Handbuch Medizinrecht

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c) Zusammenarbeit mit bestimmten (ausgewählten) Gesundheitshandwerkern

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Ohne sachlich gebotenen Grund soll der Arzt bei der Verordnung von Heil- oder Hilfsmitteln keinen bestimmten Hersteller benennen (siehe auch § 34 Abs. 5 MBO a.F., § 31 Abs. 2 MBO n.F.). Die Entscheidungsfreiheit des Arztes wird dadurch aber nicht berührt. Denn selbstverständlich kann der Arzt positive Erfahrungen mit einem Hilfsmittelhersteller oder einem Heilmittelerbringer in eine Empfehlung an den Patienten umsetzen;[93] allerdings sollte diese Empfehlung mit dem Hinweis gekoppelt werden, dass der Patient in der Einlösung der Verordnung selbstverständlich völlig frei sei und auch andere Anbieter aufsuchen könne. Eindeutig unzulässig wäre aber, die Empfehlung an die Bezahlung eines bestimmten Betrages durch den Techniker zu koppeln. Dies wäre eine unzulässige Provision. Zwischen diesen beiden Polen gibt es eine Grauzone. Manche versuchen sich damit zu behelfen, dass sie „Beraterverträge“ abschließen, die jedoch oftmals nur vorgeschoben sind, um Provisionszahlungen zu kaschieren. Eine unzulässige Umgehung und damit Anstiftung des Arztes zu einem Verstoß gegen §§ 3 Abs. 2, 31 Abs. 1, Abs. 2, 33 MBO kann auch in der Veranlassung des Arztes zur Teilnahme an „Pseudostudien“ gesehen werden, wenn diese Studien überwiegend oder ausschließlich dazu dienen, Bandagen eines bestimmten Sanitätshauses abzugeben.[94] Zum Teil findet man auch Lager- und Bereithaltungsverträge, die in nicht wenigen Fällen demselben Zweck dienen. Schließlich sind bei derartigen Geschäften die Grenzen des § 128 SGB V zu beachten (siehe unten § 128 SGB V, Rn. 164); Sinnvolle, dem Patienten dienende Kooperationen sind aber nicht verboten. So kann ein Orthopäde selbstverständlich einem Orthopädietechniker z.B. einen halben Tag in der Woche einräumen, an dem dieser dann direkt seine Arbeit in der Praxis verrichtet.[95] Hierfür eine Vergütung zu verlangen, ist in keiner Weise anstößig oder berufsrechtlich problematisch, wenn die Vergütung dem Wert der Raumnutzung entspricht.[96]

