen nicht zu beanstanden sein. Der Arzt muss allerdings darauf achten, dass er die Inhalte der verlinkten Seite mit zu verantworten hat, wenn er nicht einen disclaimer anbringt.[298] Während das Verbot, für fremde gewerbliche Zwecke zu werben, durch die Rechtsprechung des BVerfG gedeckt ist, dürfte das im Rahmen der MBO-Novelle 2011 vom 114. Deutschen Ärztetag eingeführte Verbot, für eigene gewerbliche Tätigkeiten zu werben, jedenfalls dann gegen Art. 12 GG verstoßen und damit nichtig sein, wenn ärztliche und gewerbliche Tätigkeiten ordnungsgemäß getrennt sind.[299] Wenn ein Arzt erlaubter maßen einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen darf, kann ihm auch eine sachliche Werbung für diese Tätigkeit nicht untersagt werden.[300]

dd) Titel

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Mit der Aufhebung von Kap. D I Nr. 2 MBO ist auch dessen Abs. 8 entfallen. Er hatte die Führung des Titels „Professor“ geregelt, einen aus vielerlei Gründen (vor allem bei ausländischen Titeln) praktisch wichtigen Komplex, wie man weiß. Weder in § 17 Abs. 4 noch in § 27 Abs. 3 der Neufassung der MBO findet sich eine entsprechende Regelung. Offenbar sah die Ärzteschaft hier keinen Regelungsbedarf mehr, nachdem die hochschulrechtlichen Vorschriften der Länder (z.B. § 55b UGBa-Wü) Regelungen für das Führen ausländischer Professorentitel nicht mehr vorsehen.[301] Entsprechend stark ist der Wildwuchs dieses Titels nicht nur in der Ärzteschaft angewachsen, was „richtige“ Professoren als Lehrstuhlinhaber mit einer gewissen Sorge betrachten.

ee) Verzeichnisse

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§ 28 MBO wurde durch die MBO-Novelle 2011 ersatzlos gestrichen. Durch die wesentlich großzügigere Regelung in § 27 Abs. 3 MBO wird deutlich, dass erheblich detailliertere Angaben als früher unbedenklich sind. Hintergrund ist das Bemühen der Kammern, dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung[302] gerecht zu werden und das Feld nicht „kampflos“ gewerblichen Verzeichnisanbietern zu überlassen.[303] Ohnehin ist durch das Internet die Bedeutung von gedruckten Verzeichnissen stark zurückgegangen und für den einzelnen Arzt mittlerweile schlicht entbehrlich.

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Sonderverzeichnisse mit werbendem Charakter von privaten Organisationen, die eine Zusammenstellung von Ärzten, die sich ihrer Ansicht nach von Kollegen der gleichen Fachgruppe bzw. des gleichen Tätigkeitsfeldes durch eine Spezialisierung unterscheiden, die nicht den Grundzügen der Weiterbildungsordnung folgt, galten lange als unzulässig.[304] Bei dem um Hilfe nachsuchenden Patienten solle nicht der Eindruck entstehen, bei dem in dem Verzeichnis aufgeführten Arzt handele es sich um einen „Spezialisten“, dessen Qualifikation die anderer Kollegen übersteige, obwohl er dieselbe, nach den Berufs- und Weiterbildungsordnungen zulässige Gebiets- bzw. Tätigkeitsbezeichnung führt.[305] Vor allem durch die Rechtsprechung zum anwaltlichen Berufsrecht ist jedoch Bewegung in dieser Frage entstanden, seitdem das Bundesverfassungsgericht[306] die Teilnahme eines Anwalts an einem Auskunftsdienst für rechtsuchende Bürger („Anwaltsuchservice GmbH“) nicht mehr als unzulässige Werbung qualifiziert hat. Der Anwalt trete bei diesem System nicht direkt an den potentiellen Mandanten heran; vielmehr sei es der Bürger, der sich an den Anwaltssuchservice wende, um dort geeignete Adressen von Anwälten mit dem von ihm nachgefragten Tätigkeitsschwerpunkt zu bekommen.[307] In seiner Entscheidung zum „Zahnärztesuchservice“ hat das BVerfG diese Maßstäbe auch auf den (zahn-)medizinischen Bereich übertragen.[308] In der MBO wurde dieser Gedanke aufgegriffen und dem Arzt ermöglicht, in diesen Verzeichnissen alle Angaben aufnehmen zu lassen, die er auch im Rahmen einer Patienteninformation in der Praxis verwenden dürfte. Allerdings sind nach wie vor Grenzen zu beachten. Eine Entscheidung des LG Kiel[309] wird häufig fehlinterpretiert. Danach soll es weder berufs- noch wettbewerbswidrig sein, wenn sich ein Arzt in einen Patienteninformationsdienst einer gemeinnützigen Stiftung mit der Angabe besonderer Behandlungsmöglichkeiten und Therapieeinrichtungen aufnehmen lasse; ob die Aufnahme gebührenpflichtig oder kostenfrei erfolge, sei unerheblich. Dieses Urteil ist zwar vom OLG Schleswig-Holstein bestätigt worden,[310] dies allerdings nur aus formalen Gründen. Das OLG hat im Übrigen keinen Zweifel daran gelassen, dass das Informationsangebot inhaltlich wettbewerbswidrige Werbung enthält.[311] In eine ähnliche Richtung geht eine Entscheidung des OLG München,[312] die es Verzeichnisbetreibern (und auch Ärzten) untersagt, solche Verzeichnisse zu eröffnen, die über die nach der MBO zulässigen Angaben hinausgehende Einzelheiten enthalten. Bei der Einordnung der Entscheidung muss man den konkreten Sachverhalt kennen (deutlich reklamehafte Züge des Verzeichnisses). Wie Wiesener[313] zu Recht bemerkt, sind bei richtiger Wertung nämlich durchaus Verzeichnisse denkbar, die unter Beachtung dieser Grenzen Angaben zu Spezialkenntnissen enthalten dürfen. Was einem Arzt im Rahmen seiner Homepage erlaubt ist, kann einem Verzeichnisanbieter nicht verboten werden. Völlig neue Fragen stellen sich durch neuere Formen der (Eigen-)Werbung durch selbstfinanzierte Aufnahme in Bewertungsportale wie z.B. „Jameda“ (siehe hierzu die Ausführungen von Greiff Kap. 35 Heilmittelwerberecht).