d) Handwerk und Hilfsmittelabgabe, verkürzter Versorgungsweg

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Lange Zeit bestanden unterschiedliche Auffassungen zwischen Vertretern der Gesundheitshandwerker-Berufe und Ärzten über die Frage, in welchem Umfang „Nicht-Handwerker“ Leistungen in diesem Bereich erbringen dürfen.[97] Maßstäbe hat diesbezüglich eine vom BGH[98] mit dem Schlagwort „verkürzter Versorgungsweg“ begründete neue Rechtsprechung gesetzt. Der Arzt übe bei der Anpassung des Ohrabdrucks ärztliche Tätigkeit und kein Handwerk aus. Verstöße gegen die Berufsordnung sah der BGH nicht. Durch die Zurverfügungstellung eines PCs und der Online-Verbindung sei der Arzt nicht gebunden oder gehindert, sich auch anderer Hörgeräteakustiker zu bedienen. Alleine die Schaffung der Möglichkeit eines Zusatzverdienstes durch die Vergütung des Ohrabdrucks durch den Hörgeräteversand sei für sich genommen nicht zu beanstanden, da er auf erlaubter HNO-ärztlicher Tätigkeit beruhe. Ein Verstoß gegen § 126 Abs. 1 SGB V a.F. (Beschränkung der Hilfsmittelabgabe auf zugelassene Leistungserbringer) liege nicht vor, da der HNO-Arzt die Hörgeräte nicht abgebe, sondern nur verordne. Abgeber im Rechtssinne bleibe das Versandhandelsunternehmen. In einer späteren Entscheidung hat der BGH[99] diese Rechtsprechung bekräftigt. Die Vorteile des verkürzten Vertriebsweges (günstiger Preis, keine „Laufereien“) sprächen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht gegen, sondern gerade für das Konzept. Mittlerweile wurde diese Argumentationsschiene auch für andere Vertriebsmodelle herangezogen. Noch weiter ging das OLG Celle[100] in einer weiteren Entscheidung zur Hörgeräteabgabe in der HNO-Praxis. Ein hinreichender Grund für die Empfehlung eines bestimmten Lieferanten i.S.v. § 34 Abs. 5 MBO (jetzt § 31 Abs. 2 MBO) liege schon dann vor, wenn dem Patienten aus Gründen der Bequemlichkeit ein weiterer Gang zum Hörgeräteakustiker erspart bliebe. Für den orthopädischen Hilfsmittelbereich würde mit dieser Argumentation auch die Abgabe vielfältiger Fertighilfsmittel (ohne Anpassungsbedarf) gerechtfertigt werden können, wenn ein Patient z.B. in seiner Mobilität eingeschränkt ist. In Abgrenzung zu dieser Rechtsprechung hat das OLG Stuttgart entschieden, dass ein Vertriebssystem von Brillen über Augenarztpraxen unzulässig ist.[101] Die Auswahl einer Brille erfolge nur in Ausnahmefällen nach medizinischen Gesichtspunkten. Statt medizinischer ständen eher ästhetische und handwerkliche Überlegungen im Vordergrund. Auf den Patienten könne ein unangemessener Druck ausgeübt werden, wenn ihm „sein“ Augenarzt ein derartiges Produkt anbiete. Der Arzt nehme bei diesem Verkauf eher die Position eines Gewerbetreibenden ein. Im Lichte der Entscheidung des BGH[102] v. 13.1.2011 entspricht die Linie des OLG Celle nicht mehr dem Stand der Rechtsprechung. Diese Linie wurde vom BGH mit seiner Hörgeräte III-Entscheidung abermals bestätigt.[103]

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Der erst am 1.4.2009 durch das GKV-OrgWG eingeführte neue § 128 SGB V ist im Rahmen der 15. AMG-Novelle (BGBl. 2009 I, S. 2015) erneut deutlich verschärft worden. Die Änderungen sind am 23.7.2009 in Kraft getreten. Durch das GKV-VStG ist § 128 SGB V mit Wirkung zum 1.1.2012 abermals verschärft worden, an den Regelungen zu den Vertriebswegen hat sich jedoch nichts weiter geändert. Die bisherigen Modelle des „verkürzten Versorgungsweges“ mussten rechtlich zum 31.3.2009, jedenfalls für den GKV-Bereich, auslaufen.[104] Wurden sie über den 31.3.2009 hinaus fortgeführt, verstoßen sie gegen ein gesetzliches Verbot mit der Folge unheilbarer Nichtigkeit.[105] Neben der Gefahr der Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB können die Sanktionen gem. § 128 Abs. 3 und Abs. 5 SGB V auch für bis zum Stichtag zulässige Versorgungsformen greifen. Ziel der Regelung ist Transparenz. Einen Vertrauens- und/oder Bestandsschutz gibt es nicht. Schließlich wird die strafrechtliche Dimension derartiger Verhaltensweisen zunehmend diskutiert.[106] Zu beachten ist ferner, dass Verstöße gegen formale Vorgaben des § 128 SGB V zum Verlust des Kostenerstattungsanspruchs führen können, was dann wiederum eine Strafbarkeit nach § 263 StGB nach sich ziehen kann.[107]Während andere Wirtschaftsbereiche nach zugegebenermaßen leidvollen Erfahrungen ihre Lehren zu ziehen beginnen[108], ist das Problembewusstsein bei manchen Ärzten, Krankenhäusern aber auch Kostenträgern im Hinblick auf die Angreifbarkeit derartiger „Belohnungssysteme“ noch entwicklungsfähig. In der berufsgerichtlichen Rechtsprechung sind entsprechende Verurteilungen aber eher selten.[109]

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Schließlich ist § 31 MBO zu beachten. Schutzzweck der Norm ist u.a., dass sich der Arzt in seiner Entscheidung, welchem anderen Arzt er Patienten zuweist oder zur Diagnose hinzuzieht, nicht von vornherein gegen Entgelt bindet, sondern diese Entscheidung allein auf Grund medizinischer Erwägungen im Interesse des Patienten trifft. Im Übrigen will § 31 nicht nur den Patienten vor sachfremden Erwägungen des ihn unmittelbar behandelnden Arztes bewahren. Die Vorschrift soll darüber hinaus verhindern, dass sich Ärzte durch Vorteilsgewährung ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Berufskollegen verschaffen. Dieser Schutzzweck gebietet, jede Art der Patientenvermittlung gegen Entgelt oder sonstiger Vorteile, die ihren Grund nicht in der Behandlung selbst haben, als verbotswidrig anzusehen. Aus diesem Grunde wendet sich § 31 sowohl an den Vorteilsgewährer als auch an den vorteilsannehmenden Arzt. Letztlich passt § 31 gut in den aktuellen Kontext der Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen, weil Ziel der Vorschrift auch die Marktgerechtigkeit ist. Ihre strafrechtliche Entsprechung findet die Vorschrift in §§ 299, 299a ff., 331 ff. StGB. Zusätzliche Klarheit wurde durch die Einführung neuer Regelungen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen geschaffen.[110]Wer sein bisheriges Verhalten nicht ändert, wird sich in der Zukunft darüber hinaus verstärkt wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen ausgesetzt sehen. Das Ventil „verkürzter Versorgungsweg“, das nicht wenige genutzt haben, um einigermaßen legale Kundenbeziehungen zu pflegen, ist geschlossen. Der Umstieg im Hilfsmittelmarkt vom Zulassungssystem auf das Vertragssystem gemäß § 126 i.V.m. § 127 SGB V wird den (Verdrängungs-)Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern verschärfen. Es werden sich Lager bilden: diejenigen, die unbeirrt mit einer „Augen zu und durch“-Mentalität die alten Pfade begehen und denjenigen, die versuchen sich gesetzeskonform zu verhalten. Sehen letztere sich dadurch ins Hintertreffen geraten, sind wettbewerbsrechtliche Notwehrmaßnahmen (von – anonymen – Meldungen anderer Art zu schweigen) naheliegend.