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Ein praktizierender Arzt muss es im Übrigen hinnehmen, von einem Autor mit Anschrift, Fachgebiet und richtigem Hinweis auf besondere Behandlungsmethoden in einem als Buch vertriebenen Verzeichnis aufgenommen zu werden.[314] Auch auf diesem Wege trete der Arzt nicht von sich aus werbend an die Öffentlichkeit; vielmehr bedürfe es eines Anstoßes von außen, d.h. der Nachfrage des Patienten. Ein persönliches Schutzinteresse an der Nichtveröffentlichung könne der Arzt nicht vorweisen, da persönliche Daten im geschäftlichen Bereich weniger schützenswert seien als die Daten im persönlichen Umfeld.[315] Im Übrigen besteht für den Arzt keine Pflicht, aktiv gegen derartige Veröffentlichungen vorzugehen, wenn er selbst nichts dagegen einzuwenden hat. Lediglich dann, wenn der Arzt seine Aufnahme in dieses Verzeichnis aktiv nach außen verbreitet, ohne auf die entsprechende Nachfrage durch die Patienten zu warten, könnte der Fall unerlaubter Werbung vorliegen.[316] Der Arzt muss darauf achten, dass ein Eintrag in den Verzeichnissen mit den übrigen Einträgen von Kollegen und Kolleginnen übereinstimmt. Danach wird es zwar heute nicht mehr beanstandet, wenn der Arzt seinen Namen und die Praxisanschrift in amtlichen allgemeinen Fernsprechbüchern drucktechnisch hervorheben lässt, im Branchenfernsprechbuch, in dem auch andere Kollegen aufgenommen sind, ist dies jedoch nicht zulässig. Auch der Zukauf von Leerzeilen ist nicht gestattet. Der Abdruck der Sprechstundenzeiten ist hingegen erlaubt. Es kann gegen das in der Berufungsordnung enthaltene Verbot berufswidriger Werbung verstoßen, wenn ein niedergelassener Arzt bei der Eintragung im Branchentelefonbuch „Gelbe Seiten“ auf seine besondere apparative Ausstattung (hier: Herzkathetermessplatz) hinweist oder den Anschein erweckt, zugleich in einer Spezialabteilung eines Krankenhauses tätig zu sein.[317] Diese Entscheidung ist vom Bundesverwaltungsgericht allerdings als zu restriktiv aufgehoben worden.[318] Letztlich zeigt auch diese Entscheidung, dass die Rechtsprechung das Informationsbedürfnis der Bevölkerung zunehmend auch als Informationsrecht des Patienten interpretiert.