e) Kooperation mit Sanitätshäusern

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Wiederum andere Gewichtungen findet man bei der Zusammenarbeit mit Sanitätshäusern vor. Zwar gilt zunächst das Vorgesagte entsprechend. Ergänzend wird jedoch zu berücksichtigen sein, dass es vor allem bei Fertighilfsmitteln, bei denen es keinerlei Anpassung und damit letztlich auch keiner fachlichen/handwerklichen Qualifikation bedarf, argumentativ wesentlich schwerer ist, eine finanzielle Zahlung des Sanitätshauses an den Arzt zu rechtfertigen. Denn hier findet ja bezogen auf die reine Warenübergabe keine ärztliche Tätigkeit statt. Erstaunlich ist, wie wenig die (mögliche) strafrechtliche Dimension derartiger Verhaltensmuster diskutiert wird.[111] Denn die Frage der Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB zu Lasten der GKV bei unrechtmäßigen oder unnötigen Verordnungen betrifft juristisch gesehen ja nicht nur die Verordnung von Arzneimitteln, sondern auch von Hilfsmitteln. Mit seinen Entscheidungen vom 25.11.2003 und 27.4.2004 hat der BGH[112] hier mittlerweile Maßstäbe gesetzt, die den Arzt auch jenseits der eigentlichen Abrechnungsproblematik einem nicht unerheblichen Strafbarkeitsrisiko (diesmal dann aber nicht wegen Betruges, sondern wegen Untreue gemäß § 266 StGB) aussetzen. In welchem Umfang Ärzte einfache Hilfsmittel abgeben können, war lange Zeit umstritten.[113] Der BGH[114] hat sich der eher restriktiven Auffassung angeschlossen. Danach darf ein Arzt seine Patienten nicht auf die Möglichkeit des Bezugs von Teststreifen aus einem in der Praxis befindlichen Depot eines Sanitätshauses hinweisen und danach abgeben, es sei denn, der Patient wünscht dies von sich aus ausdrücklich, aus Anlass von Schulungszwecken zur Ersteinweisung oder Nachschulung oder in Notfällen. Die Abgabe von in großem Umfang benötigten Verbrauchsprodukten durch den Arzt sei im Regelfall Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen Verhaltens, das die Gefahr einer langfristigen negativen Rückwirkung auf die medizinische Versorgung durch eine Orientierung an ökonomischen Erfolgskriterien in sich berge. Soweit die Abgabe unmittelbar der ärztlichen Therapie diene, sei sie jedoch nicht zu beanstanden.

 

f) Mittelbare Vorteile und Umgehungsstrategien

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Ärzten ist es nicht verwehrt, zur Ergänzung oder Unterstützung ihrer Berufstätigkeit Unternehmen im Gesundheitswesen zu betreiben oder sich daran zu beteiligen. Derartige Unternehmen können auch im GKV-Sektor Vertragspartner der Kassen werden. Die Vorgaben des „Kassenarztrechts“ sind in § 124 Abs. 5 SGB V normiert. Danach dürfen Heilmittel in Dienstleistungsform nur von zugelassenen Leistungserbringern „abgegeben“ werden. „Leistungserbringer“ kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts[115] auch eine GmbH sein, wenn in ihr ein zugelassener Leistungserbringer fachlich unabhängig tätig ist. Wer Gesellschafter der GmbH ist, ist für die Zulassung unerheblich. Gesellschafter kann mithin auch ein Arzt sein. Betrachtet man sich allerdings § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V ist jede wirtschaftliche Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln untersagt. Der Geltungsbereich dieser Norm ist ausgesprochen weit gefasst und betrifft letztlich auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile. Aufgrund dieser weiten Fassung werden von manchen Autoren verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Norm erhoben.[116] Diese Bedenken erscheinen nicht grundlos, würde man § 128 Abs. 2 SGB V so verstehen, dass einem Arzt jegliche unternehmerische Beteiligung an anderen Unternehmer im Gesundheitswesen (so auch Hilfsmittellieferanten) unterbinden wollte, wenn sie berufsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Eine derartig weite Auslegung wäre nach diesseitiger Auffassung kaum mit Art. 12, 14 GG vereinbar. Dementsprechend beanstanden Ärztekammern, soweit entsprechende Aussagen bekannt sind, Beteiligungen von Ärzten an derartigen Unternehmen auch im Lichte des § 128 Abs. 2 SGB V dann nicht, wenn die unternehmerische Beteiligung die Grenzen des Berufsrechts, insbesondere die §§ 31 MBO einhält. Jedenfalls dürfte der Schluss, die Motive des Gesetzgebers würden auch derartige unternehmerische Betätigungen von Ärzten im Gesundheitswesen unterbinden wollen, wohl deutlich über das Ziel hinausschießen.[117] Sehr bedenkenswert sind die Ausführungen von Schütze[118] zu § 128 SGB V i.d.F. der 15. AMG-Novelle 2009, wonach bei jedem wirtschaftlichen Kontakt zwischen Vertragsärzten die Patientenautonomie, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung und die Neutralität des Wettbewerbs maßgebliche Parameter für die Bewertung von Geschäftsmodellen sind.

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Nach der hier vertretenen Auffassung stehen Ärzte anderen Investoren in nichts nach. Deutlich zurückhaltender, wenn auch ansonsten durchaus ausgewogen, sind die Empfehlungen des Vorstands der Bundesärztekammer zur Beteiligung von Ärzten an Unternehmen[119] ausgefallen, die eine Unzulässigkeit schon dann annehmen, wenn z.B. ein Sanitätshaus seine Betriebsstätte in unmittelbarer Nähe einer Praxis (z.B. Orthopädie) habe, so dass die Verordnungen rein faktisch zu einem Großteil dort eingelöst würden, ohne dass der Arzt eine entsprechende Empfehlung ausspricht. Nach diesseitiger Auffassung geht dies jedenfalls in denjenigen Fällen zu weit, in denen der unternehmerische Kapitaleinsatz des Arztes sich nicht von dem anderer Investoren, auch im Hinblick auf den Unternehmergewinn und das Unternehmerrisiko, unterscheidet, keine Empfehlung ausgesprochen –, sondern im Gegenteil aktiv auf die Wahlfreiheit und andere Bezugsmöglichkeiten hingewiesen wird. Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht von Ärzten, die eine eigene Klinik betreiben, in die sie bei Beachtung von Leistungsfähigkeit und Indikation ihre Patienten einweisen.[120] Ein Rechtfertigungsgrund für diese Ungleichbehandlung erschließt sich nicht. Im Übrigen erscheint der Begriff der „unmittelbaren Nähe“ als Anknüpfungspunkt für eine strafähnliche Sanktion verfassungsrechtlich wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot bedenklich. Die Grenze wird aber dort sichtbar – und von Fall zu Fall auch überschritten –, wo das Unternehmen eine Konstruktion anbietet, die dem Arzt Vorteile verschafft, deren Annahme ihm bei Direktbezug untersagt wären. Die am Markt anzutreffenden Strukturen sind z.T. phantasiereich. Man stößt auf GmbH & Co. KG, deren Kommanditisten i.d.R. Ärzte sind oder deren Gesellschaftsanteile von Treuhändern gehalten werden, um die Anonymität der „Share Holders“ zu wahren. Man findet Aktiengesellschaften, die an Ärzte Vorzugsaktien ausgeben oder auch Ärzte-Fonds,[121] die Gewinne aus Gesundheitseinrichtungen und -betrieben verwalten. All diesen Konstruktionen ist gemein, dass sie dann angreifbar sind, wenn die „Rendite“ personenbezogen umsatzabhängig ist; mit anderen Worten dann, wenn der Arzt als Zuweiser oder Verordner direkt und unmittelbar den Wert seines Kapitalanteils steuert und damit sein Kapitalertrag einen Provisionscharakter erhält. Dahm[122] führt treffend aus: „Beteiligungsmodelle mit geringfügigen Beiträgen, aber hohen (versprochenen) Gewinnerwartungen, die zudem eine Gewinnausschüttung entsprechend der Zuweisungsquote (noch dazu ohne persönliche Leistung) im Beschlussverfahren vornehmen, tragen von vornherein das Stigma der Unzulässigkeit.“ Unverfänglich ist hingegen die Förderung des Gesamtunternehmens und damit die Teilhabe am Gesamtgewinn, wie bei jedem anderen Kapitalanleger auch. Voraussetzung ist stets, dass die Indikation zur veranlassten Leistung gegeben ist und das ausgewählte Produkt den Erfordernissen des Patienten genügt. Verordnet der Arzt unter Hintanstellung besserer Produkte nur deshalb ein Arznei- oder Hilfsmittel, weil er davon einen finanziellen Vorteil hat, ist dies sowohl berufs- wie auch wettbewerbsrechtlich angreifbar.[123] Gründen Ärzte „Institute“ (z.B. Kosmetik-Institute) müssen sie darauf achten, dass Praxis und Institut streng getrennt sind. Beim Patienten darf nicht der Eindruck entstehen, es handle sich um eine Einheit.[124] Dies galt nach früherer Auffassung auch für eine sonstige gewerbliche Tätigkeit in der Praxis, z.B. die (nicht-)ärztliche Ernährungsberatung.[125] Gerade letztere ist nach der Rspr. des BGH[126] allerdings in einer Arztpraxis nicht mehr schlechthin unzulässig. Vielmehr ist sie – auch in den Praxisräumen – jedenfalls dann nicht mehr zu beanstanden, wenn sie organisatorisch (nicht während der üblichen Praxiszeiten) und wirtschaftlich (eigene Zahlungswege) von der Praxis getrennt ist. In Zeiten, in denen breite Bevölkerungsschichten unter Übergewicht litten, sei es kein Zeichen von Vergewerblichung des Arztberufes, wenn Ärzte in ihren Praxen über gewerbliche Ernährungsprogramme beraten. Wie es scheint, setzen die Berufsgerichte diese BGH-Rechtsprechung in ihrer Spruchpraxis um[127] Nach § 17 Abs. 1 MBO ist die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern einschließlich konzessionierter Privatkrankenanstalten an die Niederlassung in einer Praxis gebunden, soweit nicht gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen. § 18 Abs. 2 MBO ergänzt dies dahingehend, dass die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit in gewerblicher Form berufswidrig ist, soweit nicht die Tätigkeit in Krankenhäusern oder konzessionierten Privatkrankenanstalten ausgeführt wird oder gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen. Man findet derartige Verbote nicht in allen Länderberufsordnungen. Diese Reglementierungen hielten trotz erheblicher Kritik aber zumindest in den Ländern einer Überprüfung stand, in denen sie im Heilberufegesetz selbst geregelt sind.[128] Planen Ärzte derartige Projekte, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung der länderspezifischen Vorschriften zu prüfen.