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Nach Ansicht des OLG Hamburg[319] soll es unzulässig sein, sich in ein postunabhängiges Branchenverzeichnis gegen Zahlung eines Geldbetrages eintragen zu lassen, wenn es offensichtlich ist, dass nicht alle Angehörigen der Berufsgruppe darin aufgenommen sind und das Druckwerk werblich genutzt werden soll. Das Verzeichnis müsse einen kostenfreien Grundeintrag (Name und Telefonnummer) gewährleisten. Formal war dies durch § 28 Abs. 1 MBO a.F. gedeckt. Ob diese Entscheidungen im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum „Anwaltssuchservice“ oder auch zum „Zahnarztsuchservice“[320] noch Gültigkeit beanspruchen können, muss jedoch bezweifelt werden.

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Sonderverzeichnisse ohne werbenden Charakter sind in der Regel die Mitgliederverzeichnisse der Berufsverbände, Adressbücher privater Verlage, sofern die Aufnahme grundsätzlich jedem Arzt des Verbreitungsgebietes des Verzeichnisses zugänglich und die drucktechnische Ausführung einheitlich ist, und ähnliches mehr. Ein werbendes Sonderverzeichnis kann jedoch die Zusammenstellung von Ärzten sein, die z.B. einem bestimmten Club angehören oder einem Unternehmen besonders verbunden sind.[321] Auf die äußere Form des Adressverzeichnisses kommt es im Übrigen weniger an. Es kann also sowohl eine in Broschürenform herausgegebene Adressenliste, ein Internet-Verzeichnis, ein Prospekt oder die von manchen Initiativen geführten Spezialdateien sein.

 

ff) Kollegialität

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§ 29 MBO wurde in seinen früheren Fassungen oft als „Mauschelparagraph“ bezeichnet bzw. „der Krähentheorie“ zugerechnet.[322] Mittlerweile dürfte sich jedoch herumgesprochen haben, dass diese Krähentheorie sich immer mehr in ihr Gegenteil verwandelt, d.h. eine Krähe der anderen nicht nur eines, sondern beide Augen aushackt. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass die standesrechtliche Kollegialitätspflicht nicht nur den einzelnen Arzt und den Patienten, sondern auch die Wahrung des Ansehens des gesamten Berufsstandes im Interesse einer wirksamen Gesundheitsvorsorge zum Gegenstand hat. Allerdings ist die Vorschrift insgesamt unausgewogen und vermengt standesrechtliche Regelungsabsichten mit arbeits- und beamtenrechtlichen Regelungen.

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Wissenschaftliche Auseinandersetzungen können schon per definitionem nicht Gegenstand eines Kollegialitätsverstoßes sein.[323] Das Gleiche gilt auch dann, wenn der Arzt sich in der Öffentlichkeit an der Diskussion allgemeinpolitischer Themen beteiligt, auch wenn sie einen Bezug zum Gesundheitswesen aufweisen.[324] Eine Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit ist nur zum Schutze übergeordneter Interessen des Gemeinwohls zulässig; das Kollegialitätsgebot darf daher in einem demokratischen Rechtsstaat freiheitlicher Prägung nicht als „Maulkorb“ missbraucht werden.[325]

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Die Grenze zu unkollegialem Verhalten ist aber dort überschritten, wo ein Arzt die Behandlungsweise eines anderen Kollegen ohne sachlichen Grund abfällig beurteilt und gleichzeitig seine eigene Behandlungsmethode quasi anpreisend hervorhebt. Das Berufsrecht geht dabei über die zivilrechtlichen Grundsätze zu Widerrufs- und Unterlassungsansprüchen ehrverletzender Äußerungen hinaus. Nach der Rechtsprechung[326] besteht ein Anspruch auf Widerruf bzw. Unterlassung ehrverletzender Äußerungen dann nicht, wenn diese Behauptungen im engen Familienkreis oder im Anwaltsgespräch bzw. im Arzt-Patienten-Verhältnis gefallen ist. Würden sie in diesem engen Vertrauensverhältnis fallen, bestehe kein berechtigtes Interesse daran, Wahrheit oder Unwahrheit in einem Gerichtsverfahren klären zu lassen. Allerdings sind derartige Äußerungen nur in diesen besonders geschützten Vertrauensverhältnissen privilegiert. Fallen sie außerhalb, d.h. im Kreis von Klinikmitarbeitern, kommt es nicht darauf an, ob sie in „kleinem“ oder „großem“ Kreis gefallen sind. Beschuldigungen unter vier Augen oder in einem kleinen Kreis sachlich Interessierter können u.U. nachhaltiger beeinträchtigen als öffentliche Kritik, von der der Betroffene schneller Kenntnis erlangt und ihr deshalb auch eher entgegentreten kann.[327] Im Übrigen sollte man nicht vergessen, dass manch unbedacht geäußerter Vorwurf Anlass zu Behandlungsfehlerprozessen gibt, die zwar letztlich ohne befriedigendes Ergebnis für den Patienten enden, alle Beteiligten aber unnötig belasten.