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Die Einbeziehung von Ärzten in Fitness- oder auch Sportstudios scheint mittlerweile fast üblich zu sein. Gesundheitspolitisch ist dies sicherlich zu begrüßen, da die drohende Selbstgefährdung durch hauptsächlich im Büro tätige Menschen in derartigen Studios offenkundig ist. Insofern ist es sicherlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Betreiber eines Fitness-Studios von einem Arzt fachlich beraten lässt. Ebenso wenig wird es zu beanstanden sein, wenn ein Arzt generell überprüft, ob die Kunden dieses Fitness-Studios durch die Benutzung einiger Gerätschaften Schaden nehmen können. Dabei wird es sich jedoch stets um eine eher allgemeine Betreuung des Unternehmens „Fitness-Studio“ handeln, nicht um eine Einzeltherapie eines Kunden dieses Studios im Studio. Würde der Arzt nämlich in diesem Studio eine eigene Sprechstunde abhalten bzw. Patienten behandeln, wäre dies – jedenfalls im vertragsärztlichen Bereich – eine genehmigungspflichtige Zweigpraxis. Hiervon ist die Variante zu unterscheiden, dass Ärzte bestimmte Fitness-Studios empfehlen und diese Fitness-Studios wiederum diese Ärzte benennen (Empfehlungskartell). Derartige Vereinbarungen – in der Regel finanziell gepolstert – verstoßen nach Auffassung mehrerer Gerichte gegen das Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb.[129]

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Zunehmend trifft man (z.B. im zahnärztlichen oder kosmetisch-chirurgischen Bereich) auf Kreditangebote durch (Zahn-)Ärzte dergestalt, dass den Patienten in der Praxis bestimmte Kreditangebote zur Finanzierung aufwendiger Maßnahmen vermittelt werden. Auch dies dürfte im Ergebnis nicht mit § 3 Abs. 2 MBO in Einklang stehen. Im Übrigen wäre in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vorschriften des KWG (z.B. § 32) verletzt sind.