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Bei der Information darüber, dass die bisherige Gemeinschaftspraxis aufgelöst ist und künftig getrennte Praxen geführt werden, müssen Werbung für die eigene Praxis und kritische Bemerkungen über die Praxis des bisherigen Partners vermieden werden.[328] Demgegenüber befand das LG München I,[329] einem Arzt dürfe nicht verwehrt werden, seine in laufender Behandlung befindlichen Patienten auf seine neue Praxis hinzuweisen, damit dort ggf. die Behandlung fortgesetzt werden könne. Der Patient habe sogar einen durchsetzbaren Informationsanspruch, der durch ein Wettbewerbsverbot nicht eingeschränkt werden dürfe. Für eine Mandantenschutzklausel bei Zahlung einer Abfindung hat der BGH im Falle einer Rechtsanwaltskanzlei den gegenteiligen Standpunkt vertreten.[330]

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Für Ärztekammern tätige Ärzte verlieren den Anspruch auf Kollegialität und gegenseitige Respektierung nicht durch ihre Funktionärstätigkeit.[331] Allerdings kann je nach berufspolitischer Situation ein etwas anderer Maßstab angelegt werden.[332] Im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist dem Arzt unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine auch zum Teil deutliche Sprache zuzubilligen. Der Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG umfasst auch polemische Äußerungen gegen Mitglieder der Kammerorgane, wenn sie in einem aktuellen berufspolitischen Streit fallen und von der Aussage her das Maß möglicher Kritik nicht überschreiten. Das Standesrecht darf nicht zur Disziplinierung unliebsamer Kritiker herhalten.[333]

gg) Verpflichtung zur Weiterbildung

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Die Weiterbildung[334] ist eines der zentralen Aufgabengebiete der Kammern. Sie ist Ausdruck des Anspruchs der Selbstverwaltung, Inhalt, Grenzen und Struktur ärztlicher Tätigkeit in eigener Verantwortung zu regeln. Zwar gilt nach wie vor der Grundsatz, dass die Approbation den Arzt zur Ausübung der gesamten Heilkunde berechtigt; durch die umfangreichen Regelungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung (M-WBO) wird aber deutlich, dass die Kammern den weitergebildeten Arzt als den „Regelfall“ betrachten.[335] Anders als die Ausbildung zum Arzt ist die Weiterbildung zum Facharzt weitgehend „privatisiert“, d.h. ihre Durchführung wird einem Weiterbilder übertragen, der sie, zwar unter Beachtung der öffentlich-rechtlichen M-WBO, in eigener Verantwortung im Hinblick auf den täglichen Arbeitsablauf gestaltet. Formal betrachtet findet Weiterbildung in Universitäten kraft Gesetzes und in sonstigen Weiterbildungsstätten aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Zulassung statt.[336] § 29 Abs. 5 MBO erinnert den Weiterbilder jedoch, dass Weiterbildung nicht nur im „learning by doing“ besteht, sondern auch eine aktive Anleitung, Führung und intellektuelle Vermittlung beinhaltet, die über die Instruktion eines beliebigen Arbeitnehmers hinausgeht. Rechtsgrundlage für die M-WBO sind die Heilberufe-Kammergesetze. Inhalte und Struktur der Weiterbildung in den einzelnen Gebieten sind jedoch stark europäisch geprägt. Nur wenn das nationale Weiterbildungsrecht die Vorgaben der einschlägigen EG-Richtlinien beachtet, ist die Migrationsfähigkeit innerhalb der EU gewährleistet.[337] Eine außerhalb der EU bzw. des EWR abgeleistete Weiterbildung kann nur anerkannt werden, wenn sie dem deutschen Weiterbildungsrecht entspricht[338] oder von einem anderen Mitgliedsstaat der EU anerkannt worden ist.[339]

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Angesichts steigender Arztzahlen wird es immer schwieriger, Inhalte der Weiterbildung, insbesondere mit Zahlen versehene Auflagen (z.B. OP-Kataloge), in angemessener Zeit zu erfüllen. Dem stand bislang das Bestreben des weiterzubildenden Arztes gegenüber, den Katalog der einzelnen Leistungen innerhalb der Mindestzeit zu erfüllen. Dies ist angesichts einer sich verändernden Kliniklandschaft und erhöhter Anforderungen sehr oft nicht möglich. Nachdem Arbeitsverträge mit Weiterbildungsassistenten im Krankenhaus in aller Regel und zulässigerweise befristet sind,[340] werden arbeitsrechtliche Fragen aufgeworfen, wenn dem Assistenten bis zum Stichtag noch einige Operationen fehlen, der Klinikträger aber nicht bereit ist, ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Nach der Rechtsprechung des BAG[341] kann der angestellte Arzt alleine deswegen keine Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses verlangen; vielmehr sei es alleinige Aufgabe der Kammern, bzw. der von ihr ermächtigten Weiterbilder, für einen zeitgerechten Abschluss der Weiterbildung Sorge zu tragen. Der Klinikträger als Arbeitgeber habe lediglich Maßnahmen zu unterlassen, die die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Weiterbildung unzumutbar beeinträchtigen. Ansprüche könne der Assistent daher nur gegen die Kammer bzw. den Weiterbilder erheben. Erhält die Kammer Kenntnis von einem diesbezüglichen Missstand, kann sie gegen den Weiterbilder berufsrechtlich vorgehen und ihm die Weiterbildungsermächtigung entziehen. Für den Weiterbilder kann dies u.U. arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Der Assistent könnte aber auch gegen den Weiterbilder vor dem Verwaltungsgericht wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Weiterbildung klagen. Hält der Weiterbilder den Arzt hingegen für die beanspruchte Tätigkeit nicht für geeignet, bzw. würde sein Einsatz ein unbeherrschbares Risiko für den Patienten mit sich bringen, geht die Sicherheit des Patienten vor. Eine gute Weiterbildung hat schließlich auch das Ziel, einem Aspiranten rechtzeitig zu verdeutlichen, welche Anforderungen in einem bestimmten Gebiet gestellt werden.

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Die Pflichten des Weiterbilders sind im Einzelnen in der M-WBO dezidiert aufgeführt. Neben der hier behandelten Förderungspflicht muss der Weiterbilder zunächst die für ihn geltende WO kennen, um den Weiterzubildenden rechtzeitig auf Umstände aufmerksam zu machen, die seiner Weiterbildung abträglich sind. So hat er z.B. darauf hinzuweisen, wenn seine Ermächtigung eine bestimmte Tätigkeit nicht erfasst.[342] Dies gilt insbesondere, nachdem die M-WBO in eine Regelweiterbildung und Schwerpunkte umstrukturiert wurde. So sind in den Schwerpunkten Inhalte definiert, die nicht Pflichtbestandteil der Regelweiterbildung sind. Da der Weiterbilder im Rahmen seiner Weiterbildung weisungsfrei sein muss, darf der Weiterbilder in einem Schwerpunkt nicht den Weisungen eines Weiterbilders in der Regelweiterbildung unterworfen sein.[343] Will der Weiterzubildende seine Weiterbildung im Rahmen des Zulässigen in Teilzeit absolvieren (z.B. § 4 Abs. 5 BayWO), muss ihn der Weiterbilder darauf aufmerksam machen, dass zuvor eine entsprechende Genehmigung der zuständigen LÄK eingeholt wird.[344]

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Die Weiterbildung hat durch den Ermächtigten persönlich zu erfolgen. Er hat sie zeitlich und inhaltlich selbst zu gestalten. Die mancherorts anzutreffende Übung, dies den Oberärzten zu überlassen, ist unzulässig. Zur Förderungspflicht des Weiterbilders gehört auch die Pflicht, dem Weiterzubildenden am Ende der Weiterbildung bzw. des jeweiligen Weiterbildungsabschnitts ein Zeugnis[345] auszustellen; hiervon abweichend können sowohl der einzelne Arzt als auch die Kammer jährliche Zwischenzeugnisse verlangen. In den Zeugnissen wird sinnvollerweise auf die Terminologie der Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung Bezug genommen, um dem Zeugnisempfänger später nicht einem „Interpretationsrisiko“ auszusetzen. Im letzten Zeugnis muss darüber hinaus zur fachlichen Eignung Stellung genommen werden. Fehlt dieser Passus, kann die Kammer Rückfragen stellen, was u.U. den Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung verzögert.